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Read Ebook: The Voice of the Machines An Introduction to the Twentieth Century by Lee Gerald Stanley
Font size: Background color: Text color: Add to tbrJar First Page Next PageEbook has 234 lines and 35466 words, and 5 pagesIllustrator: Joseph Engelhardt Eva Gr?fin von Baudissin >>Sie<< am Seil Verlag Walter Schmidkunz M?nchen und Wien 1?9?1?4 Druck: M?nchner Buchgewerbehaus M. M?ller & Sohn Dem Hochtouristen, von dem in diesem Buch wenig Gutes und viel B?ses erz?hlt wird Inhalt Hochtour mit allerlei Hindernissen 11 Sp?therbst im Wilden Kaiser 25 Auf Deutschlands >>Allerh?chstem<< 31 Das Matterhorn von Ehrwald 39 Quer durch die Lechtaler Alpen 45 Auf H?henwegen von Oberstdorf nach Bludenz 51 Vom K?nigspaar des Rh?tikon 57 Streifz?ge in S?dtirol 67 H?ttenleben 81 Eine unterirdische Hochtour 87 Bei den >>S?uglingen<< 95 Die erste >>Ausfahrt<< 101 Aus der Winterfrische 107 Das Talbein 113 Die Erfindung 123 Osterspazierg?nge in Latium Fr?hlingsfahrten im Bereiche der italienischen Seen >>Sie<< am Seil. Wie >>Sie<< Hochtouristin wurde. Es kommt auf die Gelegenheit an, seine F?higkeiten zu entdecken; viele, vielleicht grosse und r?hmliche, schlummern unerkannt mit dem Menschen ins Jenseits hin?ber, weil ihnen weder Zeit noch Ort g?nstig waren, sich zu offenbaren. Solch ein Moment war's, der die Basis f?r die Entwicklung einer neuen Eigenschaft bilden sollte, als ich an einem sch?nen Fr?hlingstage den Turm des Kapitols erstieg, mir aber nicht an der Aussicht von der letzten Plattform gen?gen liess, sondern auf die h?chste Spitze, neben die Figur der Minerva hinaufkletterte. Ich muss das, ohne Ahnung, ?berhaupt etwas Besonderes gemacht zu haben, ziemlich geschickt ausgef?hrt haben, denn der ber?hmte Hochtourist an meiner Seite, der mir die sieben H?gel Roms bezeichnen wollte, sagte mit einer bei Alpinisten selten zu findenden Anerkennung: >>Wissen S', mit Ihnen ging ich auf alle Dolomiten --, da braucht' man nichts zu f?rchten wegen dem Abst?rzen.<< In dieser Minute spaltete sich mein Inneres wie die sch?nste, einfache Zelle, und aus dem Protoplasma meines gew?hnlichen Menschen ging der neue Zellkern hervor: Die Hochtouristin! Alle Vorbedingungen waren pl?tzlich gegeben: starke Lungen, gesundes Herz, Schwindelfreiheit und Ausdauer beim Marschieren. Rom zu meinen F?ssen, wurde mir klar, dass ich bisher mein Pfund vergraben hatte, und dass ich mich einer schweren Unterlassungss?nde schuldig machen w?rde, wenn ich meinem Talent keine Gelegenheit g?be, sich zu entfalten. Der Schauplatz f?r diese Bet?tigung konnte, wie sich ohne viel Nachdenken, was mir immer schwer f?llt, ergibt, nur ein Berg sein; es galt also, einen zu finden, der in Gestalt und Art meinen alpinistischen Gaben entgegenkam. Seite 15 im dritten Band des Purtschellerschen >>Hochtourist<<: >>Grosse Furchetta , der nordwestliche breitere Turm einer k?hnen, doppelzinkigen Berggestalt im Hintergrunde des Wasserrinnentals. Interessante und exponierte, schwierige Kletterei.<< Das war, was ich suchte. Denn nach meinem F?higkeitsnachweis am Kapitol wollte ich es nicht unter einer Hochtour tun und m?glichst gleich alle Eindr?cke auf mich wirken lassen, die man bei einer Bergbesteigung haben kann. Die ?usseren Vorbereitungen wurden getroffen: Das G'wandl mit allen Zutaten, Beinkleid, Kniestr?mpfen, M?tze, Sonnenhut besorgt, der Rucksack mit dem Notwendigsten, bis aufs Gramm abgewogen, sauber vollgestopft, ein m?chtiger Eispickel erhandelt und als Letztes -- die Stiefel ausprobiert. Sie sind das Wichtigste der Ausr?stung, hatte man mir gesagt. Es kam mir auch bald so vor, denn ich trat mir mit den schweren Dingern in der schmerzhaftesten Weise auf die eigenen F?sse. >>D' N?gel san zu grob<<, meinte der b?urische Hoflieferant, den ich betr?bt um Rat fragte. >>Bewahre! Sie kann nur nicht gehen, sie ist noch ungeschickt<<, beharrte der ber?hmte Hochtourist, der auch hier meine ersten Schritte ?berwachte. Der Schuster lachte. >>Wegen ein'm Paar Schuh braucht doch de Person nit's Gehen z'lernen!