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Read Ebook: Friedrich v. Schiller's Biographie by D Ring Heinrich
Font size: Background color: Text color: Add to tbrJar First Page Next Page Prev PageEbook has 248 lines and 36364 words, and 5 pagesDie jugendliche Begeisterung, sein Schauspiel gedruckt zu sehen, verscheuchte dem jungen Dichter die Sorgen und misslichen Umst?nde des Selbstverlags. Seine Autoreitelkeit f?hlte sich geschmeichelt, als durchreisende Sch?ngeister, unter andern der als Pater Brey in Goethe's Jahrmarkt zu Plundersweiler verewigte Schriftsteller Leuchsenring, ihm ihren Besuch abstatteten. Leicht ?bersah Schiller, dass sein ?rmliches Logis nichts weniger als geeignet war zur Aufnahme von Fremden, die, nach dem sp?tern Bericht eines seiner Jugendfreunde, selbst mitunter in sch?nen Equipagen gefahren kamen. In jenem nach Tabak und Allerhand riechenden Zimmer bestand das Mobiliar in einem grossen Tisch und B?nken. An den W?nden hing die Garderobe, angestrichene Beinkleider u.s.w. In der einen Ecke des Zimmers lagen hohe Ballen der R?uber, und in der andern fiel das Auge auf einen Haufen Kartoffeln, mit leeren Tellern, Bouteillen u. dgl. bunt durcheinander. Durch den Buchh?ndler Schwan in Mannheim war Schiller mit dem Intendanten des dortigen Theaters dem Freiherrn v. Dalberg, einem als Bef?rderer von Kunst und Wissenschaft allgemein geachteten Manne, in Verbindung gekommen. Auch von Dalberg ward er zu einer Umarbeitung seiner R?uber f?r die Mannheimer B?hne aufgefordert, die damals zu den vorz?glichsten in Deutschland geh?rte. In vierzehn Tagen hoffte Schiller mit der Umarbeitung seines Schauspiels, f?r die ihm ein bestimmtes Honorar zugesichert worden war, fertig zu werden. Er konnte jenen ohnehin kurz anberaumten Termin um so weniger einhalten, da ihm eine in dem Regiment Auge ausgebrochene Ruhrepidemie oft von seinen poetischen Besch?ftigungen abrief. Ueberdiess musste er t?glich auf der Wachtparade erscheinen und dem General ?ber den Zustand der Kranken in den Lazarethen Bericht abstatten. Erschwert ward ihm die Umarbeitung seines Schauspiels noch durch seine Unbekanntschaft mit den theatralischen Anforderungen und Bed?rfnissen. Erst am 6. October 1781 konnte er seinen "verlornen Sohn", wie er damals die R?uber nannte, an Dalberg senden. In dem Briefe, der das Manuscript begleitete, verschwieg er nicht die uns?gliche M?he und Geistesanstrengung, die ihm die Umarbeitung der R?uber gekostet, und gestand offen, dass er in derselben Zeit ein ganz neues St?ck w?rde haben liefern k?nnen. Schriftliche, m?ndliche und gedruckte Kritiken hatte er, nach seinem eignen Gest?ndniss, auf's Sorgf?ltigste benutzt, den urspr?nglichen Entwurf des St?cks ver?ndert und mehrere ganz neue Scenen und Situationen hinzugef?gt. Auch dar?ber gab er in seinem fortgesetzten Briefwechsel mit dem Freiherrn v. Dalberg hinreichende Auskunft. Diese Correspondenz und die dadurch bedingte Besch?ftigung mit seinen R?ubern nahm Schillers Zeit, die ohnediess durch seinen ?rztlichen Beruf mehrfach zersplittert war, fast ?ber seine Kr?fte in Anspruch. Demungeachtet fand er noch Musse zur Herausgabe einer poetischen Blumenlese. Sie erschien unter dem Titel: "Anthologie f?r das Jahr 1782," nach einer Bemerkung auf dem Titel angeblich zu Tobolsko gedruckt. Durch diese Anthologie, zu welcher mehrere seiner Freunde Beitr?ge lieferten, wollte Schiller, wie einer derselben erz?hlt, den Musenalmanach "zermalmen", den der Kanzleiadvokat St?udlin in Stuttgart, ein mittelm?ssiger, doch sehr anmassender Poet, herauszugeben beabsichtigte. Schiller musste die Anthologie grossenteils mit seinen eignen Gedichten f?llen, da er unter den wenigen Beitr?gen, die er von seinen Freunden erhielt, noch eine strenge Auswahl traf, und sich dabei von allerlei R?cksichten leiten liess. Wie bei den R?ubern, verschwieg er auch auf dem Titel jener Blumenlese, wie in dem Buche selbst, seinen Namen. Mit dem Buchstaben Y unterzeichnete er die meisten seiner Gedichte, einige jedoch auch mit andern Lettern. Nur dem Gedicht "Monument Moor's, des R?ubers" f?gte er die Unterschrift bei: "Vom Verfasser der R?uber." Durch Feuer der Phantasie und Gluth der Empfindung zeichneten sich die von Schiller verfassten Gedichte an Laura aus, zu denen Schillers damalige Bekanntschaft mit einer jungen Offizierswittwe in Stuttgart die n?chste Veranlassung gegeben haben soll. W?hrend Schiller sich mit der Herausgabe seiner Anthologie besch?ftigte, die vor Kurzem neu gedruckt worden, blickte er mit Sehnsucht nach dem Zeitpunkte, wo die erste Vorstellung der R?uber in Mannheim statt finden sollte. Mehrere Briefe an Dalberg schilderten seine Ungeduld, die gar keine Grenzen kannte. Dem Theaterzettel, der den 13. Januar 1782 an den Strassenecken Mannheims die Vorstellung der R?uber ank?ndigte, war noch eine von Schiller verfasste Proclamation beigef?gt, zu welcher der Dichter durch Dalberg veranlasst worden war. Sie lautete. "Die R?uber--das Gem?lde einer verirrten grossen Seele, ausger?stet mit allen Gaben zum F?rtrefflichen und mit allen Gaben verloren. Z?gelloses Feuer und schlechte Kameradschaft verdarben Karl's Herz--rissen ihn von Laster zu Laster--bis er zuletzt an der Spitze einer Mordbrennerbande stand, Greuel auf Greuel h?ufte, von Abgrund zu Abgrund st?rzte, in alle Tiefen der Verzweiflung.--Gross und majest?tisch im Ungl?ck und durch Ungl?ck gebessert, zur?ckgef?hrt zum F?rtrefflichem. Einen solchen Mann wird man im R?uber Moor beweinen und hassen, verabscheuen und lieben.--Einen heuchlerischen heimt?ckischen Schleicher wird man entlarvt erblicken und gesprengt sehen in seinen eignen Minen. Einen allzu Schwachen, nachgiebigen Verz?rtler und Vater. Die Schmerzen schw?rmerischer Liebe und die Folter herrschender Leidenschaft. Hier wird man auch nicht ohne Entsetzen in die innere Wirthschaft des Lasters Blicke werfen, und aus de B?hne unterrichtet werden, wie alle Vergoldungen des Gl?cks den innern Wurm nicht t?dten, und Schrecken, Angst, Reue und Verzweiflung hart hinter seinen Fersen sind. Der Zuschauer weine heute vor unsrer B?hne--und schaudere--und lerne seine Leidenschaften unter die Gesetze der Religion und des Verstandes beugen; der J?ngling sehe mit Schrecken dem Ende der z?gellosen Ausschweifungen nach, und auch der Mann gehe nicht ohne den Unterricht aus dem Schauspiel, dass die unsichtbare Hand der Vorsicht auch den B?sewicht zu Werkzeugen ihrer Absichten und Gerichte brauche, und den verworrensten Knoten des Geschicks zum Erstaunen aufl?sen