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Read Ebook: Die Liebesbriefe der Marquise by Braun Lily
Font size: Background color: Text color: Add to tbrJar First Page Next Page Prev PageEbook has 1543 lines and 88441 words, and 31 pages>>Die fromme Atmosph?re des Klosters wird den H?llenodem rasch verbannen, den unsere liebe Komtesse geatmet hat<<, sagte salbungsvoll Ihre Gouvernante, die alte Schlange, als sie uns von Ihrer Abreise nach L'Abbaye aux Bois Mitteilung machte. Als Guy uns aber das Leben in diesem Kloster schilderte, als er erz?hlte, dass Dauberval, der erste T?nzer der Oper, auch dort den Reigen anf?hrt, dass Sie, sch?ne Delphine, von allen, selbst von Guy's Schwester, die den ersten Preis in Geschichte erhielt, um den ersten Preis im Tanze beneidet wurden, und die Herzogin von Lavalli?re Ihnen vor Entz?cken den F?cher schenkte, den sie in der Hand trug, -- obwohl er nicht mit Heiligenbildern, sondern mit denen der Grazien und Musen geschm?ckt war --, da bekreuzigte sich Frau von Laroche und klagte ?ber die Verderbtheit von Paris. Wir sassen an jenem Abend zum ersten Mal in diesem Jahr auf der grossen Terrasse von Etupes. Alle Wasserk?nste spielten. Hinter den letzten Bosketts klang melodischer Gesang hervor; es waren die Schnitter und Schnitterinnen, die die Wiese m?hten. Unser neuer Haushofmeister hat ihnen w?hrend des Winters die anmutigen Weisen gelehrt, um uns und unsere G?ste zu entz?cken. Es soll nicht leicht gewesen sein, die sonst so gef?gigen Leute f?r die Kunst zu gewinnen. Einige gar zu aufs?ssige, die neulich die Frechheit hatten, zu erkl?ren, dass dem Herzog zwar ihre H?nde, nicht aber ihre Stimmen geh?rten, kamen nach Montb?liard ins Verliess. Seitdem ist der Chor stets vollz?hlig geblieben. Die Schar unserer G?ste ist gr?sser als sonst; aber sie f?llen die ungeheure L?cke nicht aus, die ich dauernd empfinde. Und doch: so gross sie ist, -- ein kleines St?ck Papier, drei Worte darauf: >>Ich vergebe Ihnen<<, w?rde sie in diesem Augenblick, wo alle ?berm?tigen W?nsche schweigen m?ssen, auszuf?llen verm?gen. Werde ich vergebens darauf warten? Johann von Altenau an Delphine. Gn?digste Gr?fin! Die dicksten Klosterw?nde werden d?nn wie Seidenpapier, wenn sie sich in Paris befinden und junge Damen von Rang dahinter erzogen werden. Alle B?cher, um derentwillen ich Montb?liard verlassen musste, w?rde ich mich anheischig machen, bei Ihnen einzuschmuggeln, ohne dass ein zweiter Friedrich-Eugen mein Vertrauen missbrauchen, eine zweite Frau von Laroche Sie daf?r strafen w?rde. Aber ich will Sie heute nicht beunruhigen. Lebte ich noch in der Luft von Montb?liard, die so sehr die des siebzehnten Jahrhunderts ist, dass das achtzehnte einen Gewittersturm entladen m?sste, um sie zu verteilen, so w?rde ich Sie mit Handkuss und tiefer Verbeugung um Verzeihung bitten, weil ich der unschuldig Schuldige auch an Ihrer Verbannung war. Aber ich bin, wie Sie, in der Hauptstadt und weiss, dass selbst ein Kloster in Paris einem alten Schloss im Elsass vorzuziehen ist. Mit meinen verbotenen B?chern kam ich hierher und fand, dass ich mit ihnen mein Reisegep?ck nicht h?tte beschweren