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Read Ebook: Herrn Mahlhubers Reiseabenteuer by Gerst Cker Friedrich
Font size: Background color: Text color: Add to tbrJar First Page Next PageEbook has 748 lines and 39925 words, and 15 pagesHerrn Mahlhuber's Reiseabenteuer. Erz?hlung von Friedrich Gerst?cker Leipzig: F. A. Brockhaus. 1857. Der Verfasser beh?lt sich das Recht der Uebersetzung ins Englische und Franz?sische vor. Inhaltsverzeichniss. Seite 1. Der Commerzienrath 1 2. Die Vorbereitungen zur Reise 7 3. Erstes Abenteuer 12 4. Das Posthaus und die Mamsell 25 5. Das gr?ne Zimmer 32 6. Die verh?ngissvollen Schuhe 47 7. Die Nichte 64 8. Der Ueberfall 71 9. Die Gesellschaft im Hirsch 82 10. Der Schlafkamerad 90 11. Die Geschichte von dem Scheusal 103 12. Sind Sie Herr Mahlhuber? 116 13. Die Flucht 124 14. Wieder unterwegs 128 15. Die Heimkehr 137 +Der Commerzienrath.+ In einem gem?thlichen St?dtchen Baierns -- und alle St?dte und St?dtchen Deutschlands sollten eigentlich den Gesetzen nach gem?thlich sein -- lebte still und zur?ckgezogen der Held unserer Geschichte. Herr Hieronymus Mahlhuber war ein anspruchloser Mann, der sich schon seit l?nger als funfzehn Jahren mit dem Titel eines Commerzienraths und im Besitze eines Ludwigskreuzes nach Gidelsbach zur?ckgezogen hatte und hier mit einer alten Haush?lterin still und ruhig seine Tage verlebte. Was er einmal fr?her gethan, den Titel wie den Orden zu bekommen, hat man nie erfahren. Manche, und besonders die ?usserste Linke in Gidelsbach , wollten behaupten, er h?tte Beides bekommen, weil er nichts gethan, aber da sich das nicht denken liess, so fand es auch keinen Eingang bei dem denkenden Theile der B?rgerschaft. Die Einwohner von Gidelsbach sahen den kleinen wohlbeleibten ?ltlichen Herrn sogar mit einer soviel gr?ssern Ehrfurcht und Achtung an, weil eben ?ber seinen Verdiensten ein gewisses geheimnissvolles Dunkel lag, und zu diesen geh?rte jedenfalls und unbestritten, dass er nur selten davon sprach. Von etwas sprach er aber, das ?brigens auch ein besonderes Interesse f?r ihn haben mochte, da es ihm am n?chsten stand, und das war seine Leber, die er, ob gegr?ndet oder ungegr?ndet, in den Verdacht gebracht hatte, dass sie drei Zoll zu gross sei und in ihrer Anschwellung darauf hinarbeite ihm den Magen abzustossen. Die beiden Aerzte im St?dtchen waren dar?ber, wie sich das auch nicht anders erwarten liess, durchaus entgegengesetzter Meinung, wodurch der eine, der eine derartige Krankheit vollkommen ableugnete und das Leiden zuerst als eine Indigestion und nachher f?r alberne Einbildung erkl?rte, einen sehr guten Kunden verlor, und der andere, der durch Klopfen und Horchen an Brusth?hle, Rippen, Schultern und allen andern K?rpertheilen des Commerzienraths allerdings einige jedenfalls zu ber?cksichtigende und bedenkliche Symptome einer m?glichen rothen oder gelben Hypertrophie oder einer speckartigen Entartung der Leber gefunden haben wollte, ihn gewann. Herr Commerzienrath Mahlhuber war sehr besorgt um sein Leben im Allgemeinen wie um seine Leber im Besondern, und das muss ihn entschuldigen, wenn er mit dieser angeblichen unnat?rlichen Vergr?sserung