k?nne." Aus Heidelberg, Darmstadt, Frankfurt und andern benachbarten Orten waren am 13. Januar 1782 zahlreiche Fremde zu Wagen und zu Fuss nach Mannheim gestr?mt, um von den K?nstlern einer der vorz?glichsten B?hnen Deutschlands ein St?ck darstellen zu sehen, das bereits grosse Sensation erregt hatte. Auf dem Theaterzettel war ausdr?cklich bemerkt worden, dass man, um die Ver?nderung der Coulissen zu erleichtern, die f?nf Acte der R?uber in sieben habe zerfallen lassen, die bis nach zehn Uhr dauerten. Um den ihnen zugetheilten Rollen zu gen?gen, boten die Schauspieler all' ihr Talent auf, B?k als Karl Moor, Iffland als Franz Moor, Beil als Schweizer, Beck als Kosinsky. Tiefersch?tternd war vor Allem die Art und Weise, wie Iffland als Franz Moor diesen Charakter auffasste und in allen Abstufungen consequent durchf?hrte. Selbst die ?ussere Erscheinung des damals kaum sechs und zwanzig Jahre alten K?nstlers, sein schm?chtiger K?rper, sein blasses, hageres Gesicht, harmonirten mit seinem Spiel, besonders in der Scene, wo er den Traum vom j?ngsten Gericht erz?hlte, und in der Hand die Lampe, die sein todtenbleiches Gesicht beleuchtete, zu Boden sank. Von der m?chtigen Wallung seines Schauspiels ?berzeugte sich Schiller, der der Vorstellung beiwohnte, durch den st?rmischen Beifall der Menge. Ohne Urlaub war er heimlich nach Mannheim abgereist. Die Darstellung seines Schauspiels hatte so begeisternd auf ihn gewirkt, dass in ihm der Wunsch aufstieg, als Mitglied des Mannheimer Theaters die B?hne zu betreten. Ernstlich widerrieth ihm dies jedoch Beil, indem er ?usserte, nicht als Schauspieler, wohl aber als Schauspieldichter werde er einst der deutschen B?hne zur Zierde gereichen. Die w?rmsten Danksagungen ?ber die Vorstellung der R?uber stattete Schiller in einem Briefe dem Freiherrn v. Dalberg ab. Er schloss sein Schreiben mit den Worten: "Ich glaube, wenn Deutschland einst einen dramatischen Dichter in mir findet, so muss ich die Epoche von der vorigen Woche an z?hlen." Ueber sein Talent und seinen wahren Beruf schien er, nach dieser Aeusserung, zur Gewissheit gekommen zu seyn. Um so l?stiger waren ihm aber jetzt seine medicinischen Gesch?fte und der milit?rische Dienstzwang, dem er sich unterwerfen musste. Mit tiefem Unmuth empfand er es, dass er seine ganze Kraft, seine sch?nsten Stunden v?llig heterogenen Gesch?ften opfern musste. Er sehnte sich in die Pfalz, nach Mannheim zur?ck, wo er eine seinen W?nschen und Neigungen mehr entsprechende Lage zu finden hoffte. Das Verlangen nach erneuter poetischer Th?tigkeit regte sich in ihm immer lebhafter. Unter mehreren dramatischen Stoffen gab er einer Bearbeitung der Verschw?rung des Fiesko in Genua den Vorzug. F?r diess historisch merkw?rdige Ereigniss hatte er sich schon auf der Karlsschule lebhaft interessiert. Die Besch?ftigung mit seinem neuen dramatischen Stoff raubte ihm die Musse zu einer ausf?hrlichen Selbstcritik der R?uber, die er dem Freiherrn v. Dalberg versprochen hatte. Er entschuldigte sich desshalb brieflich, und f?gte die Aeusserung hinzu, dass er bereits in einem "vaterl?ndischen Journal einige Worte ?ber sein Schauspiel gesagt habe." Mit diesem Journal meinte er eine Vierteljahrsschrift, unter dem Titel eines "W?rtembergischen Repertoriums der Literatur", zu dessen Herausgabe er sich mit seinem ehemaligen Lehrer, dem Professor Abel und mit seinem Freunde Petersen vereinigt hatte. Von jenem Journal erschienen jedoch nur drei St?cke, die einige von Schiller herr?hrende und sp?ter in seinen Werken wieder abgedruckte Aufs?tze enthielten, unter andern eine Abhandlung ?ber das deutsche Theater, den "Spaziergang unter den Linden", und eine "grossm?thige Handlung aus der neuesten Geschichte." Unstreitig die bedeutendste Abhandlung, die Schiller f?r das W?rtemberger Repertorium der Literatur lieferte, war eine Selbstcritik der R?uber nach der Mannheimer Theaterausgabe. Sich selbst und seine Leistungen beurtheilte er mit einer vorurtheilsfreien Strenge, die in Bezug auf sein Talent mitunter an Geringsch?tzung grenzte. Reich war jene Selbstchritik besonders an psychologischen Bemerkungen, und unstreitig das Gediegenste, was bisher ?ber sein Schauspiel gesagt worden war. Unter diesen literarischen Besch?ftigungen zog sich ?ber seinem Haupt ein drohendes Ungewitter zusammen, das sowohl in seine schriftstellerische Th?tigkeit, die ihm allein Trost und Freude gab, als auch in seine ?ussern Lebensverh?ltnisse zerst?rend eingreifen zu wollen schien. Durch die gr?ssere Verbreitung war die Sensation, welche sein Schauspiel gleich Anfangs erregt hatte, noch vermehrt worden. Wegen ihrer verderblichen Wirkung auf jugendliche K?pfe hatten die R?uber zu den lebhaftesten Besorgnissen Anlass gegeben. Der revolution?re Inhalt des St?cks, das der bestehenden Ordnung Hohn sprach, und allen bisherigen Verh?ltnissen den Umsturz drohte, war es nicht allein, was jene Sensation erregte. Gesteigert ward sie noch dadurch, dass man mehrere Stellen in den R?ubern als geh?ssige Anspielungen auf die n?chsten Umgebungen, ja auf den W?rtembergischen Hof selbst bezeichnete. Schillers Pers?nlichkeit milderte zwar einigermassen den Inhalt seines St?cks. Als ein excentrischer Kopf hatte er sich jedoch schon in seiner Anthologie gezeigt, in mehreren dort mitgetheilten Gedichten, unter andern in einer Art von Nachahmung der F?rstengruft von Schubert, "die schlimmen Monarchen" ?berschrieben. Durch ein nicht mehr erhaltenes Gedicht auf den Tod eines Offiziers soll er den Herzog von W?rtemberg pers?nlich verletzt haben, der als ein vielseitig gebildeter F?rst der Dichtkunst eigentlich nicht abhold war, doch die Richtung missbilligte, die Schillers poetisches Talent genommen. Immer war dieser des Herzogs Liebling gewesen. Er liess ihn daher zu sich kommen, und warnte ihn v?terlich vor ?hnlichen Ausschweifungen seiner Phantasie. Dass Schiller ihm seine k?nftigen poetischen Produkte vor dem Druck zeigen sollte, war ein Verlangen, welchem der junge Dichter nicht willfahren konnte, und seine Weigerung ward leicht begreiflicher Weise nicht gut aufgenommen. Ein unangenehmer Vorfall kam indess noch hinzu, um das Band, das ihn an seinen f?rstlichen G?nner kettete, v?llig zu l?sen. Die in den beiden ersten Ausgaben der R?uber befindlichen Worte Spiegelbergs, die Schiller sp?ter unterdr?ckte: "Ich rathe dir, reise du in's Graub?ndner Land; das ist das Athen der heutigen Gauner!" hatten einen B?ndner so hart verletzt, dass er sich dar?ber in dem Hamburger Correspondenten ?ffentlich