brauchen: ihre Ideen erf?llen Paris, sodass ein jeder sie einatmet. Sie dringen selbst in die Salons der grossen Welt, denn die sch?nen Damen, in deren weissen H?nden jede Waffe zu einem kuriosen Spielzeug, in deren Mund jeder Gedanke zu einem Bonmot wird, sind der Sch?ferspiele endlich m?de geworden und jonglieren jetzt mit den Leuchtkugeln des Geistes, ohne zu ahnen, dass sie Sprengpulver enthalten. F?rchten Sie sich daher nicht, liebe kleine Gr?fin, wenn Sie in Ihrem K?pfchen noch Reste der Neuen Helo?se und in Ihrem Herzchen Gef?hle entdecken, ?ber die ein Klosterfr?ulein err?ten m?sste, -- es ist in Paris die grosse Mode. Und auch vor einem Wiedersehen mit mir, dem armen deutschen Baron, der den Contrat social nicht nur in der Tasche tr?gt, brauchen Sie keine Angst zu haben. Wie in der Haute-Finance die Aristokraten, so sind in der Hofgesellschaft die Literaten en vogue. Sie sind an Stelle der Narren getreten und d?rfen sich daher Alles erlauben, sofern sie nur die h?chsten und allerh?chsten Nerven zu kitzeln verstehen. Doch das, meine kleine Gr?fin, ist im Grunde noch nichts f?r Sie. Ich sehe, wie sich Ihre Augen ebenso erstaunt weiten, wie damals, als ich Ihnen erz?hlte, dass ich dicht hinter den Rosenhecken und Lorbeerb?umen von Etupes Kinder gefunden habe, die sich mit den Hunden um eine alte Brotrinde rauften. ?brigens, -- was ich Ihnen bei dieser Gelegenheit sagte, habe ich auch den Eltern dieser Kinder gesagt: um trockne Brotrinden mit Hunden zu raufen, ist kein gottgewolltes Schicksal der Bauern. Nun wird sich wahrscheinlich der Herr Herzog wundern, wie B?cher zu wirken verm?gen, auch wenn er daf?r gesorgt hat, dass seine Leute nicht lesen k?nnen. Graf Guy Chevreuse an Clarisse. Meine liebe Schwester, ich schicke Ihnen die versprochene Bonbonni?re. Hoffentlich wird die m?re Sainte-Bathilde in ihrer g?ttlichen Einfalt die Amoretten darauf f?r Engel des Himmels halten, und die Drag?es f?r ihren einzigen s?ssen Inhalt. Sie wissen, unter welchen Bedingungen ich Ihnen versprach, die Antwort des Chevaliers in Ihre H?nde zu spielen. Heute ist es an Ihnen, diese Bedingung zu erf?llen. ?bergeben Sie der kleinen Laval den Brief, den Sie auf dem Grunde des K?stchens finden werden, und benutzen Sie, als die ?ltere Freundin, Ihren Einfluss, meine inneren und ?usseren Vorz?ge so gl?nzend zu schildern, dass meine Gestalt die Tr?ume Delphines beherrscht. Friedrich-Eugen ist ein h?bscher Junge, aber allzu deutsch, als dass ich ihn nicht auszustechen verm?chte, wenn nicht jene gewisse moderne Sentimentalit?t, die neuerdings das Wort Liebe au ton tragique auszusprechen befiehlt, von Ihrer Freundin Besitz ergriffen h?tte. Es ist an Ihnen, ihr zu lehren, dass jene holde Anziehungskraft zwischen den Geschlechtern dazu da ist, das Leben leicht, nicht schwer zu machen. Amor hat Fl?gel. Nur Gefangene mit Bleigewichten an den F?ssen drehen sich immer im traurigen Zirkel desselben Raums -- -- -- Graf Guy Chevreuse an Delphine. Reizende Delphine, der blosse Gedanke an Sie k?nnte mich des gr?ssten Verbrechens schuldig machen: mein Wort als Kavalier nicht zu halten. Oder gibt es f?r einen jungen Mann etwas