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Read Ebook: Die Tote und andere Novellen by Mann Heinrich
Font size: Background color: Text color: Add to tbrJar First Page Next PageEbook has 17 lines and 6509 words, and 1 pagesnzig -- und als er es dann doch sah, wie gern sie jetzt ihren bescheidenen Tand trug, begriff er noch immer nicht, dass etwas vorging. Ihre Kopfhaltung machte ihn aufmerksam, das freiere Auftreten, die erwachte Anmut und dann dies L?cheln, das stolz einlud: >>Sieh doch!<< Was er aber sah, ward dem Bruder nicht fr?her klar, als bis er Fremde es nennen h?rte. Sie sagten: >>Die ?nne Scheibel ist aber sch?n geworden.<< Er h?rte es und ward von einer solchen Freude erfasst, dass er in der winterlichen Strasse pl?tzlich eine laue Luft sp?rte und Rosen roch. Beim Betreten des Hauses fand er endlich Worte. >>Jetzt haben sie es heraus!<< sagte er. Jetzt sahen alle ihre wahre Natur, und nicht mehr nur f?r ihn war sie eine Prinzessin. Freilich verlor er dadurch einen Vorzug und einen grossen geheimen Stolz. Ihr aber tat die Best?tigung so wohl! Unter den Blicken, die sie bewunderten, entfaltete sich ihre Sch?nheit, ihm schien, ins Ungemessene. Ihn blendete sie nur noch. Hiervon hatte er trotz allem keinen Begriff gehabt: ein Gesicht, so klar, als sei er Fleisch gewordener Edelstein! Und aufgebl?ht das Gold der Haare, in den herangereiften Gliedern irgendein ungeahnter Saft -- die Hand aber, man konnte sie unm?glich noch nehmen ohne Demut, sie konnte sie unm?glich anders geben als mit Herablassung. Sie sp?rte es selbst, denn sie lachte manchmal auf dabei, ?berm?tig und wie zum Spott auf ihn und sich, weil alles sich nun auf diese theatralische Art gewendet hatte. Er zahlte ihre Kleider, die teuerer wurden, aber nicht sie hatte jetzt zu danken, sondern er. Dazwischen zeigte sie ihm unversehens ein ernstes, vertrauliches Auge, das sagte: >>Du verstehst nat?rlich, es ist meine Rolle. Im Grund bist du alles. Was w?re ich! Gl?cklich bin ich, weil du nun belohnt bist.<< Aber sie hatte durchaus den Willen zu ihrer neuen Rolle. Sie ging aus, trat auf, und trug Siege heim. Sie besuchte eine Schauspielschule, kannte Kavaliere, schlug Heiraten aus, die ihr nicht angemessen waren. Er musste h?ufig warten auf sie am Abend, und kam sie heim, brachte sie Unbekanntes mit. Erlebnisse, M?glichkeiten und Fragen an das Schicksal, in die er nicht immer wagte hineinzuhorchen. Sie ass reichlich, wie ihre Sch?nheit es erforderte; es geschah aber, dass sie den Teller fortschob, die Arme weiss auf den Tisch stellte, und, zwischen ihnen kurz den Kopf r?ckend, ?ber das zu geringe Zimmer hinsah, die d?rre H?ngelampe, und auch ?ber ihn -- gereizt hinsah, auch ?ber ihn, und doch, als, sei sie abwesend. Da erschrak er so tief wie noch nie. Sein alter Rock brannte ihm pl?tzlich auf dem R?cken, und leise, aber angestrengt schob er sich mitsamt seinem Stuhl vom Tisch fort, damit sie ihn nicht mehr rieche. Denn ein wenig, trotz aller Vorsicht, roch er wohl nach H?uten. Dass er es nicht bedacht hatte, k?rzlich, als ihre Freunde sie besuchten! In einer entsetzten Scham ward es ihm f?hlbar, dass er zu viel da sei, und dass er Anspr?che mache, unberechtigte Anspr?che, indem er da sei. So begann er ins Caf? zu gehen, sass einsam und gr?belte, weil in diesem Augenblick die Damen und Herren, die mit ihr einen heiteren Abend verbrachten, sie in dem missverst?ndlichen