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Read Ebook: Der Findling. Erster Band. by Verne Jules
Font size: Background color: Text color: Add to tbrJar First Page Next PageEbook has 830 lines and 33521 words, and 17 pagesrochen von der Purpurfarbe hoher B?sche, der Ebereschen, die von ferne Weinst?cken gleichen, an deren Reben korallene Trauben hingen. Kaum drei Meilen von hier erhebt sich schon der Erdboden unter den letzten Ausl?ufern der Clanaraderrykette, mit harzreichem Fichtenbestand, deren Zapfen an den Gaisblattranken zu h?ngen scheinen, die sich ?berall durch das Ge?st der B?ume schlingen. Der Betrieb der Farm von Kerwan erfordert ziemlich verschiedene Culturen, giebt im ganzen aber nur einen mittelm?ssigen Ertrag. Die Weizenfrucht, die in der Hauptsache zu Gr?tze vermahlen wird, zeichnet sich weder durch L?nge der Halme, noch durch Ergiebigkeit der Aehren aus. Der Hafer ist mager und schw?chlich, was hier um so schlimmer erscheint, als das Hafermehl fortw?hrend verwendet wird. Besser gedeihen noch Gerste und Roggen, welch letzterer den gr?ssten Theil des Brodes liefert. Bei der Rauhigkeit des Klimas k?nnen aber auch diese Feldfr?chte vor October oder November selten geerntet werden. Unter den im Grossen angebauten Gem?sen, wie den R?ben und dem starkh?uptigen Kohl, nehmen die Kartoffeln den ersten Rang ein, die, vorz?glich in den minder beg?nstigten Theilen Irlands, die eigentliche Volksnahrung ausmachen. Man fragt sich wirklich, wovon die Landleute wohl gelebt haben m?gen, ehe Parmentier die werthvolle Knollenfrucht auf der Insel einf?hrte. Vielleicht hat die Kartoffel freilich die Bauern etwas sorgloser gemacht, da diese auf die Ausbeute an solchen rechnen, wodurch sie vor Hungersnoth gesch?tzt bleiben, so lange nicht gar zu ung?nstige Verh?ltnisse eintreten. Wenn die Erde die Thiere ern?hrt, so tragen diese auch wieder zur Ern?hrung der Erde bei. Ohne sie ist kein Anbau m?glich. Die einen dienen zur Arbeit mit Pflug und Egge, die andern liefern Eier, Fleisch und Milch, alle aber die n?thige D?ngung f?r den Acker. Zur Farm von Kerwan geh?rten auch sechs Pferde, und doch reichten sie, als Zwei- oder Dreigespann verwendet, kaum aus, die Pflugschaar durch den steinigen Boden zu ziehen. Standen sie auch nicht verzeichnet im >>Stud-book<<, der Adelsrolle der Pferdefamilien, so leisteten sie doch die besten Dienste und begn?gten sich mit trocknem Heidekraut, wenn's einmal an besserem Futter mangelte. Ein Esel leistete ihnen Gesellschaft, und diesem konnte es nimmer an Disteln fehlen, deren es hier in solchen Mengen giebt, dass alle dahin zielenden Verordnungen die Vertilgung dieser wuchernden Pflanze nicht erzwingen werden. Unter dem Stallvieh gab es ein halbes Dutzend sch?ne, rothhaarige Milchk?he und gegen hundert schwarzk?pfige Schafe mit sehr weisser Wolle, deren Unterhaltung im Winter, wo fusstiefer Schnee die Fluren bedeckt, mit vielen Schwierigkeiten verkn?pft ist. Weniger gilt das von den zwanzig Ziegen, die der Farmer besass und denen man es mehr selbst ?berlassen konnte, sich Nahrung zu suchen. Gab es kein Gras, so fanden sie noch immer Bl?tter, die auch der strengsten K?lte widerstanden. Ein Dutzend Schweine barg ein besondrer Stall an der rechten Hofseite; diese wurden f?r den eignen Bedarf gem?stet. Der Farmer betrieb n?mlich die Aufzucht solcher nicht, obgleich von Limerick sehr viele Schinken versendet werden, die denen von York an G?te gleichkommen und auch unter dieser Marke im Handel sind. H?hner, G?nse und Enten gab es so viel, dass noch Eier nach dem Markte von Tralee geliefert werden konnten, Truth?hner und Haustauben aber nicht, und diese findet man in den Bauernh?fen Irlands ?berhaupt nur selten. Auch eines Hundes m?ssen wir gedenken, eines schottischen Terriers, der zur Bewachung der Schafheerde diente. Einen Jagdhund gab es hier nicht, trotz des Wildreichthums der Gegend. Die Jagd ist ja nur ein Vergn?gen der Landlords. Der sehr hohe Preis f?r den Jagdschein, der der britischen Staatscasse zuf?llt, und die Taxe f?r Berechtigung zum Halten eines Jagdhundes, verbieten sie dem kleinen Manne schon allein. Das war das Pachtgut von Kerwan, das ziemlich isoliert innerhalb einer Schleife des Cashenflusses und f?nf Meilen von der Parochie Silton entfernt lag. In der Grafschaft gab es gewiss noch schlechteren Boden, leichtes, kieselreiches Land, das keine D?ngung festh?lt und wo der Pachtschilling nicht einmal eine Krone f?r den Acre betr?gt; der Grund und Boden Martin Mac