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Munafa ebook

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Read Ebook: Versuch einer Kritik aller Offenbarung by Fichte Johann Gottlieb

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Ebook has 118 lines and 49650 words, and 3 pages

H?tte es mit dem Wohlgefallen am Sittlich-guten eine solche Bewandtniss, wie mit irgend einem der Dinge, die wir angef?hrt haben, so k?nnten wir keine Theologie haben, und bed?rften keiner Religion: denn so innig wir auch im letzten Falle die Fortdauer der moralischen Wesen, und einen allm?chtigen, allwissenden und gerechten Vergelter ihrer Handlungen w?nschen m?ssten, so w?re es doch sehr vermessen, aus einem blossen Wunsche, so allgemein und so stark er auch w?re, auf die Realit?t seines Objects zu schliessen, und dieselbe auch nur als subjectiv-g?ltig anzunehmen.

Dadurch nun kommen wir zuerst, dass ich mich so ausdr?cke, in Correspondenz mit Gott. Wir sind gen?thigt bei allen unsern Entschliessungen auf ihn aufzusehen, als den, der den moralischen Werth derselben allein und genau kennt, da er nach ihnen unsre Schicksale zu bestimmen hat, und dessen Billigung oder Misbilligung das einzig richtige Unheil ?ber dieselben ist. Unsre Furcht, unsre Hoffnung, alle unsre Erwartungen beziehen sich auf ihn: nur in seinem Begriffe von uns finden wir unsern wahren Werth. Die heilige Ehrfurcht vor Gott, die dadurch nothwendig in uns entstehen muss, verbunden mit der Begierde der nur von ihm zu erwartenden Gl?ckseligkeit, bestimmet nicht unser oberes Begehrungsverm?gen, das Recht ?berhaupt zu wollen, sondern unsern empirisch-bestimmbaren Willen, dasselbe wirklich in uns anhaltend und fortgesetzt hervorzubringen. Hier ist also schon Religion, gegr?ndet auf die Idee von Gott, als Bestimmer der Natur nach moralischen Zwecken, und in uns auf die Begierde der Gl?ckseligkeit, welche aber gar nicht etwa unsre Verbindlichkeit zur Tugend, sondern nur unsre Begierde, dieser Verbindlichkeit Gen?ge zu thun, vermehrt, und verst?rkert.

Hierbei entstehen folgende zwei Fragen: Giebt es eine Verbindlichkeit, dem Willen Gottes, als solchem, zu gehorchen, und worauf k?nnte sich dieselbe gr?nden? und dann: Wie erkennen wir das Gesetz der Vernunft in uns als Gesetz Gottes? Wir gehen an die Beantwortung der ersten.

Im Vorbeigehn ist noch zu erinnern, dass diese Achtung f?r Gott, und die auf dieselbe gegr?ndete Achtung f?r das Moralgesetz, als das seinige, sich auch blos auf die ?bereinstimmung desselben mit diesem Gesetze, d. i. auf seine Heiligkeit gr?nden m?sse, weil sie nur unter dieser Bedingung Achtung f?r das Moralgesetz ist, die allein die Triebfeder jeder rein moralischen Handlung seyn muss. Gr?ndet sie sich etwa auf die Begierde sich in seine G?te einzuschmeicheln, oder auf Furcht vor seiner Gerechtigkeit, so l?ge unserm Gehorsame auch nicht einmal Achtung f?r Gott, sondern Selbstsucht zu Grunde.

Der Pflicht, widerstreitende Neigungen sind wol in allen endlichen Wesen anzunehmen, denn das ist eben der Begriff des Endlichen in der Moral, dass es noch durch andere Gesetze, als durch das Moralgesetz, d. i. durch die Gesetze seiner Natur bestimmt werde; und warum Naturgesetze unter irgend einer Bedingung, f?r Naturwesen, auf welch einer erhabnen Stuffe sie auch stehen m?gen, stets und immer mit dem Moralgesetze zusammenstimmen sollten, l?sst sich kein Grund angeben; aber es l?sst sich gar nicht bestimmen, in wie weit, und warum nothwendig dieser Widerstreit der Neigung gegen das Gesetz die Achtung f?r dasselbe, als blosses Vernunftgesetz, so schw?chen solle, dass es, um th?tig zu wirken, noch durch die Idee einer g?ttlichen Gesetzgebung geheiligt werden m?sse; und wir k?nnen uns nicht einbrechen, f?r jedes vern?nftige Wesen, welches, nicht weil die Neigung in ihm schw?cher ist, in welchem Falle es kein Verdienst haben w?rde, sondern weil die Achtung f?r die Vernunft in ihm st?rker ist, dieser Vorstellung zur Willensbestimmung nicht bedarf, eine weit gr?ssere Verehrung zu f?hlen, als gegen dasjenige, welches ihrer bedarf. Es l?sst sich also der Religion, insofern sie nicht blosser Glaube an die Postulate der practischen Vernunft ist, sondern als Moment der Willensbestimmung gebraucht werden soll, auch nicht einmal f?r Menschen subjective Allgemeing?ltigkeit zusichern; ob wir gleich auch von der ?ndern Seite nicht beweisen k?nnen, dass endlichen Wesen ?berhaupt, oder dass insbesondere Menschen in diesem Erdenleben eine Tugend m?glich sey, die dieses Moments g?nzlich entbehren k?nne.