schwereres, als bei der Angebeteten seines eigenen Herzens den Liebesboten zu spielen?! Ich unterwerfe mich, wie Sie sehen, meiner Pflicht und sende Ihnen den Brief des Prinzen. Darf ich doch hoffen, dass Sie sich meiner dann wenigstens mit einem Gef?hle des Dankes erinnern, das nicht ohne W?rme ist. Wir werden uns auf dem Ball der Herzogin von Luxemburg wiedersehen. Selbst wenn Sie mich zeihen, Friedrich-Eugens Freundesrechte dadurch zu verletzen, ich muss Ihnen gestehen, dass mein Herz schon jetzt vor Freuden klopft. Sollte es wahr sein, dass Sie sich an dem Theaterspiel bei Madame de Rochechouart beteiligen, so werde ich alles daran setzen, die Rolle des Liebhabers ?bernehmen zu d?rfen. Verbietet mir die Freundestreue, Ihnen so zu huldigen, wie meine Bewunderung f?r Sie es verlangt, so wird der Befehl des Dichters mich wenigstens auf der B?hne dieser meiner schweren Pflicht entbinden. Prinz Friedrich-Eugen Montb?liard an Delphine. Teuerste Delphine, Ihr Briefchen hat mich in einen Rausch des Entz?ckens versetzt: Sie verzeihen mir! Freilich --, wenn ich es wieder und wieder lese, so verlieren die f?nf Worte: >>Ich bin nicht mehr b?se<< durch den Nachsatz: >>denn es ist hier wundersch?n<< den s?ssen Klang, den ich ihnen so gern, ach so gern geben m?chte! Aber ich will nicht gr?beln, will den Gedanken nicht aufkommen lassen, dass Ihr Verzeihen nicht der W?rme Ihres Gef?hls, sondern der K?hle des Vergessens entspringt. >>Was ist Etupes gegen die G?rten von Versailles, was Montb?liard gegen Paris!<< schreiben Sie und lassen an mir B?lle und Maskenfeste, Oper und Ballet in tollem Wirbel vor?bergaukeln. Ich w?re grausam genug, Sie lieber in einem Kloster zu wissen, wie Frau von Laroche es sich f?r Sie tr?umte, wenn ich nicht, -- kaum wage ich auszusprechen, woran ich noch nicht zu glauben vermag! --, in wenigen Monden selbst zu den Gl?cklichen geh?ren w?rde, die der sch?nen Delphine huldigen d?rfen. Brauche ich es Ihnen, angebetete Delphine, erst zu sagen, dass es nicht mein Interesse f?r den Dauphin und seine Tugenden ist, was mich nach Paris zieht! Aber auch alle lockenden Freuden der Stadt, die mein Freund Guy nicht m?de ward, zu schildern, verblassen vor einem einzigen Blick in Ihre Augen, auf den ich endlich wieder hoffen darf. Doch ich f?rchte, diese schwarzen Sterne ?berfliegen ungeduldig meine von Sehnsucht und Liebe diktierten Worte. Weiss ich doch nie: sind sie Menschenaugen, Spiegel eines f?hlenden Herzens, oder Brillanten, die zwar das Licht der ganzen Welt widerstrahlen, aber doch eben nur -- Steine sind! Sie verlangen aus der Heimat Neues zu h?ren. Von dem letzten l?ngeren Aufenthalt des Herzogs von W?rttemberg in der Eremitage hat Ihnen meine Schwester wohl schon geschrieben. Er lebte sehr zur?ckgezogen, um sich von den Regierungsgesch?ften zu erholen. Zu seiner Unterhaltung hatten wir T?nzerinnen aus Wien kommen lassen. Sie f?hrten das Ballett >>Medea<< von Noverre auf, das alle Zuschauer entz?ckte. Der Herzog verteilte eigenh?ndig kostbare Andenken unter die M?dchen. Ihm und den zahlreichen anderen G?sten zu Ehren wurde dann eine grosse l?ndliche Hochzeit geplant. Mein