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Read Ebook: ...Sorella di Messalina: Romanzo by Vivanti Annie
Font size: Background color: Text color: Add to tbrJar First Page Next PageEbook has 571 lines and 25426 words, and 12 pagesZARASTRO Westliche Tage von Annette Kolb Zarastro Dieses Buch, das auf Grund t?glicher Aufzeichnungen entstand, enth?lt Entt?uschungen als sein Wesen. Es ist ein Tagebuch der Entt?uschungen, ich verhehle es nicht. Gerade sie sind das einzig wertvolle daran. Denn an allen Erlebnissen w?hrend dieser Jahre, an allen Szenen, allen Ereignissen, allen Episoden hat sich die Beobachtung ergeben, dass im wachsenden Umfang die besten Hoffnungen, die reinsten Zugeh?rigkeiten ihre dramatische Zerst?rung nach sich zogen. Zu sehen, wie sie immer sehr buchst?blich zuschanden kommen mussten, versetzte mich erst in eine dumpfe, herabgestimmte Unruhe, und nur allm?hlich entdeckte ich, dass sich in allem die kleine wie die grosse H?llenmaschine menschlicher Niedrigkeit gleichsam eingebaut hielt, ?berall, auf dieselbe Weise und mit derselben Wirkung jede edle, jede vern?nftige Absicht, jede Harmonie im Keim vernichtete. Diese Gefolgschaft, dies enge Schritthalten der B?sen -- jeder Zuf?lligkeit bar -- zeigt sich vom Anekdotischen bis zur Entladung so konform, dass es die Schicksale des einzelnen zur genauesten Replik der Weltschicksale pr?gt. Erster Teil. Am 1. Februar 1917 kam ich gegen Abend definitiv nach Bern. Im Zug -- am Fenster -- schlief ich zwischen Z?rich und Baden auf einige Sekunden ein. Dabei r?ckten sich Bilder aus meiner Wohnung, aber um ein Drittel vergr?ssert -- die sich also selbst vergr?ssert hatten --, selbst an einer Wand zurecht. -- Trotz dieser so unvermittelt aufblitzenden Vision wurde die Mutlosigkeit, gegen die ich anzuk?mpfen hatte, immer dr?ckender, und geradezu trostlos gestaltete sich meine Einfahrt in die Bahnhofhalle. Es goss so recht von innen heraus, wie nur der Berner Himmel zu giessen versteht. So begibt man sich wohl ins Gef?ngnis, wie ich in das Haus, um dessen anheimelnder alten Stiege willen ich im zweiten Stock zwei kleine Zimmer mit einem Alkoven gemietet hatte. ?brigens waren sie noch nicht frei, und indessen wurde mir ein grosses niedriges angewiesen, das sofort meine Abneigung erregte: bis auf einen gewaltigen Tisch von wahrhaft tr?stlichem Umfang. Er stand mitten in der Stube, ganz auf sich beruhend: Sieh mein ger?umiges Rund, und wie gef?llig es ist! Sahst du ein weiteres je? B?rde nur f?glich mir auf, was immer du willst. Ich schaffe noch Platz dir. Na also! So redete er, halb in Hexametern, halb wie eine alte Kindsfrau zu mir, war immer optimistisch und richtete mich auf. Das M?nster aber, das so gut anhebt und so schlecht verl?uft, beschattet und beherrscht den Platz, und die Aussicht hart vor meinen Fenstern ist durch ihn versperrt. Auch mein Herz schl?gt hinter Riegeln. Ich bin nicht mit den Illusionen hergekommen wie das erstemal. Wenn aber drei Leute sich ?usserlich in so enger Gemeinschaft befinden, und zwei von ihnen werfen sich Blicke zu, so wird es der Dritte bemerken, auch ohne es zu wollen und ohne hinzusehen. Ortrud guckte wertsch?tzend von meinem Mantel herab auf mein Schuhwerk. Der Pelz einerseits und die Reparatur anderseits gaben zu denken. Wie aber konnten sich die beiden so vergessen, dass sie pl?tzlich anfingen, wie mit Fliegenklappen nach mir auszuholen und sich hochbefriedigt