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Read Ebook: Hymns for Christian Devotion Especially Adapted to the Universalist Denomination by Adams John G John Greenleaf Chapin E H Edwin Hubbell
Font size: Background color: Text color: Add to tbrJar First Page Next Page Prev PageEbook has 1068 lines and 217004 words, and 22 pagesEs erschien sonderbar, dass die so unerwartet Gefeierte sich ihres Erfolges nur lau zu freuen schien. Bei den artigsten Worten, die verz?ckte Bewunderer ihr zufl?sterten, sah man sie mit gespannter Aufmerksamkeit einem Gespr?che lauschen, das zehn Schritte von ihr gef?hrt wurde, und ihre Erwiderung bestand meist in einer Frage, die grosse Lernbegier, aber sehr geringes Verst?ndnis der Situation des Augenblicks verriet. Einige der Schw?rmer wurden von dieser augenscheinlichen K?lte abgeschreckt; andre um so tiefer angezogen; aber keiner verstand den Vorgang. Es verhielt sich mit Gabrielens Nachdenklichkeit etwas anders, als der liebende Mann sich vorstellte. Zu wiederholten Malen im Verlauf dieses Abends war es geschehen, dass Gabriele auf irgendeinen Gegenstand aufmerksam gemacht wurde, der zu besonderer Ehre und Zierde des vornehmen Hauses geh?rte. Sie h?rte auch von nichts anderem so oft und so eingehend sprechen, wie von dem Wert und der Sch?nheit eines Gem?ldes, einer Schale, einer Figur, der Geschichte seines Erwerbes, der Art seiner Herstellung. Die kleine Gabriele, die sich bisher nur an dem zarten Kunstgedanken einer Spitze hatte berauschen k?nnen, bekam nun manches zu sehen, was ihr den Atem nahm: an Goldfiligran, Holzwerk, Glas und Silber, an Gewebtem und Gesticktem, an Leder und Pergament, an Bildnissen in Farbe und Marmor, mehr als nach ihrer Ansicht der prunkvollste Dom aufzuweisen hatte. Und sie, die alles, was sie sah, in Beziehung zum wirklichen Leben bringen musste, sie empfand wie einen Alp die Vielgestaltigkeit der Bed?rfnisse. Sie verstand, dass diese Menschen mit anderen Sinnen empfanden als sie; dass das, was Gabriele bisher als Mittel zum Leben angesehen: Kleidung, Nahrung und Hausger?t, ihnen als Zweck des Lebens erschien. Und es erfasste sie etwas wie Angst vor dem Aufwand an Zeit, den so ein Dasein verschlang, ohne etwas anderes davonzutragen als wachsende F?higkeit des Verbrauches. Sie hatte sich einen Haushalt vorgestellt, wo sie durch Fleiss und Ordnungssinn eine nennenswerte Dienstleistung bieten konnte, und sie sah mit Schrecken, dass in diesem Betriebe der einzelne kaum z?hlte. Und ihr sch?ner Zukunftstraum zerfiel. W?hrend der Mahlzeit, wo funkelnde Sch?sseln sie blendeten, ging es ihr ?bel. Kaum dass noch zu erkennen war, was Fisch, was Vogel war. Und trotzdem sah keiner von den G?sten ?berrascht aus, ja, wenn Gabriele auf ihre Unterhaltung lauschte, so schien es ihr, als w?re der oder jener nicht einmal sonderlich zufrieden. Gabriele war es, als m?sse sie sich ?ber diesen Undank kr?nken; wie viele H?nde mochten an dem geschaffen haben, was da genusslos verbraucht wurde! >>Sie wissen nicht, was Arbeit ist!<< fuhr es ihr durch den Sinn, und ihr Gesichtchen ward kummervoll. Des Ratsherrn w?rdige Freundin versuchte auch, sobald das Mahl zu Ende war, mit m?tterlicher List den Grund dieser unzeitigen Trauer zu ermitteln. Gabriele war zu schlicht f?r diplomatische R?nke; sobald sie nur erraten hatte, was ihre Besch?tzerin wollte, legte sie ihre ganze Seele vor sie hin. Sie habe oft, so erkl?rte sie, in ernsten Stunden dar?ber nachgedacht, was sie einmal beginnen w?rde, wenn ihre Augen, wie die so vieler Genossinnen, zum Kl?ppeln und Ausn?hen zu schwach w?rden. Und wenn man Zukunftsgedanken spinne, so sei es nat?rlich, dass man das Erw?nschteste zuerst in Betracht ziehe. Da habe sie denn geglaubt, nichts k?nne f?r eine arme Dirne sch?ner sein, denn als Magd in solch einem Hause zu dienen; sie habe auch den festen Glauben gehabt, sie k?nne backen, kochen, flicken und waschen so gut wie jede, und was sie noch nicht k?nne, w?rde sie mit Geduld und Fleiss wohl noch gelernt haben. Aber o Jesus! wie seien ihr heute die Schuppen von den Augen gefallen! Kaum zur untersten Scheuermagd lange ihr K?nnen. >>So gering sch?tzest du dich ein, Gabriele?