Vater hatte durch den Kaplan von Etupes verk?nden lassen, dass er zehn jungen M?dchen je ein Schwein schenken wolle, wenn sie heiraten w?rden, und meine Mutter hatte unseren G?sten schon das idyllische Fest in Aussicht gestellt. Statt dessen --, was meinen Sie wohl, was geschah?! Einer der Vorschnitter erkl?rte unserem auf baldige Entschliessung dr?ngenden Haushofmeister, -- die G?ste waren schon ?beraus ungeduldig, -- dass die heiratsf?higen M?dchen und Burschen sich angesichts der grossen Nahrungsnot entschlossen h?tten, ledig zu bleiben. >>Das Schwein w?rde von den Steuern gefressen, und unsere Kinder k?nnten verhungern,<< f?gte der freche Mensch hinzu. Unsere G?ste sind durch eine Treibjagd f?r den peinlichen Ausfall des l?ndlichen Festes entsch?digt worden. Die Strecke war enorm, und sogar der alte Prinz Cond?, dessen zitternde H?nde das Gewehr kaum mehr halten k?nnen, machte keinen Fehlschuss. Die Tiere wurden ihm freilich auch dicht vor den Lauf getrieben. Man soupierte sodann unter Zelten im Freien. Grosses Aufsehen machte dabei der riesenhafte Neger, den der Marquis Montjoie von seiner letzten afrikanischen Expedition mitgebracht hatte. Allein der Schmuck, den er an Gold und Edelsteinen an sich trug, soll Hunderttausende wert sein und doch nur einen winzigen Bruchteil dessen bilden, was der Marquis an Verm?gen besitzt. Er wird zu gleicher Zeit mit uns in Paris eintreffen und ich will Ihnen verraten, dass er Ihnen, der Tochter seines alten Freundes, eine kostbare Perlenschnur zugedacht hat, die er von einem indischen F?rsten erwarb. Meine Schwester zeigte ihm Ihre Miniatur, die ich ihr immer noch vergebens abzubetteln versuche. >>Eine unschuldsvolle Sch?nheit!<< sagte der Marquis bewundernd. Ich schwieg, h?tte ich ihm sagen sollen, dass das Bild wenig ?hnlich ist, dass Sie viel tausendmal reizender sind?! Sie sehen, teuerste Delphine, ich mag noch so ernsthaft versuchen, von etwas anderem zu sprechen, als von Ihnen, meine Feder, die noch nicht gelernt hat, h?fische Phrasen zu formen, von denen das Herz nichts weiss, kehrt immer wieder mit meinen Gedanken zu Ihnen zur?ck. Aber so treu sie mir ist --, ich kann die Zeit nicht erwarten, wo das lebendige Wort sie ?berfl?ssig machen wird. Graf Guy Chevreuse an Delphine. Wegen eines Madrigals, um dessen beziehungsvolle Zartheit der Chevalier Boufflers mich beneiden m?sste, soll ich, holde Delphine, Ihrer Gegenwart beraubt sein?! O, m?re Sainte-Bathilde, wir werden ihnen beweisen, dass sie keine N?nnchen zu kommandieren haben! Koste es, was es wolle --, meine Angebetete wird den Maskenball im Hot?l du Chatelet besuchen. Tr?ben Sie darum den Glanz Ihrer Augen durch keine Tr?ne. Graf Guy Chevreuse an Delphine. Alles in Ordnung. Ein paar Louisd'or ?berstrahlen jeden Heiligenschein und sprengen jede Klosterpforte. Die Schwester, die Ihnen diesen Zettel zusteckt, wird Ihnen alles Notwendige sagen. An der kleinen Gartenpforte erwartet Sie die S?nfte, die kurz vorher Clarisse zum Balle trug. F?r die ungef?hrdete R?ckkehr b?rgt m?re Sainte-Bathilde's Gespensterfurcht. Und der Preis f?r meinen Ritterdienst?! Johann von Altenau an Delphine. Meine liebe