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Munafa ebook

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Read Ebook: Streifzüge an der Riviera by Strasburger Eduard

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Ebook has 242 lines and 70206 words, and 5 pages

Wie sch?n ein Apfelsinenbaum bei voller Kraftentfaltung werden kann, wenn ihn Tausende von goldenen Fr?chten schm?cken, das l?sst sich freilich kaum an der Riviera, ja nicht einmal in Sorrent ermessen. V?llig ausgewachsene, ?ppig entfaltete Orangenb?ume von der Gr?sse unserer Apfelb?ume, sah ich erst am Fusse des ?tna. Theobald Fischer gibt in seinen >>Beitr?gen zur physischen Geographie der Mittelmeerl?nder<< an, dass ein ausgewachsener, gut gehaltener Apfelsinenbaum in Sicilien sechs- bis siebenhundert, ein Limonenbaum sogar tausend bis elfhundert Fr?chte liefert. Im Durchschnitt k?nne man auf den Hektar Agrumen bei Palermo 3000 Lire Rohgewinn rechnen, und was das sagen will, geht daraus hervor, dass die eintr?glichsten G?rten bei Paris es nur zu einem Rohgewinn von 2500 bis 2700 Francs auf den Hektar bringen.

Es gibt eine Unzahl von Apfelsinensorten, von denen zu uns aber nur einige wenige gelangen, darunter die jetzt immer beliebter werdende blutfarbige, die >>Orange von Jericho<<.

Auch die als besondere Art der Gattung Citrus geltenden Mandarinen sind Gegenstand bedeutenden Exportes aus Italien geworden. Der Mandarinenbaum gedeiht an der Riviera sogar besser, als der Apfelsinenbaum. Er ist in allen Theilen kleiner, und an seinem buschig-runden Wuchs unschwer zu erkennen. In China und Cochinchina steht er seit undenklichen Zeiten schon in Cultur, in Europa hingegen tauchte er erst im Jahre 1828 auf.

Weitaus der merkw?rdigste Baum in der Reihe der Agrumi ist die Bizzarria, welche der La Mortola-Garten ebenfalls besitzt. Sch?ner entwickelt sah ich diese Pflanze im botanischen Garten zu Neapel. Die Bizzarria tr?gt zugleich Orangen, Citronen und Limonen. Sie weist auch Fr?chte auf, welche die Mitte zwischen jenen Fruchtformen halten, endlich auch Fr?chte, an welchen einzelne F?cher das Aussehen von Orangen, andere dasjenige von Limonen oder Citronen besitzen. Es sind Bizzarrien beschrieben worden, deren Fr?chte die Bestandtheile von f?nf verschiedenen Fruchtformen der Agrumi in sich vereinigten. Die Entstehung der Bizzarrien ist bis jetzt nicht endg?ltig aufgekl?rt worden. Die Einen halten sie f?r Bastarde, w?hrend Andere meinen, sie seien bei der Veredelung durch zuf?llige Vermischung der Eigenschaften der Unterlage und des Edelreises entstanden. Letzteres w?re sehr merkw?rdig, da die Erfahrung, die wir t?glich bei der Veredelung unserer Obstb?ume, der Rosen und anderer Gew?chse machen, sonst lehrt, dass die Unterlage ohne allen Einfluss auf das Edelreis bleibt, dass beide ihre Eigenschaften unvermischt behalten. - Die Bizzarrien sind seit der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts bekannt. Sie mussten ja von Alters her durch ihr merkw?rdiges Verhalten die Aufmerksamkeit auf sich richten. Zum ersten Mal wird ?ber die Bizzarria im Jahre 1644 berichtet und angegeben, dass sie im Garten Panciatichi in Florenz wachse. Im Jahre 1711 besch?ftigte sich die franz?sische Academie der Wissenschaften mit derselben und kam zu dem eigenth?mlichen Schluss, sie sei eine urspr?ngliche Pflanzenart eben so gut wie die Orange oder die Citrone.

Doch wir wenden uns nun einem Baume zu, dessen Zweige einst wie jetzt den Sieger schm?ckten, dessen Bl?ttern freilich auch die bescheidene Aufgabe zuf?llt, unsere Speisen zu w?rzen. Der edle Lorbeer, der mit italischen Bildern ebenso wie die Agrumi verwebt erscheint, ist in S?deuropa sicher heimisch gewesen, sein Cultus pflanzte sich hingegen allem Anschein nach von Kleinasien ?ber das Mittelmeer fort. Er wurde dem Apoll geweiht und in dem Masse, wie die Zahl apollinischer Heiligth?mer in Griechenland zunahm, breiteten sich auch die aromatisch duftenden, immergr?nen Lorbeerhaine immer mehr ?ber dieses Land aus. Mit den griechischen Gottheiten gelangte der Lorbeerbaum auf italischen Boden, und es begleitete ihn dort zugleich als Cultus-Gew?chs die der Aphrodite geweihte Myrte.

Allgemein war im Alterthum der Aberglaube, dass der Lorbeer gegen D?monen, gegen Zauber und auch gegen Ansteckung sch?tze. So suchte, wie berichtet wird, der furchtsame Commodus im Lorbeerhaine Rettung, wenn die Pest im Anzug war. Kronen von Lorbeer legte man Wahnsinnigen um Schl?fe und Hals, um sie zu heilen. Lorbeerfr?chte oder -Bl?tter genossen die Priester des Apollo, wenn sie weissagen sollten; Lorbeer trugen Propheten, wenn sie eine Stadt betraten. Der Lorbeer s?hnte das vergossene Blut. Daher die r?mischen Legionen sich, ihre Feldzeichen und Waffen mit Lorbeer reinigten, gleich nach dem Siege. Das hatte den Lorbeer folgerecht auch zur Troph?e des Sieges und zum Zeichen der gl?cklich vollbrachten Waffenthat gemacht. Als eine Freude und als ein Gl?ck verheissendes Augurium wurde verk?ndet, es sei am Tage, an welchem Augustus das Licht der Welt erblickte, ein Lorbeer vor dem Palatin entsprossen. Die reinigende Kraft des Lorbeers veranlasste dessen Verwendung zu Aspergillen. Der Strenggl?ubige besprengte sich beim Eintritt wie beim Ausgang aus dem Tempel mit dem Lorbeerzweig, den er in das Weihwasser tauchte, und gern auch nahm er beim Herausgehen ein Lorbeerblatt vom Sprengwedel in den Mund. Die r?misch-katholische Kirche hielt sich nicht an den Lorbeer als Sprengwedel, ?bernahm vielmehr den Ysop zu gleichem Zwecke von den Juden.

Der Lorbeer brennt, nach Plinius, nur unwillig und zeigt dies durch sein Knistern an. Der feuerabwehrenden Kraft des Lorbeers wurde es zugeschrieben, dass bei dem grossen Brande Roms unter den Consuln Spurius Postumius und Piso, als die Regia in Flammen stand, das Sacrarium unversehrt blieb, da ein Lorbeer vor demselben stand. Andererseits war es gerade das Lorbeerholz, das im Alterthum zur Erzeugung des Feuers diente; doch fing es nicht selbst Feuer, es bildete vielmehr, wie uns Theophrast und Plinius berichten, das Reibholz, w?hrend die Unterlage, die durch Reibung entz?ndet wurde, meist aus Wegedorn oder aus Epheuholz bestand. Ein reines Feuer zu den Sacra durfte nur der Reibung zweier gl?ckbringender H?lzer entstammen, oder den Sonnenstrahlen, die man mit H?lfe von Brenngl?sern oder von metallischen Hohlspiegeln sammelte. Der Lorbeer sollte auch die Blitze abwehren. Daher auch der abergl?ubische Tiberius, wie Suetonius berichtet, sich mit Lorbeer bekr?nzte, wenn ein Gewitter nahte. Gewisse Erfahrungen m?gen die Vorstellung erweckt haben, dass dem Lorbeer bei Gewittern besondere Kr?fte innewohnen. Denn es werden nicht alle B?ume gleich h?ufig vom Blitze getroffen. Auch bei uns schl?gt der Blitz fast niemals in Wallnussb?ume ein, am h?ufigsten aber in Eichen. Es h?ngt das mit der elektrischen Leitungsf?higkeit des Holzk?rpers zusammen, die bei den einzelnen Baumarten eine verschiedene ist. Aus den angestellten Versuchen und dem statistischen Material scheint sich zu ergeben, dass B?ume, die zur Jahreszeit der Gewitter verh?ltnissm?ssig viel fettes Oel in ihrem Holzk?rper f?hren, dem Blitzschlag am wenigsten ausgesetzt sind. Abgestorbene Aeste an einem Baume erh?hen f?r denselben die Blitzgefahr. Dass die Eichen am h?ufigsten vom Blitze getroffen werden, musste von jeher auffallen, daher die Eiche auch dem Donnergott geheiligt war. Von dem Lorbeer ist die gegentheilige Erfahrung weniger sicher, zum Mindesten ist sie in Zweifel gezogen worden.