<< erwiderte l?chelnd die alte Dame. >>Aber mir scheint, dass du immerhin als Scheuermagd beginnen k?nntest, denn du w?rdest es schnell genug bis zur Schaffnerin bringen. Du brauchst ein Ding nicht mehr als einmal zu sehen, um es zu begreifen.<< Wenn ich bisher ein guter Erz?hler war: wenn es mir gelungen ist, das Charakterbild zweier Menschen klar zu ?berliefern, so m?sste mein Leser jetzt imstande sein, nach einer einfachen logischen Gesetzm?ssigkeit das Rechenexempel zu l?sen, das sich aus dem Plus und Minus ihrer Eigenschaften ergibt. Das Resultat dieser Gleichung war ein Schicksal, ein kleines, stilles, das wenig Aufsehen machte; und doch ein Schicksal, das erz?hlt zu werden verdient, weil es vielleicht das Schicksal mancher Frau ist. Ich habe Gabriele geschildert als einen Menschen, der zugleich bescheiden und seines Wertes bewusst ist. Also wird sie nicht in den Fehler verfallen sein, an dem Frauen, die durch Heirat emporgekommen sind, so leicht kranken! Sie wird nicht abgewogen haben, was ihrem Rang an Ehrungen zukam, sie wird nicht eifers?chtig gewacht haben, dass ihr nicht weniger gesch?he als der Base, der Schw?gerin, der Freundin. Sie wird das Gef?hl, das ihr unmittelbar entgegenkam, ebenso erwidert haben, und wo es ausblieb, keinen Versuch gemacht haben, es zu erzwingen. Ich habe auch die Sippe des Ratsherrn als eine weitherzige und redlich gesinnte gekennzeichnet. Die treue Gesinnung der blonden Schwester des Ratsherrn und die offenkundige Gunst der vornehmsten Matrone der Stadt unterst?tzten Gabriele in jedem Falle, und das Ansehen des Gatten half vollenden, was die Anmut der jungen Frau etwa nicht allein zu bewirken vermocht h?tte. Es war auch nicht das Verh?ltnis zu ihrer eigenen Familie, das einen Missklang in Gabrielens Eheharmonie h?tte tragen k?nnen. Fleissig, gesund und gl?cklich, wie diese einfachen Menschen waren, f?hlten sie auch insgesamt zu stolz, um irgendeinen unbilligen Vorteil aus der Heirat ihrer Schwester ziehen zu wollen. Wo der Ratsherr zu ihren Gunsten wirken konnte, tat er es gern, denn es war ein t?chtiges Geschlecht, das seiner F?rsprache Ehre machte. Sie hielten sich aber immer ein wenig abseits und riefen seine Hilfe nur da an, wo sie sagen konnten, dass Zusammenhalten im Nutzen beider Teile l?ge, zum Beispiel, wenn sie sich an irgendeiner ?ffentlichen Arbeit zu beteiligen w?nschten, wo sie als Gegenwert die Wahrung der Gemeindevorteils hoch hielten, den der Handwerker sonst nicht gern anerkennt. Und doch hatte diese Ehe ein Schicksal. Gabrielens Leben war zun?chst ein Lernen auf jedem Gebiete. Sie war eine redliche Frau, die das, was sie war, auch bis zur Vollkommenheit sein wollte, und wenn sie denken musste, sie habe es in irgendeinem Punkte an Willen oder F?higkeit fehlen lassen, so gr?mte sie sich schwer. Sie ward in allen Punkten das, was der Ratsherr von ihr erwartet hatte, das Herz, der Fels, das lebendige Licht des Hauses, und sie ward es nach verh?ltnism?ssig kurzer Zeit. Glaube nicht, dass das ein leichtes f?r sie gewesen sei! Gabriele hatte zun?chst die Abneigung einer alteingesessenen Gesindeschar zu ?berwinden. Dann hatte sie die Arbeit nicht mehr nach der eigenen Klugheit allein, sondern nach Zeit, Willen und F?higkeiten von einem Dutzend Untergebener einzuteilen. Gabriele musste das Tagewerk jeder Magd und jedes Knechtes im Kopfe haben, und, wenn sie nicht Missstimmung und ewig erneuten Widerstand erregen wollte, auch die pers?nlichen Eigenheiten jedes einzelnen. Sie musste vorsichtig und gerecht sein in ihren Forderungen, denn verlangte sie zu viel, so riss Unzufriedenheit, verlangte sie zu wenig, so riss Unordnung und Tr?gheit ein. Sie musste ihren Leuten schlechte Laune und Krankheit ansehen, musste ein scherzendes Wort gegen die eine, ein Heilmittel f?r die andere bereit halten, durfte sich nicht erst bitten lassen, sollte aber auch nicht zu rasch damit kommen und jedenfalls immer den Abstand wahren zwischen sich und jenen ?belgesinnten. Sie durfte sich von der Schaffnerin nicht mahnen lassen, dass die Birnen zum Mosten reif seien, vom Knecht nicht an das Schwefeln der F?sser, und sie musste doch beiden den Ruhm g?nnen, den Zeitpunkt der Arbeit selbst zu bestimmen. Sie musste