Nun scheint es zwar ganz einerlei zu seyn, ob wir die Befehle unsrer Vernunft, als v?llig gleichlautend mit dem Befehle Gottes an uns, oder ob wir sie selbst unmittelbar als Befehle Gottes ansehen; aber theils wird durch das letztere der Begriff der Gesetzgebung erst v?llig erg?nzt, theils aber und vorz?glich muss nothwendig beim Widerstreite der Neigung gegen die Pflicht die letztere Vorstellung dem Gebote der Vernunft ein neues Gewicht hinzuf?gen.

Die Frage also, um deren Beantwortung, es jetzt zu thun ist, ist diese: Finden wir irgend einen Grund, Gott als die Ursache der Existenz des Moralgesetzes in uns anzusehen? oder als Aufgabe ausgedr?ckt: wir haben ein Princip zu suchen, aus welchem Gottes Wille, als Grund der Existenz des Moralgesetzes in uns erkannt werde. Dass das Sittengesetz in uns das Gesetz Gottes an uns enthalte, und materialiter sein Gesetz sey, ist aus dem obigen klar: ob es auch der Form nach sein Gesetz, d. i. durch ihn und als das seinige promulgirt sey, als wodurch der Begriff der Gesetzgebung vollst?ndig gemacht wird, davon ist jetzt die Frage, welche mithin auch so ausgedr?ckt werden kann: hat Gott sein Gesetz an uns wirklich promulgirt? k?nnen wir ein Factum aufweisen, das sich als eine dergleichen Promulgation best?tigt?

?. 4.

?. 5.

Zur Bekanntmachung geh?rt endlich einer, dem etwas bekannt wird. Wird ihm ?berhaupt nichts bekannt, oder wird ihm nur das nicht bekannt, was der andre beabsichtigte, oder wird es ihm vielleicht durch andre Mittel, nur nicht durch die Mittheilung des ?ndern bekannt, so ist wenigstens die verlangte Bekanntmachung nicht geschehen.

Der Begriff der Offenbarung, als unter diesem Gattungsbegriffe enthalten, muss alle die angezeigten Merkmale, aber er kann ihrer noch mehrere haben, d. i. er kann gewisse auf verschiedne Art bestimmbare Merkmale der Bekanntmachung v?llig bestimmen; und wir m?ssen uns hier, da wir ihn bis jetzt als blos empirisch behandeln, an den Sprachgebrauch halten.

Es bliebe uns demnach keine f?r die Philosophie taugliche scharfe Bestimmung ?brig, als die, dass in der Bekanntmachung ?berhaupt jeder freie Geist, sey er endlich oder unendlich, in der Offenbarung aber der Unendliche Bekanntmachender sey: eine Bedeutung, f?r welche man auch im gemeinen Sprachgebrauche die W?rter: Offenbarung, offenbaren, u. s. f. aufsparen m?chte.

?ber die logische M?glichkeit dieses Begriffs kann kein Zweifel entstehen; denn wenn seine Bestimmungen sich widerspr?chen, so w?rde dieser Widerspruch sich bald entdeckt haben. Die physische M?glichkeit desselben gr?ndet sich auf das Postulat des Sittengesetzes, dass ein freies, intelligentes Wesen einem Begriffe vom Zwecke gem?ss Ursache in der Sinnenwelt seyn k?nne; welches wir f?r Gott, um der M?glichkeit eines praktischen Gesetzes in sinnlichen Wesen willen, annehmen mussten.