kleine Gr?fin, da ich mich doch nur in Gegenwart einer Ihrer Gestrengen steif und zeremoni?s nach Ihrem Befinden erkundigen kann, und Ihnen nach dem Ereignis der gestrigen Nacht manches zu sagen habe, was Ihnen sonst Niemand sagt, so schmuggle ich diesen Brief bei Ihnen ein. Das war ein Zusammentreffen, wert von La Harpe in leichten Reimen, von Boufflers in einer zierlichen Erz?hlung geschildert zu werden: Dunkle Nacht; grosse weisse Flocken schweben leise zu Boden, um sich hier allm?hlich in klebrigen Schmutz zu verwandeln. Da biegt in der Rue de S?ve ein Mann um die Ecke, die Laterne unter dem Mantel halb verborgen. Er sieht sich scheu rings um, dann hebt er die Laterne, nun folgt ihm ein zweiter, ein dritter, und danach eine S?nfte, die dicht verhangen zwischen den Tr?gern schwankt. Sie gehen rasch, als w?ren sie auf der Flucht. Irgend ein unklarer Gedanke zwingt mich, der ich ihnen begegne, umzukehren und desselben Wegs mit ihnen zur?ckzugehen. Pl?tzlich erhellt sich der Himmel vor uns, er f?rbt sich glutrot; die S?nftentr?ger erschrecken und stellen ihre Last zu Boden. Sekundenlang erscheint ein gepudertes K?pfchen zwischen den Gardinen, zwei dunkle Augen starren entsetzt hinaus. Mit einem Aufblitzen j?hen Erkennens streifen sie mich. Die Diener treiben mit rohen Worten die Tr?ger zu ihrer Pflicht zur?ck. Es geht vorw?rts; ich bleibe von nun an gebannt dicht hinter der S?nfte. Da --, welch tosender L?rm schl?gt uns entgegen: ein Glockenl?uten, das aus allen Himmelsgegenden hundertfaches Echo zu finden scheint, dazwischen Trompetensignale, und, st?ndig anschwellend, Menschengeschrei. Wir haben den Pont Neuf erreicht, schon ist die Seine rot ?berhaucht wie bei Sonnenaufgang, und von rechts her schlagen Flammen gen Himmel, als ob sie seine dunkle W?lbung sprengen wollten. >>Das Hotel de Ville brennt!<<, kreischt ein altes Weib neben uns. >>Mein Kind, mein Kind!<< schreit verzweifelt eine andere und st?rzt sich der Glut entgegen. >>Zu Sartine!<< ruft ein Mann und reisst einem der Diener die Laterne aus der Hand. >>Niemand kann ins Haus -- die Kranken verbrennen -- vierhundert Kranke!<< Wir stehen erstarrt. Und die kleine S?nfte ?ffnet sich und mitten in der grauenvollen Nacht erscheint eine Lichtgestalt, von weisser Seide umflossen, einen Rosenkranz auf dem gepuderten K?pfchen, goldene Schuhe an den zarten F?ssen. Ihre nackten Arme, ihr kindlicher Hals leuchten im Dunkel. In demselben Augenblick kommt es ?ber die Br?cke uns entgegen, langsam -- leise, nur von St?hnen und Wimmern begleitet; ein Zug Armseliger, Zerlumpter, halb Nackter, mit stieren Augen, fiebergl?henden Wangen. Ihre F?sse tragen sie kaum. Einer st?tzt sich am anderen --, dort die blasse Kleine an den Greis, dem der Tod schon aus den geisterhaften Z?gen leuchtet, und das unselige Weib, deren Antlitz eine schw?rende Wunde ist, an den J?ngling, dessen erloschene Augen die Glut nicht mehr sehen. Manche, die nicht gehen k?nnen, werden von den Leidensgenossen halb getragen, halb gezerrt. Zwei M?nner, denen selbst die Kniee zittern, halten ein M?dchen unter den Armen und schleifen sie hinter sich her. Eben will ich den Arm sch?tzend um die schwankende Lichtgestalt neben mir legen, -- da reisst sie sich los und steht schon mitten unter den Fliehenden. Man schaart sich um sie, -- rohe Worte fallen --, man greift nach der Kette an ihrem Hals --, aber sie zittert pl?tzlich nicht mehr. >>Nehmt meine S?nfte f?r das M?dchen!