Jahreszeiten und Elemente verstehen lernen, wie die Launen ihres Gesindes. Bei jedem Brot, bei jedem Lichte, bei jeder Elle Leinwand, die sie aus Keller und Speicher holte, musste sie wissen, wieviel noch vorhanden war, die W?rste im Rauchfang und das Mus im Bottich, der Sirup, die Kiensp?ne und die kleinen B?schelchen Schachtelhalme zum Scheuern der Zinngef?sse: alles musste registriert sein in Gabrielens K?pfchen, und sie musste merken lassen, dass es das war, und durfte doch den Anschein geizigen Nachz?hlens nicht haben. Und so war auch Gabriele in ihrem kleinen Reiche. Ihr Gatte f?hlte wohl, was sie ihm und dem Hause war. Hatte er sie vorher geliebt, so betete er sie jetzt an. Er sch?tzte ihren Rat; die leiseste Wolke der Missbilligung auf ihrer klaren Stirn war ihm wie ein schwerer Tadel; eine Tr?ne in ihren Augen machte die seinen hellsehend und milde. Er wusste, dass ihm nichts Unn?tzes, Eitles, Spielerisches von ihr kam; die Frau, der einst die eigene Arbeit heilig war, hielt wie eine Priesterin die Arbeit ihres Gatten hoch. Es kamen Kinder. Sie vermehrten Gabrielens Lasten, sie k?rzten ihr den Schlaf. Sie brachten aber auch wieder liebliche Ruhestunden, in denen die Gatten, Hand in Hand sitzend, sich sorglos dem Anschauen ihrer Spiele hingaben. Und jetzt h?tte beider Gl?ck vollkommen sein m?ssen -- wenn nicht in Gabrielen langsam, aber stetig um sich greifend, eine heimliche und geheimnisvolle Krankheit am Werke gewesen w?re. Es war nicht die Krankheit des K?rpers. Die ersten Zeichen stellten sich schon etwa zwei Jahre nach ihrer Verm?hlung ein und waren so subtil, dass sie kaum Gabrielen selbst zum Bewusstsein kamen. Nur eine flackernde Unruhe war's, etwas wie Unlust am Schaffen, etwas wie Sehnsucht, sich einem bestimmten Gedanken einmal ganz und ungest?rt hingeben zu k?nnen. Was f?r ein Gedanke das sein mochte, dar?ber nachzudenken fand Gabriele nicht Zeit noch Musse. Unaufhaltsam dr?ngte das gesch?ftige Leben mit seinen tausend Forderungen. Aber w?hrend sie treu und emsig ihr Linnen mass, ihre Brote z?hlte, ihren Haspel f?llte, ihre n?henden, spinnenden und kochenden Dienerinnen beriet, glitt es schemenhaft vor ihr her wie ein luftiges Etwas, das sie gerne festgehalten h?tte und nicht greifen konnte. Wie ein ferner, s?sser, vertrauter Ton, der leise, leise heranschwebte, und den der L?rm der Gegenwart verschlang. Wenn sie sich eine Viertelstunde Musse erhetzt hatte, siehe, dann war alles leer und tot in ihr, und sie fragte sich erstaunt, wozu sie nun so geeilt hatte. Meist freilich kam es nicht zur ersehnten Ruhepause; meist, wenn sie mit dem letzten Griff ihres Tagewerkes das eiserne Gewand ewig gespannter Aufmerksamkeit glaubte hinwerfen zu k?nnen, kam ein Gast, ein Notleidender, eines ihrer Geschwister, ihr Gatte. Sagen, dass Gabriele sich nicht gefreut h?tte, dass ihr Herz und ihre Arme sich nicht in Liebe dem Kommenden ge?ffnet h?tten, w?re Wahnwitz; aber das geheimnisvolle Etwas, dem sie einen Schritt n?her gewesen zu sein meinte, huschte wieder vor ihr her. Sie konnte nicht anders, als ihm nachblicken -- nachsinnen -- einen Augenblick wenigstens! Und ihr erster Gruss klang zerstreut. Selbstvorw?rfe vollendeten, was die nagende Unruhe begonnen hatte: Gabrielens ?usseres zeigte die Spuren ihrer inneren Zerrissenheit. Ihr Auge haftete nicht mehr klar und freundlich im Auge des Gatten, es irrte suchend umher und senkte sich oft. Von ihrer Stirn wollte eine kleine b?se Falte fast nie mehr weichen. Ihre Wangen verblassten, ihr K?rper magerte ab. Da bemerkte der Ratsherr die Ver?nderung, erschrak aufs tiefste und beschwor sie, ihm zu sagen, was ihr denn fehle. Gabrielen traten die Tr?nen in die Augen, als sie ihn so ergriffen sah. Sie legte die Arme um seinen Hals, hob ihr Antlitz zu ihm auf und sagte ernsthaft: >>Ich schw?re dir bei Gott, dass ich nicht weiss, was es ist. W?sste ich es, ich w?rde es dir l?ngst gesagt haben, w?rde l?ngst auf Abhilfe gesonnen haben. Denn es ist mir, als brenne ein Feuer unter meinen F?ssen, das mich dahin und dorthin treibt und mich keinen Bissen Brot in Ruhe essen l?sst. Ich m?chte glauben, dass ich behext bin.<< >>Gabriele,<< fl?sterte der Mann, indem er sie fester an sich zog, >>Gabriele, bist du nicht gl?cklich?