In der Anwendung dieses Begriffs auf ein Faktum aber thun sich grosse Schwierigkeiten hervor. -- Wenn nemlich blos davon die Rede w?re, dass eine gewisse Wahrnehmung, und eine dabei beabsichtigte Erkenntniss in uns wirklich w?rde, ohne dass wir n?thig h?tten auf den Grund der Erscheinung zur?ckzugehen, so w?re unsre Untersuchung jetzt geschlossen. Wir h?tten blos auf die Materie einer Offenbarung zu sehen, die wir uns ruhig geben liessen. Aber es ist von der Materie am allerwenigsten, sondern ganz vorz?glich von der Form der Offenbarung die Rede: es soll uns nicht etwa nur ?berhaupt etwas bekannt gemacht werden, sondern dieses etwas wird vorz?glich nur dadurch bekannt, dass wir es f?r offenbart anerkennen. Gott soll uns eine Erkenntniss mittheilen, die nur dadurch Erkenntniss wird, weil der Mittheilende kein andrer ist, als Gott. -- Dies kommt daher, weil der Glaube an jede Bekanntmachung, der Natur dieses Begriffs nach, sich auf nichts anders, als die Autorit?t des Bekanntmachenden gr?nden kann, wie oben gezeigt worden.

Was wir in der Reihe der wirkenden Ursachen nicht k?nnen, lasst uns in der der Endursachen versuchen.

Wir m?ssen, demnach die M?glichkeit, von der Seite der Form in diesen Begriff einzudringen, und, wenn sich kein andrer Weg zeigen sollte, die reale M?glichkeit des Begriffes selbst aufgeben. -- Aber wir kamen oben, von der Seite seiner Materie, von dem Begriffe der Religion aus, auf ihn. Wir haben also noch vermittelst einer materialen Er?rterung zu versuchen, was uns durch eine formale nicht gelang.

Durch die gezeigte Unhaltbarkeit dieses Begriffs von Seiten seiner Form, wird zugleich alles, was nicht Religion betrifft, von welcher allein er noch seine Best?tigung erwartet, aus seinem Umfange ausgeschlossen, da zuvor ?ber den m?glichen Inhalt einer Offenbarung nichts zu bestimmen war. Wir f?gen also diesem Begriffe noch das Merkmal hinzu, dass das in einer Offenbarung bekannt gemachte religi?sen Inhalts seyn m?sse, und hiermit ist denn die Bestimmung dieses Begriffs vollendet.

?. 6.

?. 7.

Dass eine durch Freiheit einem Begriffe vom Zwecke gem?ss bewirkte Erscheinung in der Sinnenwelt ?berhaupt, folglich auch eine Offenbarung sich als physisch m?glich denken lasse, bedarf keines Beweises, indem es zum Behufe der M?glichkeit der schlechthin geforderten Kausalit?t des Moralgesetzes auf die Sinnenwelt schon angenommen worden ist. Dennoch werden wir zur Erl?uterung, nicht zum Beweise, und wegen einiger daraus herfliessender wichtigen Folgen auf Berichtigung des Offenbarungsbegriffs, einige Untersuchungen ?ber diese physische M?glichkeit anstellen.

Hiedurch wird nun nicht nur die M?glichkeit, f?r diesen Begriff ?berhaupt etwas ihm korrespondirendes zu erwarten, sondern auch die, ihn auf eine wirklich gegebne Erscheinung anzuwenden, v?llig gesichert. Wenn aber eine solche Anwendung gleich v?llig m?glich ist, so l?sst sich doch daraus noch kein Grund erkennen, warum wir sie wirklich machen sollten. Nur nach Aufzeigung eines solchen Grundes also ist die Kritik aller Offenbarung geschlossen.

?. 8.

Der tiefste Verfall vern?nftiger Wesen in R?cksicht auf Sittlichkeit endlich ist es, wenn nicht einmal der Wille da ist, ein Moralgesetz anzuerkennen, und ihm zu gehorchen; wenn sinnliche Triebe die einzigen Bestimmungsgr?nde ihres Begehrungsverm?gens sind. Es scheint wenigstens, vor der Hand gar nichts f?r die Nothwendigkeit einer Offenbarung zu beweisen, wenn man auch in der Gesellschaft unter andern moralisch bessern Menschen noch so viele in diesem Grade verdorbne Subjekte sollte aufzeigen k?nnen: denn es muss den bessern m?glich seyn, und es ist ihre Pflicht, -- k?nnte man sagen, -- in den schlechtern durch Belehrung und Bildung das moralische Gef?hl zu entwickeln, und sie so bis zum Bed?rfniss einer Religion zu f?hren. Ohne uns vor der Hand auf diese Untersuchung einzulassen, wollen wir die Frage nur so stellen, wie ihre Beantwortung f?r den Erweis eines empirischen Bed?rfnisses der Offenbarung entscheidend wird: War es m?glich, dass die ganze Menschheit, oder wenigstens ganze V?lker- und L?nderstriche in diesen tiefen moralischen Verfall gerathen konnten? Um sie beantworten zu k?nnen, m?ssen wir erst den Begriff der empirischen Sinnlichkeit etwas n?her bestimmen.