Rahmen des zu geringen Zimmers sahen. Konnte dadurch nicht ihre Ehrfurcht leiden! Ach! es war klar, dass dies nicht mehr weiter f?hrte, und dass er selbst, nur er die Schuld daran trug. Er hatte eine Prinzessin bei sich aufgezogen und zeigte sich nun unf?hig, die Mittel zu beschaffen f?r ihre Hofhaltung. Seine Ersparnisse, die bisher ihre Toiletten bezahlt hatten, waren schon dahin; was nun? Sie wartete, und die Jahre vergingen, die ihre Jugend waren. Er stahl sie ihr, er war ihr Feind! Einst bekam er im Gesch?ft eine unerh?rt grosse Summe in die Hand und behielt sie eine Nacht lang, obwohl sie schon abends w?re abzuliefern gewesen. Es war die Nacht, in der er mehrmals starb und mehrmals lebte wie noch nie. Als es Morgen ward, war er dem Abgrund entronnen, und was er f?hlte, war Erbitterung gegen sie, die Gl?ubigerin, die ihn so schwer bedr?ngte. Er wolle sie einem braven Manne geben, beschloss er hart -- aber wie flehentlich bat sein Herz es ihr ab, als sie am Abend vor der T?r seines Gesch?ftes stand und ihn abholte. Sch?n und vornehm wie keine, ging sie dennoch an seiner Seite durch die gl?nzendsten Strassen. Hinter der erleuchteten Glast?r eines Friseurladens sah man eingeseifte Herren sitzen, streng, w?rdig, aber doch abger?stet. Im Vorbeigehen beugte die Schwester sich vor das Gesicht des Bruders. >>Da sitzen sie,<< sagte sie und hatte um ihren karminroten Mund zwei Z?ge von Hass und Hohn. Noch beim Abendessen dachte sie wohl daran, denn unvermittelt lachte sie auf, und wie er hinsah, war es wieder dies Gesicht. Da sie merkte, er sah hin, verwandelte es sich, und ihre Augen tauchten in seine, mit einer solchen Kraft von Mitleid, Dankbarkeit und Wissen, dass er f?hlte: >>Geschehe was immer.<< -- >>Wir wollen doch noch unsere Partie spielen,<< sagte sie, da ward ihm schon wieder bang, denn es klang wie ein letztes Mal. Dann gab sie die Karten mit ihren H?nden, von denen Duft wehte. >>Du schwindelst wohl?<< sagte sie heiter, da er gewann; und langsam, mit verlorener Miene in die Lampe starrend: >>Ach nein. Am schwersten wird man die Anst?ndigkeit los.<< K?nftig zeigte er sich noch seltener, er durfte nicht l?nger sich dazwischendr?ngen in den Lebenskampf, dem er sie nicht hatte entheben k?nnen. Was sie fortan erlebte, geh?rte nur ihr -- und wohl noch einem, aber nicht ihm. Sein waren die Angst, die Sehnsucht und der Zorn, dies gehetzte Herz, das anbetete und verw?nschte in einem. Er wusste gleichwohl immer, was vorging; ihm schrien es Dinge zu, die kaum waren, ein Hauch in der Luft, ein Schatten in zwei Augen. Er kannte den Mann -- hatte ihn nie mit ihr gesehen, war ihm unbekannt, und stand doch unter einem Haustor, um ihm entgegenzublicken, der Gestalt des Schicksals, um ihm nachzublicken, dem Gang des Schicksals, unerbittlich wie es ging, und ganz fremd. Einmal aber verliess er das Gesch?ft zu einer ungewohnten Zeit, ein hohes Fieber n?tigte ihn; und zu Haus nahm er wahr, sie waren da. Er stand, atmete nicht, und h?rte. Ein entz?ckter Klang drang hervor, und ja, dieser Klang: Beatrix. Da ging er fort, fiebernd, aber seine schnellen Pulse klopften wie ein Gl?ck -- ein Gl?ck, sei es wie immer. Sie hatte von dem, den sie liebte, genannt werden wollen, wie von ihm! Wenn sie sich von Liebe verkl?rt f?hlte, ging sie in das M?rchenwesen ein, das sein, sein war. Er f?hlte: Meine Schwester! Tage zogen vorbei, da sie ihn wohl ganz vergessen