derselben auch eine fr?her gehabte, leicht und gl?cklich operirte Balggeschwulst oben auf dem Kopfe in Verbindung brachte. Er hatte eine nat?rliche Scheu vor allen derartigen Dingen, und die sonst ganz unschuldige Geschwulst war ihm als das Entsetzlichste erschienen, was sich an dem menschlichen K?rper nur ?berhaupt bilden konnte, da es, in unmittelbarer N?he mit dem Gehirn, in seinen Folgen unberechenbar sein musste. Bei weiter gar keiner Besch?ftigung als eben nur der, sein ihm ?usserst kostbares Leben zu erhalten, malte er sich die Entwickelung solcher Leiden mit den lebendigsten Farben aus, und war endlich zu dem Resultat gekommen, dass eine Vereinigung der Balggeschwulst-Nerven mit der Leber keineswegs zu den Unm?glichkeiten geh?re, ja dass oben sogar auf dem Kopfe, trotz der vollkommen geheilten Narbe, ein ?hnlicher Schaden wieder ausbrechen und krebsartige Folgen mit sich f?hren k?nne. Doctor Mittelweile that sein M?glichstes, ihm derartige Ideen auszureden und ihm zu beweisen, dass er ebenso leicht einen Krebs an der ?ussersten Nasenspitze wie an der vernarbten und vollkommen geheilten und von ihm selbst operirten Geschwulst erwarten d?rfe; Doctor M?rzhammer aber, sein fr?herer Arzt, machte sich ein Vergn?gen daraus unter der Hand, wo er wusste, dass es dem Commerzienrath zu Ohren kommen musste, zu verbreiten, ,,die Naht k?nnte im Innern noch einmal eitern". Doctor Mittelweile, der vergebens gegen solchen Unsinn ank?mpfte und t?glich die alten Geschichten und Klagen mit dem vollkommen gesunden Manne durchzuarbeiten hatte, wusste endlich keinen andern Rath als ihn auf Reisen zu schicken, weniger in ein bestimmtes Bad zu gehen, als nur einmal einen Monat in der Welt umherzufahren. Sein Patient brauchte Zerstreuung, und die konnte er in dem mit der Welt in fast gar keiner Verbindung stehenden Gidelsbach nimmermehr finden. Er war hier versauert und eingetrocknet und musste hinaus an die frische Luft. Auch f?r die Leber prophezeite er ihm dabei die segensreichsten Folgen, da nichts ein unnat?rliches Wachsen der Leber, wie man das ja auch an den G?nsen sehe, so bef?rdere, wie Unth?tigkeit und gehemmte Bewegung. Doctor Mittelweile hatte nun aber mit einer andern Schwierigkeit zu k?mpfen, mit dem vor allem die Ruhe liebenden Temperament des Patienten. ,,Nur keine Aufregung! -- nur keine Uebereilung!" wurden seine Wahlspr?che, und wenn er irgendetwas auf der Welt, ausser Demokraten, hasste, so waren es Abenteuer, zu denen er selbst die unschuldigsten F?lle rechnete, sobald sie ihn nur aus dem gew?hnlichen Gleise seines stillen behaglichen Lebens hinausbrachten. Musste er da nicht eine Reise als eine Kette von Abenteuern betrachten, und h?tte er sich je selber freiwillig dazu entschliessen k?nnen? -- Nimmermehr. Es gab nur Einen Gegenstand -- wie Doctor Mittelweile recht gut wusste -- in der weiten Gotteswelt, der ihn endlich wirklich zu einem solchen verzweifelten Entschlusse treiben konnte, und der war -- eben die Leber. Hinter diese steckte sich der Doctor, und die Symptome wurden denn auch bald so bedenklicher Art, dass der Commerzienrath in seinem ,,baumfesten" Entschlusse, wie er ihn nannte, wirklich