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Read Ebook: Die Stufe Fragment einer Liebe by Mann Franziska
Font size: Background color: Text color: Add to tbrJar First Page Next Page Prev PageEbook has 156 lines and 20322 words, and 4 pages,,Ja, damals," l?chelte die Alte -- ,,Und dann begegnete ich Dir mehrmals auf Friedh?fen" -- ,,Ja, damals," wiederholte versonnen die Alte -- Roland, lieber Junge, ist diese Alte nicht meine Blutsverwandte? K?mpfe auch Du mit all Deines Herzens Glut und Kraft immer von neuem f?r die Menschheit, ganz besonders dann, wenn Du Dich von eigener M?hseligkeit und Belastung befreien willst. Die Verteilung der G?ter ist gar nicht so ungerecht, als sie vielen bei nur oberfl?chlicher Betrachtung erscheint; denn -- nur ein Beispiel: Wessen w?re die Schuld gewesen, -- oder wie immer ich die Unterlassung nennen sollte -- wenn Du Dich weiter mit schwacher, wesenloser Sehnsucht beschieden h?ttest? -- Komm so fr?h Du kannst; ich warte. Maria. Vergiss nicht, Maria, auch wenn ich von mir spreche, spreche ich eigentlich von Dir. In meiner Brust muss ,,es" doch gewesen sein, weshalb konnte ich es nicht allein aus den Schalen schlagen, in die es sich verkapselt hatte? Wie konnte ich mich so gelassen in die trostlosen Willk?rlichkeiten des Alltags finden? Gestern, nachdem ich Dich verlassen, las ich wieder einmal Deine Briefe, um den Strom von G?te, menschlichem Verstehen, Reinheit und -- tiefster Z?rtlichkeit zu f?hlen, der von Dir ausgeht. Von der Macht dieser Z?rtlichkeit scheinst Du selbst nichts zu wissen, von dieser stillen Innigkeit, die soviel bindender ist als Du es weisst und -- als es Dir erw?nscht ist. Werde ich morgen, endlich, endlich wieder das Rauschen Deines Gewandes vernehmen? Werde ich Deinen Blick f?hlen, der tief und z?rtlich in den meinen sinkt? Werde ich, ehe ich noch bei Dir sein darf, meine Lippen auf die Bl?tter eines Briefes pressen k?nnen? Maria, Sancta Maria, ich liebe Dich grenzenlos. Dein, immer, immer Dein Roland. Das Gedicht, welches ich mit ins Kuvert lege, bewerte nicht kritisch, nur Dein Herz soll von seiner Echtheit ergriffen werden. Mein Weg zu Dir -- wie den ich deuten soll? Von bunten Bl?ten ist er ?bervoll, Die leuchten, wo mein Fuss auch immer schreitet, Und goldner Glanz ist ?ber sie gebreitet. Kein n?chternes und graues H?usermeer Seh ich auf meinem Wege um mich her: Umspielt ist alles rings von lichtem Schimmer -- Die Menschen, die ich treffe, l?cheln immer -- Und l?chelnd schau ich ihnen ins Gesicht: So scheinen sie verkl?rt vom gleichen Licht, Das wohl aus meiner trunknen Seele strahlt Und alles, alles gl?hend ?bermalt. Die letzte Strasse ist von Deinem Bild So ganz durchleuchtet und so ganz erf?llt, Dass Traum und Wirklichkeit sich in mir eint: Ist es denn Wahrheit, was wie Traum mir scheint? Dass Deine Sehnsucht mir entgegenbebt, Dass Deine Seele f?r die meine lebt, Verschwenderisch von ihrem Reichtum schenkt, Und -- ganz von Z?rtlichkeit f?r mich durchtr?nkt -- Mit ihrer sanften G?te mich umhaucht? Mein Weg zu Dir ist ganz in Licht getaucht. Verloren? Verzeihe das Wort. Dachte ich nicht noch vor kurzem anders ?ber ein solches Weiterklimmen? War es nicht immer die stille Voraussetzung, mit der ich Menschen an mich zog? War das: ,,Weiter" -- war der Wandel nicht der Reiz f?r mich in jeder Vereinigung, war er nicht ihr Ziel? Oder k?nnte es doch wahr gewesen sein, dass ich selbst manch eine Bl?te