<< ruft sie, >>Tr?ger, hierher!<< f?gt sie herrisch hinzu, >>nach l'Abbaye aux Bois!<< Alles gehorcht, niemand r?hrt sie an, jedes Wort verstummt. Und mit den Goldschuhen und dem weissseidenen Kleid geht die Gr?fin Delphine durch den klebrigen Strassenschmutz zum Kloster zur?ck. Sie h?ngt immer schwerer an meinem Arm, sie schweigt, und sch?ttelt nur den Kopf auf all meine Fragen. Erst vor der Pforte steht sie still, schaut mich an mit weiten angsterf?llten Blicken: >>Gibt es so etwas?! Wirklich?! -- War es kein Traum?!<< -- -- -- Ihre Strafe wird gelinde sein, kleine Gr?fin, weil das Werk der Barmherzigkeit Sie in den Augen der Frommen ents?hnte. Trotzdem bleibt Ihnen viel Zeit, nachzudenken. Sie haben zum ersten Mal der Wahrheit ins Gesicht gesehen, die man Ihnen hinter hohen Taxushecken und Klostermauern verbarg, vor die man seidene Vorh?nge an die Fenster, dichte Schleier ?ber die Augen zog. Es ist wirklich, Gr?fin Delphine, und kein Traum! Von jenen Elenden, die Sie sahen, sind hunderte in den Flammen umgekommen, aber trotz dieses gr?sslichen Endes sind sie, die zu vieren und f?nfen in einem Bette lagen, noch nicht die Aermsten. Es gibt Hunderttausende, die der Hunger langsam zu Tode martert, die kein ander Bett besitzen, als die Steine der Strasse. Wenn sie erwachen!! O, Gr?fin Delphine, dann n?tzt auch Ihre Barmherzigkeit nichts. -- Darf ich Ihnen nun noch den Rat eines Freundes geben? H?ten Sie sich vor dem Grafen Chevreuse. Trotz seiner achtzehn Jahre ist er ein vollendeter Vaurien, und seine Lehrmeisterin in der Liebe ist eine der ber?hmtesten Kurtisanen von Paris, die T?nzerin Guimard. Als Gef?hrtin seiner Streiche sind Sie zu schade. Eine Antwort von Ihnen darf ich unter den jetzigen Umst?nden nicht erwarten, so sehr sie mich auch begl?cken w?rde. Aber ich hoffe, Ihnen bei der Herzogin von Lavalli?re, in deren Kreis ich mir Eingang verschaffte, -- deutsche Denker sind, seit dem Baron Holbach, zu einem notwendigen Requisit jedes wohlassortierten Salons geworden --, zu begegnen, sobald Ihre Klausur zu Ende ist. Graf Guy Chevreuse an Delphine. Sch?nste! Beste! Sie sehen einen Verzweifelten vor sich. Zu allem Leid, das mich traf, als Sie in jener ungl?ckseligen Nacht das Fest nicht erreichten, f?r dessen Glanz meine Augen blind waren, da Sie fehlten, kommt nun ein anderes, weit tieferes: man hat mich bei Ihnen verleumdet. Wenn nicht die St?rke Ihrer Emp?rung ?ber meine vermeintlichen S?nden, -- Clarisse sagte: sie spr?ht vor Zorn --, mich hoffen liesse, dass Ihnen meine Person nicht ganz gleichg?ltig ist, ich w?rde Asche auf mein Haupt streuen und die Geissel ?ber mich schwingen wie der bussfertigste unter den W?stenheiligen. Aber ich weiss: die reizendste aller Klostersch?lerinnen w?rde mich vollends entr?stet abweisen, erschiene ich im h?renen Gewand des Asketen vor ihr. Und so wage ich