ansahen, wenn sie glaubten, mich ertappt zu haben? Zwar lag es auf der Hand, dass ein so leicht zu ?berf?hrendes Gesch?pf unm?glich zugleich jene raffinierte Person sein konnte, f?r welche ich wusste, dass sie mich hielten. Aber wie resolut Leute von schlechten Instinkten jegliche hemmende Logik von sich weisen, wusste ich auch. Von neuem auf der Hut, beantwortete ich jede Frage mit einem Kunstbogen; als jedoch der Name Elisabeth Rotten fiel, hielt ich krampfhaft an diesem Thema fest. Telramund konnte ihren politischen Scharfsinn nicht genug loben . So erz?hlte ich denn von ihrer schwer angegriffenen Gesundheit und ihrem Wunsch nach einer Erholungsreise. Diese aber sei nur durch List und T?cke zu erreichen. Es m?sste also, meinte ich, mehr mitteilsam wie raffiniert, unter Vorspiegelung eines Vortrags, welchen sie dann nat?rlich nicht halten w?rde, ein Pass f?r sie erschlichen werden. Die Idee wurde stillschweigend zur Kenntnis genommen. Blicke flogen . . . und es war unverkennbar, dass etwas nicht stimmte. Bin ich nach Bern gekommen, dachte ich auf dem R?ckweg, um mit Leuten zu verkehren, die ich zu Hause nie ertragen h?tte? Das Wetter hatte sich auf einige Stunden aufgehellt, und ?ber der Br?cke von Kirchenfeld flammten pl?tzlich die Alpen auf. Blass und verheissungsvoll leuchtete die losgel?ste Jungfrau ?ber das Gew?lk, das sich in schwarzen Massen zu Tale schob. Wie ganz und gar nicht existierend, dachte ich da, ist doch letzten Endes das Gemeine! Nur unser tr?ges und verwischtes Sehen leiht ihm den Schein von Wesenheit, und Leuten wie Telramunds das Gesicht. Und zwei verschwisterte Seelen hatten da einen Bund geschlossen, wie die H?lle ihn liebt. Dabei war Telramund Berliner und Ortrud, wie zum Schulexempel, eine Franz?sin aus der Provinz. Ach! Welch ein Schabernack wird doch ?ber alle Grenzen hin mit unseren Gesetzen getrieben! Keine Feder wiegen sie auf gegen die Schleuderwaffen, ?ber welche schlaue Unvernunft gebietet. Wohl haben wir gelernt, Weing?rten und ?cker zu bestellen, veredelt h?ngen uns die Fr?chte von den B?umen hernieder, und wie umsichtig, wie bewundernswert ist der Mensch angesichts seiner Felder! Nur vor sich selbst ist er stehengeblieben. Da j?tet er nicht. Da steht ?berall goldener Weizen, von wild um sich greifendem, allgewaltigem Unkraut erstickt. Gegen die Natur, die Elemente, die Erde, ja die Luft selber schritten wir ein, nur vor uns selbst sinken uns die Arme, und wir lassen geschehen. Dies ist die bisherige Logik der Welt, der Nationen. Nicht einmal bis zu unseren Verbrecherstatistiken besannen wir uns -- wie h?tten wir da bis zu den Tabellen unserer verkleideten und ganz undrastischen ?belt?tern gedacht? -- Allseitige Verstimmung. Mein Wunsch, Fr?ulein Rottens Wunsch zu erf?llen, hat schw?rzesten Verdacht erregt. Ich kannte die in Bern geschaffene Atmosph?re noch zu wenig, um zu verstehen. Warum in aller Welt, beschwert sich Fortunio bei mir, mischte ich mich da hinein! Welches Interesse hatte ich an dieser Reise? Und diese Idee eines Vortrags! Nur ein Vorwand nat?rlich! ich sagte es ja Telramund. Fortunio zuckte die Achseln: er hat es Ihnen nat?rlich nicht geglaubt. Die beiden werden uns noch sprengen!, brach ich aus, alle unsere Anstrengungen hintertreiben und uns alle zu Grabe tragen. Mit Martin im Walde hatte ich ja meine Not. Die Verd?chtigungen auf ihn regneten ohne Unterlass. Schon w?hrend jenes Diners, welches Aramis bei meiner ersten Berner Ankunft gab, hatte ihn Telramund als einen Agenten mit doppeltem Schubfach bezeichnet, und Ortrud pfiff f?rmlich vor Hohn wie eine Maus. Dass ich widersprach, fiel nur auf mich zur?ck. F?r einen ehemaligen Kruppdirektor also machte ich Reklame! Sprach dies nicht B?nde? Dass er tats?chlich seine Stellung seinen ?berzeugungen geopfert hatte, war ein Beweis mehr f?r seine Verschlagenheit. Den Bruder kannte er. >>Den Bruder kenne ich!