beklagte. Ein Garteninspector in Ludwigsburg, Walter mit Namen, ward dadurch veranlasst, sich zum Agenten der B?ndner aufzuwerfen, und dem Herzog von W?rtemberg das erw?hnte Zeitungsblatt vorzulegen. In seiner Vertheidigung berief sich Schiller darauf, dass er jene Aeusserung dem Munde des gemeinen Volks in Schwaben abgelauscht habe. Er erhielt von seinem entr?steten Landesherrn einen harten Verweis. Zugleich erging an ihn der strenge Befehl, bei Festungsstrafe nichts Anderes drucken zu lassen, als was zu seinem Fach, der Medicin, geh?rte. Schillers eigene Worte in der Ank?ndigung der sp?terhin von ihm herausgegebenen Zeitschrift, "die Rheinische Thalia", schildern am besten den Eindruck, den jener despotische Befehl auf ihn gemacht hatte. "In einer Epoche", schrieb er, "wo der Ausspruch der Menge unser schwankendes Selbstgef?hl leiten muss, wo das warme Blut eines J?nglings durch den freundlichen Sonnenblick des Beifalls munterer fliesst, tausend einschmeichelnde Ahnungen k?nftiger Gr?sse seine schwindelnde Seele umgeben, und der g?ttliche Nachruhm in sch?ner D?mmerung vor ihm liegt--mitten im Genuss des ersten verf?hrerischen Lobes, das unverhofft und unverdient aus entlegenen Provinzen mir entgegen kam, untersagte man mir in meinem Geburtsorte, bei Strafe der Festung--zu schreiben." Den Enthusiasmus, mit welchem Schiller sich der Fortsetzung und Vollendung seines Trauerspiels: "die Verschw?rung des Fiesko" widmete, hatte jener despotische Befehl nicht schw?chen k?nnen. Bei den erforderlichen historischen Vorarbeiten zog er die Stuttgarter Bibliothek zu Rathe. Er fand dort mehrere sch?tzbare Werke, die ihm ?ber jenes merkw?rdige Ereigniss, ?ber die Verschw?rung selbst, ihren Schauplatz und ihre Zeit Aufkl?rung verschafften. Erst nach diesen Zur?stungen entwarf Schiller einen ausf?hrlichen, auf Acte und Scenen berechneten Plan. Das Urtheil seiner Freunde ?ber sein neues St?ck war ihm nicht gleichg?ltig. Er theilte ihnen einzelne Scenen mit, um ihre Meinung zu h?ren. Schon durch seine ?ussern, h?chst ung?nstigen Verh?ltnisse war Schiller gen?thigt, auf dem einmal betretnen Wege fortzuschreiten. Auch seine Anthologie hatte er auf eigene Kosten herausgegeben. Dadurch war die noch immer nicht abgetragene Schuld, in die er durch den Druck der R?uber gerathen war, bis zu 200 Fl. vermehrt worden. Kaum zur Bestreitung der n?thigsten Bed?rfnisse reichte der m?ssige Gehalt, den er als Regimentsmedicus bezog. Berauscht von dem Beifall, der ihm als Dichter ?berall entgegen kam, ?berliess er sich manchen Vergn?gungen, Zerstreuungen und jugendlichen Thorheiten, die seine Casse ersch?pften und zugleich seiner Gesundheit schadeten. Nicht g?nzlich verlor er jedoch dar?ber seinem Beruf aus den Augen. Er besch?ftigte sich vielmehr fleissig mit einer Dissertation, die ihm zum Grade eines Doctors der Medicin verhelfen sollte. Der Beifall, den die R?uber nach mehrmaligen Vorstellungen fanden, war so gross, dass Schiller der Lockung nicht widerstehen konnte, sein Schauspiel nochmals in Mannheim auff?hren zu sehen. Er begab sich dorthin am 25. Mai 1782 in Begleitung einiger Freunde und Freundinnen, die sich lebhaft f?r sein Schauspiel interessirten. Von dem Herzog von W?rtemberg, der auf kurze Zeit verreist war, hatte er keinen Urlaub nehmen k?nnen. Begeistert von dem Eindruck und der Wirkung seines Schauspiels, doch zugleich schmerzlich ergriffen von dem Gedanken an die Fesseln, die die Kr?fte seines Geistes l?hmten, kehrte er nach Stuttgart zur?ck. Sein Unmuth ward noch vermehrt durch physische Leiden. Ein an Dalberg gerichteter Brief vom 4. Juni 1782 schilderte seine tr?be Stimmung und trostlose Lage. "Noch bin ich wenig oder nichts", schrieb er. "In diesem Norden des Geschmacks werde ich ewig niemals gedeihen, wenn mich sonst gl?cklichere Sterne und ein griechisches Klima zum wahren Dichter erw?rmen w?rden." Dringend legte er dem Freiherrn v. Dalberg in jenem Briefe die Bitte an's Herz, sich f?r ihn zu verwenden bei dem Herzog von W?rtemberg, und es dahin zu bringen, dass er seiner Dienste entlassen und ihm erlaubt werden m?chte, seinen bisherigen Aufenthalt in Stuttgart mit dem in Mannheim zu vertauschen. Mit wachsender Ungeduld sah er einer Antwort Dalbergs von Tage zu Tage entgegen. Sie blieb aus. Dagegen zog sich ein neues Ungewitter ?ber dem Haupte des Dichters zusammen. Dass er ohne Urlaub den 25. Mai 1782 nach Mannheim gereist, war nicht verborgen geblieben. Durch seinen Chef, den General Auge, erfuhr es der Herzog. Schiller musste vor seinem Landesherrn erscheinen, der h?chst entr?stet ihm sein Betragen aufs strengste verwies. Ein vierzehnt?giger Arrest war die Strafe seines Dienstvergehens. Dadurch f?hlte sich Schillers Ehrgeiz tief gekr?nkt. Er w?rde vielleicht sofort seinen Abschied genommen haben, wenn ihn nicht die Dankbarkeit an den Herzog gefesselt h?tte. Von einem solchen Schritt ward Schiller jedoch auch durch seine kindliche Liebe abgehalten. Seiner Eltern Schicksal lag in den H?nden seines F?rsten, und es konnte durch jenen Schritt vielleicht eine schlimme Wendung nehmen. In seiner tr?ben Stimmung erinnerte sich Schiller an den ungl?cklichen Dichter Schubart, der seine Freim?thigkeit mit einer strengen Haft auf der Festung Hohenasberg b?sste. Ihn selbst konnte ein gleiches Schicksal treffen. Dringend ersuchte er daher in einem Briefe vom 15. Juli 1782 den Freiherrn von Dalberg, wenn sich f?r ihn zum Aufenthalt in Mannheim noch Aussichten zeigten, dieselben m?glichst zu beschleunigen. Er w?re, schrieb er, ausserdem gezwungen, einen Schritt zu thun, der es ihm unm?glich machen w?rde, in Mannheim zu bleiben. Vierzehn Tage wartete er vergebens auf eine Antwort. In seiner trostlosen Stimmung vermochten ihn weder seine Freunde, noch die Besch?ftigung mit seinem neuen Trauerspiel zu erheitern. Nichts schien f?r ihn Reiz zu haben. Mit entschiedener Abneigung betrieb er seine medicinische Praxis, die ihm durch einige k?hne, aber misslungene Curen v?llig verleidet worden war. In seiner fr?her erw?hnten anonymen Selbstcritik der R?uber hatte er ?ber den Verfasser jenes Schauspiels ge?ussert: "Er soll ein Arzt bei einem W?rtembergischen Grenadier-Bataillon seyn, und wenn das so ist, so macht es dem Scharfsinn seines Landesherrn Ehre. So gewiss ich sein Werk verstehe, so muss er starke Dosen in %Emeticis% eben so sehr lieben, als in %Aestheticis%, und ich m?chte ihm lieber zehn Pferde, als meine Frau zur Cur ?bergeben." Die Idee, dem Herzog Vorstellungen zu machen gegen den erlassenen Befehl, verwarf