zerriss, die ich liebevoll ins Leben gepflegt hatte? Bleiben oder Gehen? Welches mag ?ber das verh?ltnism?ssig gl?cklichere Los entscheiden? Wie immer, all meine ,,geistigen Errungenschaften" entgleiten mir einem Gewande ?hnlich, das nur leicht auf meinen Schultern ruhte. ,,Momentane Wahrheiten!" Welch eine richtige, aber -- gef?hrliche Auffassung. Es ist wohl auch k?rperliche Schw?che heute, die mich Trauer vorausf?hlen l?sst, feige Trauer; denn nie war ich von dem Naturgesetz ?berzeugter als jetzt, das den K?nstler der Oeffentlichkeit zutreibt wie die Welle dem Strande. In den Tagen, die mich Dir fernhielten, waren meine Gedanken fessellos wie schwebende Adler, meine Empfindungen berauscht, als schritte ich auf bl?henden Hyazinthenfeldern dahin. ,,Dank Dir, mein Gott, der Du Wunder tust," t?nte es in mir. ,,Wochen, Monde, Jahre war ich unjung in meiner vermeintlichen Gefestigtheit. Kommt: Poesie, Natur, Jugend, Liebe, macht mein Leben wieder heil mit euren Zauberh?nden, tanzt euren unsterblichen Reigen in mir, f?hrt mich wieder ein in den Olymp. Du Gott der Freude und der Schmerzen, mache mit mir, was Du willst. Die Trauer ist gut, und der Jubel ist auch gut! Du l?sst mich durch den Jubel gehen. Ich empfange ihn von Dir mit dankbar dem?tigem Herzen." -- Einmal, irgendwo las ich diesen Hymnus, jetzt entsteigt er neu, wie aus mir geboren, in jeder Minute meinem Herzen. Ich erwarte Dich! Maria. Maria, Maria, endlich kam unsere Stunde, endlich konnte ich zu Dir eilen, durfte Dich umfangen, durfte Deinen zitternden Kuss f?hlen. Immer wieder zweifle ich an der Wahrheit aller Seligkeit, die ich erlebe. Und immer wieder verwandeln sich Gl?hen und Sehnen zu neuen Gebilden, die, herausgerissen aus meiner Brust, oder aus meinem Gehirn sich formen. Und immer wieder bist Du es, die mich entflammt, Du, nur Du. Allm?hlich erkenne ich die Weisheit des Schicksals, das mir lange vieles von dem versagte, dessen ich bedurfte. Meine geschonte, seit Jahren kaum angetastete Empfindungsf?higkeit schreit nun jubelnd nach ihrem Recht. Du hast mich in den Festsaal des Lebens geleitet. Mit lachenden Augen will ich Dir Liebeslieder zujauchzen; jedes Lied scheint mir das erste Liebeslied, das je erklang, und ist doch alt wie die Menschheit. Dein Roland. Roland, Du -- Du -- ,,und war doch nur ein altgewohntes Wort, das oftmals achtlos floss von ihren Lippen" -- Gestern starb in meinem Hause ein alter Mann nach langem, viel, viel zu langem Siechtum. ,,Der Tod hat mich vergessen", seufzte er, als ich ihn zum letzten Male besuchte. Ich lege Dir einige Bl?tter ein; lies, welche Gedanken sein Sterben in mir erweckte. ,,Ich wandere aus," entschied der Misshandelte, h?llte sich fest in dunkle Nebel und -- entschwand. Gleichg?ltig kamen die Jahre; gleichg?ltig gingen die Winter an den Alten vor?ber. Kein Lenz liess ihnen etwas erbl?hen; kein Sommer lachte ihnen. Herbst kam und Herbst ging; die Greise blieben. Menschen, die schlecht geworden, Bettler, die an ihrer Gesunkenheit litten, Ungl?ckliche, die zu Verbrechern geworden, konnten sich nicht mehr freiwillig vom Leben l?sen. Flucht aus Schande, Flucht aus unheilbaren Leiden, Flucht aus den Schmerzen ungl?cklicher Liebe, Flucht aus Entsetzen an missratenen Kindern, Flucht vor Umnachtung der Gedanken gab es nicht mehr. Die Scharfrichter wurden ihres Amtes entsetzt; neue Strafen musste der Gerichtshof ergr?beln. Ein anderes Schluchzen drang in die Welt