<< war sein Refrain. Es sei kein Grund, sagt mir Fortunio, ihn zu schneiden. Seufzend rufe ich ihn ans Telephon, und vor seiner Sprache, ach! wird mein zerrissenes Herz sofort wie eine Geige, in welche diese Sprache hineingreift wie ein Bogen. Doch ach! Der als Schachfigur so schwer festzulegende Fortunio war heute auf meine Opportunismen nicht gestimmt, sondern wie zum Trotz in einer ganz herausfordernden, ganz interpellierenden, ganz kontr?ren, um ihre eigene Wirkung ganz unbek?mmerten Laune. Zu machen war da gar nichts. Im stillen nur nahm ich mir vor, auf dem Heimweg Fortunios Wesensart, welche Martin im Walde nicht gel?ufig war, so beweglich wie m?glich zu schildern. Aber nicht einmal diese nachtr?gliche Intervention sollte mir gelingen. Denn als ich auf der Stiege in die Taschen meines Mantels griff, war mein Hausschl?ssel nicht darin, die Nacht aber viel zu weit vorgeschritten, um meine Pension durch Glockenreissen zu alarmieren. Die ?berm?dete Fortunia, ?ber die Rampe gebeugt, rief mich wieder zur?ck. Neben dem grossen Empfangsraum lag ein schmales Zimmer. Ich bezog es ohne viel Worte und warf mich mit meinen Kleidern auf den breiten Diwan, der dort stand, ganz erledigt f?r den Rest der Nacht. Immer versch?rfter schwebte mir die Bilanz des missratenen Abends vor und regte mich auf. Wie ungut liess sich doch alles an! Eine tiefe Stille lag jetzt ?ber dem ganzen Hause, den W?nden, den Fenstern und der Luft, als ob sie ein Signal erwarteten. Denn nebenan war pl?tzlich ein anderes Leben erwacht, eine andere Unruhe, als die des Tages, ein R?cken, Geknister, ein Gewisper, Disput und Ungeduld. -- -- Zwar ist dem Herzen kein Organ verliehen, das unsichtbare zu sehen, aber so mancher kennt gewiss jenes aussetzen seines Schlages, bevor es tiefer zu horchen beginnt . . . Es fiel mir ein, dass die ganze H?userreihe dieser alten Gasse f?r mehr oder minder spukhaft galt; doch ein so wenig grauenhafter, h?chstens maliti?ser, nicht einmal boshafter Spuk war mir noch nicht begegnet. Neugierde trieb mich endlich hin zur T?re, hinter der er sich begab. Aber jenseits derselben hatte augenblicklich -- als sei nie L?rm gewesen -- Totenstille eingesetzt, und die Klinke, von T?cke besessen, widerstand allem dr?cken, drehen und schieben. Mit schmerzenden H?nden liess ich sie los und kehrte auf meinen Diwan zur?ck. Alsbald war Geknister und Getusche, r?cken und huschen, Unruhe, Aufregung, heiseres Eifern und Streiterei im verst?rkten Grade wieder da. Offenbar wollte die Gesellschaft von mir nichts wissen und boykottierte mich. Wie aber kam es, dass ich pl?tzlich wie unter freiem Himmel lag und den Arm aufst?tzte, als schirmten mich die Zweige eines Baumes, und als horchte ich statt zur Seite hin, tief unter die Erde hinab? Was immer mir jetzt in den Sinn kam, bot sich wie eine Zwiesprache dar. Dem Nixenbegriff lag wohl eine tiefe Erkenntnis zugrunde. Wie diesseits des Menschengeschlechtes, so sind aber auch jenseits desselben