wankend gemacht wurde und die M?glichkeit zuzugeben anfing, dass er doch am Ende reisen k?nne. ,,Es gibt nur zwei Wege f?r Sie", hatte der Doctor, dem die Geschichte nachgerade anfing langweilig zu werden, am Ende einer langen Rede einmal zu ihm gesagt. ,,Sie m?ssen sich in einen Wagen setzen, oder Sie werden in einen gesetzt, oder vielmehr gelegt nach unsern jetzigen christlichen Begriffen. Ausserdem weiss ich noch nicht einmal ob das allein f?r Sie hinreichend sein wird, denn das dumme Zeug, was Sie sich von der < ,,Noch etwas Schlimmeres als eine Reise?" ,,Schlimmeres? -- ja und nein, wie Sie wollen." ,,Und das w?re?" ,,Sie m?ssen heirathen." ,,Heirathen?" rief der Commerzienrath, mit einem Satze aus seinem Lehnstuhl hinausspringend und einen scheuen Blick nach der Th?r werfend. Wenn Dorothee das Wort geh?rt h?tte! ,,Heirathen", best?tigte aber der Doctor, der selbst zum ersten male an einen solchen Ausweg gedacht und nun that, als ob er sich das F?r und Wider schon monatelang mit allen Gr?nden und Hindernissen ?berlegt und die Er?ffnung nicht l?nger auf dem Herzen h?tte behalten k?nnen. ,,Heirathen", wiederholte er noch einmal, und nahm eine langsame bed?chtige Prise. ,,Und je eher Sie sich dazu entschliessen, desto besser f?r Sie. Viel Zeit haben sie ?berhaupt nicht mehr damit." ,,Unsinn!" sagte der Commerzienrath, der sich von dem ersten Schreck erholt hatte, und wieder in seinen Stuhl sank, ,,heirathen? Fragen Sie einmal meine Dorothee, was die dazu sagen w?rde." ,,Dorothee?" rief der Doctor unwillig und ver?chtlich mit dem Kopfe sch?ttelnd, ,,Dorothee! -- Was geht uns Ihre Dorothee an, wenn es sich um Ihre lebensl?ngliche Behaglichkeit und Gesundheit handelt?" ,,Behaglichkeit? -- Ja das kann ich mir denken", sagte der Commerzienrath. ,,Dass ich die H?lle im Hause h?tte? -- Nein, Doctor, meine Leber will ich Ihnen anvertrauen, aber meinen Hausfrieden nicht. Wenn es denn nun einmal nicht anders sein kann, so will ich reisen -- meinetwegen; ich gehe so und so zugrunde; aber wie? -- wohin? -- womit? -- wie weit?" ,,Sie m?ssen vor allen Dingen fahren", sagte der Doctor rasch, und klug genug, sein zweites Mittel f?r den Augenblick nicht mit Gewalt erpressen zu wollen. ,,Zeit bricht Rosen, und wenn Sie sich hier morgen fr?h auf die Post setzen, k?nnen Sie ?bermorgen mit dem Sechs-Uhr-Zuge die Wahl zwischen den Weltgegenden haben, die Sie besuchen wollen." ,,Eisenbahnen!" seufzte der Commerzienrath. ,,Ich kenne kein unbehaglicheres Gef?hl auf der Welt, eine Operation ausgenommen, als sich auf eine Eisenbahn zu setzen. Die unerwarteten F?lle, die da vorkommen: Zusammenrennen der Locomotiven, Platzen der Kessel, Einschneien der Z?ge --" ,,Wir sind ja mitten im Sommer." ,,Nun ja, aber alle derartigen Aufregungen, die junge leichtsinnige Menschenbilder Abenteuer nennen, sind mir in innerster Seele verhasst, und wenn Sie sich dadurch eine Heilung meiner Krankheit versprechen, haben Sie vorbeigeschossen. Ich f?rchte diese werden meinen Zustand eher, wenn das ?berhaupt m?glich ist, verschlimmern." ,,Lieber Commerzienrath", beruhigte ihn der Doctor, ,,Sie haben in unserer Zeit auf einer Eisenbahn nicht mehr Abenteuer zu f?rchten wie oben auf dem Kanzleigericht; es geht Alles seine trockene, eingefahrene, pedantische Bahn. Wenn Sie den Zug nicht vers?umen, brauchen Sie nicht zu glauben, dass Ihnen irgendetwas Aussergew?hnliches passirt." ,,Also morgen!" st?hnte der Commerzienrath, und ,,Gott sei Dank!" sagte Doctor Mittelweile mit einem tiefen Seufzer, als er die Treppe hinabstieg; ,,haben wir ihn doch erst einmal so weit." +Die Vorbereitungen zur Reise.