Vor's erste, wenn doch ein Mittel sollte ausfindig gemacht werden, Religion an ihn zu bringen, wozu bedarf er ihrer? Der beste moralische Mensch, der nicht nur den ernsten Willen h?tte, dem Moralgesetze zu gehorchen, sondern auch die v?llige Freiheit, bedurfte ihrer blos dazu, um die Empfindung der Verehrung und Dankbarkeit gegen das h?chste Wesen auf irgend eine Art zu befriedigen. Derjenige, der zwar eben den ernsten Willen, aber nicht v?llige Freiheit hatte, bedurfte ihrer, um der Autorit?t des Moralgesetzes ein neues Moment hinzuzuf?gen, durch welches der St?rke der Neigung das Gegengewicht gehalten und die Freiheit hergestellt w?rde. Derjenige, der auch nicht den Willen hat, ein sittliches Gesetz anzuerkennen, und ihm zu gehorchen, bedarf ihrer, um nur erst diesen Willen, und dann durch ihn die Freiheit in sich hervorzubringen. Mit ihm hat also die Religion einen andern Weg zu nehmen. Die reine Vernunftreligion, sowohl als die nat?rliche, gr?ndeten sich auf Moralgef?hl: die geoffenbarte hingegen soll selbst erst Moralgef?hl begr?nden. Die erstere fand gar keinen Widerstand, sondern alle Neigungen im Subjekte bereit, sie anzunehmen; die zweite hatte nur in einzelnen F?llen die Neigungen zu bek?mpfen, kam aber im Ganzen erw?nscht, und gesucht; die letztere hat nicht nur allen unmoralischen Neigungen, sondern sogar dem v?lligen Widerstreben, ?berhaupt ein Gesetz anzuerkennen, und der Abneigung gegen sie selbst, die sie das Gesetz g?ltig machen will, das Gegengewicht zu haben. Sie kann also und wird sich wichtigerer Momente bedienen, so viel es geschehen kann, ohne der Freiheit Abbruch zu thun, d. h. ohne gegen ihren eignen Zweck zu handeln.

Durch welchen Weg nun kann diese Religion an die so beschaffne Menschheit gelangen? Nat?rlich auf eben dem, auf welchem alles an sie gelangt, was sie sich denkt, oder wodurch sie sich bestimmen l?sst, auf dem der Sinnlichkeit. Gott muss sich ihnen unmittelbar durch die Sinne ank?ndigen, unmittelbar durch die Sinne Gehorsam von ihnen verlangen.

Auch dies scheint wieder auf zweierlei Art m?glich zu seyn, dass nemlich Gott entweder auch dieser seiner Gesandten Glauben schlechthin auf Autorit?t gr?nde, oder dass er nur wolle, und es von ihrer eignen Einsicht erwarte, dass sie dasjenige, was auf dem blossen Wege des Nachdenkens durch irgend ein Mittel aus ihrem Herzen entwickelt worden, den ?brigen Menschen unter g?ttlicher Autorit?t ank?ndigen, insofern sie einsehen, dass kein anderes Mittel ?brig ist, Religion an sie zu bringen. Das letztere aber ist unm?glich; denn dann h?tte Gott gewollt, dass diese seine Abgeordneten, -- zwar in der wohlth?tigsten Absicht, -- aber doch, dass sie l?gen und betr?gen sollten: L?gen und Betrug aber bleibt immer, in welcher Absicht er auch geschehe, unrecht, weil das nie Princip einer allgemeinen Gesetzgebung werden kann; und Gott kann nie etwas unrechtes wollen.

Da also die M?glichkeit des letztern Falles, die wir freilich nicht wegr?umen k?nnen, uns nicht irre machen darf, so k?nnen wir nun aus allem bis jetzt bewiesenen sicher folgende Resultate ziehen: Die Menschheit kann so tief in moralischen Verfall gerathen, dass sie nicht anders zur Sittlichkeit zur?ckzubringen ist, als durch die Religion, und zur Religion nicht anders, als durch die Sinne: eine Religion, die auf solche Menschen wirken soll, kann sich auf nichts anders gr?nden, als unmittelbar auf g?ttliche Autorit?t: da Gott nicht wollen kann, dass irgend ein moralisches Wesen eine solche Autorit?t erdichte, so muss er selbst es seyn, der sie einer solchen Religion beilegt.