hatte, und Tage, an denen sie ihn nicht fortlassen wollte; aber er wusste, wann es aus G?te und ruhigem Sinn kam, und wann er sie retten sollte. Er rettete sie nie; sie musste allein an sich tragen, er konnte ihr nur stumm und treu wie ein Hund bedeuten, dass er Bescheid wisse um ihre gekrampften Mienen, die Trennung hiessen, bevorstehender Zusammenbruch, Angst des Endes, um ihr Umherirren und Seufzen, worin schon neue Hoffnungen sich meldeten, ein anderer Mann, und wieder Leichtsinn und wieder Schmerz. Ihm schien die Zeit stillzustehen in allem Hin und Her, das nur ablief und zu nichts f?hrte, und dem er beiwohnte in immer gleicher Demut und Ergriffenheit. Dennoch erschien ein Abend -- sie hatte ihn nicht fortgehen lassen, und war selbst nicht vorbereitet zum Ausgehen, setzte sich hin bei ihm, fand keine Ruhe, hatte schon ihr Zimmer aufgesucht und kam noch zur?ck. Er sah auf, erstaunt wie von jeher, wenn die Gunst des Augenblicks ihm ihren Anblick schenkte. In ihrem Gesicht aber entstand nichts von der kleinen Freude, die sein Staunen sonst ihr schenkte. Seltsam, sie hatte ein Gesicht, als s?he sie, nun sie zu ihm sprach, nicht sich, sondern wie vor Zeiten, wirklich ihn. Sie sagte: >>Hast du denn eigentlich nie daran gedacht, zu heiraten?<< Er bedachte, was ihr denn einfiele. Um Zeit zu gewinnen, sah er an sich nieder, und er murmelte: >>Jetzt doch wohl nicht mehr.<< Dies war es aber nicht: in ihm stammelte es anders. >>Wer, wie ich . . .<< Und: >>Beatrix!<< Ihr Blick zog sich schon zur?ck, sie sah nicht weg, und sah schon nicht mehr ihn. >>H?ttest du geheiratet,<< sagte sie, >>vielleicht w?rde ich dann ein Asyl gehabt haben, wenn es mit mir aus ist.<< Er schrak auf, fassungslos: >>Mit dir!<< Da schwieg sie zuerst gramvoll -- und sagte dann, mit einer Stimme wie eine Kranke: >>Sieh mich doch an! Sieh mich doch nur wirklich an!<< Und weil sie es wollte, sah er sie, sah mit einem Schlag alles. Sie hatte die Lippen heute nicht gef?rbt, die Haut des Gesichtes gelassen, wie sie war, dem Blick nicht nachgeholfen, das Kleid umgeh?ngt wie um irgendeine Nebenperson, und stand auf einmal da, als sei sie entbl?sst von einem goldenen Nebel und in den Alltag versetzt. Die Augen erkaltet von Entt?uschungen und geschw?cht von Verlusten, der Zug des Hohnes eingewurzelt um den Mund, umgew?hlt die Stirn wie ein Feld mit Leichen und m?de dies menschliche Wesen nach getragenen Lasten, entstellt das Antlitz und der Leib durch Kampf, den t?glichen Kampf um das Brot der Seele und um ihr Dasein, den nie entschiedenen Kampf: so stand sie vor dem Bruder, der die H?nde erhob, langsam aufhob und sie faltete. Da sie sah, er habe begriffen, sagte sie: >>Diese acht Jahre waren eine lange, lange Zeit.<< Und w?hrend ihre Stimme, kranke Kinderstimme, noch nachklang, strich sie tastend ?ber ihre H?ften, als seien sie wund oder als suchte sie nach ihrer verlorenen Form. Da riss er sie an sich, und hinsinkend weinten sie. Das Gesicht noch trocknend, eilte sie schon fort. Unter der T?r, zur?ckgewendet, sagte sie: >>Morgen gehe ich auf eine Reise. Du kannst unbesorgt sein . . .<< und sagte es inst?ndig, als setzte sie hinzu: >>Glaub' mir oder doch lass' mich es glauben!