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Munafa ebook

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Read Ebook: Die Liebesbriefe der Marquise by Braun Lily

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Ebook has 1543 lines and 88441 words, and 31 pages

Anmerkungen zur Transkription:

Schreibweise und Interpunktion des Originaltextes wurden ?bernommen; lediglich offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert. Eine Liste der vorgenommenen ?nderungen findet sich am Ende des Textes.

DIE LIEBESBRIEFE DER MARQUISE

LILY BRAUN

DIE LIEBESBRIEFE DER MARQUISE

Albert Langen/M?nchen

Copyright 1912 by Albert Langen/M?nchen

INHALT

Seite

M?dchenzeit 1

Die Schlossfrau von Froberg 37

Eine deutsche Trag?die 103

Sch?ferspiele 149

Das Kind 193

Cagliostro 249

Der Prinz 301

Der letzte Akt 379

Ausklang 463

EINLEITUNG

Wenn die alte Gr?fin Laval, in ihrem tiefen Lehnstuhl behaglich zur?ckgelehnt, ein heiter sinnendes L?cheln um die feinen Lippen, von Delphine Montjoie zu sprechen begann, so pflegte ihre strenge Tochter, mit einem vielsagendem Blick auf die Jugend im Zimmer, ein >>aber Mamachen!<< warnend dazwischen zu werfen. Sie unterbrach sich dann stets, eine zarte R?te ?berzog ihre Elfenbeinhaut, -- ob aus ?rger, ob aus Verlegenheit? --, und f?r den Rest des Abends blieb sie schweigsam.

Kam eine ihrer Enkelt?chter allein zu ihr, so bedurfte es keiner langen Bitten und sie erz?hlte der gespannt Aufhorchenden von der Ahnfrau, die das Zaubermittel besessen hatte, alle Herzen an sich zu fesseln. Der lachende Geist des Rokoko -- halb Liebesgott, halb Faun -- hatte seine Sch?ferlieder an ihrer Wiege gesungen, das Heldenepos Napoleon hatte ihr Alter umbraust; um ihr duftendes Lockenk?pfchen hatte der Sturm von 89 getobt, und von dem Gewitter der Julirevolution war ihr eisgraues Haupt noch ber?hrt worden. Schleifende Menuettschritte, rauschende Kleider, klappernde St?ckelschuhe, Sturml?uten, Kanonendonner, dazwischen ein Fl?stern, ein leises Lachen, ein verhaltenes Schluchzen, -- das war ihre Geschichte.

Als eines Winters der tiefe weiche Schnee um ihr Schloss zu F?ssen der Vogesen jeden Laut erstickte, da verklang ihr Leben.

>>Kurz vor ihrem Tode<<, -- so erz?hlte die Gr?fin Laval --, >>hatte sie noch sorgf?ltig Toilette gemacht. Mir schien, als h?tte sie sogar ein wenig Rot auf ihre Wangen gelegt, und ihre immer noch sch?nen schwarzen Augen ganz, ganz zart unterstrichen. 'Mein letzter Gast', sagte sie l?chelnd, 'soll sich ?ber einen Mangel guter Lebensart nicht zu beklagen haben.'<<

Ihre Enkelkinder erbten das alte Schloss, aus dem alles Leben gewichen schien, und die langen Schn?re von Perlen, die aus Sehnsucht nach dem blendenden Nacken und den weissen Armen der Herrin all ihren Glanz verloren hatten. Die Gr?fin Laval, ihre Nichte, nahm nur ein P?ckchen vergilbter Briefe mit nach Haus. Sie waren mehr wert, als ihre toten Sch?tze, denn in ihnen klopfte das Herz der Marquise.

M?DCHENZEIT

Prinz Friedrich-Eugen Montb?liard an Delphine.

Reizende Delphine, holdseligste aller Nymphen! Seit gestern habe ich kein Auge zugetan. Wie Sie mir, dem verliebtesten aller Sch?fer, durch die Laubeng?nge entschl?pften, hinter den Wasserf?llen zu verschwinden und in den Teichen unterzutauchen schienen --, das alles sah ich immer wieder vor mir. Den Augenblick aber, wo die Schar der Genien vor den Verfolgern fliehend im Tempel der Venus Schutz suchte und ich Sie hier, -- gerade hier! --, im Kampf gegen meinen Rivalen, den kleinen Baron Wurmser, mir gewann, diesen k?stlichen Augenblick wagte ich kaum in der Erinnerung heraufzubeschw?ren. Das Klopfen meines Herzens, das Fliegen meiner Pulse, die gl?hende R?te meiner Wangen deuteten das Fieber zu heftig an, von dem ich befallen bin.