Wir haben oben bei Er?rterung der Funktion einer Offenbarung ihrer Materie nach ganz richtig angenommen, dass dieselbe sich nur auf Subjekte beziehe, in denen auch nicht einmal der Wille dem Vernunftgesetze zu gehorchen vorhanden sey, dass sie hingegen in dieser Funktion diejenigen, denen es nicht an diesem Willen, wol aber an v?lliger Freiheit ihn zu vollbringen, mangelt, nicht zu Objekten habe, sondern dass zu Herstellung der Freiheit in dergleichen Subjekten die Naturreligion hinl?nglich sey. Da nun durch die Offenbarung vermittelst ihrer ersten Funktion die Willensbestimmung durchs Moralgesetz m?glich gemacht, mithin alle vern?nftige Wesen zur zweiten Stuffe der moralischen Vollkommenheit erhoben werden sollen, so w?rde, wenn Wesen auf dieser zweiten Stuffe die Naturreligion stets genugthuend seyn k?nnte, gar keine Funktion der Offenbarung ihrer Form nach, nemlich keine Wirksamkeit derselben zu Herstellung der Freiheit statt finden, und, da dies die Funktion der Offenbarung im eigentlichsten Sinne ist, kein wahres Bed?rfniss eines Glaubens an Offenbarung gezeigt werden k?nnen; f?nde sie aber statt, so scheint dies dem obigen Satze von der Hinl?nglichkeit der Naturreligion zur Herstellung der Freiheit zu widersprechen. Wir haben also vor's erste zu untersuchen, ob sich ein Einfluss der Vorstellung von einer geschehnen Offenbarung auf das Gem?th zur Herstellung der gehemmten Freiheit des Willens denken lasse, und dann, wenn sich ein solcher Einfluss zeigen sollte, zu untersuchen, ob und inwiefern beide Behauptungen beisammenstehen k?nnen.

Es ist eine der Eigent?mlichkeiten des empirischen Charakters des Menschen, dass, so lange eine seiner Gem?thskr?fte besonders aufgeregt, und in lebhafter Th?tigkeit ist, andere, und das um desto mehr, jemehr sie sich, von jener entfernen, unth?tig, und gleichsam erschlafft sind: und dass diese ihre Erschlaffung gr?sser ist, je gr?sser, die Th?tigkeit jener. So vergeblich man sich bem?hen w?rde, jemanden, der durch sinnlichen Reitz bestimmt, oder in einem heftigen Affekte ist, durch Vernunftgr?nde anders zu bestimmen; eben so sicher ist's, dass im Gegensatze eine Erhebung der Seele durch Ideen, oder eine Anstrengung derselben durch Nachdenken m?glich ist, bei welcher sinnliche Eindr?cke fast ihre ganze Kraft verlieren. Soll in solchen F?llen auf einen Menschen gewirkt werden, so kann es fast nicht anders geschehen, als vermittelst derjenigen Kraft, die eben jetzt in Th?tigkeit ist, indem auf die ?brigen kaum ein Eindruck zu machen ist, oder wenn er auch zu machen w?re, er nicht hinreichend seyn w?rde, den Willen des Menschen zu bestimmen.

Einige Gem?thskr?fte haben eine n?here Verwandtschaft, und einen gr?ssern wechselseitigen Einfluss auf einander, als andere. Denjenigen, der vom Sinnenreize fortgerissen ist, wird man durch Vernunftgr?nde vergeblich zur?ckhalten wollen, aber durch Darstellung eines andern sinnlichen Eindrucks vermittelst der Einbildungskraft kann es sehr leicht, ohne Anwesenheit des sinnlichen Gegenstandes, also ohne unmittelbare Sinnenempfindung, gelingen. Alle durch empirische Sinnlichkeit bestimmbare Kr?fte stehen in solcher Korrespondenz.