Schiller nach reiflicher Ueberlegung. Ein solcher Schritt konnte leicht neue Vorw?rfe oder Strafen ?ber ihn verh?ngen. Er entschloss sich zu einer abermaligen heimlichen Reise nach Mannheim. Von dort aus wollte er in einem Schreiben seinem Landesherrn vorstellen, wie durch das erlassene Verbot seine ganze Existenz vernichtet worden. In Mannheim hoffte er als Theaterdichter angestellt zu werden. Diese Stadt wollte er daher, wenn kein Widerruf des herzoglichen Befehls erfolgte, zu seinem k?nftigen Wohnsitz w?hlen. Ueberall beobachtet in seinen Schritten, hielt er es f?r bedenklich, mehreren Freunden seinen Entschluss zu vertrauen. Nur einem einzigen konnte er mit Sicherheit sein Herz ?ffnen. Mit einer Hingebung und Aufopferung, die an Schw?rmerei grenzte, hing Johann Andreas Streicher an ihm, ein geborner Stuttgarter, der sich der Musik widmete, und dessen Bekanntschaft Schiller vor ungef?hr achtzehn Monaten gemacht hatte. Zwischen ihm und Streicher hatte sich bald das innigste Freundschaftsverh?ltniss gebildet. Sie sahen sich fast t?glich, und ein unumschr?nktes Vertrauen fesselte sie an einander. Schillers ungl?ckliche Lage war der immer wiederkehrende Hauptgegenstand ihrer Gespr?che. Den vorhin erw?hnten Plan einer heimlichen Entfernung nach Mannheim hatte Schiller, ausser seinem Freunde, auch seiner ?ltesten Schwester Christophine mitgetheilt. Sie hatte nichts dagegen einzuwenden gehabt. Auch Schillers Mutter war in das Geheimniss gezogen worden. Sein Vater dagegen wusste nichts von der Sache. Beschleunigt ward die Reise durch den Umstand, dass Streicher, der im Fr?hjahr 1783 nach Hamburg gehen wollte, um dort unter Bach's Leitung sich in der Musik zu vervollkommnen, mit Zustimmung seiner Mutter sich schon jetzt zu jener Reise entschloss, um seinen Freund begleiten zu k?nnen. Erst nach Vollendung seines neuen Trauerspiels, der "Verschw?rung des Fiesko", konnte Schiller jedoch seinen Entschluss ausf?hren. Kaum bis zur H?lfte war jene Trag?die vollendet, aller Anspannung seines Geistes ungeachtet. Um seine Arbeit zu beschleunigen, brachte er oft die N?chte schlaflos zu. Von der Aussenwelt halte er sich fast g?nzlich zur?ckgezogen. Schon zu Anfange des August 1782 waren in Stuttgart, Hohenheim, Ludwigsburg u. a. Orten mehrfache Anstalten getroffen worden zum Empfang des russischen Grossf?rsten Paul und seiner Gemahlin, einer Nichte des Herzogs von W?rtemberg. Unter den benachbarten F?rsten und unz?hligen Fremden, die in der ersten H?lfte des Septembers in Stuttgart eintrafen, befand sich auch der Freiherr v. Dalberg, den Schiller besuchte, ohne ihm jedoch etwas von seinem Vorhaben zu entdecken. Ausser Streicher begleitete ihn die Gattin des Mannheimer Theaterregisseurs Meier, die ebenfalls in Stuttgart angelangt war, als sich Schiller nach der Solitude degab , um seine Eltern noch einmal zu sehen und besonders seine sehr um ihn besorgte Mutter zu tr?sten. Schillers Vater entwarf eine sehr ausf?hrliche Beschreibung von den Festlichkeiten, die auf der Solitude statt finden sollten, und unterbrach auf diese Weise das oft stockende Gespr?ch. Als Schiller, der sich unbemerkt mit seiner Mutter entfernt hatte, wieder zur?ckkam, schien er in sich gekehrt, und die Feuchtigkeit und R?the seiner Augen verrieth, wie schwer ihm der Abschied von seiner Mutter geworden war. Etwas heiterer ward er erst, als er wieder nach Stuttgart zur?ckgekehrt war. Mit seinem Freunde Streicher war er ?berein gekommen, dass sie den 17. September ihre Reise nach Mannheim antreten wollten. Sie hatten absichtlich jenen Tag gew?hlt, weil an demselben, wie Schiller auf der Solitude erfahren, eine grosse Hirschjagd, theatralische Vorstellungen und eine prachtvolle Illumination statt finden sollten. Dass das Regiment, bei welchem Schillers Vater stand, an jenem Tage nicht die Wache hatte, befreite die beiden Freunde zugleich von der Besorgnis, unter den Stadtthoren Soldaten zu treffen, denen Schiller bekannt war. Die Nacht vor seiner Abreise brachte Schiller bei seinem Freunde Scharffenstein auf der Wache zu. Den folgenden Tag, Morgens um neun Uhr, sollte alles bereit seyn, was an Kleidern, W?sche, B?chern u. s. w. aus Schillers Wohnung noch in Streichers Haus geschafft werden sollte. Dort wollten die Freunde abfahren. Nicht das Mindeste fand jedoch Streicher vorbereitet, als er am andern Morgen in Schillers Wohnung sich p?nktlich einfand. Dieser war vielmehr besch?ftigt, ein Gegenst?ck zu einer Klopstock'schen Ode zu dichten. Streicher musste, so sehr er auch zur Eile trieb, zuerst diese Ode und dann das Gegenst?ck anh?ren. Es dauerte lange, ehe Schiller aus seiner idealen Welt wieder in die wirkliche zur?ckkehrte. Durch Anschaffung der n?thigsten Kleidungsst?cke und anderer unentbehrlicher Dinge war seine Casse so ersch?pft worden, dass sie nur aus 23 Fl. bestand. Nicht viel mehr besass Streicher. Indess glaubten beide mit dieser Summe bis nach Mannheim zu kommen und dort einige Tage damit auszureichen. Von seiner Mutter, obgleich sie nicht verm?gend war, hoffte Streicher noch nachgeschickt zu erhalten, was er zu seiner Reise nach Hamburg brauchte. Mit zwei alten Pistolen unter seinem Civilkleide, die er Sicherheits halber mitgenommen, trat Schiller am 17. Sept. 1782 Abends neun Uhr in Streichers Wohnung. Es hatte zehn Uhr geschlagen, als der Wagen, in welchem die Freunde sassen, mit zwei Koffern und einem kleinen Clavier f?r Streicher bepackt, zum Esslinger Thor hinausfuhr. Diess Thor war eins der dunkelsten, war jedoch aber auch desshalb gew?hlt worden, weil Schiller erfahren, dass dort einer seiner vertrautesten Freunde die Wache hatte, durch dessen Dazwischenkunst etwaige Hindernisse leicht beseitigt werden konnten. Schiller nannte sich am Thor Doctor Ritter, und Streicher gab sich f?r einen Doctor Wolf aus. Esslingen ward als Reiseziel angegeben. Die Freunde mussten den Weg um die Stadt einschlagen, der sie auf die Strasse nach Ludwigsburg f?hrte. Schiller war in sich gekehrt und wechselte wenig Worte mit seinem Begleiter. Das hoch gelegene Lustschloss Solitude, von welchem sie ungef?hr anderthalb Stunden entfernt seyn mochten, mit seinen weitl?ufigen Nebengeb?uden prachtvoll erleuchtet, zeigte sich in einem herrlichen Feuerglanze. "O meine Mutter!" rief Schiller, auf den Punkt hindeutend, wo seine Eltern wohnten. Ueberw?ltigt von wehm?thigen Gef?hlen, sank er mit einem halb unterdr?ckten Seufzer auf seinen Sitz zur?ck. Beim Caffee, den die Freunde in Enzweihingen, wo gerastet werden sollte, einnahmen, recitirte Schiller