Mein Oheim, der Herzog, wollte nicht glauben, dass wir Kinder dies Fest ihm zu Ehren improvisiert hatten, und er begreift ganz und gar nicht, dass Delphine Laval, die grazi?seste der T?nzerinnen, erst dreizehn Jahre alt ist. >>Versailles w?rde sich gl?cklich sch?tzen ihr seine Tore zu ?ffnen, und der K?nig w?re der erste ihrer Bewunderer<< sagte er. Ich h?rte, wie er meiner Mutter zuredete, sie m?ge daf?r sorgen, dass >>die sch?ne Delphine<< im Gefolge meiner Schwester dem Stuttgarter Hof vorgestellt werde.

Nun: wenn man mich auch noch zu den Kindern rechnet und Herr von Altenau mich zuweilen am liebsten taub und blind machen m?chte, -- --, so weiss ich Eins gewiss: meine reizende Freundin w?re am Hof von Versailles, dessen Oberhaupt ein Greis ist, besser aufgehoben, als an dem von Stuttgart.

Ich w?rde Sie zwar mit dem Degen in der Hand gegen alle zudringlichen Bewunderer, und w?ren es die h?chsten, zu verteidigen wissen, aber das Recht daf?r habe ich erst von Ihnen zu empfangen. Ich f?hle es: seit gestern sind wir keine Kinder mehr. Die harmlosen Spielereien vergangener Jahre l?sen s?ssere Spiele ab.

Ich habe mir Franz, meinen j?ngsten Reitknecht, verpflichtet. Er hat mir geschworen, diesen Brief nur Ihnen pers?nlich abzugeben und von Ihnen allein eine Antwort entgegen zu nehmen. Lassen Sie mich nicht vergebens hoffen! Ihre Augen leuchteten mir schon einmal Gew?hrung, als ich, der arme Sch?fer, der G?ttin zu F?ssen sank. Lassen Sie mich nicht glauben, dass es nur der Abglanz der Feuergarben war, die rings um den Tempel gen Himmel stiegen.

Sie werden am Sonntag von meiner Schwester erwartet. Habe ich erst ein paar Worte von Ihnen, in denen ein Echo, wenn auch ein noch so leises, der meinen wieder klingt, so werde ich es m?glich machen, dass wir uns allein begegnen.

Prinz Friedrich-Eugen Montb?liard an Delphine.

Teure Delphine, Sie haben ein Herz voll Liebe auf das tiefste verwundet. Alles Ungl?ck der Welt h?tte ich mir eher tr?umen lassen, als dass der Himmel meines Gl?cks sich so verfinstern k?nnte. Haben Sie so rasch vergessen, was Sie mir versprachen, als ich Ihnen in der Poseidongrotte das rosenrote Band mit eigenen H?nden vom Halse l?sen durfte --, einem Halse um deswillen die Schw?ne sich jedesmal, wenn unser Boot den Teich durchstrich, fl?gelschlagend, neiderf?llt gegen Sie erhoben. Es war am zwanzigsten Juni. O, ich vergesse den Tag und die Stunde nicht und werde Sie stets daran zu erinnern wissen!

Seitdem wir nach Montb?liard zur?ckgekehrt waren, und die sch?ne Freiheit wieder dem h?fischen Zwang weichen musste, ver?nderte sich Ihr Benehmen gegen mich.

Aber ich war blind daf?r; ich sah in Ihrer Gemessenheit nur die Folge des Zeremoniells, in Ihrer Scheu, mir allein zu begegnen, nur die Angst vor den Augen meines Hofmeisters und Ihrer Gouvernante, in Ihrem Bem?hen, stets in Gesellschaft meiner Schwester zu sein, nur ein listiges Mittel, unser Zusammentreffen harmlos erscheinen zu lassen.