<< >>O Liebster,<< rief sie weinend, >>ich liebe dich wie an dem Tage, da Gott unsre H?nde ineinanderf?gte. Ich liebe dich noch tiefer, inniger. Jede Stunde meines Lebens war mir eine neue Offenbarung des seligsten Wunders. Du bist mir alles!<< >>Dann verstehe ich nicht, was dich gr?mt,<< sagte der Ratsherr. Und nach einer Weile fragte er wieder: >>Hast du Sorgen um die Kinder?<< >>Sie bl?hen wie die Rosen im Hag,<< rief Gabriele, und ihr Gesicht leuchtete unter ihren Tr?nen. >>T?glich danke ich Gott, dass er mir solche Kinder geschenkt hat!<< >>Dann verstehe ich nicht, was dich anficht,<< sagte der Ratsherr noch einmal. Er suchte hin und her in seiner Angst und verfiel auf dieses und jenes. >>Hat dich irgendeiner meiner Sippe gekr?nkt? Ist von den Deinen jemand in Not oder krank? Sind die Knechte aufs?ssig oder die M?gde faul? Gehen Ger?chte ?ber mich in der Stadt umher?<< Da musste Gabriele l?cheln in all ihrer Bangigkeit. >>Glaube mir, Lieber, wenn die Dinge, die du da genannt hast, imstande w?ren, so monatelang an meiner Ruhe zu nagen, dann m?sste ich eine schlechte und t?richte Frau sein. Ich w?re ehrlich zu dir gekommen, wenn ich in Sorge um die Meinen oder in Not mit dem Gesinde gewesen w?re. Deine Sippe ist voll G?te zu mir, und was die Neider im Lande betrifft, so weisst du, dass ich mir ihre Meinung nur zu Herzen nehme, wo ich weiss, dass du Nutzen draus ziehen kannst. Nein -- das alles ist nicht, was mich qu?lt.<< >>Vielleicht<<, sagte der Ratsherr, >>liegt zu vieles auf deinen Schultern. Du bist so gewissenhaft, und ich sah noch nie, dass du dir Ruhe g?nntest.<< >>Meine Schwestern arbeiten bis in die tiefe Nacht um ihr Brot,<< rief Gabriele ein wenig erz?rnt ob der Zumutung, >>und ich soll das nicht leisten k?nnen, was nur Freude und Spiel f?r mich ist? Nie hat mich die Not getrieben, l?nger zu arbeiten, als ich es gerne tat; nie hat mir die Arbeit den Schlaf gek?rzt. Es gibt M?tter, die mehr Kinder und weniger Gesinde haben. Ich w?rde mich sch?men, das Wort ?berm?dung nur zu nennen.<< >>Dann,<< sagte der Ratsherr in tiefer Besorgnis, >>dann sehe ich nur noch eines: dann bist du krank! Und das ist wohl das Schlimmste von allem. Denn es zwingt uns, Hilfe ausser uns zu suchen.<< Gabriele erschrak und wehrte sich lange, denn sie empfand, so unerfahren sie in ?rztlichen Dingen auch sein mochte, dunkel die Gefahr der Irreleitung f?r den Arzt, dem sie keine Krankheit, nur einen unbeschreiblichen Seelenzustand vorf?hren konnte. Sie sah voraus, dass sie nutzlos mancherlei Qualen w?rde ertragen m?ssen, und sie f?rchtete sich sehr. Denn in jener Zeit gingen ?rzte mit grausamen Mitteln ihren Kranken zu Leibe, und alles, was wie Geistesverwirrung aussehen konnte, wurde mit H?rte ausgetrieben, als ob man die rebellische Vernunft durch strenge Massregeln h?tte zwingen k?nnen. Gabriele bat daher ihren Gatten flehentlich, noch ein Weilchen zu warten, ob das ?bel nicht etwa von selbst weichen wolle; und er, dem das Herz blutete bei dem Gedanken, die liebste Frau von den H?nden f?hlloser Quacksalber misshandelt zu sehen, willigte nur zu gerne ein. Aber das kleine graue Schemen blieb da und rollte wie ein gespenstisches Garnkn?uel, das sich hemmend und verwirrend in tausend listigen Schlingen abwickelt, vor Gabrielens F?ssen her. Sie machte jede Anstrengung, deren ihr sonst so starker Wille f?hig war, die sonderbare Verstimmung ihres Gem?tes zu vergessen. Sie log eine gesteigerte Heiterkeit, sie suchte neue Zerstreuung, sie berauschte sich in Festen und schm?ckte sich, wie sie es vorher nie getan. Es waren traurig gewaltsame Versuche, die nach kurzer Zeit traurig endeten. Die qu?lende Unruhe in ihrem Innern brannte weiter und zehrte an ihr wie ein Fieber. Aber Gabriele lebte in einer Zeit, wo dem Menschen die F?higkeit der Reflexion, der Selbstbespiegelung in beschr?nkterem Masse verliehen war, als dies heute der Fall ist. Sogar die Sprache jener Zeit ist arm an Ausdr?cken, die f?r solche inneren Zust?nde Mass und Wage geboten h?tten. Und selbst gesetzt den Fall, es h?tte ein Wissender Gabrielen die Augen ?ffnen k?nnen und ihr einen Einblick geben in das feine Uhrwerk der