und ein anderes Sehnen. Nicht der Sonne streckten sich Arme inbr?nstig entgegen, sondern suchend dem entschwundenen Tode. Wehklagend irrten Menschen von Scholle zu Scholle. Inbr?nstig betete man, dass er wiederkehre, der qualvoll Entbehrte. Allen Menschen schien es, sie h?tten ihren Erl?ser verloren, seitdem der Tod ihnen unerreichbar blieb. Sie sch?mten sich jener Geschlechter, von denen die Sage berichtete, dass sie dem Tode h?nderingend entgegengestarrt haben sollten, dass sie ihm geflucht hatten. Hass und Bitterkeit, Ueberdruss und K?lte trieben die Menschen auseinander. Eltern beklagten ihre l?chelnden Kinder, denen sp?ter auch die B?rde eines endlosen Lebens zu tragen bestimmt war. Denn nicht in Jugendkraft und F?lle wurde ja den Erdbewohnern zu bleiben gew?hrt; nein, genau wie ehedem, mussten sie alles zur?ckgeben: Gesundheit, Hoffnung, Glauben, um zuletzt -- k?rperlich und geistig vernichtet -- sonnenlos in Nacht und Finsternis dahinzuvegetieren. Grauen vor dem Fr?hling erf?llte die Menschen, dessen S?sse Leben spendet, dessen Atem befruchtet. Unauffindbar, unerreichbar blieb der Tod. V?gel flogen hin und her, flogen in die Weite, weil sie hofften, ihn mit ihren wundersamsten Weisen zu r?hren. Dann aber vollbrachte ein Kind das Wunder. Nicht den Greisen zuliebe kehrte der Tod zur?ck, nicht der Kranken halber, -- der Unschuldigen wegen. Ihnen vermochte er nicht zu widerstehen. Ein armes M?dchen hatte in Schande und Verlassenheit ein Kind geboren. Grosse strahlende Augen richtete das Neugeborene erwartungsvoll in die Welt. Diese leuchtenden Sterne verdunkelte der Tod. Schmerzlos glitt das schuldlos Verurteilte in des Todes Arme. In dem Augenblick erhob sich ein Hymnus ohne gleichen auf der Erde: einmal noch atmeten M?de tief und befreit auf, dann endlich schlossen sie die glanzlosen Augen f?r immer. Liebende umschlangen sich in heisser Seligkeit. K?mpfende, Irrende, Kranke knieten von dem Bewusstsein ?berw?ltigt nieder, nicht unrettbar an das Leben geknebelt zu sein. Licht ?berleuchtete an diesem Tage die ganze Welt. Auf dem Sonnenball stand hochaufgerichtet eine feingliedrige Gestalt. Nicht mehr wie einst umh?llten schwarze Schleier ihre Glieder. Umstrahlt von weissem Schimmer sank der Tod mitleidig wieder hernieder auf die Menschheit ... Roland, nur Dein Roland. Oft m?chte auch ich mit Dir, Roland, in einer Sprache sprechen, wie sie noch nie gesprochen wurde. Dann verzweifle ich f?rmlich an meinem eigenen Unverm?gen. Mir scheint, ich bin ein Genie im Glauben an das Sch?ne in der Welt. Aus l?ngst vergangenen Jahren f?llt mir zuf?llig ein Erlebnis ein, an das mich der Duft Deiner beiden roten Rosen, die vor mir auf dem Schreibtisch stehen, erinnert. Ich lebte damals bereits in der Grossstadt. Im Hochsommer h?tte ich mein ganzes Verm?gen am liebsten den wenig verf?hrerischen Gestalten gegeben, deren Rufe: ,,Rosen! Rosen, sechs f?r zehn Pfennige!" durch die Strassen schrillten, w?hrend sie neben kleinen, mit wundervollen Bl?ten hochbeladenen Wagen dahingingen. Noch in diesem Augenblick bilde ich mir ein, die einf?rmigen, gleichgiltigen Anpreisungen zu vernehmen. Immer empfand ich leises Weh, wenn ich sah, wie die herrlichen Blumen so empfindungslos zusammengerafft wurden. Leicht erfuhr ich, wo diese Rosenmassen wuchsen. Ich freute mich schon den ganzen Winter hindurch auf einen Ausflug in die nahen Rosenfelder. In allen Farben sah ich sie im Geiste wogen und