Und nun, wo das Gl?ck, oder sagen wir besser: der entz?ckende Leichtsinn meines Oheims uns die Gelegenheit zum Alleinsein fast aufzwang, waren Sie es, die ihr aus dem Wege ging, um -- mit meinem Hofmeister, mit Herrn von Altenau zusammen zu sein. Er las Ihnen vor dem Kamin Gedichte, noch dazu deutsche Gedichte vor!

Als ich von meiner Fahrt zur?ckkam, die ich auf dem Schlitten meines Oheims bis in die sinkende Nacht ausgedehnt hatte --, Gott, wie wundervoll w?re es gewesen unter der weissen Fuchsdecke, zwischen den schneeigen Fl?geln des Riesenschwans meine reizende Freundin zu entf?hren! --, hoffte ich wenigstens, einen Ausdruck der Angst um mich in Ihren Z?gen zu finden. Statt dessen ein erstauntes: >>Schon zur?ck?<<, ein H?ndedruck f?r Herrn von Altenau von einem tr?nenschimmernden Blick begleitet!

Ich bin t?richt genug gewesen, Herrn von Altenau f?r meinen Freund zu halten, und mein Vertrauen, meine kindliche Begeisterung f?r den Reichtum seines Wissens waren so unbegrenzt, dass ich keinen gr?sseren Wunsch kannte, als meine reizende Delphine ihm zuzuf?hren, damit sie geniessen k?nne, was ich genoss.

Und nun diese Entt?uschung: der Freund, der sich als Verr?ter entpuppt, die Geliebte, die mich um seinetwillen verl?sst!

Aber hoffen Sie nicht, dass ich Ihr flatterhaftes Herz so leicht freigebe. Eifersucht und Hass sollen mich lehren, meinen Rivalen empfindlich zu treffen.

Johann von Altenau an Delphine.

Gn?digste Gr?fin, Frau von Laroche teilte mir soeben mit, dass Sie leidend seien und wir Sie in den n?chsten Wochen in Montb?liard nicht erwarten d?rften. Das betr?bt mich auf das tiefste. Die Stunden mit Ihnen, in denen es mir verg?nnt war, die unbekannten Sch?tze der deutschen Dichtkunst vor Ihrer empf?nglichen Seele auszubreiten, bildeten den Lichtpunkt in meinem verd?sterten Dasein.

Gestatten Sie mir, Ihnen heute ein franz?sisches Werk zuzusenden, das zu dem sch?nsten und erhabensten geh?rt, was die franz?sische Literatur hervorgebracht hat: Die Neue Helo?se von Jean Jacques Rousseau, jenem vielverkannten Dichter, von dem ich Ihnen schon oft erz?hlt habe. Seine Lekt?re stellt an Ihr Gef?hl und an Ihren Verstand gleich hohe Anforderungen, aber ich glaube, Sie werden ihnen gewachsen sein.

Ich m?chte nicht verfehlen, Ihnen mitzuteilen, dass Prinz Friedrich-Eugen in letzter Zeit den Studien noch ernstere Neigungen als bisher entgegenbringt, was ich Ihrem Beispiel und Einfluss glaube zuschreiben zu k?nnen. Er h?lt sich mehr in meinen Zimmern als in seinem Jagdgebiet auf, besch?ftigt sich eifriger mit seinen B?chern als mit seinen Pferden und Hunden. Hatte sein leicht entz?ndliches Herz sich bisher nur an allem Sch?nen und Hohen begeistert, das ich ihm zu vermitteln imstande war, so scheint er jetzt den grossen Fragen der Zeit mit ?berlegendem Verstande nahe zu treten. Hoffen wir, dass diese Richtung seines Geistes sich als eine dauernde erweisen m?ge. Nach dem Beispiel des K?nigs von Preussen sollten gerade die F?rsten, deren Denken und Tun allen sichtbar auf der B?hne des Welttheaters sich abspielt, die Genien der Kunst und der Wissenschaft zu ihren Begleitern w?hlen. Statt dessen versuchen sie, an nichts anderes als an devote Untertanen gew?hnt, auch diese Wesen g?ttlichen Ursprungs zu blossen Handlangern ihres Vergn?gens zu machen.

Prinz Friedrich-Eugen Montb?liard an Delphine.