Zu den Lorbeerarten geh?rt auch der Campherbaum , der im westlichen China und in Japan zu Hause ist und im La Mortola-Garten sehr gut gedeiht. V?llig ausgewachsen, kann er bis f?nfzig Meter hoch und sechs Meter dick werden. Seine Bl?tter verbreiten beim Zerreiben einen merklichen Camphergeruch. Der Campher wird aber im Grossen nicht aus den Bl?ttern, sondern aus dem Holzk?rper dieses Baumes durch Sublimation gewonnen.

Auch noch einige andere tropische Fr?chte reifen gut im La Mortola-Garten, so die Guavas oder Guayaben, welche man von zwei Psidiumarten dort erntet. Die Gattung Psidium geh?rt zu den Myrten-Gew?chsen und wird in allen Tropenl?ndern cultivirt. Die Guavas vertreten dort in gewissem Sinne unsere Stachelbeeren, denn sie sind eben so fruchtbar, beginnen rasch Fr?chte zu tragen und lassen sich leicht vermehren. Sie wachsen zu Str?uchern oder kleinen B?umen mit immergr?nen Bl?ttern empor und tragen Fr?chte, die in ihrer Gr?sse zwischen der Wallnuss und dem H?hnerei schwanken. Diese Fr?chte werden ohne Zuthat oder mit Wein und Zucker gegessen. Manche erinnern an Erdbeeren, andere besitzen einen s?sss?uerlichen Geschmack, andere noch einen so durchdringenden Duft, dass sie nicht Allen munden. Sehr gesch?tzt werden auch die Guavas-Gel?es in den Tropen, und man beginnt dieselben auch nach Europa einzuf?hren.

Als wohl bekannte Pflanzenform begr?sst man den Johannisbrodbaum oder Caroubier . Man hat ihn schon in weit pr?chtigeren Exemplaren in der Umgebung von Mentone gesehen. Alte St?mme erinnern in der Form an unsere Eichen; an den paarig gefiederten lederartigen Bl?ttern ist aber der Johannisbrodbaum als solcher sofort zu erkennen. Die H?lsen, Leckerbissen, die auf keinem Jahrmarkt fehlen, und an denen sich Kinder allgemein erfreuen, sind im Fr?hjahr noch so klein, dass man sie an den Zweigen suchen muss. Aus den reifen H?lsen wird ein s?sser, honig?hnlicher Saft gepresst, der als Keratameli im Orient genossen wird. Mit diesen H?lsen soll, der Sage nach, Johannes der T?ufer sich in der W?ste ern?hrt haben und der Baum nach dem Vorl?ufer des Messias seinen Namen f?hren. Die reifen Samen innerhalb der H?lsen zeichnen sich durch auffallend ?bereinstimmende Gr?sse aus, woraus sich erkl?rt, dass sie einst als Gewichte dienten und der kleinen Einheit im Gold- und Diamantengewicht den Namen gaben. Denn Karat stammt von Kerateia, dem griechischen Wort f?r diese H?lse. Um gute Fr?chte zu tragen, muss der Baum veredelt werden, und es waren jedenfalls die Araber, welche die bessere Fruchtform dieses Baumes am Mittelmeer verbreiteten. Er ist in S?d-Arabien wohl zu Hause, doch an vielen Orten der Riviera jetzt verwildert.

Es f?llt im La Mortola-Garten wie in den anderen G?rten der Riviera wohl auf, dass die Camellien, Rhododendren und Azaleen so stark gegen andere Pflanzen zur?cktreten. Man erblickt sie nur vereinzelt und bei weitem weniger sch?n und kr?ftig wie etwa an den italienischen Seen entwickelt. Das hat in der Zusammensetzung des Bodens seinen Grund. Der so ?beraus kalkreiche Boden der Riviera sagt diesen Pflanzen nicht zu, die ausgepr?gte Humusbewohner sind, ausserdem reiche Bew?sserung verlangen.

Aus den exotischen Pflanzenformen ragen allseitig Nadelh?lzer hervor. Sie stechen eigenartig von denselben ab. Wir sind mit ihren Gestalten wohl vertraut und selbst die so regelm?ssig geformten Araucarien sehen wie etwas gezierte Tannen aus. In den Gew?chsh?usern der Heimath sah auch jeder schon die Cycadeen, die hier in einer Anzahl von Arten unter freiem Himmel gedeihen. Dem Laien wird es schwer, sich vorzustellen, dass die Cycadeen Verwandte der Nadelh?lzer sind. Scheinen sie doch mit ihrem unverzweigten Stamm und mit ihrer einfachen Krone aus langen gefiederten Bl?ttern, weit mehr den Palmen zu gleichen. Mit diesen haben sie aber thats?chlich nur eine gewisse ?hnlichkeit gemein. Diese ?ussere ?hnlichkeit der Cycasbl?tter und der Palmenbl?tter hat es aber bewirkt, dass sie oft f?lschlich als Palmenbl?tter bezeichnet werden und als solche bei Begr?bnissen Verwendung finden. Thats?chlich ist das aber eine arge Verwechselung. Denn Palmbl?tter und nicht Cycaswedel sollen es, der Tradition nach, sein, die man den Todten auf den Sarg legt, sowie es Palmenbl?tter sind, die christliche M?rtyrer in der Hand halten und die auf den Gr?bern in den Katakomben dargestellt werden.

Den Palmen werfen wir in La Mortola nur fl?chtige Blicke zu, da wir sie ja in Bordighera schon eingehend betrachtet haben. Hingegen fesseln unsere Aufmerksamkeit die zahlreichen Arten von Bambusen, die hier stellenweise schon zu m?chtiger Entwickelung gelangten. Dass diese Pflanzen, trotz ihrer bedeutenden H?he, die beim gemeinen Bambus oft dreissig Meter erreicht, zu den Gr?sern geh?ren, kann nur Denjenigen in Erstaunen versetzen, der sich die Gr?ser ausschliesslich als Wiesenkr?uter vorstellt. Thats?chlich haben wir schon in unseren Schilfrohr-Arten Vertreter der Gramineen-Familie vor Augen, die zu ansehnlicher H?he emporwachsen. Die Bambusen sind unserem Schilfrohr in mancher Beziehung ?hnlich. W?hrend letzteres aber bei uns nur eine beschr?nkte Verwendung findet, gibt es in den heissen L?ndern kaum eine Pflanze, die mannigfaltigeren Nutzen als der gemeine Bambus stiftet. Die jungen Wurzelsprosse dienen als Gem?se, vornehmlich verwenden sie aber die Chinesen zur Bereitung eines beliebten Confectes, das dem Ingwer oft zugesetzt wird. Aus j?ngeren Halmen stellt man in den heissen L?ndern W?nde, Z?une und anderes Flechtwerk her; aus den Bl?ttern macht man Matten und H?te, verpackt auch oft den Thee in dieselben. Junge Bl?tter dienen als Viehfutter. Aus den Fasern der Halme bereiten die Chinesen ihr ber?hmtes Papier, das durch seinen Seidenglanz, seine Weichheit und seine geringe Dicke ausgezeichnet ist. Die hohlen St?mme sind sehr leicht, besitzen trotzdem einen ganz ausserordentlich hohen Grad von Festigkeit und werden zu Bauten verwendet, die allen ?usseren Angriffen trotzen. Die ganze Oberfl?che des Stammes ist verkieselt, und so kommt es, dass dieser nicht allein in der Luft, sondern auch im Boden sich sehr lange h?lt. Daher die St?mme auch als Wasserleitungsr?hren und Wasserrinnen dienen, nachdem man zuvor die Scheidew?nde durchbohrte, welche das Innere des hohlen Stammes durchsetzen. Andererseits lassen sich die einzelnen Glieder des Stammes als Wassereimer und als Blument?pfe verwenden, wenn man die Scheidew?nde unversehrt l?sst. Aus Bambus werden Br?cken und Fl?sse, aus Bambus Betten, St?hle und Tische gefertigt, mit Bambusfasern Matratzen gef?llt und M?bel gepolstert. Leitern aus Bambus sind sehr beliebt. Aus Bambus stellt man Ess- und Trinkgef?sse, chirurgische Instrumente und selbst Haark?mme her, und als ob gezeigt werden solle, dass der Bambus einer jeglichen Verwendung f?hig sei, verfertigen die Bewohner von Borneo und Sumatra aus demselben sogar Lampen, in welchen Dammaraharz gebrannt wird, und mit Dammaraharz gef?llte Kerzen, deren H?lle zugleich mit der F?llung in Flamme aufgeht. Bambusst?cke kennen auch wir: sie werden aus den z?hen, knotigen Wurzelausl?ufern fabricirt, denen eine innere H?hlung abgeht. Ebenso muss zu Kriegszwecken der Bambus das Material hergeben: er liefert Lanzen und Wurfspiesse von un?bertrefflicher Leichtigkeit und H?rte. Zu gleicher Zeit ist der chinesische Soldat ausger?stet mit einem Sonnenschirm aus Bambus, dessen ?berzug aus gefirnisstem Maulbeerpapier besteht. Desgleichen sollen die hohlen Stengeltheile des Bambus als Musikinstrumente zur Versch?nerung des Lebens beitragen. Sie werden zu Fl?ten und Clarinetten verarbeitet, auch als Resonanzb?den und selbst in Gestalt von Saiten verwendet. Ja C. Schr?ter berichtet, dass die Atchinesen es sogar verstanden haben, aus Bambus eine Art Telephon herzustellen, durch welche sie ihre Wachtposten in Verbindung setzen. - Die H?hlungen junger Stammtheile enthalten meist klares Wasser, mit welchem in Indien und in den Bergen von Java der Reisende seinen Durst stillen kann. - Die Bambusen bl?hen selten; stellt sich aber ein Bl?thenjahr ein, so gibt es eine grosse Fruchternte. Die Fr?chte werden wie Reis gegessen oder in Brot verbacken, und wiederholt schon, so 1812, ist durch das Bl?hen der Bambusen eine Hungersnoth in Indien abgewendet worden. Mit Recht konnte somit Wallace, einer der besten Kenner der Tropen, aussprechen, dass der Bambus eines ihrer herrlichsten Producte sei. - Am vollkommensten haben Chinesen, Japaner und die Bewohner Indiens und des indischen Archipels ihn auszunutzen gewusst. In China gibt es ganze D?rfer, die nur aus Bambus aufgebaut sind. Einen merkw?rdigen Eindruck soll es machen, wenn ein solches Dorf in Brand ger?th. Die Luft erhitzt sich alsdann in den abgeschlossenen Gliedern der Bambusst?mme und sprengt dieselben mit gewaltigem Knall. Man h?rt aus der Ferne wie Kanonendonner, in welchem die Eingeborenen der Molukken deutlich den Ruf >>Bambu, Bambu<< zu vernehmen glauben.