Gesch?pfe Gottes denkbar, die an der entgegengesetzten Peripherie des Lebens beschattet stehen und hinausger?ckt; und winzige, kaum bemerkbare Dinge k?nnten es sein, die ihnen ein leises Grauen vor ihrem eigenen Wesen entgegenhauchen: ihr unakkurater Sinn f?r Wirklichkeiten, ihr vorwegnehmen des Zieles ?ber Hindernisse hinweg, ist wie ein gest?rter Sehwinkel oder wie ein verk?rzter Fuss, den solche Menschen durchs Leben ziehen, und sie erschauern, verzagen und vereinsamen bis ins Mark, wenn sie daran erinnert werden. ?ber die fernest abliegenden Dinge dachte ich hin und her. Aber warum in aller Welt ?berkam mich ein Heimweh nach dieser verschlossenen T?r, und um was f?r Dinge war mir denn leid? Du lieber Gott, wollte ich denn von allem haben! Der ganze tumultarische Betrieb setzte ?brigens mit einer spurlosen Pl?tzlichkeit aus, als h?tte er nie geherrscht. Nur eins war deutlich: durch die T?re verzog er sich nicht. Es kam etwas anderes: aus dem unteren, nachts unbewohnten Stockwerk drangen sanfte Trommelwirbel, oh, so deutlich zu mir, und dann ert?nten ged?mpft, aber klangvoll, tamponierte Posaunen. Und dann kam das huschen und fegen eines Kleides, das schleifen einer Schleppe, ja! im Takt dieser erstickten Musik. Ich horchte mit allen Fasern. So fein, so sp?ttisch, so leicht! oh! in der Tat geistreich war der Rhythmus dieses pas-de-deux, waren die F?sse, die Grazie, die Unk?rperlichkeit dieses balancierenden K?rpers im Klang der wonnig umh?llten Posaunchen. Tod und Leben in l?chelnder Umarmung -- Leben noch im Tode? Liebe selbst bei ihm? -- Was verfing sich da eine Uhr, mit vier groben Schl?gen in den Zauber hineinzufahren? Nichts r?hrte sich mehr. Im Augenblicke alles l?ngst verflogen und verweht -- welchem Sterne, welcher Nacht entgegen? Nunmehr versank die Dunkelheit in ihrer eigenen Stille, und der Schlaf atmete mir jetzt -- als k?me er von aussen -- seltsam genug! -- mit weiten Fl?geln entgegen. Ich f?hlte noch den Wunsch, mich ihm ganz zu ?berlassen, aber dass er mich dahintrug, schon nicht mehr. Gespannten, wachen Sinnes stand ich in der Mitte eines Saales -- nicht wissend, dass ich schlief. Die W?nde lagen im Zwielicht, und ein paar Leute sassen dort als Zuschauer herum. Ich fragte mich, was es zu sehen gab und merkte dann erst, dass ich es war, welche nun tanzte. Die Rhythmen n?mlich, nach welchen ich mich drehte, >>geschahen<<, ohne zu verlauten, als st?nden hier die Gesetze am Anfang aller Musik, noch ehe, oder ohne dass sie sich vertonten. Dabei geboten sie mit so wunderbarer und zwingender Macht, dass es unm?glich war, ihnen nicht zu folgen, und unwiderstehlich kreiste ich dahin. Mit einem Male h?rte ich Fortunios Stimme von der Wand her?ber auf franz?sisch sagen: >>Comme elle danse bien<>Pourquoi dites-vous que je danse bien< rief ich tanzend zur?ck. Und tanzte dahin, denn es gab nichts anderes mehr. Nur den Tanz. Ganz allein nur ihn; ohne innehalten, ohne Unterlass, den Tanz allein in diesem Raume, der aufgeh?rt hatte, ein Saal zu sein, denn seine W?nde traten ins Endlose zur?ck. Nur allm?hlich merkte ich, dass sich jemand zu mir gesellt hatte und mich hielt und mit mir tanzte. Es k?mmerte mich nicht. Die Erf?llung war zu tief, meine Augendeckel zu schwer, sie aufzuschlagen die M?he zu gross! In den Rhythmen lag alle Wonne. Und sie gebaren ohne ?bergang eine neue Phase, denn halb abwesend, halb aufmerksam sah ich nun doch meinem T?nzer gross