Angebetete Delphine. Nach Monaten der Aufregung und der Selbstvorw?rfe finde ich endlich eine M?glichkeit, mich Ihnen zu F?ssen zu werfen. Die Gr?fin von Chevreuse ist mit ihrem Sohn Guy bei uns zu Gast. Mir stand das Herz still, als er mir von der >>reizenden<< Gr?fin Laval erz?hlte, mit der dieser Gl?ckliche auf dem Kinderball bei der Marquise Mortemart tanzen durfte. Ich versuchte k?hl zu bleiben, ich h?rte mit gelangweilter Miene zu, wie er mir Ihre Frisur ? l'amoureuse, Ihr golddurchwirktes blaues Brokatkleid schilderte, die Grazie pries, mit der Sie sich im Menuett bewegten; als er aber ?ber die Gr?bchen in Ihren Wangen, ?ber den lachenden Mund, in dessen rechtem Winkel ein Sch?npfl?sterchen sass, -- als ob es noch n?tig w?re, seine Rosenfarbe besonders hervorzuheben, -- selbst in der Erinnerung in Entz?cken geriet, da verlies mich meine Selbstbeherrschung. Ich vertraute mich ihm an. Er gab mir sein Wort, Ihnen diesen Brief bei n?chster Gelegenheit zu ?berreichen.

Ja, Delphine, ich bin schuldig, aber meine Schuld ist durch Ihre Abwesenheit so schrecklich gestraft, dass Sie mich wenigstens anh?ren m?ssen.

Als ich mit Hilfe meines Reitknechts, der Herrn von Altenaus Diener bestach, Ihren Briefwechsel mit meinem Hofmeister entdeckte, kannte meine Wut keine Grenzen mehr; kein Mittel erschien mir niedrig genug, um sie zu k?hlen. Ich schmeichelte mich so sehr in Herrn von Altenaus Vertrauen, dass mir sogar seine geheimen Beziehungen zu den Pariser Philosophen nicht mehr verborgen blieben. Ich fand in seiner Bibliothek lauter B?cher, die das Pariser Parlament ?ffentlich verbrannte, und deren Verfasser durch k?nigliche Order in der Bastille, in Vincennes, in Fort-l'Ev?que f?r ihre aufr?hrerischen Reden b?ssen mussten. Ich las darin und entdeckte, dass es diese B?cher waren, aus denen Herr von Altenau all die Gedanken, all das Wissen gesch?pft hatte, das er uns in seinem Unterricht ?bertrug.

O Delphine, ich k?mpfte einen schweren Kampf mit mir selbst, aber der brennende Wunsch, Herrn von Altenau aus Ihrer N?he zu entfernen, liess die Stimme des Gewissens verstummen. Ich verriet dem Herzog meine Entdeckungen und mein Herr Hofmeister war noch am selben Tage entlassen. Er w?rdigte mich keines Blickes mehr und besch?mt und zerschlagen wagte ich mein Zimmer nicht zu verlassen, solange ich ihn noch anwesend wusste. Nicht ich war Sieger geblieben --, das empfand ich tief, noch ehe ich wusste, dass Sie um meiner Tat willen leiden m?ssen. Mein halbes Leben g?be ich darum, k?nnte ich sie ungeschehen machen!

>>Die fromme Atmosph?re des Klosters wird den H?llenodem rasch verbannen, den unsere liebe Komtesse geatmet hat<<, sagte salbungsvoll Ihre Gouvernante, die alte Schlange, als sie uns von Ihrer Abreise nach L'Abbaye aux Bois Mitteilung machte. Als Guy uns aber das Leben in diesem Kloster schilderte, als er erz?hlte, dass Dauberval, der erste T?nzer der Oper, auch dort den Reigen anf?hrt, dass Sie, sch?ne Delphine, von allen, selbst von Guy's Schwester, die den ersten Preis in Geschichte erhielt, um den ersten Preis im Tanze beneidet wurden, und die Herzogin von Lavalli?re Ihnen vor Entz?cken den F?cher schenkte, den sie in der Hand trug, -- obwohl er nicht mit Heiligenbildern, sondern mit denen der Grazien und Musen geschm?ckt war --, da bekreuzigte sich Frau von Laroche und klagte ?ber die Verderbtheit von Paris.

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