aus einem Heft ungedruckter Gedichte des ungl?cklichen Schubart einige der bedeutendsten, unter andern "die F?rstengruft", die ihn bei seinem fr?her erw?hnten Gedicht: "die schlimmen Monarchen" zum Muster gedient hatte. Das erhebende Gef?hl, dr?ckende Fesseln von sich abgesch?ttelt zu haben, und der feste Vorsatz, sich nie wieder einem ?hnlichen Zwange zu unterwerfen, bem?chtigte sich Schillers, als eine kleine Pyramide, die sie um acht Uhr Abends erreichten, ihn und seinen Freund ?berzeugte, dass sie sich an der churpf?lzischen Grenze befanden. Schiller machte seinen Reisegef?hrten auf die blau und weiss angestrichenen Pf?hle aufmerksam. Eben so freundlich, wie diese Pf?hle, meinte er, sei der Geist der Landesregierung. Ein politisches Gespr?ch kn?pfte sich an diese Bemerkung, und die Zeit entschwand dar?ber den Freunden so schnell, dass sie sich wunderten, als sie um zehn Uhr schon in Bretten ankamen. Dort ward der Stuttgarter Wagen zur?ckgeschickt. Mit der Post fuhren die Freunde ?ber Wagh?usel nach Schwetzingen. Die Thore der Stadt Mannheim, die damals noch eine Festung war, konnten sie vor dem hereinbrechenden Dunkel nicht mehr erreichen. Sie mussten daher in Schwetzingen ?bernachten. Am folgenden Tage, den 19. Sept., waren die Freunde schon fr?h Morgens besch?ftigt, die besten Kleidungsst?cke aus den Koffern hervorzuholen, um in Mannheim nicht gar zu d?rftig zu erscheinen. Seine ziemlich ersch?pfte B?rse hoffte Schiller durch sein neues Trauerspiel: "die Verschw?rung des Fiesko", wieder einigermassen zu f?llen. Ihm schien ausser Zweifel, dass die Theaterdirection sich beeilen werde, auch diess zweite St?ck anzunehmen. Mit der Hoffnung eines nicht ganz unbedeutenden Honorars trat er in die Wohnung des Theaterregisseurs Meier, der sich h?chlich verwunderte ?ber seine Ankunft zu einer Zeit, wo in Stuttgart so viele Festlichkeiten und Lustbarkeiten statt fanden. Aus Schillers Munde erfuhr er, dass er als Fl?chtling vor ihm stehe, und Meier verschaffte ihm und seinem Freunde sofort in dem menschenleeren Mannheim eine Wohnung. Es geschah auf seinen Rath, als sich Schiller entschloss, noch denselben Tag an den Herzog von W?rtemberg zu schreiben, und ihn um Aufhebung des Befehls zu bitten, keine andern als medicinische Schriften drucken zu lassen. Er stellte seinem Landesherrn vor, wie seine geringe Besoldung und die grosse Concurrenz von Aerzten in Stuttgart ihn n?thige, durch poetische Arbeiten seine Eink?nfte zu vermehren. Zugleich bat er um die Erlaubniss, j?hrlich auf kurze Zeit in's Ausland reisen zu d?rfen. Von dem f?rstlichen Versprechen, dass ihm sein unregelm?ssiger Dienstaustritt verziehen werde, machte Schiller seine R?ckkehr nach Stuttgart abh?ngig. In einem besondern Briefe ersuchte er seinen Regimentschef, den General Aug?, das von ihm entworfene Schreiben dem Herzog zu ?bergeben, um durch seinen Einfluss sein Gesuch zu unterst?tzen. Die Gattin des Theaterregisseurs Meier war unterdess wieder von Stuttgart nach Mannheim zur?ckgekehrt. Sie erz?hlte, wie Schillers Entfernung in Stuttgart sogleich bekannt geworden, und wie sich dort ein allgemeines Ger?cht verbreitet, dass der Herzog Schillers Auslieferung verlangen werde. Schiller tr?stete sich zwar damit, dass er kein eigentlicher Soldat sei, und dass auf ihn die bei der Desertion ?bliche Strafe nicht angewendet werden k?nnte. Indess gebrauchte er doch die Vorsicht, die ihm seine Freunde empfahlen. Er zeigte sich an keinen ?ffentlichen Orten, sondern beschr?nkte sich auf seine und Meiers Wohnung. Aus dem Briefe des Generals Aug?, den Schiller einige Tage sp?ter erhielt, war nicht deutlich zu ersehen, ob der Herzog zu Erf?llung seiner W?nsche geneigt sei. Der General entledigte sich in seinem Schreiben blos des von seinem F?rsten ihm gewordenen Auftrags mit den Worten: "Da Se. Durchlaucht bei Anwesenheit der hohen Verwandten jetzt sehr gn?dig w?ren, so m?ge Schiller nur zur?ckkehren." Auch ein zweiter Brief des Generals, den Schiller um eine n?here Erkl?rung gebeten hatte, enthielt nichts anderes, als einen ?hnlichen lakonischen Bescheid. Unter diesen Umst?nden wagte Schiller, selbst wenn es mit seiner Ehre vertr?glich gewesen w?re, nicht wieder nach Stuttgart zur?ckzukehren. Er zog es vor, einer ungewissen Zukunft entgegen zu gehen und mit Noth und Mangel zu k?mpfen, ehe er sich wieder einem Joch unterwarf, das ihn so hart gedr?ckt hatte. Gleich am ersten Abend nach seiner Ankunft in Mannheim war Schillers "Verschw?rung des Fiesko" durch Streicher dem Theaterregisseur Meier als ein dramatisches Product geschildert worden, das den R?ubern in keiner Hinsicht nachst?nde, ja diess Schauspiel noch ?bertr?fe. Schiller, um Mittheilung seines Manuscripts ersucht, erbot sich, dasselbe in einem gr?ssern Kreise vorzulesen, der aus den bedeutendsten Mitgliedern der Mannheimer B?hne bestand. Unter ihnen befanden sich Iffland, B?ck, Beil u. A. An einem bestimmten Tage versammelten sie sich Nachmittags in Meiers Wohnung, mit gespannten Erwartungen von dem neuen Product eines Dichters, dem sie ihre tiefste Verehrung auszudr?cken suchten. Schiller begann seine Vorlesung, nachdem er einen historischen Umriss und eine Erkl?rung der in seinem Trauerspiel auftretenden Personen vorangeschickt hatte. Das neue St?ck brachte indess eine ganz andere Wirkung hervor, als Schiller erwartet haben mochte. Ungeachtet der Aufmerksamkeit und Stille, die unter seinen Zuh?rern herrschte, war kein Ausdruck von Empfindung, nicht das geringste Zeichen des Beifalls sichtbar geworden, als Schiller bereits den ersten Act seines Trauerspiels beendet hatte. In der eintretenden Pause unterhielten sich die Schauspieler ?ber das historische Factum; ?ber die dramatische Bearbeitung entschl?pfte ihnen kein Wort. Kein h?heres Interesse, als der erste Act, schien der zweite zu erregen. Die Gleichg?ltigkeit der Zuh?rer zeigte sich dadurch, dass sie, als einer von ihnen, um die Zeit zu verk?rzen, ein Bolzenschiessen in Vorschlag brachte, noch vor beendeter Vorlesung sich nach und nach entfernten. Schiller, sichtbar verstimmt, nahm zeitig Abschied, liess jedoch das Manuscript des Fiesko dem Theaterregisseur Meier zur?ck, der ihn darum gebeten hatte, um den Ausgang des St?cks kennen zu lernen. Schiller irrte sich, als er die kalte Aufnahme seines Werks dem Unverstand, dem Neid und der Kabale der Schauspieler beimass. Durch seinen schw?bischen Dialect und seine hochtrabende Declamation hatte das neue Trauerspiel seine Wirkung auf die Zuh?rer verfehlt. Sein anf?nglich ung?nstiges