bl?hen. Erwartungsvoll bin ich hinausgefahren. Schmutzige, kleine Banditen wiesen mir das letzte St?ck des Weges. Nicht eilig genug liefen sie mir voraus. Bald las ich auf plump gepinselten Schildern: ,,Zu den Rosenfeldern". Ja, Roland, da stand ich denn erschreckt vor dem St?ckchen Erde, nach dem ich mich so lange gesehnt hatte. Mochte ich auch suchend Umschau halten, daran war nichts zu ?ndern, dass diese flachen, noch in ziemlicher N?he einem Kartoffelfeld gleichenden Felder meiner Rosen Heimatboden waren. Gewiss, ich hatte einen besonders ungeeigneten Tag getroffen; der zu heftige Regen der vorherigen Tage mochte wohl der Felder Aussehen gesch?digt haben. Nichts wallte und wogte. Alles war ganz niedrig gewachsen, so ganz anders, als ich es erwartete. Vielleicht wurde zu rasch und zu erbarmungslos geschnitten; sogar aller Duft war in den Augenblicken, welche ich inmitten der Felder verbrachte, wie fortgetrieben. Maria. Einzige, ja, warum schreiben wir uns? Auch ich frage es mich, aber ich antworte mir sehr einfach: ich weiss es nicht. Ja, was weiss ich denn? Weiss ich, warum ich geboren wurde, wann ich sterben werde? Weiss ich, warum ich -- ohne bestimmten Grund -- heute gl?cklich bin, morgen aber aus unbekannter Ursache ungl?cklich und ganz herabgestimmt sein kann? Weiss ich, warum ich heute strahlenden Auges einen grossen Dichter zu geniessen vermag, und warum ich mich morgen im Tumult nichtssagender Allt?glichkeiten herumschlage? Weiss ich, warum ich heute k?hn bin wie ein Held und morgen verzagt wie ein Schw?chling? Weiss ich, warum ich heute alles einzusehen scheine und morgen gar nichts? Weswegen ist es nun f?r mich gerade n?tig zu wissen, warum ein Gott uns zwingt, einander zu schreiben? Vielleicht lockt nur der weisse Bogen, ihn zum Boten f?r schnell schwindende Stimmungen zu nehmen, f?r Stimmungen, die in jeder F?rbung fruchtbarer Boden unseres Denkens und Dichtens werden k?nnen. Nur ein Hauch dringt ja bis zum Anderen, denn -- ob m?ndlich oder schriftlich -- es gelingt doch nie, sich ganz mitzuteilen. Weder in Briefen, noch in Werken sind wir wirklich restlos die, die wir f?r den anderen sein m?chten. Ich muss jetzt auf der Hut vor mir selber sein, weil ich merke, dass sich etwas wie Hang zum Spott in mir entwickelt, der mir zwar leicht billigen Erfolg einbringen k?nnte, aber nichts sonst. Nutzlos im h?chsten Grade bleibt ja alles blosse Verneinen. Sp?tter finden wohl eine Zeitlang ihr Echo, da der Mensch es aus Langeweile nicht ungern h?rt, wie alles, selbst das Heiligste, verspottet werden kann. Wer selbst andachtslos ist, glaubt im Rechte zu sein und zu gewinnen, wenn er Erhabenes herabzieht. Aber nie wird der Sp?tter Liebe oder Verehrung finden. Selbst nicht bei denen, welche er unterhalten und zum Lachen gereizt hat. Die Menschheit liebt und achtet instinktiv meist doch nur die, welche die Menschheit geliebt und geachtet haben. Die besten Menschen waren immer anerkennend und bereit zu verehren, wenn auch nicht im Sinne von ,,jedermann". Ich bem?he mich nun weiter, Menschen auf die B?hne zu stellen, die leben; keine Phantasiegesch?pfe. Wird meine Kraft ausreichen, mehr als blasse Gestalten zu schaffen? Die Forderung, echte Menschen zu formen, will ich mir immer als erstes Gesetz ins Ged?chtnis rufen. Sollte ich jemals ,,Einer" werden, so kann mein Gebiet nur das Leben der Ueberfl?ssigen, der Verlassenen, der Schwachen werden. Lass Dich nicht durch