Die der Pflicht widerstreitenden Bestimmungen werden alle durch Eindr?cke auf diese Kr?fte bewirkt; durch Sinnenempfindung, die entweder unmittelbar dem Gegenstande ausser uns korrespondirt, oder die durch die empirische Einbildungskraft reproducirt wird, durch Affekten, durch Leidenschaften. Welches Gegengewicht soll nun der Mensch einer solchen Bestimmung entgegensetzen, wenn sie so stark ist, dass sie die Stimme der Vernunft g?nzlich unterdr?ckt? Offenbar muss dies Gegengewicht durch eine Kraft des Gem?ths an die Seele gebracht werden, welche von der einen Seite sinnlich, und also f?hig ist einer Bestimmung der sinnlichen Natur des Menschen entgegenzuwirken, von der andern durch Freiheit bestimmbar ist, und Spontaneit?t hat: und diese Kraft des Gem?ths ist die Einbildungskraft. Durch sie also muss das einzig m?gliche Motiv einer Moralit?t, die Vorstellung der Gesetzgebung des Heiligen, an die Seele gebracht werden. Diese Vorstellung nun gr?ndet in der Naturreligion sich auf Vernunftprincipien; ist aber diese Vernunft, wie wir voraussetzen, g?nzlich unterdr?ckt, so erscheinen die Resultate derselben dunkel, ungewiss, unzuverl?ssig. Auch die Principien dieser Vorstellung also sollten durch die Einbildungskraft vorstellbar seyn. Dergleichen Principien nun w?ren Fakta in der Sinnenwelt, oder eine Offenbarung. -- Gott ist, denn er hat geredet, und gehandelt, muss sich der Mensch in solchen Augenblicken sagen k?nnen: er will, dass ich jetzt nicht so handle, denn er hat es ausdr?cklich, mit solchen Worten, unter solchen Umst?nden, u. s. f., verboten; ich werde einst wegen der Entschliessung, die ich jetzt fassen werde, unter gewissen bestimmten Feierlichkeiten ihm Rechenschaft geben. -- Sollen solche Vorstellungen aber Eindruck auf ihn machen, so muss er die denselben zum Grunde liegenden Fakta als v?llig wahr und richtig annehmen k?nnen; sie m?ssen also nicht etwan durch seine eigne Einbildungskraft erdichtet, sondern ihr gegeben werden. Dass durch eine solche Vorstellung, der reinen Moralit?t einer durch sie bewirkten Handlung kein Abbruch gethan werde, folgt unmittelbar aus unsrer Voraussetzung, das durch die Einbildungskraft versinnlicht dargestellte Motiv solle kein andres als die Heiligkeit des Gesetzgebers, und nur das Vehikulum derselben solle sinnlich seyn.

?. 9.

Es ist aber vor's erste zu erinnern, dass es ganz zweierlei ist, ob wir sagen: der Wille, als oberes Begehrungsverm?gen, ist frei; denn wenn das letztere heisst, wie es denn das heisst, er steht nicht unter Naturgesetzen, so ist dies sogleich einleuchtend, weil er, als oberes Verm?gen, gar kein Theil der Natur, sondern etwas ?bersinnliches ist: -- oder ob wir sagen: eine solche Bestimmung des Willens wird Kausalit?t in der Sinnenwelt; wo wir allerdings fordern, dass etwas, das unter Naturgesetzen steht, durch etwas, das kein Theil der Natur ist, bestimmt werden soll, welches sich zu widersprechen und den Begriff von der Naturnothwendigkeit aufzuheben scheint, der doch den Begriff einer Natur ?berhaupt erst m?glich macht.

Wir sind durch unsre Vernunft gen?thigt, das ganze System der Erscheinungen, die ganze Sinnenwelt zuletzt von einer Kausalit?t durch Freiheit nach Vernunftgesetzen, und zwar von der Kausalit?t Gottes abzuleiten. Die ganze Welt ist f?r uns ?bernat?rliche Wirkung Gottes. Es liesse sich also wol denken, dass Gott die erste nat?rliche Ursache einer gewissen Erscheinung, die einer seiner moralischen Absichten gem?ss war, gleich Anfangs in den Plan des Ganzen verflochten habe. Die Einwendung, die man dagegen gemacht hat: das heisse durch einen Umweg thun, was man geradezu thun k?nne; gr?ndet sich auf eine grobe Anthropomorphose, als ob Gott unter Zeitbedingungen stehe. In diesem Falle w?rde die Erscheinung ganz und vollkommen aus den Gesetzen der Natur, bis zum ?bernat?rlichen Urspr?nge der ganzen Natur selbst, erkl?rt werden k?nnen, wenn wir dieselbe im Zusammenhange ?bersehen k?nnten; und dennoch w?re sie auch zugleich, als durch die Kausalit?t eines g?ttlichen Begriffs vom moralischen dadurch zu erreichenden Zwecke bewirkt, anzusehen.