<< Morgen kam, und sie war fort, und er in seinem Hofzimmer beim Gaslicht erdr?ckte mit beiden H?nden in seinem Herzen, was er wusste, sein ungeheures Wissen. Zwei Tage, da rief man ihn in die Frauenklinik: tot sei sie, tot sei seine Schwester. Er ging und beugte noch einmal seinen grauen Kopf vor ihrer unverg?nglichen Sch?nheit. Der Sarg schwankte hinaus, da war ein Mensch da und hielt dem Bruder die Hand hin. Es war ihr erster Geliebter, jener, der an Gestalt und Gang dem Schicksal geglichen hatte. Armes Schicksal, verst?rt und bleich. Trotz der tr?ben Fr?he standen draussen Leute, um den Sarg zu sehen. Der Bruder h?rte sagen: >>Sie war nur eine . . .<< Er sah sich nicht um nach dem Wort, er dachte: >>Wisst ihr denn gar nichts?<< und er f?hlte Verachtung und Mitleid. Die Verjagten Seit gestern ist nun auch die sechzehnj?hrige Linda Barocci gestorben. Alle, die sie kannten, sagen, dass sie gl?cklich zu leben verdient h?tte, denn sie war gut und tapfer, was sie schon lange vor ihrem letzten Ungl?ck bewiesen hatte, draussen vor Porta Agnese bei ihrem Verwandten Nazzarri, der ihr nachstellte. Nazzarri Umberto hatte seine G?rtnerei gleich hinter dem Heiligtum Santa Agnese. Er war ein stattlicher Mann mit lebhafter Gesichtsfarbe. Die Linda, blond, weiss und sehr zierlich, fand ihr Heil, wenn die Laune ihn ankam, stets nur in ihrer Schnelligkeit. Denn der Garten ist gross und geht in das offene Feld ?ber. Wenn der Nazzarri der Kleinen l?stig fiel, trat manchmal seine Gattin dazwischen, die Frau Amelia, oder besser gesagt, sie rief ihrem Gatten von der T?r her Namen zu, die keine Kosenamen waren; aber pers?nlich zur Stelle zu sein ward ihr schwer wegen des Gewichts ihres K?rpers. Diese beleibte Person hatte ein gutes Herz, das die Linda die versuchte Untreue ihres Gatten nie entgelten liess. Vielmehr bezeigte sie ihr das innigste Mitleid und warnte den Nazzarri vor allem Ungl?ck, das seine b?se Lust nicht verfehlen werde heraufzurufen. Er aber wollte nicht h?ren. Gereizt durch den Widerstand des M?dchens, hetzte er sie oft umher wie toll, und besonders zu der Stunde, wo auf die Campagna die D?mmerung herabsteigt. Dann sahen Nachbarinnen Linda dahin huschen ?ber den Boden, klein und leicht wie eine Fledermaus, und irgendwo darin verschwinden. Denn die Erde hat dort versteckte L?cher, die zu den alten Katakomben hinabf?hren, und in ihnen findet man schwer den, den man sucht, wenn auch zuweilen solche, die man nicht gesucht hat, und die das Licht scheuen. Der Nazzarri musste draussen warten, bis es der Linda gefiel, zur?ckzukehren. Einmal, sagten sie, habe er achtundvierzig Stunden lang warten m?ssen. So verzweifelt war das M?dchen, dass es sich drunten verirrt hatte und halb verhungert hervorkam. Dem konnte die gute Tante Amelia nicht l?nger zusehen. Sie und die Linda taten soviel und soviel, bis endlich der Nazzarri dem M?dchen zu gehen erlaubte. Sie suchte sich eine Stelle als Magd in Rom, er war aber dahinter, dass es bei strengen Leuten w?re und in einem Haus ohne Jugend. Die Frau Gr?fin Marinotti hat ihren Palast in Via Argentina und bewohnt ihn allein mit ihrer Zofe und Haush?lterin Bona Chichetti, die bei Jahren ist wie sie selbst und eine Gehilfin braucht, und diese war die Linda. Sie erlangte die Zufriedenheit der beiden Alten, und so oft der Onkel Nazzarri sich einstellte -- er stellte sich aber jede Woche zweimal ein mit seinen Gem?sen -- ward ihm geantwortet, dass nichts Unrechtes zu merken sei an der Linda. Denn sie gehe nur aus, wenn ihr Dienst es verlange, niemals am Abend, und kein Mann komme ins Haus. Eines Tages aber sollten die