Natur, die in jedes W?rzelchen den Trieb lichtsuchenden Schaffens, in jeden Nerv den Drang zur T?tigkeit gelegt hat, und die sich durch grimme Unregelm?ssigkeit r?cht, wenn irgendwo ein Kleinstes verk?mmert -- Gabriele w?rde ihm nicht geglaubt haben. Ein Dasein, das vor Not und F?hrde geborgen war; ein Gatte, der sie liebte, und holde, bl?hende Kinder: sie w?rde jeden einen Frevler genannt haben, der mehr vom Schicksal gefordert h?tte. Dass ein Organ in ihr krankte und siechte, sie ahnte es nicht. Eine b?se und wirre Zeit begann f?r Gabriele. Denn endlich musste sie doch in ihrer Hilflosigkeit den Rat des Arztes suchen, und, da nat?rlich der eine Rat nicht das Richtige traf, einen langen Leidensweg voll unn?tzer und sch?dlicher Versuche durchlaufen. Von den Blutegeln und spanischen Fliegen, von den Pflastern, Salben, Tr?nklein, B?dern, Pillen und Aderlassen will ich erst gar nicht anfangen zu berichten. Gabriele hatte bei aller Zartheit einen gesunden K?rper und trug keinen dauernden Schaden davon. Aber was ihr schadete und ihren Zustand verschlimmerte, war die anhaltend auf ihr Leiden gerichtete Aufmerksamkeit. Gabriele empfand es als h?chst l?stig, ?ber viele Dinge Auskunft geben zu m?ssen, auf die sie bisher keinen Gedanken verwandt hatte; teils emp?rte sich ihre Keuschheit, teils ihr gesunder Verstand, der ihr die k?nstlich ausgedachten Zusammenh?nge zwischen dem und jenem l?cherlich erscheinen liess. Und es bem?chtigte sich ihrer ein Gef?hl hilflosen Zornes, eine b?se Ungl?ubigkeit, die bei jedem neuen Ratschlag sich in heftigen Launen ?usserte und die ihr ganzes Wesen in Reizbarkeit und Unfreundlichkeit wandelte. Und so w?re Gabriele mit der Zeit wohl dem Schicksal so mancher Frau verfallen, jener krankhaft gesteigerten Reizbarkeit und dem unfruchtbaren Get?ndel mit Heilmethoden aller Art. Und es w?re ja wohl auch ihr Ehegl?ck schliesslich dem unfassbaren Verh?ngnis zum Opfer gefallen. Da kam Rettung in Gestalt jener treuen alten Freundin, die f?r Gabriele seit den ersten Tagen ihrer Ehe wie eine Mutter gef?hlt hatte. Sie hatte die junge Frau in alle ihre Pflichten hineinwachsen sehen. Sie hatte, vielleicht wachsameren Auges als der Ratsherr selbst, die ersten Zeichen jener seltsamen M?digkeit und Zerstreutheit beobachtet, die stets wachsende Hast und Unruhe, schliesslich die unbezwingliche ?bellaunigkeit. Auch sie geh?rte zu den Menschen, die gern die n?chste und einfachste Ursache der Dinge annehmen, und sie hatte sich ihren Vers gemacht, lange ehe die ?rzte mit ihren Versuchen begannen. Aber bed?chtig, wie sie war, hielt sie mit ihrem Wissen zur?ck, liess sich indessen gern von Gabrielen jede neue Erfahrung und jede neue Behandlung erz?hlen, freute sich ihrer Nutzlosigkeit und gewann endlich Gabrielens Vertrauen zu einer ersch?pfenden Beichte. Und als sie die phantastische Geschichte all dieser gestaltlosen Leiden, das wirre Bekenntnis der Willenlosigkeit und all die Bef?rchtungen und Reuequalen des armen Weibes vernommen hatte, da erwiderte sie nur mit der einfachen Frage, ob denn Gabriele nicht des Guten zu viel tue, wenn sie so rastlos t?tig sei. Wie vorher ihrem Gatten, so antwortete Gabriele nun auch der Freundin mit Entr?stung, sie wisse nichts von Erm?dung. >>Man kann auch am Genuss Schaden nehmen, wenn man zu viel tut,<< erwiderte die weise Freundin. >>Und du kannst nicht leugnen, dass dein Gesicht sich verdunkelt, wenn G?ste oder Hilfeheischende kommen. Ich sage dir, sogar gegen Mann und Kinder habe ich dich oft l?ssig gesehen, als ob ein heimlicher Gedanke in dir h?mmerte, dass du unausgesetzt auf ihn horchen musst. Ich habe auch ein grosses Haus gef?hrt, habe viele Kinder grossgezogen und meinem Gatten manche Sorge ferngehalten. Es ist mir nie zu viel geworden, aber m?de war ich oft, zum Sterben m?de. Und dann, d?nkt mich, mag eine Stumpfheit, wie deine jetzt, auch mich besessen haben.