In einer Pflanze, die so viel Nutzen stiftet, lag es dem Naturmenschen nahe, auch nach verborgenen Heilkr?ften zu suchen. In China werden die Wurzelst?cke, die jungen Sprosse, der Saft, der Samen, bestimmte Ausw?chse der Pflanze, als Medicamente verwendet. Zu besonderer Ber?hmtheit gelangte aber als Heilmittel ein eigenth?mlicher K?rper, der sich in den hohlen Gliedern der St?mme findet und Tabaschier genannt wird. Schon die Mediciner der r?mischen Kaiserzeit wandten denselben viel an, gest?tzt auf orientalische Traditionen. Einen Weltruf gewann der Tabaschier aber erst durch die arabischen ?rzte im zehnten und elften Jahrhundert, und er gilt immer noch als ganz hervorragendes Medicament in der ganzen orientalischen Welt. - Das frische, dem Bambusstengel entnommene Tabaschier bildet schmutzig weisse, braune bis schwarze St?cke. Beim Gl?hen werden diese weiss calcinirt und in einen Chalcedon-?hnlichen K?rper verwandelt, der bald weiss und undurchsichtig, bald bl?ulich weiss, durchscheinend und farbenschillernd aussieht. Thats?chlich ist der Tabaschier nichts Anderes als gemeine Kieselerde, die, durch etwas vegetabilische Substanz verunreinigt, beim Gl?hen von derselben befreit wird. Statt kostspieligen Tabaschiers, den er in den Bazaren theuer bezahlen muss, k?nnte der Patient somit auch reinen Kieselsand zu sich nehmen. Den rechten Glauben vorausgesetzt, m?sste die Wirkung dieselbe sein.

Sehr belehrend ist es im Fr?hjahr zu verfolgen, wie die jungen Knospen m?chtiger Bambusen als ?berarmdicke, mit scheidenartigen Bl?ttern dichtbedeckte Kegel die Erde durchbrechen. Sie pressen Wasser zwischen ihren Blattscheiden hervor, befeuchten und erweichen damit den umgebenden Boden und wachsen mit solcher Schnelligkeit, dass sich die unm?glich scheinende Vorstellung Gras wachsen zu sehen, bei ihnen fast in greifbare Wirklichkeit verwandelt. Dieses Wachsthum kann n?mlich unter g?nstigen Verh?ltnissen einen Meter t?glich betragen und ein zwanzig Meter hoher Spross in wenigen Wochen somit diese H?he erreicht haben. - Sch?ne Gruppen von Bambuspflanzen geh?ren zu den zierlichsten Erscheinungen des Pflanzenreiches; freilich kann man diese Pflanzen in voller Prachtentfaltung erst in den Tropen sehen und im La-Mortola-Garten nur eine ann?hernde Vorstellung davon gewinnen, welche Bedeutung ihnen in der tropischen Landschaft zukommt.

Das Zuckerrohr ist unserem Schilfrohr sehr ?hnlich und wie dieses eine Grasart. Man sieht es im La Mortola-Garten in voller Entfaltung. Das Zuckerrohr ist eine sehr alte Culturpflanze. Da es ausschliesslich aus Stecklingen gezogen wurde, hat es die F?higkeit, Samen zu erzeugen, fast eingeb?sst. Man hat bis vor Kurzem ?berhaupt geglaubt, dass das Zuckerrohr nicht fructificire; doch ergaben sorgf?ltige Beobachtungen, vornehmlich aus Java, dass diese Unfruchtbarkeit nur eine relative sei. Die Heimath des Zuckerrohrs ist wahrscheinlich Bengalen, jene Provinz, die, ihrer unersch?pflichen Fruchtbarkeit wegen, seit jeher als der Garten Indiens gepriesen wurde. Wohl gegen das Ende des dritten Jahrhunderts ist das Zuckerrohr aus Indien nach China gelangt und zweihundert Jahre sp?ter westlich bis Gondisapur vorgedrungen. Diese Stadt lag am Flusse Karon, der unweit davon sich zum Theil in den Tigris, zum Theil nach dem Nordrand des Persischen Meerbusens ergoss. Dorthin hatten sich die Nestorianer gefl?chtet, als das Concil zu Ephesus 431 n. Chr. ihre Lehre f?r ketzerisch erkl?rte. Sie f?hrten dem Orient die Keime klassisch-litterarischer und wissenschaftlich-medicinischer Bildung zu, namentlich auch die Anfangsgr?nde chemischer Kenntnisse. Die Beziehungen Gondisapurs zu Indien bewirkten zugleich, dass sich der Einfluss der indischen Arzneilehre dort geltend machte und eine Akademie erbl?hte, die nicht nur die Traditionen der griechischen Medicin und Naturwissenschaften in sich aufnahm, sondern dieselben auch wesentlich f?rderte. Hier wurde allem Anschein nach die Kunst der Zuckerraffinerie erfunden, daher auch >>Kand<< der persische Name f?r den gereinigten Zucker ist.

Durch die Araber kam das Zuckerrohr im achten Jahrhundert nach Spanien, im neunten nach Sicilien. In Venedig lassen sich 1150 bereits Zuckerb?cker nachweisen. Die drei wichtigsten Productionsstellen des Zuckers im Mittelalter waren Syrien, Aegypten und Cypern. Ihre Bedeutung schwand, als Vasco de Gama 1498 den directen Weg nach Ostindien um das Cap der guten Hoffnung fand und der Handel mit indischem Zucker so in die H?nde der Portugiesen fiel. Damit war der dominirende handelspolitische Einfluss Venedigs und seine Macht f?r immer gebrochen; an Stelle des Mittelmeers wurde der atlantische Ocean der Schauplatz des Weltverkehrs. Um 1580 begann Sicilien seine Zuckerproduction einzustellen, da diese gegen die ?berseeische Concurrenz nicht mehr ank?mpfen konnte. Denn um jene Zeit hatte auch schon der amerikanische Zucker, besonders der brasilianische, die Bedeutung eines Weltproductes gewonnen und gelangte bis nach Palermo. Der Zuckerverbrauch stieg ganz enorm in Europa, und im Jahre 1600 hatte auch Deutschland, nach v. Lippmann, schon mehrere Zuckerraffinerien aufzuweisen. Freilich scheinen dieselben nach dem dreissigj?hrigen Kriege sich nur noch in Hamburg gehalten zu haben. Unter Friedrich dem Grossen entstanden zahlreiche Zuckerraffinerien in Preussen und wurden durch Prohibitivz?lle gesch?tzt.