meinen Mangel an praktischer Erfahrung verwirren. Immer mehr treibt es mich zu denen, deren Leid sich den Augen entzieht, und das doch oft soviel nachhaltiger blutet als sichtbares Elend. Du musst nicht immer an die Zahl meiner Jahre denken, nicht glauben, dass tiefstes Einf?hlen in die Seelen der Enterbten, Gesunkenen nur der Frau eigen sei. Ueberhaupt werden m?nnliche und weibliche Eigenschaften viel zu krass getrennt. Eine Frau mit sogenannten nur weiblichen Tugenden, ein Mann mit Eigenschaften, die wir lediglich als m?nnliche zu r?hmen geneigt sind, k?nnen keinesfalls als ideale, vorbildliche Menschen gelten. Wenn Dir, Maria, die ganze Welt oft nichts anders als ein Garten Eden d?nkt, so wirkst Du in dieser Unschuld besch?mend wie ein Kind; wenn Dir die Hartherzigkeit der Gesellschaft die Augen feuchtet und sanfte Wehmut Dich verkl?rt, so bist Du ganz Frau, und doch, wieviele Schattierungen birgt gerade Dein Empfindungsverm?gen, die von M?nnern mit Beschlag belegt worden sind. Oft wundere ich mich, Maria, Liebste, dass man, wenn man in einem verzauberten Schlosse weilt, -- und Du bist doch mein verzaubertes Schloss -- noch irgend einen Gedanken neben der Liebe haben kann. Unz?hlige Male m?chte ich es Dir wiederholen: Ich lebe nur in Dir, und eben deshalb gleichst Du dem Samenkorn, das in tausendfachen Farben Ungeahntes zu Bl?te und Frucht in mir zu treiben beginnt. Ueber die allerersten Anf?nge bin ich wohl schon ein wenig hinaus. Immer mehr packt es mich, dieses Ungeahnte, das sich beim ersten tiefen Blick von Dir scheu zu regen begann. Darf man sich im Rausch einer heiteren Zuversicht hingeben, und darf man dieser heiteren Zuversicht vertrauen? Pl?tzlich halte ich mich f?r ein Gl?ckskind. Jedesmal, wenn ich zu Dir gehe, scheint mir die Welt ringsum heller und meine Liebe gewachsen. Dein Roland. Geliebter, gestern schriebst Du von meiner Ueberlegenheit. Unsinn! Nenne es ruhig: ,,echt weiblich," aber -- ich mag nicht ?berlegen sein. Ueberlegenheit, wie Du sie mir andichtest, scheint Wandlung -- geistige und seelische -- auszuschliessen; Du aber musst doch wissen, dass ich gerade in den letzten Wochen dahin gekommen bin, mich freudig auch Irrt?mern zu unterwerfen. Dass jeder Tag bereit sein k?nnte, den vorherigen zu verneinen, ?bersieht unsere seltsame Kurzsichtigkeit. Fest liegen die Wurzeln, aber die Brandungen des Lebens bewegen unausgesetzt die Kronen. Aus Widerspr?chen und Spannung geht Entwicklung hervor. Es ist schade, dass die meisten zu rasch, viel zu rasch aufh?ren nach unbegrenzten, unbestimmten, nach schimmernden Horizonten auszuschauen, gleichsam als w?re ihr Dasein verriegelt. Sie begn?gen sich zu fr?h mit Wiederholungen, verlangen nichts als einen sicheren, festen Umriss ihres Lebens. Einst, es ist noch gar nicht lange her, nannte ein Freund mein Herz ,,weise". Ich glaube, damals gab es ein paar Minuten, in denen ich mich ?ber diesen Wahn freute. Weit, weit fort hast Du, Geliebter, diese meines Herzens vermeintliche Weisheit getragen; federleicht muss sie gewesen sein. Jetzt erf?llt mich oft nichts als das Verlangen, mich wie ein Kind schluchzend ?ber den Schoss einer Mutter beugen zu d?rfen. Da siehst Du, Geliebter, wie es um meine Abgekl?rtheit bestellt ist. Wie wenig bin ich. Oder wuchs ich dennoch vielleicht durch das grosse Gef?hl f?r Dich? Add to tbrJar First Page Next Page Prev Page |
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