<< Sie redete lange auf Gabriele ein. >>Wir sind ehrgeiziger, als wir scheinen m?gen,<< sagte sie unter anderem; >>meinst du, ich weiss nicht, was es kostet, ein Haus so schmuck zu halten? Ich entsinne mich noch gut, was du sagtest, als du diesen Teufelskram von Weltwundern und Jahrmarktsseltenheiten, den die Mannsbilder so n?rrisch lieben, zum ersten Male sahst: nicht zur Scheuermagd hieltest du dich gut genug! Und jetzt sieh her, was du gelernt hast, was du leistest! Z?hle die Schritte, die du vom Morgen bis zum Abend vom Brotspeicher im Dach bis zum Fischbecken im Keller tust! Das zehrt an deiner Kraft, mein Kind, und wenn du es auch nicht wahrhaben willst, dein Leiden ist nichts als M?digkeit und Schw?che!<< Das klang alles so einfach, dass Gabriele nicht zu widersprechen wagte; sie konnte nicht leugnen, dass jede neue Forderung an ihre Zeit sie mit einem Unlustgef?hl erf?llte, das sie nur schwer bek?mpfen konnte. Sie duldete es, dass die alte Dame den Ratsherrn und den vertrautesten Arzt des Hauses zur Stelle rufen liess, und dass schliesslich ein feierliches Konsilium abgehalten wurde, wie man der eigensinnigen Gabriele, die von Ruhe nichts wissen wollte, wieder zu Kr?ften helfen k?nne. Der Arzt, der der Vern?nftigen einer war, wusste Rat: >>Wann schl?ft Euer j?ngstes Kind?<< fragte er die Patientin. >>Zwei Stunden um die Mitte des Tages? Nun wohl, um diese Zeit seid Ihr entbehrlich, denn die gr?sseren Kinder werden wohl bei einer Schaffnerin versorgt werden k?nnen. Ihr legt Euch also still zu dem Kleinen und schlaft, solange er schl?ft! Nehmt dies als eine Verschreibung und handelt gewissenhaft danach!<< Gabriele emp?rte der Gedanke, dass sie um die Mitte des Tages schlafen solle wie eine Greisin; sie wandte auch gleich ein, dass sie gerade diese zwei Stunden, wo das Kind ihrer entraten k?nne, f?r mancherlei Hausgesch?fte dringend brauche. Aber der Arzt wiederholte seinen Befehl in strengem Tone, die Freundin best?rmte sie und der Gatte bat leise, mit dem alten Liebesblick in ihre Augen, um seiner Ruhe willen das kleine Opfer zu bringen. Da musste sie nachgeben und versprach, das sonderbare Mittel eine Woche lang zu versuchen. Das erstemal, als Gabriele sich hinlegte, lag sie mit weit starrenden Augen und dachte an alles, was jetzt im Hause vorgehen mochte ohne ihr Dabeisein. Sie lauschte auf jedes Ger?usch, das ged?mpft in ihr geschlossenes Gemach drang. Sie h?rte die Haust?re fallen und wusste, dass jetzt die B?uerin vom Gutshofe gekommen war, um Eier abzuliefern, und war ?rgerlich, dass sie nicht dabei sein konnte, sie St?ck um St?ck durch die hohle Hand zu pr?fen. Sie h?rte gelle Schreie der Kinder und wusste nicht, ob sie Freude oder Schmerz bedeuteten. Sie wurde aufgeregter, erhob sich nach kaum einer Viertelstunde und eilte zu ihrem Gatten, um ihn zu bitten, sie von ihrem Versprechen zu entbinden. Diese Art von Ruhe sei keine Erholung, hundertmal wohler w?re ihr, wenn sie w?sste, was vorginge, und nachher nicht Fehler gutzumachen h?tte, die w?hrend ihrer Abwesenheit begangen worden seien. Der Ratsherr sah erst etwas b?se drein, indes ein Blick in das zuckende Gesicht seiner Frau machte ihn mitleidig. Er legte den Arm um ihre Schultern und f?hrte sie sanft, aber stark in das Schlafzimmer zur?ck, indem er ihr voll Innigkeit und Liebe ins Gewissen redete. >>Gabriele,<< sagte er, >>hast du die Zeit vergessen, wo wir die gl?cklichsten Menschen auf Erden waren? Wo du heiter und weise warst, mein Sonnenschein und mein Vertrauter, mein Ratgeber, mein besseres Selbst? Das alles ist mir verloren, seit du krank bist; ich trage meine Sorgen allein mit mir herum und wage nicht, sie mit dir zu teilen. Und du willst nichts tun, um mir das Gl?ck zur?ckzugewinnen? Was kann denn in diesen zwei Stunden Schlimmes im Hause vor sich gehen, was nicht mit Geld gutzumachen w?re? Und w?rde ich nicht alles Geld und Gut der Erde hingeben, um dich wieder gesund zu sehen? Komm, tu mir's zuliebe! Leg dich hierher neben das Kind! Sieh, wie s?ss es schl?ft!