Doch am Palazzo Orengo fesselt unseren Blick vor allem die wunderbare Aussicht, die sich dort entfaltet. Gewiss ein herrliches St?ck Erde, fast zu sch?n, um dasselbe dauernd zu bewohnen! Denn wonach soll man sich dann noch sehnen, wo eine Steigerung des Eindrucks erhoffen? - Von ?ppigem Gr?n und buntem Bl?thenschmuck sind die Bilder eingerahmt, die hier den Beschauer fesseln. Sein Auge folgt entz?ckt der zackigen K?ste, oder es ruht tr?umend aus der tiefen Schlucht, in der sich der Garten aufw?rts, ohne Ende, bis zu den Gipfeln der Berge fortzusetzen scheint. Eine hohe Palme neigt sich wie sinnend ?ber diesem Bilde und gibt ihm ein m?rchenhaftes Gepr?ge. Nach Osten decken dunkle Baummassen die Aussicht, doch durch eine blumenreiche Pergola gelangt man bald bis auf den freien Bergrand. Der Tag geht zur Neige, und es beginnt Altbordighera im rosigen Abendlicht zu gl?hen. Welch' ein Anblick! Ich weiss ein krankes M?dchen, eine zu fr?h aufgebl?hte Knospe, das Rettung vor dem Tode in Mentone suchte; dem schwebte jenes goldige Bild bis zuletzt in den Fiebertr?umen vor. Es war wie die Verheissung einer gl?cklicheren Welt! Sehnsuchtsvoll streckte die Sterbende ihre Arme in der nordischen Heimath aus, um es zu fassen, und ein seliges L?cheln verkl?rte dann ihr blasses Antlitz.

Die Sonne war inzwischen untergegangen, und fahle Lichter streiften die K?ste. Altbordighera erschien so todtenblass, als w?re es inzwischen ausgestorben; der Rahmen aus weissen Rosen umschlang es fast wie ein Todtenkranz. Die bunten Bl?then im dunklen Laube begannen unsichtbar zu werden, und scharf stachen nur vom hellen Abendhimmel die uralten Cypressen ab, die, dicht aneinander gereiht, im unteren Theile des Gartens zum Meere absteigen. Hat dieser dunkelfarbige Baum, der in so feierlichem Ernst zum Himmel emporragt, wirklich ein trauriges Aussehen, oder weckt er in uns nur traurige Empfindungen, weil er von jeher ein Symbol der Todtentrauer war, und wir ihn so oft neben Gr?bern sehen? Hier h?tte er wohl allen Grund, d?ster in die Landschaft zu schauen, denn er schm?ckte, so heisst es, vor Zeiten einen Friedhof, nach welchem der Ort heute noch seinen Namen >>La Mortola<< f?hren soll. Blumenbeete haben seitdem die Gr?ber verdeckt, ?ppiger Pflanzenwuchs die St?tten verwischt, an welchen Menschen einst ihre Lieben beweinten, die Cypressen allein trauern noch ?ber den Todten.

Wie mag die Riviera ausgesehen haben, bevor die Cultur des ?lbaumes begann, als noch Palmen und Cypressen fehlten und der Wohlgeruch der Agrumi die Luft nicht erf?llte? - Sie war bedeckt mit immergr?nen Str?uchern, w?hrend dichter Nadelwald die H?hen kr?nte. Das Bild der Vegetation musste ein ganz anderes sein; denn sein Aussehen war bestimmt durch Gesammteffecte, w?hrend der Charakter jener Landschaft, die wir jetzt f?r die typisch italienische halten, auf dem wirksamen Hervortreten einzelner ausgepr?gter Pflanzenformen und deren plastischer Sonderung beruht.

W?hrend noch in den Zeiten Alexander des Grossen, also im vierten Jahrhundert vor Christus, die Griechen Italien als ein Land kannten, das im Vergleich zu ihrem eigenen Lande und dem Orient einen ganz urspr?nglichen Charakter trug, konnte bereits Marcus Terentius Varro im ersten Jahrhundert vor Christus, Italien mit einem grossen Garten vergleichen. Plinius klagt ein Jahrhundert sp?ter ?ber den Luxus, der auch im Gartenbau eingerissen sei. Die Gem?se wurden so gross gezogen, dass sie der Tisch des Armen nicht mehr zu fassen vermochte. Er f?hrt als Beispiel die Spargeln an, von denen in Ravenna oft nur drei auf das r?mische Pfund gingen.

Dass in jenem Garten, in welchen Italien verwandelt worden war und der orientalische Culturpflanzen vorwiegend barg, das r?mische Volk sich verweichlichen musste, ist nur zu klar. Es war das die Schattenseite jener zu ?ppig entwickelten Cultur, die in dem ?bermasse ihrer Entfaltung auch die Keime ihres Untergangs trug.

Als ich Mentone n?her kam, begann der Mistral zu wehen und fegte m?chtige Staubwolken ?ber die Strasse. In Garavan, im Schutze der Altstadt, wurde es trotzdem fast windstill, so dass ich dort am sp?ten Abend im anmuthigen Garten des H?tel d'Italie noch sitzen konnte. Garavan wird eben durch den Bergr?cken, auf dem das alte Mentone steht, und durch die dichten H?usermassen dieser Stadt gegen den Westwind vollst?ndig gedeckt und mit Recht daher von Brustkranken bevorzugt. Seit vorigem Winter erhielt Garavan einen eigenen Bahnhof, der fast eine zu grosse Erleichterung des Verkehrs f?r diejenigen Winterg?ste schafft, die in Monte Carlo durch sch?dliche Aufregung beim Spiel, den Rest ihrer Gesundheit gef?hrden.

Fast alle wichtigen Reiz- und Genussmittel des Pflanzenreichs dankt der Culturmensch den wilden V?lkern. Da bei ihm selbst die Cultur das instinctive Empfinden ganz zur?ckdr?ngte, so kann er sich kaum noch vorstellen, welche Eindr?cke den Wilden bei der Wahl seiner Nahrungsmittel geleitet haben. Er staunt, wenn ihn die Chemie belehrt, dass der Thee der Chinesen, der Mate der Brasilianer, der Kaffee und die Khatpflanze der Araber, die Chocolade der Azteken, die Kolan?sse der Neger im wesentlichen dieselben Stoffe enthalten. Im La Mortola-Garten, bei Betrachtung der Pflanzen, die jene Stoffe liefern, konnten wir die Verschiedenheit ihres Aussehens feststellen. Irgend welches ?ussere Abzeichen, das ihnen gemeinsam w?re, haben wir nicht entdeckt. Ein solches Abzeichen konnte somit die Wahl des Wilden nicht leiten, als er diese traf. Er verfuhr nicht anders wie das wilde Thier, das in Wald und Flur seiner Nahrung nachgeht. Er war sich der Ursache seiner Wahl ebenso wenig bewusst.

Meist vor langer Zeit schon den Wilden abgewonnen, haben unsere Reiz- und Genussmittel eine interessante Geschichte aufzuweisen.

In China ist der Theegenuss so alt, dass ein im zw?lften Jahrhundert verfasstes Buch >>Rhya<< von demselben als von etwas l?ngst Bekanntem spricht.

Der wichtigste Bestandtheil der Theebl?tter ist das Coffe?n, derselbe K?rper, den die Kaffeebohnen f?hren und der auch dem Theobromin der Cacaobohnen ?usserst nahe steht. Ebenso ist der Paraguay-Thee oder Mate coffeinhaltig, und denselben Stoff f?hren auch die Kola->>N?sse<<.