+ Der Tag war ein gesch?ftsreicher im Mahlhuber'schen Hause, denn es galt einen Menschen zur Reise herzurichten, der die Welt, wie diese von ihm nichts wusste, fast ganz vergessen hatte und von seinen Bequemlichkeiten, die er alle hinter sich lassen sollte, so unzertrennlich zu sein schien, dass sie ihm ebenso viele nothwendige und fast unerlassliche Bed?rfnisse geworden waren. Frau Dorothee, die sechsundfunfzigj?hrige Haush?lterin, wollte sich aber fast noch weniger hineinfinden als ihr Herr; sie schimpfte auf den Doctor, der, wenn er Ferien haben wollte, selber verreisen und nicht ihren armen Herrn ,,in Wind und Wetter" hinausschicken sollte, und weigerte sich im Anfange hartn?ckig, auch nur einen Finger zu r?hren, ihn ,,in sein Ungl?ck" selber mit hineinstossen zu helfen. Erst als sie sah, dass all ihr Protestiren erfolglos blieb, erkl?rte sie pl?tzlich: ,,in dem Falle sei es ihre Pflicht" selber mitzufahren, den armen Herrn nicht ohne eine zuverl?ssige St?tze den Weltst?rmen preiszugeben, und als auch das nicht angenommen wurde, wollte sie wenigstens einen Bedienten durchsetzen, den sie als unausweichbare Bedingung ihrer Einwilligung zu einem so tollk?hnen, ungerechtfertigten Unternehmen stellte. Dieser Bediente war ein Vetter von ihr, den sie auch ohne weiteres bestellte, um gleich beim Packen h?lfreiche Hand zu leisten. Aber selbst der Vetter fand keine Gnade vor des Commerzienraths Augen. Herr Mahlhuber war nun einmal fest entschlossen allein zu reisen, und -- hatte dabei auch seine ganz besondern Gr?nde. Sollte er sich einen Menschen aufh?ngen, der nachher jede Bewegung, die er da draussen gemacht, jede Ungeschicklichkeit in den fremden Sitten genau und ausf?hrlich mit nach Gidelsbach zur?ckbrachte und den Leuten in der Schenke Stoff zum Lachen und Maulaufreissen gab? Nein, er wollte sich still in einen Postwagen setzen und fahren, wohin? blieb sich gleich, ja, wenn es unbemerkt geschehen konnte, vielleicht eine zeitlang her?ber und hin?ber, von Station zu Station, um nur nicht zu weit fortzukommen; doch das fand sich Alles sp?ter und er konnte dar?ber schalten und walten wie es ihm gut d?nkte -- wenn er nur allein war. Auch incognito wollte er reisen. -- Mahlhuber! Der Name ging schon, es gab verschiedene Mahlhuber, in Gidelsbach sowol wie in der Umgegend, aber den Commerzienrath musste er verheimlichen. Schlechtweg Mahlhuber, mit dem Ludwigskreuz jedoch, denn das durfte er nicht aus dem Knopfloch lassen, es h?tte das als eine Misachtung angesehen werden k?nnen; aber er trug es am Frack und den Oberrock dar?berhin, sodass es wenigstens nicht unn?thig auffiel. Eine Schwierigkeit zeigte sich aber doch noch. Der Commerzienrath hatte Dorothee's wie