<< Er dr?ckte die Widerstrebende, aber schon halb Besch?mte in die Kissen nieder, legte vorsichtig das schlafende Kind neben sie, nahm ihre Hand, ihren Zeigefinger und dr?ckte ihn sacht in die Fl?che des kleinen rosigen Pf?tchens, das sich im Augenblick der Lagever?nderung ein wenig ge?ffnet hatte. Augenblicklich schlossen sich die Fingerchen des Kindes um den vertrauten Gegenstand mit jenem festen, weichen Drucke, den M?tter wohl kennen. Gabriele musste l?cheln, so nah ihr sonst die Tr?nen gewesen sein mochten. Sie liess das Haupt mit einer Geb?rde der Ergebung in die Kissen sinken, k?sste ihres Gatten liebevolle Hand und schloss die Augen. Da sie aber wirklich nicht schl?frig war, ?ffnete sie sie bald wieder und lauschte weiter. Aber erstens durfte sie das schlafende Kind nicht wecken, das immer noch ihren Zeigefinger festhielt, und dann lagen ihr auch die weichen Worte ihres Gatten im Sinne, und sie dachte, dass sie es ihm schuldig sei, jedes Mittel der Heilung zu versuchen. Deshalb bezwang sie sich, lag still und betrachtete das liebliche Gesichtchen ihres schlummernden Kindes. Und wie sie sich so recht vertiefte in den Anblick, an dem eine Mutter sich nie satt sieht, da glitt unversehens ihr Blick ?ber das Spitzenh?ubchen hin, das des Kindes rosiges K?pfchen umschloss. Es war einem ihrer ?lteren Kinder von irgendeiner Pate geschenkt worden und mochte bei dem ersten besten Kr?mer gekauft sein, denn es war von unedler, allt?glicher Arbeit. Aber etwas in der Zeichnung der Spitze bannte Gabrielens Aufmerksamkeit >>Wie h?bsch ist dieses Muster,<< dachte sie, >>wenn das Ding nur besser gearbeitet w?re!<< Sie begann zu sinnen, ihre Phantasie heftete unvermerkt ihren silbernen Spinnwebfaden an dem kleinen Erlebnis an und spann und spann, bis ein schimmerndes Netz von feinen Kunstgedanken klar ausgearbeitet vor Gabrielens innerem Auge lag. Sie sah ein Gebilde von tausend geduldig geknoteten Schlingen, so zart, dass ein Blumenelf die Fingerchen gespitzt haben w?rde, um es anzufassen, so dicht, dass er keinen Bl?tenstaub damit h?tte sieben k?nnen, und so fest und straff ge?dert wie ein Bienenfl?gel. Und als Gabrielens Auge dies sah, da fuhr es wie ein Feuer in ihre Hand. Es war ihr, als m?sse sie aufspringen und sich an die Arbeit machen; Haussorgen und dr?ngende Arbeit waren vergessen. Aber das Kind hielt sie fest. Das feine H?ndchen hatte solch eisernen Griff, dass Gabriele den umklammerten Zeigefinger kalt werden f?hlte. So ergab sich denn die Mutter f?r dies eine Mal, arbeitete aber im stillen an ihrem Vorsatze weiter, in der ersten freien Minute mit der Ausf?hrung der Spitze zu beginnen, und ?berlegte, wo sie ihre Ger?te haben konnte. Und als endlich ein tiefer Atemzug neben ihr und das freiwillige Losspannen der energischen kleinen Fingerchen ihr verriet, dass ihre Gefangenschaft zu Ende sei -- da wunderte sich Gabriele ein wenig, wie rasch ihr diese zwei Stunden dahingegangen. Der Ratsherr war klug genug, nicht gleich am ersten Tage nach der Wirkung der Verordnung zu fragen. Er ber?hrte mit keinem Wort Gabrielens Befinden, und sie war gl?cklich dar?ber, denn es w?re ihr schwer geworden, ihm zu sagen, dass sie nicht geschlafen habe. Einmal fiel ihr mitten in der Arbeit ihr Spitzenmuster ein. Sie sah es vor sich mit einer gespenstischen Deutlichkeit, weiss leuchtend wie Phosphor auf einem Grunde von schw?rzester Nacht, die jeden andern Gegenstand im Zimmer verh?llte. >>Noch habe ich es nicht vergessen,<< dachte sie voll Freude. Dann seufzte sie leise und sch?ttelte sich. Das Erwachen kam, das Besinnen auf die tausend Notwendigkeiten des Tages, und ein mutloses Aufgeben: >>Dazu komme ich ja doch nie!<< Am andern Tage begleitete der Gatte sie wieder ins Schlafgemach, liess aber auf ihre Bitte das Kind in der Wiege liegen. Ehe er das Zimmer verliess, fl?sterte er von der T?re her noch einmal ein eindringliches >>Mir zuliebe!<< zur?ck. Die Frau wurde flammend rot. >>Ja, Liebster!<< hauchte sie kaum h?rbar. Sie lag einige Minuten und k?mpfte mit sich, h?tte gern getan, was sie f?r eine Pflicht hielt, brachte es aber nicht ?ber sich. Sie sprang auf, verriegelte die T?re, huschte schuldbewusst ?ngstlich und auf jeden nahenden Tritt lauschend im Zimmer umher, bis sie ihre Siebensachen beisammen hatte, und sass bald ?ber ihr Pergamentstreifchen gebeugt, den Kl?ppelbrief entwerfend. Sie arbeitete, dass ihre Wangen brannten. Die Zeichnung war fast fertig, als das Kleine erwachte. Als der Gatte sie sp?ter erblickte, streichelte er ihr l?chelnd das Gesicht, in dem die R?te des inneren Feuers noch weitergl?hte, und sagte mit gl?cklichem Ausdrucke: >>Rotgeschlafen wie ein Kind!