Als die Spanier im sechzehnten Jahrhundert nach Peru kamen, war dort ein anderes Reizmittel in Gebrauch, das der Instinct der Eingeborenen herausgefunden hatte, n?mlich das Coca?n. Dieser K?rper geh?rt ebenso wie das Coffe?n und das Theobromin zu den pflanzlichen Alcaloiden. Die Bewohner des Inkareiches kauten die Cocabl?tter ganz so wie die Hindus die Betelnuss kauen und w?rzten diese Bl?tter auch mit Asche der Quinoapflanze oder mit gel?schtem Kalk, so wie es f?r die Beteln?sse in Indien geschieht. Bei m?ssigem Genuss wirken die Cocabl?tter anregend auf das Nervensystem ein, in zu grossen Mengen und fortdauernd gebraucht, werden sie verderblich. Es stellt sich dann ein Verfall aller k?rperlichen und geistigen F?higkeiten bei dem >>Coquero<< ein, der zu einem Vergleich desselben mit unseren Alkoholikern gef?hrt hat. Den Spaniern fielen zun?chst nur die ?blen Folgen des Cocakauens auf, sie suchten dasselbe durch Verordnungen und kirchliche Verbote in Peru einzuschr?nken. Daher wohl die Cocabl?tter nicht wie andere ?hnliche Reizmittel ihren Einzug in die alte Welt hielten. Erst die 1884 von Koller in Wien gemachte Entdeckung, dass eine Aufl?sung von Coca?n ohne ?ble Folgen die Hornhaut und Bindehaut der Augen eine Zeitlang unempfindlich macht, richtete die allgemeine Aufmerksamkeit auf dieses Alcaloid. Die Anwendung desselben bei Augenoperationen wurde allgemein; sie verbreitete sich auf andere Gebiete der Heilkunde als auch seine F?higkeit, leicht zug?ngliche sensible Nerven unseres K?rpers unempfindlich zu machen, erkannt wurde.

Ein ganz besonderes culturhistorisches Interesse ist an den Gew?rznelkenbaum gekn?pft, da er eine ?usserst markirte Rolle in der Geschichte des Gew?rzhandels gespielt hat. Der Gew?rznelkenbaum geh?rt zu den Myrtaceen wie die Myrten, Eucalypten, Guaiaven und Rosen?pfel, die wir in La Mortola sahen. Er ist ein immergr?ner Baum mit wohlgeformter Krone, der ?ber zehn Meter H?he erreichen kann und lederartige, gl?nzende, durchscheinend punctirte Bl?tter besitzt. Die Bl?then stehen an den Enden der Zweige in doldenf?rmigen Bl?thenst?nden. Der vierkantige Bl?thenstiel breitet sich am oberen Rande in vier dicke, kurze Kelchlappen aus. An der Ursprungsstelle derselben sind die Blumenkronenbl?tter und die Staubf?den befestigt. Erstere werden ?hnlich wie bei Eucalyptus als Kappe abgeworfen, wenn sich die Bl?the ?ffnet. Diesen Zeitpunkt wartet man aber nicht ab, sammelt vielmehr kurz zuvor schon die >>Gew?rznelken<<, indem man sie mit den H?nden vom Baume pfl?ckt oder mit Bambusst?ben abschl?gt. Sie sind somit noch unge?ffnete Bl?then eines myrtenartigen Gew?chses und haben mit den nur ?hnlich duftenden Bl?then unserer G?rten, die wir als Nelken bezeichnen, den Dianthus-Arten, sonst nichts gemein. Beim Trocknen ver?ndert sich die dunkelrothe Farbe in das bekannte Braun. - Die Gew?rznelken waren den Chinesen schon vor unserer Zeitrechnung bekannt. Im vierten Jahrhundert vor Christus gelangten sie nach Europa. Man glaubte bis zu Anfang des sechzehnten Jahrhunderts, dass Java oder Ceylon ihre Heimath sei; thats?chlich aber waren diese Inseln nur Stationen auf dem Wege des Gew?rznelkenhandels. Erst die Entdeckung der Molukken durch Varthema 1504 kl?rte Europa ?ber den Ursprung der Gew?rznelken auf. Mit den Molukken zugleich gelangte der Gew?rzhandel jener Inseln in die H?nde der Portugiesen, dann ein Jahrhundert sp?ter an die holl?ndisch-ostindische Compagnie, welche die Production von Gew?rznelken und Muskatn?ssen auf jede Weise zu monopolisiren suchte, ja sogar dieselbe, um sie besser ?berwachen zu k?nnen, auf nur wenige Inseln einschr?nkte. Auf den ?brigen Inseln liess sie die Gew?rzb?ume ausrotten. Um die hohen Preise zu halten, brachte die Compagnie nur begrenzte Mengen des Gew?rzes auf den Markt, und als in Folge guter Ernten der Vorrath einmal, im Jahre 1760, zu stark anwuchs, wurde ein Theil desselben bei der Admiralit?t in Amsterdam verbrannt. Trotz strengster ?berwachung von Seiten der Holl?nder gelang es dem franz?sischen Gouverneur von Mauritius und Bourbon 1769 in den Besitz von Gew?rznelken- und Muskatb?umen zu gelangen und sie auf seiner Insel anzupflanzen. Zwischen 1795 und 1802, als die Engl?nder die Molukken besetzt hielten, sorgten sie auch daf?r, dass die Cultur der Gew?rzb?ume sich ?ber die Grenzen dieser Inseln hinaus verbreite. Jetzt hat sich ihre Cultur ?ber die tropischen L?nder weit ausgedehnt, auf den Molukken selbst ging der Anbau der Gew?rznelkenb?ume ganz zur?ck, und nur die Muskatb?ume werden dort noch im grossen Massstab gepflegt.

Auch der Zimmet war einst ein Monopol der Portugiesen, hierauf der niederl?ndisch-ostindischen Compagnie und ging auf die englisch-ostindische ?ber, als England 1796 Besitz von Ceylon ergriff.

Aus der Geschichte des Levantehandels im Mittelalter von Wilhelm Heyd geht hervor, dass zu den verbreitetesten Specereien damals auch der Ingwer geh?rte, und dass er fast eben so stark begehrt war wie der Pfeffer. Diese Pflanze, deren Heimath in Ostindien liegt, kann man im Garten von La Mortola sehen. Ihre bis zu einem Meter hohen gr?nen Sprosse entspringen dem wohlriechenden Wurzelstock, der im Boden versteckt ist. Die Sprosse erinnern an die in unseren G?rten cultivirten Canna-Arten und tragen wie diese, in zwei Reihen angeordnete, doch wesentlich schm?lere Bl?tter. Am Gipfel schliessen sie, falls sie zur Bl?the kommen, mit dichtgedr?ngten Hochbl?ttern ab, aus deren Achseln gelb- und violettgef?rbte Bl?then entspringen. In La Mortola bl?ht freilich der Ingwer nicht, und auch in Asien kommen nur selten bl?hbare Stengel zur Entwickelung. St?cke des Wurzelstockes sind es, die, gesch?lt oder ungesch?lt, als Ingwer in den Handel gelangen. Der aus China eingef?hrte in Zucker gekochte Ingwer stammt von zarten, sorgf?ltig gesch?lten Wurzelst?cken. Eingemachter Ingwer wurde schon im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung in irdenen T?pfen nach Italien eingef?hrt, doch war Marco Polo der erste Europ?er, der auf seinen Reisen in China und Indien von 1280-1290 die Pflanzen zu sehen bekam. Dieser mit Recht hochber?hmte Reisende des Mittelalters erwarb sich ?berhaupt sehr grosse Verdienste um die Erforschung von China, weshalb ihm der Besitzer von La Mortola, der selbst l?ngere Zeit im >>Reich der Mitte<< lebte, in der Eingangshalle seiner Villa ein gl?nzendes, von Salviati in Venedig als Glasmosaik auf Goldgrund ausgef?hrtes Brustbild widmete. Da freilich von Marco Polo ein authentisches Bildniss nicht bekannt ist, blieb es der Phantasie des K?nstlers ?berlassen, wie er sich ihn vorstellen wollte.

Als Glanzpunkt der Corniche erscheint mir die Stelle, an welcher Eza auf schroffem Fels, mitten in der Landschaft, emportaucht. Welche gewaltige Kraft war n?thig, um in so schwindelnder H?he, so unvermittelt zwischen Himmel und Erde, aus m?chtigen Quadern Burgen zu erbauen! Von Abgr?nden umgeben, vor jeder ?berraschung sicher, haben nach einander nizzardische und piemontesische Geschlechter in dieser Burg geherrscht. Armselige H?user suchten Schutz an den befestigten Mauern, und auch heut noch stehen sie da und dr?ngen sich um die zerfallenen Ruinen. Die alte Pracht verschwand von dieser St?tte: das Elend ist geblieben. Von aussen aber vergoldet es die strahlende Sonne des S?dens und hebt den stolzen Felsen majest?tisch ab gegen den blauen Hintergrund des Meeres.