ihres Vetters Begleitung parirt, wie ?berhaupt in der ganzen Verhandlung eine sonst nicht so stark an ihm hervortretende Willensfestigkeit gezeigt; Eins aber trug die wackere und um ihren Herrn wirklich besorgte Wirthschafterin noch auf dem Herzen, auf dem sie bestand und gegen das Herr Mahlhuber vergebens ank?mpfte. Dieser sollte n?mlich, seiner gr?ssern Sicherheit wegen, ein paar alte Pistolen, die bisjetzt friedlich, jeden Sonnabend sauber abgescheuert, ?ber seinem Bette gehangen hatten, mit auf die Reise nehmen, etwaigen Gefahren und Abenteuern, die gar nicht ausbleiben k?nnten, zu begegnen, und all sein Str?uben dagegen und Aergerlichwerden half ihm nichts. Vergebens erkl?rte er Dorothee, dass er keinen Fuss vor die Th?r setzen w?rde, sobald er die geringste Ahnung von einem in jetziger Art zu reisen ganz unm?glichen Abenteuer habe, und R?uber g?be es nicht mehr, dank der wohlthuenden Menge von Gendarmen und Polizeidienern ?berall, wohin ein ruhiger Staatsb?rger seine Bahn lenken m?ge; wozu also sich mit einer h?chst unbequemen Waffe schleppen, die, wenn nicht geladen, vollkommen nutzlos und beschwerlich, wenn aber geladen, sogar f?r den Tr?ger selber gef?hrlich werden k?nnte? Dorothee gab nicht nach; sie hatte erst k?rzlich eine furchtbare Geschichte gelesen, dass ein Reisender durch einen rechtzeitigen Pistolenschuss sein eigenes Leben wie das seiner Reisegef?hrtin, eines jungen unschuldigen M?dchens, gerettet habe, und versicherte sich Alles gefallen lassen zu wollen, wenn der Herr Commerzienrath nur eben in der einen Sache nachgeben w?rde. Beide kamen zuletzt zu einem Compromiss, wonach sich der Commerzienrath Mahlhuber erbot und verpflichtete, ein Pistol -- das andere sollte unangefochten an der Wand h?ngen bleiben -- ungeladen in die Tasche zu stecken und mitzunehmen. Er wollte es erst in den Koffer thun, und Dorothee wollte es geladen haben; zuletzt vereinigten sie sich zu der angegebenen Art, und die Sache schien abgemacht. Wenn aber der Commerzienrath die Sache solcherart f?r erledigt hielt, hatte Dorothee doch eine andere Ansicht davon und nicht umsonst ihren Vetter bei der Hand, den geliebten Herrn, selbst gegen seinen Willen, mit jeder n?thigen Vorsicht zu sch?tzen und zu bewahren. Balthasar bekam, mit zwei und einem halben Silbergroschen eine ordentliche Ladung Pulver und Blei zu besorgen, das Pistol ?berliefert und kehrte nach einer Viertelstunde etwa v?llig befriedigt damit zur?ck. ,,Und hast du es wirklich ordentlich geladen, dass es auch losgeht, wenn das schlechte Gesindel den Wagen anhalten sollte?" sagte Dorothee und besah mistrauisch den Lauf der kleinen blankpolirten Waffe. ,,S'ist eine kleine Handvoll Pulver d'rin", versicherte der Bursche, ,,und eine kleine Untertasse voll Schroot -- wer das auf den Pelz kriegt, kann sich gratuliren." ,,Aber da oben ging immer noch etwas hinein", sagte die Alte, mistrauisch den kurzen, nicht ganz gef?llten Lauf betrachtend, halb und halb mit dem Verdacht, dass der Vetter die zwei und einen halben Silbergroschen nicht ganz verwandt haben k?nnte f?r die Ladung. ,,Wenn's zu weit nach vorn k?me, s?he er's", sagte der Vetter, und Dorothee begriff