<< Sie h?tte vor Besch?mung in den Boden sinken m?gen -- aber wie h?tte sie die Wahrheit gestehen sollen? Den n?chsten Tag betrat Gabriele ihr Gemach mit den Gef?hlen einer Verbrecherin. Der Gatte verweilte einige Minuten, die ihr wie Stunden erschienen, lobte z?rtlich ihre F?gsamkeit und Geduld und sah die Geb?rde nicht, mit der sie sich abwandte. Kaum dass er sie verlassen, sprang sie vom Lager, schon war das Kl?ppelkissen zur Stelle, und in wenigen Handgriffen alles zur Arbeit bereit. Nun sass sie, f?llte ihre Sp?lchen, steckte ihre Nadeln und schrak erst beim hellen Aufschrei des erwachenden Kindes empor, mit einem leisen Ausdruck des Bedauerns im erregten Antlitz; sie hatte gehofft, an diesem Tage noch mit dem Kl?ppeln beginnen zu k?nnen. Von nun an freute sie sich den ganzen Morgen, was immer sonst ihre H?nde auch schaffen mochten, auf die stille heimliche Kl?ppelstunde am Nachmittag. Die eichenen T?ren hielten das kleine Geheimnis wohl verborgen. Was sie an L?rm aus Haushalt und Kinderstube etwa durchliessen, das drang nicht an Gabrielens Ohr; das leise Rollen und Klappern der Sp?lchen, jener alte, s?sse, vertraute Elfentanzschritt, sie ?bert?nten alles. Und jeden Tag erschrak sie ein wenig, wenn des Kindes Weckruf ert?nte. Den Rest des Tages f?hlte Gabriele sich leicht und frei. Dass sie eine heimliche S?nderin war, bedr?ngte sie f?rs erste gar nicht, wenn sie auch ihrem Gatten gegen?ber sich schuldig f?hlte. Sie konnte sich indes nicht verhehlen, dass in der Tat eine R?ckver?nderung zu ihrem alten Selbst mit ihr vorging. Wenn sie sich den ganzen Morgen in der Tiefe ihres Herzens auf die kommende Stunde freute, so freute sie sich den ganzen Abend ?ber das, was sie in dieser Stunde fertiggebracht hatte, und kam so einfach aus dem Freuen nicht heraus. Sie trug es mit sich herum wie eine liebliche Melodie, die einem auf Schritt und Tritt nachgeht. Ja, auch diese Empfindung musste Gabriele sich eingestehen: es glitt ihr nur so unter den H?nden weg, was sie sonst mit Unlust getan hatte; wenn ihr sonst der Tag zu kurz geschienen hatte f?r alles, was er erheischte, so war er jetzt mit einem Male um vieles l?nger, seit die bewussten zwei Stunden daran fehlten. Es war ihr Klarheit gekommen ?ber das Wesen ihrer Krankheit, als sie begriff, dass die gewohnte und geliebte T?tigkeit ihr bisher an ihrem Gl?ck gefehlt habe. Und wenn sie sich auch verwunderte, wie es hatte sein k?nnen, dass eine solche Albernheit, wie sie es nannte, ihr fast das Leben zerst?rt h?tte, so wusste sie doch, dass dem wirklich so war. Tief dankbar empfand sie, wie Ruhe und Frohsinn sich t?glich mehr in ihr und um sie verbreiteten, wie ein sanftes Licht auf ihren ganzen Lebensweg fiel. Sie h?tte gern das Wundersame und Unbegreifliche des ganzen Vorganges verstehen m?gen, und es dr?ngte sie oft, zu ihrem Gatten zu eilen und ihm ihr Gef?hl zu ?ussern, ihn zu fragen, ob er eine Erkl?rung oder ein Beispiel daf?r kenne. Es tat ihr weh, dies Unverstandene mit sich herumzutragen, ohne es mit ihm zu teilen, der es vielleicht verstanden h?tte. Aber sie f?rchtete zu sehr das Gest?ndnis ihres Betruges. Wenn sie bedachte, mit welch r?hrender Treue er immer daf?r gesorgt hatte, dass in jenen ihrer Ruhe geweihten zwei Stunden kein Schritt ihrer T?re sich nahe, so fand sie es unm?glich, ihm zu sagen, dass diese Sorgfalt verschwendet, seine liebende Aufmerksamkeit missbraucht worden war. >>Wenn er h?rt, dass ich ihn monatelang betrogen habe,<< so dachte Gabriele oft mit leisem Kummer, >>so wird seine Liebe zu mir verl?schen. Er ist die Wahrhaftigkeit selbst!<< Und sie schwur sich zu, dass er nie um das Geheimnis wissen sollte. Der Ratsherr k?sste seiner alten Freundin die H?nde und nannte sie ger?hrt die g?tige Vorsehung seines Lebens. Die gute Matrone freute sich des Erfolges, den ihre einfache Verordnung gehabt, und Gabriele, wenn sie es h?rte, l?chelte beklommen und dachte bei sich: >>Auch diese darf nie erfahren, dass ihr Rat unbefolgt geblieben ist. Wie w?rde sie sich kr?nken!<< Und ebenso schwieg sie dem Arzte gegen?ber, mit weiblicher Feinheit daran bedacht, ihm das Gef?hl der L?cherlichkeit zu ersparen. Add to tbrJar First Page Next Page Prev Page |
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