guten Alten einen kommen sehen. Er war erst achtzehn und war ein Kohlentr?ger, Aldo Canta, von Montereale, Provinz Aquila, woher auch die Linda kam. So trug er ihr das S?ckchen mit dem Holz, das sie geholt hatte f?r den Herd, und folgte ihr bis vor das Haus. Schon beim zweiten Mal aber ging er mit ihr die Treppe hinauf, zu dem Saal im Adelsstock, wo die Frau Gr?fin in Gesellschaft ihrer Zofe Chichetti bei einem Kohlenbecken sass. Und als sie die beiden jungen Leute auf der Schwelle sah, rief sie ihnen zu, herbei zu treten, und sie taten es, und Aldo sagte, dass er der Linda wohlwolle, und sie sagte, dass sie beschlossen habe, ihn zum Mann zu nehmen. Da aber die beiden Alten erw?hnten, den Fall m?ssten sie dem G?rtner mitteilen, fing das M?dchen zu weinen an und der junge Mann weinte mit ihr aus Zorn, weil sie ihm gesagt hatte, wie die Dinge standen. Die Tr?nen der jungen Leute bewogen sowohl die Gr?fin wie die Zofe zum Mitleid, so dass sie dem Nazzarri, als er wiederkam, die Sache verschwiegen. Dennoch aber fasste er Verdacht, weil das M?dchen nicht mehr zaghaft schien, sondern den Kopf hob und sang. So kam es, dass der Aldo und die Linda, als sie eines Abends, schon im Dunkeln, vor dem Haus hin und her gingen, um die Ecke der Via Barbieri den Nazzarri erscheinen sahen, und dieses Mal ohne Gem?se und in der Haltung eines Sp?henden. Das M?dchen, zitternd vor Furcht, griff nach der Hand des Verlobten und zog ihn hinter die Haust?r. >>Er hat uns schon gesehen,<< fl?sterte sie. >>O mein Aldo, was jetzt?<< -- Er sagte: >>Ich will mich nicht verstecken, lass mich hinauf, Linda, und du sollst sehen wie die Sache endet.<< -- Sie hielt ihn aber fest mit aller ihrer Kraft und beschwor ihn, dass er das, was er meine, um Gottes willen nicht tue, denn der Nazzarri sei der Bruder ihrer Mutter. Und damit er nichts unternehmen k?nne, zog sie ihn die Treppe hinauf. In die Haust?r sprang schon der Nazzarri und war sogleich hinter ihnen her. Sie liefen ?ber die erste Treppe. Der G?rtner, auf ihren Fersen, rief: >>Das sollst du mir bezahlen, Verf?hrer meines Kindes!<< und Aldo rief zur?ck, schon von der zweiten Treppe: >>Bezahlen wirst du selbst!<< Da waren sie im Adelsstock und von dem Geschrei kamen die beiden Alten hervor. Durch sie ward der G?rtner aufgehalten, die jungen Leute erlangten einen Vorsprung, sie erreichten ein Zimmer unter dem Dach und sperrten sich ein. Da atmeten sie nun nach dem Lauf, standen und sahen erregt einander an. >>Ich wollte es nicht sagen,<< gestand Linda, >>aber ich wusste es, denn ich hatte einen M?nch von Sant' Agnese gesehen, der uns beobachtete, und so wusste ich, wir seien verloren.<< -- >>Das sind wir nicht,<< sagte Aldo. -- >>Aber er wird mich Dir fortnehmen.<< -- >>Das wird er nicht tun,<< sagte Aldo. Und inzwischen h?rten sie schon seinen Schritt vor der T?r. Er riss daran und trat dagegen, obwohl die beiden Alten ihm zuredeten; aber er h?rte nichts und schrie nur immer nach dem Verf?hrer seines Kindes. >>Wohin mit uns, wenn die T?r zerbricht,<< sagte Linda. Aldo aber ?ffnete das Fenster und sah, dass das Zimmer in einem Winkel des Hofes lag. An der andern Wand des Winkels war ein Balkon, dorthin dachte er zu entkommen mit seiner Geliebten. Er sagte ihr, er wolle den Gang wagen ?ber den Abgrund, und dann werde er ihr zu helfen wissen. Aber sie zeigte ihm die klaffenden Risse in dem Stein des Balkons, seine lockeren