?berall in den Maquis von Antibes begegnen wir der Myrte und der Strauchform des ?lbaums. Der ?lbaum passte sich wie die Steineiche den Maquis an und wurde zum Strauch. Er ver?nderte sich so stark, dass ihn schon die Alten in dieser Form als Oleaster unterschieden. Der Oleaster wie die Myrte wagen sich ganz besonders weit an dem Strande vor. Sie trotzen dem heftigsten Seewind und werden von ihm so abgerundet, als h?tte sie Menschenhand geformt. Ein Theil ihrer Zweige ist an der Seeseite kahl, zuweilen wirklich abgestorben. Die Zweige des ?lbaums, ein Sinnbild des Friedens, nehmen am Oleaster, in so exponirter Lage, dornartige Gestalten an. Sie spitzen sich zu, ragen so als scharfe Waffen an der Seeseite vor und machen den Strand dort unzug?nglich. An der Landseite bewahrt die Pflanze gleichzeitig ihren friedlichen Charakter. Dieser unmittelbare Einfluss der Medien kommt auch in der Ausbildung der Bl?tter zum Ausdruck, die an der Seeseite sehr klein bleiben, an der Landseite weit bedeutendere Gr?sse erreichen. - Bis zuletzt begleitet die Str?ucher der Maquis am Strande die >>italienische Stechwinde<< und findet Schutz zwischen ihren Zweigen. Bl?tter und Stengel dieser Schlingpflanze sind mit Stacheln besetzt, die ihr das Klettern erleichtern. Im Fr?hjahr ist die Stechwinde mit rothen Fruchttrauben geschm?ckt. Nach Bl?then muss man im Herbst suchen. Diese duften sehr lieblich; daher wurde bl?hende Stechwinde im Alterthum, mit Epheu in Kr?nze gewunden, oft bei Bacchusfesten verwendet.

Diese Aufz?hlung mag gen?gen, um Denjenigen, der Freude hat an den Erscheinungen der Pflanzenwelt, in das Leben der Maquis einzuf?hren. Er wird bald die einzelnen Pflanzenformen unterscheiden lernen, sie beim Wiedersehen als alte Bekannte begr?ssen und innerhalb dieser duftigen Umgebung sich um so heimischer f?hlen.

In vollem Contrast tritt uns dann bei der R?ckkehr die F?lle s?dlicher Pflanzenformen in dem Garten des H?tels entgegen. Vor dem Hause stehen Chrysanthemen von ganz seltener Sch?nheit. Sie bilden kugelige Str?ucher von fast zwei Meter H?he und sind mit Tausenden strahliger Bl?thenk?pfchen, wie mit weissen Sternen besetzt. ?ber die Mauern herab h?ngt mit ihren dicken, fleischigen Stengeln und Bl?ttern die s?dafrikanische Mittagsblume , die ihre grossen rothen Bl?then nur bei Sonnenschein entfaltet. In unmittelbarer N?he des Hauses ist der so ?beraus grosse Garten wohl gepflegt, weiterhin aber sich selbst ?berlassen. Da entwickelt sich denn ein merkw?rdiger Kampf um Raum, um Licht und Nahrung zwischen den Gew?chsen aller Zonen, welche der Zufall hier zusammenf?hrte. Die australischen Casuarineen werden von dem amerikanischen Pfefferbaum bedr?ngt, das japanische Pittosporum wehrt sich gegen die mediterrane Tamariske. Siegreich dringen aber gegen sie alle die beiden Kieferarten vor, denen wir ?berall an der Riviera begegnen, die zartnadelige Aleppokiefer und die derbnadelige Strandkiefer und vermitteln den ?bergang zu den Maquis.

Ein St?ck unverf?lschte Maquis bietet uns auch das weite Grundst?ck, ?stlich neben dem H?tel. An Sonntagen steht das Thor den ganzen Tag offen, um den Zugang zu der englischen Kapelle zu erm?glichen, die sich innerhalb dieses Grundst?cks befindet. Auch sonst gestattet die Besitzerin gern den Besuch. Der sch?ne Garten, der das Wohnhaus umgibt, ist nur wenig ausgedehnt, der meiste Boden noch in seinem fr?heren Zustand. So gelangt man nach Eintritt in die Besitzung durch immergr?ne Str?ucher, ?ppige Erica-B?sche und m?chtige Euphorbien, bis zum Meeresstrande. Dieser ist hier besonders sch?n gestaltet und hat schon manchem Maler als Vorwurf gedient: Steil aufsteigende und zerrissene Felsen, vom Meere umsp?lt, vielfach an die Faraglioni von Capri erinnernd. Der Besitzer James Close liebte dieses St?ck Erde so sehr, dass er sich hier begraben liess. Der Ausblick zwischen den Felsen nach dem Esterel und ins weite Meer ist grossartig und entz?ckend. Auch lauscht man gern dem Rauschen des Wassers, das sich in den tiefen Felsenspalten hebt und senkt und forscht dem bunten Leben nach, das hier im Schatten der Steine aus den Tiefen des Meeres zum Lichte emporsteigt.

Wer am Cap d'Antibes einen Seesturm erlebte, wird den Eindruck nie vergessen. F?r das schlechte Wetter, welches er zuvor erleiden musste, wird er bald durch den Anblick des entfesselten Elements entsch?digt. Ein starker Wind bl?st zun?chst vom Meere aus; das ist Scirocco. Die Luft wird unendlich klar, und alle Gegenst?nde r?cken in die N?he. Die Umrisse der Berge sind wie mit Bleistift am Himmel gezogen. Sucht man sich vor dem Wind zu decken, so empfindet man beklemmende Schw?le. Dann beginnt der Horizont sich in rothgrauen Dunst zu h?llen. Die Macht des Windes l?sst nach, und es tr?bt sich der ganze Himmel. Bald h?rt man grosse Regentropfen gegen die Scheiben schlagen. Das h?lt wohl einige Tage an. Die Temperatur ist stark gesunken, die Luft bleibt trotzdem dr?ckend. In den Zimmern sehnt man sich nach dem warmen Ofen seiner H?uslichkeit zur?ck. Doch schon am n?chsten Morgen wacht man auf, geblendet von dem leuchtenden Blau des Himmels. Man eilt hinaus und athmet mit voller Brust die erquickende Luft ein. Noch gl?nzen alle Pflanzen von dem frischen Regen, und wie Diamanten fliessen funkelnde Tropfen von den Bl?ttern ab. Die Brandung aber st?rmt mit Gewalt gegen die Felsen der K?ste, als wenn sie dieselben zerschmettern wollte. Weithin vernimmt man das donnerartige Get?se des Angriffs. Die Spitze des Caps ist nicht zu erreichen, denn die Wellen fegen dar?ber hinweg. Fern am Horizont steigt die Welle auf wie eine geschlossene Mauer; auf ihrem Wege schwellend und wachsend, w?lzt sie sich gegen das Land, um zerschmettert und von weissem Schaum ganz bedeckt wieder zur?ckzurollen. Sie trifft auf eine andere Welle, die ebenso drohend nahte, und beide sieht man verschwinden. Da wird es pl?tzlich still. Ein Wellenberg ist auf ein Wellenthal gestossen, beide glichen sich aus. Doch wenn Wellenberge zusammentreffen, dann schwillt die st?rmende Woge so m?chtig an, dass sie ?chzend sich ?berschl?gt und mit gew?lbtem R?cken auf die Felsen wirft. Ungeheuere Wassermengen werden dann in die Luft geschleudert, und See und Himmel scheinen in demselben Chaos zu verschmelzen. Mit dumpfem Knall, wie von schwerem Gesch?tz, fangen sich die Wellen in den Grotten, die sie selbst in den Stein sich gruben; wie ein Jammern und St?hnen klingt es durch das Cap von den vielen Wasserf?den, die sich in den G?ngen zwischen den Felsen verirrten und, in hastigem Lauf ?ber die Steine st?rzend, ihren Weg nach dem Meere suchen. Von dem anst?rmenden Element allseitig umgeben, glaubt man sich fast ins offene Meer versetzt und ist ganz von dem Schauder des Sturmes ergriffen. Wie wohlthuend wirkt da zugleich der feste Boden unter den F?ssen!

Tage vergehen, bevor die Erregung des Meeres sich legt und die weite Wasserfl?che wieder Ruhe und Frieden athmet. Und t?glich ist es ein anderes, wenn auch immer das gleiche, und t?glich fesselt es uns von Neuem und entz?ckt unser Auge, dieses g?ttliche Meer.