<< erwiderte er mit k?stlicher Philosophie. Das tr?stete mich wunderbar; nicht ich, sondern die Stiefel waren schuld, und deshalb lernte ich es bald, sie zu tragen, ohne mir ernsthaftere Verwundungen zuzuziehen. Aber als wir dann eines Morgens zu einer Zeit, die es eigentlich gar nicht gibt, in Dunkelheit und K?lte, >>um Schatten zu haben<<, von der Regensburger H?tte aufbrachen, klopfte mir doch das Herz recht. Die Wiesen nass und schl?pfrig, das Tal voll Nebel, die n?her und n?her heranzukriechen schienen, ringsum eine atemlose, beklemmende Stille -- und vor uns stolz und gewaltig aufragend die Furchetta. Drohend und steil schien mir der Gipfel, eine Vermessenheit, ihn erklimmen zu wollen, und w?hrend ich mich tapfer bem?hte, meine F?sse mit den Genagelten in die weit auseinanderliegenden Spuren des F?hrers zu setzen, sagte eine laute Stimme in meinem Innern wieder und wieder: >>Du kommst da nie hinauf -- nie hinauf!<< Und nur deshalb ?usserte ich nichts von meinen Bedenken, um das in mich gesetzte Vertrauen zu rechtfertigen; ich glaube, die meisten Heldentaten werden in solch einem passiven, aus der Furcht vor Anderen diktierten Handeln vollzogen. Langsam, Schritt f?r Schritt, ging es die Serpentinlinien durch den Schutt hinan; vor mir die gr?nen Wadenstr?mpfe des F?hrers, auf die ich hoffnungsvoll starrte: solange sich die in gleichm?ssigem Abstand von mir aufw?rts bewegten, gen?gten auch meine Kraft und mein K?nnen -- an sie klammerte sich instinktiv mein Blick. -- >>Verschnaufen S' mal und schauen Sie sich mal um<<, gebot die Hochtouristenstimme hinter mir. Verwirrt und ersch?pft blieb ich stehen: umschauen auch noch?! Tat ich denn noch nicht genug? -- Aber gehorsam spazierten meine Augen nach oben und unten, nach rechts und links: Steine, nichts als Steine, grosse, kleine, glatte, bizarrgeformte, aus der Felswand emporwachsende und wieder lose, die treulos unterm Fuss nachgaben -- ein w?stes, ?des, steinernes Meer -- -- >>Nun?! -- Was sagen S' aber jetzt?! Zum Hinknien, nit wahr? Diese Gr?sse -- diese Stille -- heilig ist's wie in der Kirch'.<< -- Meine grenzenlose Verwunderung setzte sich allm?hlich in eine Art Wut um, w?hrend neben mir die Begeisterung immer neue Nuancen fand: >>Da 'nauf muss man kommen, um wieder zu wissen, dass ma' a Mensch is -- da kriegt man wieder an Begriff von der Allmacht -- da geht eims Herz auf -- Aber Sie sagen ja nichts, Sie! Ja, ja, da verstummen auch Sie einmal -- aber schliesslich, wissen m?cht' i schon, was' denn f?r einen Eindruck haben und was Sie nun denken<< -- >>Raumverschwendung,<< sagte ich kurz, >>eine kolossale Raumverschwendung<<. Die Stille, die nun folgte, war so dr?ckend, dass ich aus eigenem Antrieb, um die letzte Ehre zu retten, bescheiden hinzusetzte: >>Was k?nnte man da f?r Korn bauen, wenn's eben w?re und nicht so viel Steine!<< -- >>Sie stehen also gl?cklich noch auf dem Standpunkt der Naturempfindung vor hundert Jahren -- von der ?sthetik des Gebirges haben Sie keine Ahnung<<, unterbrach mich der Hochtourist im pl?tzlich angenommenen, reinsten Hochdeutsch. Und dann wurde ich ignoriert; an mir waren doch M?he, Aufkl?rung und Natursch?nheiten verloren. Aber ?ber meinen Kopf fort floss zwischen F?hrer und Bergsteiger, denen nun Herz und Mund ge?ffnet waren, ein Strom von Touristengeschichten; von alten F?hrern, von Erstbesteigungen, von Neulingen im Gebirg und F?hrerlosen, die auf die harmlose Menschheit unter ihnen Steine herabrollen liessen; von neu entdeckten gefahrvollen Anstiegen, von >>Sportbergen<< und wunderbaren Errettungen, das alles gew?rzt mit immer wiederkehrenden technischen Ausdr?cken, wie: Grat, Kamm, Wand, Griffe, Tritte, Kamin, Couloir, Schlucht, Platte, Band -- dem Jargon der Alpinisten, dachte ich verzweifelt und ungerecht. Aber von dieser mir bis dahin g?nzlich unbekannten Nomenklatur und der Erkenntnis, dass ich also eigentlich schon hundert Jahre alt sei , wurde mir ganz schwindlig -- zum ersten und einzigen Male im Leben. In diesem Moment ?usserster Schw?che erreichten wir den Einstieg. Ich durfte mich hinsetzen, denn aus der Quelle in unmittelbarer N?he wurden einige Becher voll klaren Wassers geholt, und ausserdem mussten hier die Genagelten gegen die Kletterschuhe eingewechselt werden. Welch ein behagliches Gef?hl schon, das weiche, schmiegsame Segelleinen gegen das harte, schwere Leder! Mir fiel ein, dass der Mann, der die guten, nie gest?rten Nerven der Chinesen auf ihre seidene Fussbekleidung zur?ckf?hrt, sicher recht hat. Meine M?digkeit war verflogen. Mit Vergn?gen liess ich mir das Seil um die Taille legen, >>die moralische Hilfe<<, wie mir lachend versichert wurde; jedenfalls wohnt diesem Zauberband eine merkw?rdig beruhigende Wirkung inne. >>Nun klettern S' mir nur nach! Immer h?bsch langsam und erst einen festen Tritt f?r den Fuss und einen sichern Griff f?r die Hand suchen<<, gebot der F?hrer. Die hoffnungsvollen Gr?nen tauchten ?ber meinem Kopf auf, und von Zeit zu Zeit traf mich ein ermunternder Blick des allein vorauskletternden Hochtouristen. Sonst war ich mir allein ?berlassen, nur durch einen d?nnen Faden mit der Menschheit verbunden. Und pl?tzlich besass ich wieder wie auf dem Kapitol Seelenruhe, Muskelst?rke, Gewandtheit und Schwindelfreiheit. Hier oben, angesichts der Felsen und der lustigen Kletterei, krochen meine hochtouristischen Begabungen wieder ans Tageslicht. Wie von selbst fand ich Griffe und Tritte -- lagen sie einmal weit auseinander, so brachte mich ein Schwung sicher ?ber die gef?hrdete Stelle fort; das Auge sch?rfte sich und mass genau die Entfernungen ab, jedes Glied gehorchte dem Willen, und alle turnerischen Kenntnisse aus der Kinderzeit fanden sich wieder ein. >>Das geht ja wie g'schmiert<<, meinte der F?hrer einmal. Der Hochtourist ?usserte sich nicht; ich nahm an, dass ihn meine F?higkeit nach den ?brigen Beweisen meiner Unkenntnis und Unf?higkeit bitter wurmte. -- Beim >>Band<< wurde ich ernsthaft verwarnt: ich begriff nicht, weshalb. Was f?r eine einfache Sache, ?ber eine freiliegende Stelle, neben der es rechts und links zwar in die Tiefe geht, die doch aber dem Fuss festen Halt bietet, zu steigen! Und dann wieder vorw?rts am Felsen entlang -- zum erstenmal konnte ich ohne Neid an die Affen im Urwald denken, die sich gem?chlich von Baum zu Baum schwingen. >>Gleich san mer oben!<< Richtig, noch ein paar kleine Anstrengungen bis zum Gipfelgrat -- wenige Schritte auf der H?he selbst, und da waren wir! Auf dem h?chsten Punkt des Berges, der mir wenige Stunden vorher noch so unerschwinglich hoch vorgekommen war. Eine tiefe Befriedigung erf?llte mich; ich hatte also wirklich mal etwas geleistet, hatte mich auf meine Kr?fte verlassen und allein durch sie mein Ziel erreicht. Aber dann sank mein ganzes Selbstbewusstsein in sich zusammen vor der Sch?nheit und der Gewalt des Panoramas, das sich vor meinen Blicken auftat. Ja, hier herauf musste man kommen, um sich wieder eins mit der Natur zu f?hlen -- mir war, als s?he ich zum erstenmal der Welt voll ins Antlitz: so sch?n also war sie, so wundersch?n -- >>Und er f?hrte ihn auf einen hohen Berg und zeigte ihm die Herrlichkeiten der Welt zu seinen F?ssen und sprach: >Dies alles will ich dir geben<<< -- Aber in diesem Augenblick, in der heiligen Stille dort oben, besitzt man ja alles, was der Blick umfasst; und in der demutsvollen Erkenntnis der eigenen Bedeutungslosigkeit so vieler Gr?sse und Allmacht gegen?ber wird man wunschlos. Add to tbrJar First Page Next Page |
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