dass er Recht h?tte. Das Pistol, ein altes Familienst?ck und noch mit Feuerschloss, wurde dann vorsichtig wieder an seine Stelle neben den Regenschirm, den Stock und das Sitzkissen gelegt, und die w?rdige Frau f?hlte sich jetzt wohl und beruhigt in dem Gedanken, Alles gethan zu haben, was in ihren Kr?ften stand, sich sp?ter keine Vorw?rfe und Gewissensbisse machen zu d?rfen. Da ?brigens der Herr Commerzienrath nur h?chstens 14 Tage auszubleiben gedachte, hielt man auch drei Koffer mit Hutschachtel und Reisesack f?r v?llig gen?gend, alle die nothwendigsten Gegenst?nde wenigstens mitzuf?hren, die nun einmal unbedingt zu Leben und anst?ndiger Kleidung geh?rten. Um 10 Uhr Abends, bis zu welcher Zeit er jedesmal zu Bette ging, mochte er sich befinden wo er wollte, war Alles beendet, am n?chsten Morgen 11 Uhr mit der k?niglichen Eilpost f?r so und soviel Thaler Fahrgeb?hren und etwa das Dreifache an Ueberfracht nach Burgkundstadt bef?rdert zu werden, von wo er sich entschlossen hatte die Eisenbahn zu benutzen, um nach M?nchen zu gelangen. Nun war die Post dazu bestimmt, sich am n?chsten Morgen dem ersten Zuge nach der Hauptstadt des Landes anzuschliessen, aber Herr Mahlhuber h?tte dann die Nacht durch fahren m?ssen, etwas was ihm nicht im Traume einfiel; er wollte seine Gesundheit nicht muthwillig zum Fenster hinauswerfen. So sich genau erkundigend, welche Station der Postwagen etwa um 9 Uhr Abends erreichen w?rde, dort ein geh?riges Abendbrot zu bekommen und zu ?bernachten, nahm er bis dorthin Passage, und als der Eilwagen von -- kommend, zehn Minuten vor elf etwa unter dem schmetternden ,,Ei du lieber Augustin" des Postillons durch Gidelsbach rasselte, die Pferde zu wechseln und etwaigen Passagieren Gelegenheit zu geben eine Tasse sehr d?nne Bouillon zu trinken, ging Herr Commerzienrath Mahlhuber, von seinem ganzen Gesinde wie der n?chsten Nachbarschaft und einigen Neugierigen begleitet, auf die Post, wo er schon seinen Schein gel?st, sein Gep?ck abgeliefert hatte, und setzte sich auf seine Nummer, die linke Ecke des R?cksitzes, Nr. 2, neben eine etwas stattliche und wohleingepackte Dame mit gr?nseidenem Hute und schwarzem Schleier. Gleich darauf nahm noch ein anderer, trotz des warmen Wetters in einen grossen wollenen Shawl eingepackter Herr den dritten Platz in der r?ckw?rtsfahrenden Ecke ein, den ?brigen Theil mit Nr. 4 und 6 f?r die diversen Hutschachteln, K?stchen, B?ndel und Necessaires der Dame freilassend, die hier Alles aufgeh?uft und in Besitz genommen hatte. +Erstes Abenteuer.+ Der Abschied war genommen, der Commerzienrath hatte sich aber schon vorher ernstlich von Dorothee sowol wie von seinen ihn begleitenden Bekannten den Titel verbeten, und Herr Mahlhuber, wie er jetzt schlechtweg hiess, war eben noch einmal im Wagen aufgestanden, sein R?cken- oder Sitzkissen anders zu ordnen, als die Peitsche des Postillons mit kr?ftigem Schwunge die eingespannten Pferde traf und diese so rasch und pl?tzlich anzogen, dass sich der darauf ganz Unvorbereitete mit einem Schwung und Wurf auf den Schoos des Fremden setzte. Add to tbrJar First Page Next Page |
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