zu erscheinen, wie ich bin: als Kavalier der K?nigin, gepudert, parf?miert, im gelbseidenen Surtout --, gerade so wie ich den sch?nen Frauen gefalle. Vielen Frauen, holdselige Gr?fin, die weniger streng sind als Sie, die es mir nicht verargen, wenn ich die Gesellschaft der Maitresse meines Bruders, -- h?ren Sie: meines Bruders! --, nicht meide, eine Gesellschaft, die sogar Damen des Hofes mit Vergn?gen teilen, weil alle guten Genien des Geistes und des Witzes, der Grazie und Laune in ihr herrschen. Sie sehen Paris nur durch das Schl?sselloch der Klosterpforte. Tritt ein lahmer Bettler, ein schmieriger Strolch, ein zerlumptes Weib in Ihren Gesichtskreis, so meinen Sie: das ist Paris, w?hrend Sie nur ein paar Typen jenes in aller Welt verbreiteten Gesindels gesehen haben, das durch V?llerei, Arbeitsscheu und Verbrechen geworden ist, was es ist. Hier ist Verachtung, nicht Mitleid am Platz, denn jede Ber?hrung mit solchen Elementen kann uns nur beschmutzen. Bleiben Sie, reizende Delphine, auf den H?hen der Menschheit, f?r die Sie geboren sind! Traurig genug, dass Sie dem eigentlichen Leben so lange entzogen bleiben und damit auch dem treusten und ergebensten Ihrer Verehrer. Die Pariser Geselligkeit ist gl?nzender denn je. Sie wissen gewiss, dass unser gemeinsamer Freund Friedrich-Eugen sich in ihren Strudel gest?rzt hat. Ich hatte gerade Dienst bei der Dauphine, als er ihr vorgestellt wurde. Er gefiel nicht ?bel, der gute Junge, nur l?chelt man ein wenig ?ber sein unverhohlenes Staunen, das die Provinz verr?t. ?brigens hat er Talent zum Pariser: Als ich ihn bei Mademoiselle Guimard einf?hrte, riss er zwar zun?chst angesichts all der durchsichtigen Gew?nder reizender Frauen die ach so deutschen blauen Augen auf, um dann um so feuriger bei den kleinen T?nzerinnen den Seladon zu spielen. Um die Zeit Ihrer Haft, an der ich leider nicht v?llig unschuldig bin, verk?rzen zu helfen, sende ich Ihnen M. Dorats reizenden Roman >>Sacrifices de l'amour<<, der viel von sich reden macht, und den Begeisterte teils mit Rousseaus Nouvelle H?loise, teils mit Cr?billons Sopha vergleichen. Das Werk gibt R?tsel auf und es ist zum Gesellschaftsspiel geworden, sie zu erraten. Um f?r Sie, die sich daran nicht beteiligen k?nnen, seinen Reiz zu erh?hen, will ich Ihnen die richtige L?sung nicht vorenthalten: Die Vicomtesse de Senanges ist die sch?ne Gr?fin Beauharnais. Sie wird viel umschw?rmt, obwohl sie nicht die J?ngste ist, und ihre Gef?hle nicht nur durch den s?ssen Druck der Lippen, der H?nde, der Arme, -- den einzigen, der f?r unsere V?ter ?berzeugend war --, zu zeigen versteht, sondern auch durch Druckerschw?rze. F?r uns, ich wills nicht leugnen, bilden diese offenherzigen Bekenntnisse eines Weibes nur einen Reiz mehr: sie enth?llen ihre F?higkeit zur Leidenschaft, ohne dass wir uns mit dem langwierigen Forschen danach bem?hen m?ssen. Freilich, wenn Lebrun recht hat, der die dichtende Gr?fin mit folgenden Strophen besang: Chlo?, belle et po?te, a deux petit travers: Elle fait son visage, et ne fait pas ses vers, Add to tbrJar First Page Next Page Prev Page |
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