Das Resultat des hier gesagten ist, dass, so wenig es dem dogmatischen Vertheidiger des Offenbarungsbegriffs erlaubt werden d?rfe, aus der Unerkl?rbarkeit einer gewissen Erscheinung aus Naturgesetzen auf eine ?bernat?rliche Kausalit?t, und wol gar geradezu auf die Kausalit?t Gottes zu schliessen; eben so wenig sey es dem dogmatischen Gegner desselben zu verstatten, aus der Erkl?rbarkeit eben dieser Erscheinungen aus Naturgesetzen zu schliessen, dass sie weder durch ?bernat?rliche Kausalit?t ?berhaupt, noch insbesondre durch Kausalit?t Gottes m?glich seyen. Die ganze Frage darf gar nicht dogmatisch, nach theoretischen Principien, sondern sie muss moralisch, nach Principien der praktischen Vernunft, er?rtert werden, wie sich aus allem bisher gesagten zur Gn?ge ergiebt; wie dieses aber geschehen m?sse, wird im Verfolge dieser Abhandlung gezeigt werden.

?. 10.

?. 11.

In Absicht der durch eine Offenbarung m?glichen Moral ist schon oben die Unterscheidung gemacht worden, dass dieselbe Offenbarung uns entweder geradezu auf das Gesetz der Vernunft in uns, als Gesetz Gottes, verweisen; oder, dass sie sowol das Princip derselben an sich, als in Anwendung auf m?gliche F?lle, unter g?ttlicher Autorit?t aufstellen k?nne.

?. 12.

Der Zweck aller dieser Belehrungen ist kein andrer, als Bef?rderung reiner Moralit?t, und der versinnlichenden Darstellung derselben insbesondere Bef?rderung reiner Moralit?t in dem sinnlichen Menschen. Insofern nur diese Versinnlichung mit diesem Zwecke ?bereinkommt, kann die Offenbarung g?ttlich seyn: wenn sie ihm aber widerspricht, ist sie gewiss nicht g?ttlich.

Ob eine Offenbarung ihren versinnlichenden Vorstellungen reiner Vernunftideen objektive, oder blos subjektive G?ltigkeit beilege, ist, wenn sie es auch nicht ausdr?cklich erinnert, welches jedoch zur Vermeidung alles m?glichen Misverst?ndnisses zu w?nschen ist, daraus zu ersehen, ob sie auf dieselben Schl?sse bauet oder, nicht. Thut sie das erstere, so ist offenbar, dass sie ihnen objektive G?ltigkeit beilegt.

Da endlich die empirische Sinnlichkeit sich, ihren besondern Modifikationen nach, bei verschiedenen V?lkern, und in verschiedenen Zeitaltern ver?ndert, und unter der Zucht einer guten Offenbarung sich immer mehr verringern soll; so ist es Kriterium, zwar nicht der G?ttlichkeit einer Offenbarung, aber doch ihrer m?glichen Bestimmung f?r viele V?lker, und Zeiten, wenn die K?rper, in die sie den Geist kleidet, nicht zu fest, und zu haltbar, sondern von einem leichten Umrisse, und dem Geiste verschiedener V?lker und Zeiten ohne M?he anzupassen sind. -- Eben dies gilt von den Aufmunterungs- und Bef?rderungsmitteln zur Moralit?t, die eine Offenbarung empfiehlt. Unter der Leitung einer weisen Offenbarung, die in weisen H?nden ist, sollten die erstem und letztern immer mehr von ihrer Beimischung grober Sinnlichkeit ablegen, weil sie immer entbehrlicher werden sollte.

?. 13.

?. 14.

Bis jetzt ist eigentlich weiter nichts ausgemacht worden, als die v?llige Gedenkbarkeit einer Offenbarung ?berhaupt, d. i. dass der Begriff einer dergleichen Offenbarung sich nicht selbst widerspreche; und da in demselben eine Erscheinung in der Sinnenwelt postulirt wird, haben die Bedingungen festgesetzt werden m?ssen, unter denen dieser Begriff auf eine Erscheinung anwendbar ist. Diese Bedingungen waren die durch eine Analysis gefundenen Bestimmungen des anzuwendenden Begriffs.