ins Gesicht: matt von Farbe, mit schwarzem, glattanliegendem Haar war er mir g?nzlich unbekannt und zugleich vollkommen vertraut; der sehr edle Umriss von Kopf und Schultern so geschlossen, dass er fast ausschloss, was er nicht selber war, fast negierte, was er nicht kannte. Was d?nkte mir daran so fremd und so verwandt zugleich? Die Melodie einer Rasse, der ich entstammte, und doch nicht mehr die meine? von ihr hinausger?ckt? verabschiedet von ihr? wiederum der Boykott? Gleichviel! wir tanzten. Eines Schrittes! Diese Zeitmasse kannten keine Zeit. So m?gen Sterne kreisen. Aber auch was ich dachte, war nicht mehr aus seiner Bahn zu dr?ngen: aus reinstem Lateinertum setzten sich die Elemente dieses T?nzers zusammen. Nicht das Gesicht eines bestimmten Menschen sah mich da an. Nicht dieses oder jenes -- was dann? Das Sinnbild einer Rasse war zu mir hingetreten und tanzte mit mir. Jetzt wusste ich's! -- Aber die Entdeckung sprengte die Fesseln des Traumes: Ich lag auf dem Diwan gerade ausgestreckt, vor mir das Fenster, in dessen Scheiben sich von der Strasse herauf der Reflex einer Laterne fing. Aber gleich darauf stand ich auf den F?ssen. Noch nie so hoch aufgerichtet gewiss! Die T?rklinke drehte sich lautlos und glatt, wie ge?lt. Aber die K?lte der Fr?hluft nach der Hitze der Nacht hatte vielleicht die Wandlung besorgt. Ich schlich durch den Gang, die Stiege hinab und liess mich zum Tore hinaus. Ins Freie! Hinter den Scheiben leuchtete hie und da schon ein Licht aus den Lauben hervor. Im Hause, in dem ich wohnte, war eine B?ckerei. Unbemerkt kam ich in mein Zimmer. Es tagte noch nicht. Nach oben unkenntlich stand das M?nster vor meinen Fenstern aufgerichtet, viel sch?ner und gewaltiger so, als mit dem ?bel verlaufenden Turm. Wie schien aber dies alles eine Wirklichkeit zweiten Ranges, sozusagen, wenn ich sie mit jener verglich, die mich in dieser Nacht umgab. Ich wusste zur Stunde mit der letzten Sicherheit, dass mein Traum sich erf?llen w?rde. Die beiden Rassen, die heute zu vereinigen solches Elend, solche Zerrissenheit bedeutet, werden eines Tages, allen H?llenhunden zum Trotz, das Gl?ck der Welt durch ihren Bund begr?nden. Ach! Danach darf man nicht fragen, ob man selbst l?ngst ein Schatten sein wird, wenn diese Dinge sich ereignen. Nur Mut, mein Herz! rief ich mir an diesem Morgen ?fters zu, denn mit seinem fahlen Licht wuchsen die ?blichen Ern?chterungen an. Gegen Mittag kaufte ich Blumen und w?hlte Kuchen mit Bedacht, denn um vier erwartete ich Monsieur Aramis zum Tee. Nicht ohne Bangigkeit. Seinen ersten g?nstigen Eindruck hatte ihm ja Telramund gr?ndlich auszureden verstanden. Als er in meine niedere Stube trat und mir die Hand entgegenstreckte und mich ansah, wurde es mir wieder f?hlbar. Das Echo der Worte: >>Sie l?gt! sie l?gt!<<, die er von jener Seite unausgesetzt vernahm, war zu eindringlich, um mir zu entgehen. Dass die unteren Zimmer nun endlich frei werden und mein Fl?gel sogar schon unten steht, interessiert ihn gar nicht; wen ich in Deutschland gesehen habe, um so mehr. Die Grenze hatte ich gerade am Vorabend des Tages ?berschritten, an welchem der versch?rfte Unterseebootkrieg verk?ndet wurde; als diese Nachricht alle Anschlagmauern verfinsterte, w?re ich am liebsten umgekehrt, denn jetzt lag doch alles in Scherben. >>Une b?tise capitale,<< sagte er, >>et qui fait bien notre affaire.