Urtheil ?ber das St?ck ?nderte Meier, als er es mit Aufmerksamkeit gelesen hatte. Er nannte den Fiesko eine sehr gelungene Trag?die, die n?chstens vorgestellt zu werden verdiene. Getr?bt wurden diese frohen Aussichten f?r Schiller wieder durch Briefe, die er von seinen Stuttgarter Freunden erhielt. Sie ?usserten die Besorgnis, dass der Herzog von W?rtemberg die churpf?lzische Regierung auffordern werde, den Fl?chtling auszuliefern. Wohlmeinend riethen sie ihm daher, Mannheim schleunig zu verlassen. Schiller entschloss sich, mit Streicher ?ber Darmstadt nach Frankfurt zu reisen. Die Casse der beiden Freunde reichte nicht hin, einen Wagen zu bezahlen. Sie wanderten daher ?ber die Neckarbr?cke nach Sandhofen. Gegen sechs Uhr Abends erreichten sie Darmstadt, nachdem sie in einem Dorfe ?bernachtet hatten. Ihren Schlaf st?rte um Mitternacht das furchtbare Trommeln der Reveille. Als Schiller am andern Morgen mit seinem Freunde den Weg nach Frankfurt einschlug, nahm seine Ermattung so bedeutend zu, dass er sich in einem W?ldchen ins Gras legte, um sich durch einen kurzen Schlaf zu st?rken. Die Abendd?mmerung war bereits eingetreten, als die beiden Freunde Frankfurt erreichten. In der Vorstadt Sachsenhausen quartirten sie sich ein. Schillers Kummer ?ber seine h?lflose Lage ward noch durch einen besondern Umstand vermehrt. Er erfuhr, dass dem edelm?thigen Manne, der sich wegen seiner Schuld von 200 Fl. f?r ihn in Stuttgart verb?rgt hatte, Gefahr drohte, von dem besorgten Gl?ubiger verhaftet zu werden. Nach langem Z?gern und nicht ohne innern Kampf entschloss sich Schiller, an den Freiherrn v. Dalberg zu schreiben, der das Manuscript des "Fiesko" aus Meiers H?nden empfangen hatte. Sein fr?herer Tr?bsinn schien wieder einigermassen gewichen, als Schiller diess Schreiben, in welchem er um einen Vorschuss von 200 Fl. bat, mit einer an Meier addressirten Beilage an Dalberg abgesandt hatte. Ein Spaziergang ?ber die Mainbr?cke erheiterte ihn. Sein Geist erhielt eine andere Richtung, als er das gesch?ftige Treiben der Kaufleute betrachtete. Mehrere dramatische Entw?rfe traten vor seine Seele. Mit besonderem Interesse ergriff er wieder eine Idee, die schon auf dem Wege von Mannheim nach Sandhofen und von da nach Darmstadt ihn lebhaft besch?ftigt hatte. Es war der Entwurf zu einem b?rgerlichen Trauerspiel, das "Luise Millerin" heissen sollte, sp?terhin aber von Schiller "Cabale und Liebe" genannt ward. Der Beifall, den v. Gemmingen's "deutscher Hausvater" und andere dramatische Familiengem?lde damals auf der B?hne gefunden hatten, ward f?r Schiller die Veranlassung, sich ebenfalls in dieser Gattung zu versuchen. In kaum vierzehn Tagen hatte er schon mehrere Scenen seiner neuen Trag?die vollendet. Seine traurige Lage entfernte ihn selten aus seinem Ideenkreise. Es gab Stunden, wo er, f?r die Aussenwelt fast gar nicht vorhanden, sich blos den Eingebungen seiner Phantasie ?berliess. In solchen Augenblicken, die sich durch seine ausdrucksvolle Miene, durch sein lebhaftes Gebehrdenspiel und seinen empor gerichteten Blick kund gaben, hielt sich Streicher von seinem Freunde mit einer Art von heiliger Scheu so viel als m?glich entfernt, um ihn in keiner Weise zu st?ren. Einen angenehmen Eindruck machte auf Schiller die Anerkennung seines Talents, als er beim Eintritt in einen Frankfurter Buchladen nach dem Absatz der "R?uber" und nach dem Urtheil des Publikums ?ber diess St?ck sich erkundigte, und ?ber beides eine h?chst g?nstige und schmeichelhafte Antwort erhielt. Er war davon so ?berrascht, dass er, ungeachtet er sich dem Buchh?ndler als Doctor Ritter vorgestellt hatte, das Gest?ndniss nicht zur?ckhielt: er sei der Verfasser der R?uber. Abermalige Briefe, die er von seinen Stuttgarter Freunden erhielt, empfahlen ihm, wegen der grossen Sensation, die sein Verschwinden erregt, die ?usserste Vorsicht und weckten dadurch in ihm allerlei neue Besorgnisse. In die trostloseste Stimmung versetzte ihn Meiers Schreiben. Er berichtete, dass Dalberg sich zu keinem Vorschuss verstehen wolle, bevor das neue Trauerspiel erst umgearbeitet worden sei. In der jetzigen Gestalt sei es f?r die B?hne unbrauchbar. Nicht einmal einige Zeilen von Dalbergs Hand milderten diese kalte abschl?gliche Antwort, die mit der fr?hern Theilnahme jenes Mannes an Schillers Schicksal in dem auffallendsten Contraste stand. Immer ?berliess sich Schiller noch der Hoffnung, dass die Mannheimer Theaterdirektion sein Trauerspiel annehmen werde. Sein Aufenthalt in Frankfurt war jedoch so kostspielig, dass er f?r rathsam hielt, sich in die Gegend von Mannheim zu verf?gen. Dort glaubte er im ?ussersten Nothfall auf Schwans und Meiers Unterst?tzung rechnen zu k?nnen. Um seine geringe Baarschaft etwas zu vermehren, entwarf er ein ziemlich langes Gedicht, das leider verloren gegangen. Es f?hrte die seltsame Ueberschrift: "Teufel und Amor." Missmuthig kehrte er jedoch mit diesem poetischen Product wieder in seine Wohnung zur?ck, als ein Frankfurter Buchh?ndler, welchem er sein Gedicht verkaufen wollte, ihm statt der verlangten f?nf und zwanzig Gulden nur achtzehn bot. Gl?cklicherweise befreite ihn eine kleine Summe, die Streicher seiner Mutter verdankte, von dem augenblicklichen, sehr dr?ckenden Geldmangel. Mit dem Marktschiffe fuhren die Freunde nach Mainz. Den Weg nach Worms setzten sie am n?chsten Tage zu Fusse fort. Kurz vor seiner Abreise hatte Schiller an den Theaterregisseur Meier in Mannheim geschrieben. Sein Brief enthielt die Bitte, ihm einen Ort zu bestimmen, wo sie sich sprechen k?nnten. Diese Zusammenkunft fand in Oggersheim statt, in einem Wirthshause, der Viehhof genannt. Den trostlosen Dichter suchte Meier durch die Aussicht zu beruhigen, dass sein Trauerspiel mit einigen Abk?rzungen sicher auf die B?hne gebracht werden d?rfte. Schiller erkl?rte sich sofort zur Umarbeitung seines St?cks bereit, ohne die geringste Empfindlichkeit zu verrathen, dass ihn Dalberg so bitter get?uscht. Er entschloss sich, einige Wochen in Oggersheim zuzubringen. Rathsam schien ihm diess auch schon wegen der Gefahr der Auslieferung, die ihm nach den Briefen seiner Stuttgarter Freunde drohte. Dem Wirth im Viehhof, bei welchem er gemeinschaftlich mit Streicher Kost und Logis f?r den Tag bedungen batte , nannte er sich Doctor Schmidt. Statt indess, wie er dem Theaterregisseur Meier versprochen hatte, die Umarbeitung des "Fiesko" sogleich anzufangen, besch?ftigte ihn sein fr?her erw?hntes b?rgerliches Trauerspiel, die "Luise Millerin." In den n?chsten acht Tagen hatte er