Nach Vollendung dieser Pr?fung kommt nun in Absicht auf ein kategorisches Urtheil das Gem?th, oder sollte es wenigstens vern?nftiger Weise, in ein v?lliges Gleichgewicht zwischen dem F?r und dem Wider; noch auf keine Seite geneigt, aber bereit, bei dem ersten kleinsten Momente sich auf die eine oder die andre hinzuneigen. F?r ein verneinendes Urtheil ist kein der Vernunft nicht widersprechendes Moment denkbar; weder ein strenger, noch ein zur wahrscheinlichen Vermuthung hinreichender Beweis; denn der verneinende ist eben so und aus eben den Gr?nden unm?glich als der bejahende; noch eine Bestimmung des Begehrungsverm?gens durchs praktische Gesetz, weil die Annehmung einer alle Kriterien der G?ttlichkeit an sich habenden. Offenbarung diesem Gesetze in nichts widerspricht. Es muss sich also, ein Moment f?r das bejahende Urtheil auffinden lassen, oder wir m?ssen in dieser Unentschiedenheit immer bleiben. Da auch dieses Moment weder ein strenges, noch ein zur wahrscheinlichen Vermuthung hinreichender Beweis seyn kann, so muss es eine Bestimmung des Begehrungsverm?gens seyn.

Wenn ein blosser Wunsch uns berechtigen soll, die Realit?t seines Objekts anzunehmen, so muss derselbe sich auf die Bestimmung des obern Begehrungsverm?gens durchs Moralgesetz gr?nden, und durch dieselbe entstanden seyn; die Annahme der Wirklichkeit seines Objekts muss uns die Aus?bung unsrer Pflichten, und zwar nicht etwa blos dieser oder jener, sondern des pflichtm?ssigen Verhaltens ?berhaupt erleichtern, und von der Annahme des Gegentheils muss sich zeigen lassen, dass sie dieses pflichtm?ssige Verhalten in den w?nschenden Subjekten erschweren w?rde; und dieses darum, weil wir nur bei einem Wunsche dieser Art einen Grund anf?hren k?nnen, warum wir ?ber die Wirklichkeit seines Objekts ?berhaupt etwas annehmen, und die Frage ?ber dieselbe nicht g?nzlich abweisen wollen. Dass beim Wunsche einer Offenbarung dieses der Fall sey, ist schon oben zur Gen?ge gezeigt.

Es folgt also aus dem gesagten, dass der Glaube an Offenbarung sich nicht nur nicht aufdringen, sondern auch nicht einmal von jedermann fordern, oder ihm ansinnen lasse.

So wie der Glaube an Offenbarung nur unter zwei Bedingungen m?glich ist, dass man nemlich theils gut seyn wolle, theils der Vorstellung einer geschehnen Offenbarung als eines Mittels bed?rfe, um das Gute in sich hervorzubringen, so kann auch der Unglaube in R?cksicht auf sie zweierlei Ursachen haben, dass man nemlich entweder gar keinen guten Willen habe, und mithin, alles, was uns zum Guten antreiben, und unsre Neigungen einschr?nken zu wollen das Ansehen hat, hasse, und von der Hand weise, oder dass man bei dem besten Willen nur die Unterst?tzung einer Offenbarung nicht bed?rfe, um ihn in's Werk setzen zu k?nnen. Die erstere Verfassung der Seele ist tiefes moralisches Verderben; die letztere ist, wenn sie sich nur etwa nicht auf die nat?rliche Schw?che unsrer Neigungen, oder auf eine dieselben t?dtende Lebensart, sondern auf wirksame Hochachtung des Guten, um sein selbst willen, gr?ndet, wirkliche St?rke, und man darf, ohne Furcht, der W?rde der Offenbarung dadurch etwas zu benehmen, das sagen, weil bei wirklich vorherrschender Liebe des Guten, ohne welche ?berhaupt kein Glaube m?glich ist, nicht zu bef?rchten steht, dass jemand sie von der Hand weisen werde, so lange er noch irgend eine gute Wirkung derselben an sich versp?rt. Aus welchen Ursachen von beiden der Unglaube bei einem bestimmten Subjekte entstanden sey, k?nnen nur die Fr?chte lehren.

?. 15.

Mehr um den Satz, dass die Untersuchung der M?glichkeit einer Offenbarung schlechterdings nicht vor das Forum der theoretischen Vernunft geh?re, welcher schon, aus der Deduktion ihres Begriffs erhellet, noch einleuchtender zu machen, als um einer systematischen Nothwendigkeit willen, wurde ?. 9. noch die physische M?glichkeit einer Offenbarung, ?ber welche an sich gar keine Frage entstehen konnte, gezeigt.

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