<< Nichts mehr von Klavier! Ich m?chte mich gar nicht mehr mit Politik befassen, sage ich, und lese: >>Sie l?gt! sie l?gt!<< in seinen Augen. Er blieb lange, sprach jedoch nur wenig und h?rte zu. Ich dagegen redete die ganze Zeit, hemmungslos und aufs Geratewohl. Es ?berzeugte ihn auch dieses keineswegs. Sie l?gt! sie l?gt! blieb das Echo, das zwischen dem Vertrauen, welches er instinktiv zu mir gefasst hatte, und den Dingen hallte, die er ?ber mich h?rt. Kaum ist er gegangen, so erscheint Fortunio auf dem Plan, gespannt zu h?ren, wie der Besuch verlief. Ich komme ihm jedoch zuvor: Wenn Aramis mir misstraut, so misstraue ich seiner Menschenkenntnis. Es ist zu leicht, mich zu durchschauen, als dass es erlaubt sein d?rfte, mich zu verkennen. Ich bin so eindeutig wie ein Pferd. Seine Gangart ist unmissverst?ndlich genug! >>Sie sind aber kein Pferd,<< sagte Fortunio, >>und gerade Ihre Eindeutigkeit ist mit Ihrer sonstigen Art nicht so ohne weiteres in Einklang zu bringen.<< Dass er dabei eine so bedenkliche Miene beibehielt, riss an meinen ohnedies zerzupften Nerven. Er erinnerte mich allzusehr an einen Schreibtisch, der, mit grossen und kleinen, inneren und ?usseren, ja sogar mit geheimen Schubf?chern ausgestattet, f?r mich aber nur eine einzige Lade offen hielt. Ich f?hlte mich pl?tzlich t?dlich gekr?nkt. Und womit h?lt er heute zur?ck? Auch er, auch er! sage ich mir. >>Ihr Roman kursiert jetzt in Bern<<, geruhte er mitzuteilen. >>Um so besser. Zeit w?r's, dass hier das rechte Licht ?ber mich aufgeht.<< >>Leider nein<<, sagte Fortunio. >>Das Buch schadet Ihnen.<< >>Schadet mir!?<< >>Ich h?tte es auch nicht gedacht. Aber die grosse Zielbewusstheit, welche Sie Ihrer Heldin einverleiben . . .<< >>Aber gerade die Natur dieser Zielbewusstheit . . .<< unterbrach ich ihn. >>Gewiss, man sollte glauben . . .<< >>H?ren Sie, das ist nicht m?glich!<< Und in h?chster Ungeduld riss ich an allen Schubladen zugleich. >>Ich selbst<<, machte nun Fortunio mich vertraut, >>habe die Leute auf das Buch hingewiesen. Ich glaubte, Ihnen nicht besser dienen zu k?nnen.<< >>Es ist nicht m?glich, dass Aramis sich verdreht dazu stellt<<, rief ich wieder. >>Es kann nicht sein!<< Fortunio zuckte die Achseln. >>Aber sogar Telramund, dieser Gr?uel, lobte es ?ber den Klee.<< Er schwieg. Es entstand eine Pause. >>Das ist furchtbar<<, sagte ich. >>Es geht also um ein Duell zwischen mir und diesen Leuten.<< >>Sie sind so ungeduldig! Die Dinge wollen ihre Zeit. Letzten Endes ist es immer die gute Gesinnung, welche triumphiert.<< >>Oh! letzten Endes<<, wehrte ich ab. >>Dass meine Grabrede besser ausfallen wird, glaube ich ohne weiteres. Mais d'ici l? . . .<< Fortunio wollte mich ?berreden, mit ihm auszugehen, doch ich blieb zur?ck. Was ich ihm dabei nicht verriet, war meine Absicht, im Laufe des Abends nach Martin im Walde zu sehen; denn mir lag das gestrige Zusammensein, dem Fortunio keinen Gedanken mehr schenkte, schwer im Ged?chtnis. F?rs erste war meine Niedergeschlagenheit zu gross, um nicht allein mit ihr zu bleiben. Die Tatsache, dass in Ermangelung anderen Beweismaterials nun gar mein Roman als Belastung herhalten sollte, war insofern der comble, als sich ja dann, auf diesem k?rzesten Wege, so ziemlich alles auf den Kopf stellen liess. Gegen solche Waffen war jedenfalls nicht aufzukommen. Sie waren zu alt erprobt. Ich hatte zuviel erfahren. Ich wusste zu viel. Add to tbrJar First Page Next Page |
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