Eisenklammern und dahinter das verfallene Haus. Denn dort ist ein Haus, das seine Bewohner verlassen haben, und die Arbeiter, die es wieder herstellen sollen, betraten es noch selten. Der junge Kohlentr?ger sprach nichts mehr, er schwang sich, indess Linda dastand ohne Regung, ?ber das Fenster, er fasste ein St?ck Eisen in der Mauer, trat in eine L?cke zwischen den Steinen, dann in die n?chste, und so bis zu dem Balkon. Behutsam stieg er hinein, und aus dem Zimmer dahinter holte er eine Leiter, die schob er hin?ber, in das Fenster zur Linda. >>Komm!<< sagte er, und sie kam -- ?ber die Leiter, die er nicht auf die unsichere Br?stung des Ballons legte, sondern in seiner festen Hand hielt. Wie sie aber mitten ?ber der Tiefe kniete, gab im Zimmer hinter ihr die T?r nach und der Nazzarri st?rzte herein. Ein Blick, erstarrt waren sein Geschrei und seine geschwungene Faust. Die beiden Alten kam eine Schw?che an. Der Aldo dr?ben empfing in seinen Armen die Linda, und gemeinsam traten sie in das Dunkel des verlassenen Hauses. Wer sich nicht zufrieden gab, war der G?rtner. Er machte Aufruhr im Hof und auf der Strasse. Die meisten lachten ihn aus, auch die W?chter glaubten ihm nicht, denn das Haus war verschlossen von allen Seiten. Mehrere Neugierige fanden sich immerhin, die im Hof ?bungen anstellten, um ein langes Seil bis dort hinauf und ?ber den Balkon zu werfen. Zum Schluss gelang es ihnen, aber wie man ein wenig daran zog, fiel ein Stein herab, und so liess man es. Erst am Morgen konnte der Nazzarri den finden, der den Schl?ssel hatte, und das Haus aufsperren. Hierbei drangen Viele mit ein, denn der Fall war in der Strasse umhergekommen, und sie sahen es als ein Abenteuer an, das nicht ohne Grauen und Gefahr w?re, f?hrten einander irre im Haus, erschreckten einander und ahmten die Stimmen von b?sen Geistern nach. Die Liebenden inzwischen zogen sich vor der nahenden Menge zur?ck, aus dem Innern des Hauses, hin und her, bis in seinen ?ussersten Winkel, und so fanden sie sich am Ende wieder in dem Zimmer, durch das sie hineingelangt waren. Es sah so w?st und kahl aus im Tageslicht, als er?ffnete es ihnen, hier ende die Welt. >>Nun geht es in Wahrheit nicht weiter,<< sagte Linda. >>Nur einen Schritt noch,<< sagte Aldo. >>Mit Dir!<< sagte Linda, und sie traten auf den Balkon hinaus, an seinen Rand, der schon wankte. Vom Hof die Leute sahen es, welche ernsten Gesichter sie beide hatten, die Augen gross aufeinander, und blauer Himmel nahm ihre Stirnen auf. Unter ihren F?ssen geschah ein Krachen. Ihre Arme hoben sich, sie wollten wohl hingreifen, wo ein Halt w?re; und so fassten sie Eines um das Andere. Umschlungen st?rzten sie hinab. Aldo, der zuerst unten aufschlug, war sofort tot, die Linda fiel auf ihn, sie brachten sie noch lebend in das Hospital Santo Spirito. Zu ihrem Gl?ck blieb sie ohne Bewusstsein. In der Nacht starb auch sie. Sie war sechzehn Jahre alt, ihr Aldo erst achtzehn. Sie hatte die Mutter in Montereale, Provinz Aquila. Inhalt Die Tote Der Bruder Die Verjagten Anmerkungen zur Transkription Offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert wie hier aufgef?hrt : : ... wieder ganz diesen Tonfall zn h?ren, als ... ... wieder ganz diesen Tonfall zu h?ren, als ... : ... Verschollen . . . Genug, ich ziehe mich zur?ck. ... ... >>Verschollen . . . Genug, ich ziehe mich zur?ck. ... 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