kaum sein Zimmer verlassen. Abends ging er nachsinnend in dem oft nur vom Mondlicht erhellten Zimmer auf und ab. Angenehm war es ihm dann, wenn das Clavierspiel seines Freundes Streicher durch bald lebhafte, bald melancholische T?ne die Gef?hle in ihm aufregte, durch die sein Trauerspiel r?hren und ersch?ttern sollte. Bei den darin auftretenden Personen liess er die Individualit?t der Mannheimer Schauspieler nicht unber?cksichtigt. Beck's Gattin, eine der liebensw?rdigsten K?nstlerinnen, sollte die Rolle der Luise ?bernehmen. Von dem Schauspieler Beil als Stadtmusikus Miller erwartete Schiller eine recht naive und drollige Auffassung dieses Charakters. Eine grossartige Wirkung versprach er sich von dem Wechsel der komischen und tragischen Scenen in seinem St?ck. Er interessirte sich f?r seinen neuen dramatischen Stoff so lebhaft, dass die Umarbeitung des "Fiesko" dadurch in den Hintergrund gedr?ngt ward. Bei diesem republikanischen Trauerspiel, wie er es nannte, hatte er ohnediess mit manchen Schwierigkeiten zu k?mpfen, besonders hinsichtlich der noch unvollendeten Katastrophe. Er schwankte, ob er dem historischen Factum, nach welchem Fiesko durch einen Zufall in den Wellen seinen Tod fand, in seiner dramatischen Bearbeitung treu bleiben sollte. Beschleunigen musste er jedenfalls seine Arbeit. Seine Lage dr?ngte ihn dazu. Er bedurfte aber auch der Zerstreuung, und fand sie, wenn er dann und wann seine Freunde in Mannheim besuchte. Gew?hnlich ?bernachtete er dort. Aber auch in Oggersheim, wo es ihm nicht sonderlich gefiel, verhalf ihn der Zufall zur Bekanntschaft mit dem dortigen Kaufmann Derain, einem vielseitig gebildete Manne. Zwischen ihm und Schiller bildete sich ein Freundschaftsverh?ltniss, und trauliche Gespr?che verk?rzten dem Dichter auf diese Weise die tr?ben und neblichten Abende, die mit dem Anfang des November eintraten. In einem Briefe, den er am 6. des genannten Monats an seine Schwester Christophine schrieb, schilderte er ihr seine gegenw?rtige Lage und Stimmung. Er entwarf in seinem Schreiben zugleich seinen Lebensplan f?r die n?chste Zukunft. Seinen Aufenthalt in Oggersheim wollte er mit Berlin vertauschen, wo er, wie er ?usserte, mit bedeutenden Empfehlungen versehen, sich eine ziemlich gesicherten Subsistenz als Schriftsteller zu gr?nden hoffte. Mit zarter Schonung, um seine Schwester nicht zu beunruhigen, hatte er in jenem Briefe seine Lage, so dr?ckend sie auch war, in dem g?nstigsten Lichte dargestellt. Durch allerlei weit ausschweifende Entw?rfe f?r die n?chste Zukunft hatte er die um ihn besorgte Schwester zu tr?sten gesucht. Keiner von diesen Entw?rfen ward jedoch realisirt, und die Reise nach Berlin, wo er sein Gl?ck zu machen hoffte, ward wieder aufgegeben. Mit dem in's Reine geschriebenen Manuscript seiner Umarbeitung des Fiesko begab sich Schiller in der Mitte des November nach Mannheim, wo er sein Trauerspiel dem Theaterregisseur Meier ?bergab. Vergebens wartete er jedoch eine ganze Woche auf eine Antwort Dalbergs, die ihm in den n?chsten Tagen versprochen worden war. Dadurch beunruhigt, entschloss er sich den 16. November 1782 an ihn selbst zu schreiben. In diesem Briefe, dem ersten, den er nach seiner R?ckkehr aus Frankfurt an ihn richtete, meldete er zugleich, "dass er im Viehhof zu Oggersheim unter dem Namen Schmidt logire," woraus hervorzugehen schien, dass Dalberg bisher gar keine Notiz von ihm genommen. Um einige Auskunft zu erhalten, was er von seinem Trauerspiel zu erwarten habe, begab sich Schiller, von Streicher begleitet, nach Mannheim in Meiers Wohnung. Dieser empfing ihn mit sichtbarer Best?rzung. Ein w?rtembergi Offizier, erz?hlte Meier, habe sich bei ihm sehr angelegentlich nach Schiller erkundigt, doch von ihm den Bescheid erhalten, dass ihm Schillers gegenw?rtiger Aufenthalt g?nzlich unbekannt sei. Bald nach diesem Bericht klingelte die Hausth?r. Schiller verbarg sich mit Streicher in einem Cabinet, das durch eine Tapetenth?r von dem Wohnzimmer getrennt war. Der Ank?mmling war ein Hausfreund, der die wiederholten Erkundigungen des Offiziers, den er auf dem Caffeehause gesprochen, best?tigte, ?ber die Uniform und Gestalt desselben jedoch nur unbestimmte Schilderungen entwarf, nach denen man auf keine bestimmte Person schliessen konnte. Meier war sehr besorgt um seine beiden Freunde, die, nachdem sie ihren Schlupfwinkel verlassen, noch einige Mal durch neue Ank?mmlinge dahin zur?ckgescheucht wurden. In Mannheim zu ?bernachten, schien f?r Schiller und Streicher ebenso gef?hrlich, als nach Oggersheim zur?ckzukehren. Meier selbst konnte sich allerlei Verdruss und Unannehmlichkeiten zuziehen, wenn es der Zufall f?gte, dass der Verfolgte in seiner Wohnung gefunden ward. Mit lebhaftem Dank ergriffen daher die beiden Freunde das Anerbieten einer Madame Curioni, in dem Palais des Prinzen von Baden, das unter ihrer Aufsicht stand, zu ?bernachten. Die prachtvollen, mit kostbaren Gem?lden und Kupferstichen geschm?ckten Zimmer eines F?rsten, die sie jetzt betraten, bildeten einen auffallenden Contrast mit ihrem ?rmlichen Logis in Oggersheim. Mit Anbruch des Tages wagte sich Streicher in Meiers Wohnung, um dort n?here Erkundigungen ?ber den Fremden einzuziehen, der sich so angelegentlich nach Schiller erkundigt hatte. Durch einen ihm bekannten Secret?r des Ministers, Grafen von Oberndorf, hatte Meier bereits am fr?hen Morgen erfahren, dass jener Offizier keine Auftr?ge von der Regierung gehabt habe. Auch war derselbe nach dem Meldezettel des Gastwirths, bei dem er logirt, schon am Abend wieder abgereist. Sp?terhin erfuhren die Freunde durch einen von Schillers Vater den 8. December 1782 an den Buchh?ndler Schwan in Mannheim gerichteten Brief, dass der Offizier, der sich so angelegentlich nach Schiller erkundigt, einer seiner Jugendfreunde, der Lieutenant Kosewitz gewesen sei, der ihn auf seiner Durchreise hatte besuchen wollen. Beruhigt durch die Nachrichten, die ihm Streicher mitgetheilt, verliess Schiller das gl?nzende Palais, das ihm zum Asyl gedient hatte. Mit dem Theaterregisseur Meier besprach er ausf?hrlich seine in mehrfacher Hinsicht unsichere und bedenkliche Lage. War auch seine Besorgnis grundlos gewesen, so drohte ihm bei einem l?ngern Aufenthalt in Mannheim doch immer Gefahr, so gern er auch, des Theaters wegen, noch einige Zeit dort geblieben w?re. L?ngst hatte er mit Sehnsucht die Entscheidung ?ber sein umgearbeitetes Trauerspiel erwartet. Er sah sich abermals in allen seinen Hoffnungen get?uscht, als er den kurzen Bescheid erhielt, dass die "Verschw?rung des Fiesko" auch in ihrer jetzigen Gestalt f?r die B?hne nicht brauchbar sei, folglich von der Theaterdirection nicht angenommen, und auch nichts daf?r verg?tet werden k?nnte. Keine Aussicht zeigte sich f?r Schiller, als er jenes Schreiben gelesen, seine traurige Lage auch nur einigermassen zu erleichtern. Zwei Monate lang hatte er nutzlos Zeit und Kr?fte aufgeopfert, ohne durch Entbehrungen jeder Art seinem Schicksal eine andere Wendung geben zu k?nnen. Auf's Bitterste sah er sich get?uscht durch einen Mann, den er bisher f?r seinen G?nner gehalten. Mit leerer B?rse, wie er vor zwei Monaten sein Vaterland verlassen, liess ihn der reiche Freiherr von Dalberg wieder aus Mannheim gehen. Durch conventionelle R?cksichten war vielleicht Dalberg abgehalten, einen entscheidenden Schritt f?r Schiller zu thun, der gleichsam ein politischer Fl?chtling aus einem befreundeten Nachbarstaate war. Er musste ihn m?glichst von sich entfernt halten, um sich nicht bei dem Herzog von W?rtemberg zu compromittiren. Um so grossartiger war die Fassung, womit Schiller die engherzige Gesinnung und unw?rdige Behandlung seines scheinbaren G?nners ertrug, der, ohne auf den Namen eines Besch?tzers der K?nste Verzicht zu leisten, den Dichter nicht geradezu von sich weisen konnte. Mehr wahrhafte Theilnahme an seinem harten Schicksal regte sich in einem weiblichen Herzen. In der Karlsschule war er mit Wilhelm von Wolzogen und dessen drei Br?dern, und durch diese auch mit ihrer Mutter bekannt geworden. Von dieser hochherzigen Frau hatte Schiller, als er ihr den Entschluss seiner Flucht mitgetheilt, das Versprechen erhalten, ihm auf ihrem in Meiningen gelegenen Gute Bauerbach ein sicheres Asyl zu gew?hren, wenn der Herzog von W?rtemberg Schritte thun sollte zur Verfolgung des Fl?chtlings. An jene edle Frau, die oft in Stuttgart verweilte, hatte er sich gewandt, und fand sich in seinen Erwartungen nicht get?uscht. Seine Verh?ltnisse waren so dr?ckend, dass er den Augenblick, in eine einigermassen sorgenfreie Lage gesetzt zu werden, beschleunigen musste. Aus Noth hatte er seine Uhr verkaufen m?ssen. Die eilf Louisd'or, die er von dem Buchh?ndler Schwan in Mannheim f?r sein dem Professor Abel gewidmetes Trauerspiel: "Die Verschw?rung des Fiesko," erhalten, hatten kaum hingereicht, die seinem Hauswirth schuldige Summe zu tilgen, bei dem er eine Zeitlang auf Borg gelebt. Er musste sich aber auch mit den unentbehrlichsten Kleidungsst?cken f?r den Winter versehen, um die Reise nach Bauerbach antreten zu k?nnen. Aus Worms, wohin sie ihn von Oggersheim aus begleitet hatten, kehrten Streicher, Meier und einige andere Freunde Schillers wieder nach Mannheim zur?ck. Der Abschied von seinem treuen Streicher ward ihm dadurch erleichtert, dass er dessen Gesellschaft schon einige Zeit hatte entbehren m?ssen, weil Streicher, um seinem Broderwerb nachzugehen, sich von Oggersheim nach Mannheim begeben hatte. In einem leichten Ueberrock, bei strenger K?lte, trat Schiller die Reise nach Bauerbach an, begleitet von den besten W?nschen seiner Freunde, die sich mit dem Gedanken beruhigten, dass Schiller, wenigstens f?r die n?chste Zeit, Mangel und Verfolgung nicht zu f?rchten habe. Im November 1782 war er auf dem der Frau von Wolzogen geh?renden Rittergute Bauerbach sp?t Abends angelangt. Er hatte einen Weg von sechsundfunfzig Stunden zur?ckgelegt. In der herrschaftlichen Wohnung fand er schon alles zu seinem Empfange bereitet. Eine ausf?hrliche Schilderung seiner gegenw?rtigen Lage, mit der er sehr zufrieden zu seyn schien, entwarf er dem Buchh?ndler Schwan in Mannheim in einem vom 8. December 1782 datirten Briefe. Er betrachtete sich in diesem Schreiben als einen Schiffbr?chigen, der sich aus den Wellen m?hsam emporgek?mpft. Dringend legte er dem Empf?nger seines Briefes die Bitte an's Herz, den Druck seines Trauerspiels, die "Verschw?rung des Fiesko", m?glichst rasch zu f?rdern. Nur das Verbot, Schriftsteller zu seyn, ?usserte Schiller, habe ihn aus w?rtembergischen Diensten vertrieben; sollte er nun als Schriftsteller nicht bald in seinem Vaterlande etwas von sich h?ren lassen, so w?rde man den Schritt, den er gethan, grund- und nutzlos finden. Auch seinem Freunde Streicher meldete Schiller gleichzeitig, den 8. Dezember 1782, seine Ankunft in Bauerbach, und entwarf auch ihm eine g?nstige Schilderung seiner neuen Verh?ltnisse. In seiner Einsamkeit zu Bauerbach, unter einfachen Landleuten, entfernt vom Ger?usch der Welt, das mit seinem in sich gekehrten Wesen und seiner oft tr?ben Stimmung nicht harmonirte, f?hlte sich Schiller anfangs sehr gl?cklich, wenn gleich die rauhe Natur des Orts mit ihren schroffen Felsenabh?ngen in ihm dann und wann eine schmerzliche Erinnerung an seine Heimath, an das gesegnete milde Schwaben hervorrief. Ein inniges Freundschaftsverh?ltniss entstand bald nach Schillers Ankunft in Bauerbach zwischen ihm und dem Bibliothekar Reinwald in Meiningen, der sich sp?ter mit Schillers ?ltester Schwester Christophine verm?hlte. Mit diesem durch Geist und Herz ausgezeichneten Manne stand Schiller in fortgesetztem Briefwechsel. Bisweilen sahen sie sich in Bauerbach, in Meiningen oder an einem dritten Orte. In seinem l?ndlichen Asyl fehlte es ihm ohnediess an Personen, in deren Umgange er sich gefallen konnte. Dann und wann spielte er mit dem Verwalter des Guts eine Parthie Schach, oder begleitete ihn auf die Jagd, oder auf einem Spaziergange. Von Streicher getrennt, f?hlte er schmerzlich, dass ihm ein treuer theilnehmender Freund fehle, und oft ergriff ihn eine schwerm?thige Stimmung, die er in mehreren Briefen an Reinwald aussprach. Das Verh?ltniss zu seiner Besch?tzerin, der Frau von Wolzogen, wenn auch mitunter durch Schillers Reizbarkeit getr?bt, hatte sich noch immer in seiner urspr?nglichen Reinheit erhalten. Er war ihr in mehrfacher Hinsicht Dank schuldig, unter andern daf?r, dass sie w?hrend ihres Aufenthalts in Stuttgart seine um ihn bek?mmerten Eltern ?ber sein Schicksal beruhigt hatte. Sehr erfreut hatte sie ihn durch Nachrichten von seiner Familie. Namentlich hatte sie ihm die Genesung seiner Mutter gemeldet, an der er mit inniger Liebe hing. Schiller war nicht undankbar. Um die zarte Aufmerksamkeit, die sie ihm bewies, einigermassen zu erwiedern, verherrlichte er den Tag, an welchem Frau von Wolzogen im Mai 1783 aus Stuttgart wieder nach Bauerbach zur?ckkehrte, durch allerhand l?ndliche Festlichkeiten. Add to tbrJar First Page Next Page Prev Page |
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