Am Freitag Nachmittag beleben sich pl?tzlich die Strassen am Cap. Da kommen von allen Seiten Equipagen und bringen Besucher nach Elen Rock, dessen Garten an jenem Tage ge?ffnet ist. Dieser Garten nimmt einen Vorsprung ein ?stlich vom Cap. Er liegt zum Theil auf schroffen Felsen, die senkrecht gegen das Meer abfallen. Stufen und G?nge innerhalb dieser Felsen f?hren hinunter bis zur Meeresfl?che. Der Garten bietet herrliche Aussichtspunkte und ist auch reich an sch?nen Pflanzen, doch macht er einen etwas gek?nstelten Eindruck innerhalb der so grossartigen Umgebung.

Am Dienstag ist vom fr?hen Morgen an der Thuret'sche Garten ge?ffnet, derselbe, der einst George Sand so sehr entz?ckte. Er dient jetzt der franz?sischen Regierung als Acclimatisationsgarten und enth?lt sehr viele werthvolle Pflanzen. Manche Arten, die wir in La Mortola schon bewundert haben, finden wir hier in noch gr?sseren Exemplaren wieder. Die ber?hmte, von George Sand gefeierte Aussicht ist leider geschwunden, verdeckt von den heranwachsenden B?umen.

Von dem Thuret'schen Garten l?sst sich gleich abw?rts, in westlicher Richtung, der Weg nach dem Golfe Jouan einschlagen, und so kann man in den Pinienwald gelangen, der sich l?ngs der K?ste dort hinzieht. Dieser Pinienwald war einst der Stolz des Caps, jetzt ist er nur noch in ?berresten vorhanden. Eine Actiengesellschaft hat die ganze Landstrecke angekauft, eine breite Strasse, die Cannes mit dem Cap d'Antibes verbindet, durch den Pinienwald gelegt, diesen selbst parcellirt und mit Eisendraht umzogen. Doch steht manche m?chtige Pinie noch da, und in ihrem Schatten gelingt es wohl, sich in die alte Herrlichkeit zur?ckzutr?umen.

Die zweite Aprilh?lfte war inzwischen angebrochen, und die Pflicht rief mich wieder heim. Ein klarer, wundervoller Fr?hlingstag ging zur Neige, und ich beschloss, vor Sonnenuntergang noch einmal den Leuchtthurm aufzusuchen. Die Sonne schickte sich an, hinter dem Esterelgebirge zu verschwinden und tauchte dessen dunkelblaue Gipfel in Gold und Purpur. Bald deuteten nur noch lange Lichtstreifen den Weg an, den sie genommen. Trotz seines hehren Glanzes konnte mich dieses Bild nur wehm?thig stimmen: es steigerte die Empfindung des Abschiedes. Ich wandte meine Blicke den Bergriesen zu, die mit phantastischem Umriss sich von dem ?stlichen Himmel abhoben. Sie begannen im Abendroth zu gl?hen. Es war ein Anblick, so erhaben, dass man sich in demselben ganz verlieren konnte, von jener weltumfassenden Sehnsucht ergriffen, die uns mit dem All verbindet. Jedes pers?nliche Empfinden war gewichen vor dem m?chtigen Gef?hl, sich Eins mit dieser g?ttlichen Natur zu f?hlen. - Immer weiter und weiter dehnten sich die Schatten aus ?ber das Land: sie begannen emporzusteigen an den H?geln, an den Bergen, sie drangen ein in die Tiefe der Th?ler und l?schten die gl?henden Lichter aus an den H?tten und Pal?sten. Die ganze Natur schien sich in tiefen Schlaf zu versenken. Bald waren es nur noch einzelne Segel im weiten Meere und die schneebedeckten Gipfel der Alpen, die im rosigen Schimmer gl?hten. Dann legte sich ein schwarzer Schatten auch ?ber das Meer, und nur den Riesen da oben war es verg?nnt, die K?nigin des Lichtes noch zu schauen. Wie von innerem Feuer entbrannt, schwebten sie jetzt in ?berirdischer Glorie.

Dieses Bild wollte ich in meinem Innern festhalten als letzten Eindruck von der Riviera, und mit geschlossenen Augen trat ich den R?ckweg an. Als ich mich endlich umsah, hatten die Schatten der Nacht sich bereits ?ber die H?gel gelagert und die Umrisse der Dinge in geisterhaften Schemen verwischt. - Hoch oben aber ragte der Leuchtthurm in die L?fte. Vom W?chter entz?ndet, strahlte er jetzt wie ein grosser Stern weit ?ber Land und Meer, ein Ziel der Sehnsucht f?r Alle, die jenes herrliche St?ck Erde einmal gesehen.

FR?HJAHR 1894.

Der Fr?hlingsanfang des Jahres 1894, den ich an der Riviera verlebte, pr?gte sich meiner Erinnerung in besonders gl?nzenden Farben ein. Wochenlang blieb der Himmel ohne Wolken, so dass einzelne Regentage, wenn sie kamen, fast willkommen erschienen. Da es an Schnee in den Bergen fehlte, wehte fast nie der Mistral, den sonst die eisigen Fl?chen der Alpen und Cevennen geb?ren. Das Meer blieb meist ruhig, und wenn die Nacht kam, dann funkelte der Himmel und spiegelte sich so hell in der stillen See, als w?re in deren Tiefen eine Saat von Sternen aufgegangen.

Mitte M?rz fanden wir uns in Hy?res ein mit der Absicht, unseren Weg bald ostw?rts in die Berge der Mauren fortzusetzen. Es war uns, als h?tten wir eine Entdeckungsreise angetreten, so unbekannt ist dieser westliche Theil der Riviera. Und doch konnte Hy?res, neben Montpellier und Aix-en-Provence, sich einst r?hmen, der ber?hmteste Kurort des s?dlichen Frankreichs zu sein. Weiter gegen Osten an der Riviera vorzudringen, schien damals kaum m?glich, und erst in diesem Jahrhundert ?nderten sich die Verh?ltnisse, begannen zuerst Nizza, dann Mentone und Cannes als klimatische Stationen aufzubl?hen. In dem Wettstreit, der sich nunmehr entspann, musste Hy?res unterliegen, denn es ist weniger gut gegen den Nordwind als seine Rivalinnen gesch?tzt. Auch steht es ihnen nach an Sch?nheit der Lage und ist zu weit vom Meere entfernt. - >>Die H?gel sind hier zu klein und zu nah, das Ufer ist zu flach und das Meer zu fern,<< rief einst George Sand aus, als sie Hy?res besuchte. Von dem H?gel, an den Hy?res sich lehnt, kann der Blick erst ?ber eine weite Ebene das Meer erreichen. Auf dieser stechen aber rothbraune, eckige Felder grell und unvermittelt gegen gelbe und gr?ne ab. Die rothbraunen Felder sind mit Rosen bedeckt; doch das bringt keine Harmonie in die Farben. Auch danken diese Felder thats?chlich ihre F?rbung nicht der Pracht der Bl?then, sondern den jungen Trieben, die ihr zartes Gr?n vor der Gluth der s?dlichen Sonne durch rothen Farbstoff sch?tzen. In fr?heren Zeiten mag der Blick auf diese Ebene lieblicher gewesen sein; vermochte sie doch das Auge Horace Benedict de Saussure's zu entz?cken, als er 1787 nach Hy?res kam. Dieser hervorragende Geologe, Vater des noch ber?hmteren Pflanzenphysiologen Th?odore de Saussure, langte hier an einem sch?nen Aprilabend an und war von der Lage des Ortes gefesselt. Von den Fenstern der >>Auberge du St. Esprit<< blickte er hinab auf Orangeng?rten, deren B?ume mit Fr?chten und Bl?then beladen und durch unz?hlige Nachtigallen belebt waren. Sanft fiel, so schrieb er, das Land bis zum Meer ab, und den Abhang schm?ckten vorne G?rten, weiterhin Olivenhaine und in der Ferne Pappeln. Bewaldete H?hen bildeten den Rahmen zu dem sch?nen Bilde.

Ein ?hnliches Gef?hl des sinnlichen Behagens, welches ein milderes Klima erweckt, mag es auch gewesen sein, das einst die Massilier bestimmte, ihre Niederlassung an diesem Strande >>Olbia<<, die Gl?ckliche, zu nennen.

Jenes Gebirge, das sich im Osten von Hy?res erhebt, bildete im neunten und zehnten Jahrhundert ein Bollwerk der Mauren. Nach ihnen f?hrt es mit Recht den Namen; von seinen H?hen aus beherrschten sie die weite K?ste. In orographischer Beziehung bietet das Maurengebirge ein hohes Interesse. Es stellt ein in sich abgeschlossenes Gebirgssystem dar, dessen Granite, Gneisse und Schiefer von dem umgebenden Kalkgebirge durch tiefe Th?ler getrennt sind. Wie etwa die Alpen oder die Pyren?en, besitzt das Maurengebirge sein eigenes, wenn auch nur kleines Flusssystem, seine eigenen Schluchten und Th?ler. Es ist von der ?brigen Proven?e so geschieden, dass es auch, ferne von derselben, eine eigene Insel im Meere bilden k?nnte. Seit Kurzem folgt eine Eisenbahn der K?ste, an dem Gebirge entlang. Diese Bahn m?ndet in St. Rapha?l und schliesst dort an die grosse Linie an, die Marseille mit Genua verbindet. Von den Stationen der S?dbahn aus dringt man leicht in das Gebirge ein, und solche Ausfl?ge waren es, die uns in Hy?res festhielten. Wir wurden nicht m?de, wiederholt dieselben Strecken der K?ste mit der Eisenbahn zu befahren; denn der Weg ist anmuthig und f?hrt entweder durch sch?nen Wald oder am Meeresstrande entlang, mit fortw?hrendem Wechsel der Bilder. Der Anblick der Berge selbst bietet hingegen geringe Mannigfaltigkeit, da alle Kuppen abgerundet sind, nur wenig in ihrer H?he schwanken und vierhundert Meter nicht ?bersteigen. Und doch ladet der ?ppige Wald auch da zu immer neuen Ausfl?gen ein. Wer Korkeichen zuvor nicht sah, wird freilich zun?chst ?ber diese W?lder staunen. Er erkennt wohl die immergr?ne Eiche, doch ihre gesch?lten St?mme und Aeste bieten einen ungewohnten Anblick. Die Krone der Korkeiche gleicht derjenigen immergr?ner Eichen, auch die Bl?tter sind wie bei diesen lederartig und nur durch ihre eif?rmige Gestalt und geringe Z?hnelung ausgezeichnet. Befremdend ist aber die rothbraune Farbe der abgesch?lten Theile, die fast blutroth erscheinen, dort, wo die Sonne sie trifft.

Die ganze Bev?lkerung des Maurengebirges lebt von der Korkgewinnung. Steht auch der Kork, der an dieser K?ste w?chst, dem spanischen und algerischen an G?te nach, so bleibt er doch ein gesch?tzter Handelsartikel und bildet eine eintr?gliche Quelle des Erwerbes. Die Korkeiche muss, bevor sie gesch?lt werden kann, eine bestimmte Dicke besitzen, die sie mit f?nfzehn bis zwanzig Jahren erlangt. Der erste Kork ist rissig, spr?de und wandert vorwiegend in die Gerbereien. Er wird, weil rauher und h?rter, als m?nnlicher Kork bezeichnet. Dann erst bildet sich der glatte, weniger harte, brauchbare Kork, den man weiblichen nennt. Er wird alle acht bis sechzehn Jahre entfernt, je nach der Dicke, welche die Korkplatten erreichen sollen. F?r gew?hnliche Stopfen reichen achtj?hrige Platten schon aus, w?hrend noble Champagnerpfropfen weit st?rkere, bis 5 Centimeter dicke verlangen; die Sch?lungen werden so lange wiederholt, bis der Baum ein Alter von hundertundf?nfzig, ja selbst zweihundert Jahren erreicht hat. Dann sinkt der Werth seiner Produkte; es gilt, ihn durch j?ngeren Nachwuchs zu ersetzen. - Hundertj?hrige Korkeichen sehen schon majest?tisch aus und treten mit ihren m?chtigen Kronen und knorrigen St?mmen eindrucksvoll aus der Umgebung hervor. Besonders gerne ruht auf ihnen das Auge, wenn sie am Bergesabhang stehen, oft malerisch um einzelne Felsbl?cke gruppirt. Die Korkeiche w?chst mit Vorliebe auf einem Boden, der aus verwittertem Granit und Schiefer entstand, w?hrend sie den Kalkstein meidet. Daher die Korkeichenw?lder des Maurengebirges eine Culturinsel in der Proven?e bilden, ?hnlich wie das Gebirge selbst eine orographische Insel dort darstellt. In den umgebenden Kalkalpen wird man die Korkeiche nicht finden, nach ihr vergeblich in Mentone und in Nizza suchen, nur um Cannes trifft man sie noch stellenweise. Wie die Korkeichenw?lder des Maurengebirges das Urgestein seiner Berge verrathen, so zeigen Kalkpflanzen den Kalk der angrenzenden Alpen an. Unter Umst?nden wird ganz vereinzelt eingestreutes Gestein in solcher Weise ?usserlich durch den Pflanzenwuchs kenntlich. So fiel vor einigen Jahren dem Forstinspector de Saint-Venant in dem Walde von Orl?ans ein schmaler, kilometerlanger Streifen kalkholder Pflanzen auf, w?hrend die ?brige Flora im Walde auf Kieselboden hinwies. Das regte ihn zu Ausgrabungen an, die in wechselnder Tiefe das Vorhandensein einer alten, mit Kalksteinen gepflasterten r?mischen Strasse ergaben.

Der Kork ist das nat?rliche Schutzmittel der Pflanzen: sie schliessen sich damit gegen die Umgebung ab. Die ?ltere Rinde aller unserer Str?ucher und B?ume ist mit Kork bedeckt und dankt ihm ihre F?rbung. Der Kork l?sst Gase und Fl?ssigkeiten nicht durch, ist elastisch und sehr widerstandskr?ftig; das bef?higt ihn nicht nur zu seiner Aufgabe an der lebenden Pflanze, sondern bedingt auch seine technische Brauchbarkeit. Wird eine Pflanze verletzt, so bildet sich Kork an der Wunde und schliesst dieselbe ab: daher auch der neue Kork an der gesch?lten Korkeiche. Wie jedes andere Gewebe besteht der Kork aus Zellen. Ja, ein Korkst?ck war es, in welchem Robert Hooke im Jahre 1667 jene Kammern entdeckte, die er Zellen nannte, weil sie ihm den Zellen der Bienenwaben zu entsprechen schienen. Den Zellen eines fertigen Korkes fehlt freilich der lebendige Zellleib, jener Inhalt, der das Wesen einer Zelle ausmacht. Den b?sst die Korkzelle bald nach ihrer Entstehung ein, um nur noch mit ihrer verkorkten Wandung als Schutzmittel der Pflanze zu dienen. Eine bestimmte lebendige Gewebeschicht innerhalb der Rinde, das sogenannte Korkcambium, bildet durch fortgesetzte Vermehrung ihrer Zellen den Kork. J?ngere Korkzellen folgen in geraden Reihen nach innen zu auf die ?lteren. Ihre Gestalt ist bei der Korkeiche ann?hernd w?rfelf?rmig: gegen Schluss jeder Vegetationsperiode flachen sie sich tafelf?rmig ab. Der >>weibliche<< Kork der Korkeiche zeichnet sich durch die D?nnwandigkeit seiner Zellen und grosse Gleichf?rmigkeit in seinem Bau aus; nur am Schluss jeder Vegetationszeit entstehen wenige Lagen st?rker verdickter, abgeflachter Zellen. Diese letzteren sind es, welche die dunklen Streifen bilden, die man in jedem Flaschenstopfen erkennen kann. Da die dunkleren Lagen die Grenzen des j?hrlichen Zuwachses anzeigen, so kann man das Alter einer jeden Korkplatte an ihnen abz?hlen, ganz ebenso wie sich aus der Zahl der Jahresringe im Holz dessen Alter bestimmen l?sst.

Ist eine Korkeiche gesch?lt worden, so bildet sich ein neues Korkcambium unter den freigelegten Fl?chen und hebt mit neuer Korkbildung an. Freilich darf die Sch?lung nur den Kork entfernen, nicht den Bast oder gar den Holzk?rper erreichen, weil das schwere Wunden gibt, die sich nur langsam schliessen und lange die Korkproduction an der besch?digten Stelle beeintr?chtigen. Ist ein Stamm niemals gesch?lt worden, so zeigt er gleich anderen Eichenarten eine rissige Rinde, deren ?usserste Schichten er nach und nach als Borke abwirft. Auch der am gesch?lten Baum erzeugte Kork darf nicht ein gewisses Alter ?bersteigen, da er sonst an der Aussenseite rissig und unbrauchbar wird.

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