Carthy's war aber auch h?chstens von mittlerer G?te. Jenseits des angebauten Gebietes dehnten sich unfruchtbare, sumpfige Ebenen aus, da und dort bedeckt mit Stechginster oder mit wilden Rosen, zwischen denen wucherndes Haidekraut bl?hte. Ueber den Fluren flatterten in dichten Schw?rmen Kr?hen umher, die nach den einges?eten K?rnern suchten, oder V?lker von grossschn?bligen Sperlingen, die die neugebildeten Getreidek?rner, zum argen Schaden f?r die P?chter auspicken. Noch weiter hinaus stiegen stille W?lder von Birken und L?rchenb?umen auf, die in den steilen Abh?ngen der Berge wurzelten und die von den Winterst?rmen, welche durch das schmale Thal des Cashen jagen, oft mit unheimlicher Gewalt gesch?ttelt und zerzaust werden. Im Ganzen bildet diese Grafschaft Kerry ein merkw?rdiges Land, das die Aufmerksamkeit der Touristen mit seinen Amphitheatern bewaldeter H?hen, seinen ?berraschenden Fernsichten, die durch die hyperbor?ischen Nebeld?nste eher verfeinert erscheinen, entschieden mehr verdiente, als bisher. Ein hartes, schlimmes Land ist es nur f?r die, die es bewohnen, eine knauserische Stiefmutter f?r die, die es bebauen. Doch wenn nur die Ernte an Kartoffeln, der wirklichen Brodfrucht der Insel, in Kerry und den andern Grafschaften nicht versagt. Wenn das aber auf der Million dem Knollenbau einger?umten Acres eintrifft, dann bedeutet es den Hunger mit allen seinen Schrecken. Die Farm von Kerwan. Am 20. October, nachmittags gegen drei Uhr, erschollen auf der nach der Farm von Kerwan f?hrenden Strasse laute Jubelrufe. >>Da kommt der Vater! -- Da ist die Mutter! -- Nun sind sie ja beide zur?ck!<< Kitty und Sim waren es, die Martin und Martine Mac Carthy schon von weither begr?ssten. >>Guten Tag, Kinder! sagte Martin. -- Guten Tag, meine S?hne!<< rief Martine, die in das W?rtchen >>meine<< ihren ganzen m?tterlichen Stolz legte. Der Farmer und seine Gattin hatten Limerick heute Morgen fr?hzeitig verlassen. So einige dreissig Meilen bei schon recht k?hlem Herbstwind zur?ckzulegen, hat schon etwas auf sich, zumal wenn das mittelst eines >>Jaunting-car<< geschieht. Das Gef?hrte wird >>Car<< genannt, weil es ein Wagen ist, und die n?here Bezeichnung durch das Beiwort >>Jaunting<< erh?lt es, weil seine Passagiere, R?cken gegen R?cken, auf zwei in der L?ngenachse des Fuhrwerks angebrachten B?nken sitzen. Man braucht sich nur die Ruheb?nke in st?dtischen Parkanlagen verdoppelt und auf ein paar R?dern befestigt vorzustellen, wozu man noch je ein Brett als Fussst?tze f?r die zu bef?rdernden Personen zu denken hat, die sich an die Gep?ckst?cke hinter ihnen anlehnen, so hat man den in Irland am meisten gebr?uchlichen Wagen. Wenn er auch nicht sehr vortheilhaft erscheint, weil man davon nur nach je einer Seite Aussicht hat, und nicht sehr comfortabel, weil er ganz ohne Dach ist, so rollt er wenigstens ziemlich flott dahin und sein Kutscher entwickelt meist ebensoviel Geschicklichkeit wie Schnelligkeit. So konnte es nicht wundernehmen, dass Martin und Martine Mac Carthy, die gegen sieben Uhr fr?h von Limerick abgefahren waren, gegen drei Uhr in Sicht des Pachthofs eintrafen. Sie befanden sich auf dem Jaunting-car auch nicht allein, denn dieser brachte wohl noch zehn andre Personen mit. Nachdem die Farmersleute abgestiegen waren, rollte das Gef?hrt in schnellem Trabe nach dem Hauptorte der Grafschaft Kerry weiter. Eben trat Murdock aus seinem an der Hofecke gelegenen Zimmer, wo die Nebengeb?ude der rechten Seite an das Wohnhaus stiessen. >>Ihr habt eine gl?ckliche Fahrt gehabt, V?terchen? fragte die junge Frau, nachdem sie Martine umarmt hatte. -- Eine sehr gute Fahrt, Kitty. -- Fandet Ihr auf dem Markte in Limerick die gew?nschten Kohlpflanzen? erkundigte sich Murdock. -- Ja, mein Sohn; morgen sollen sie uns zugeschickt werden. -- Und auch den R?bensamen?... -- Gewiss; sogar von bester Sorte. -- Das ist gut, Vater. -- O, wir fanden auch noch eine andre Art Samen.... -- Welche denn? -- Ein... Babysamenkorn, das uns von bester Sorte erschien.<< Murdock und sein Bruder machten grosse Augen, als sie das Kind bemerkten, das ihre Mutter in den Armen hielt. >>Da habt Ihr ein Kn?blein, sagte sie, in Erwartung, dass Kitty uns einen kleinen Kameraden dazu schenkt. -- Er ist ja ganz erfroren, der Kleine! antwortete die junge Frau. -- Ich hab' ihn aber w?hrend der Fahrt in meinen Tartan eingewickelt, so gut ich konnte, versicherte die Farmersfrau. -- Schnell, schnell, dr?ngte Martin, wir wollen ihn vor dem Kamine wieder warm machen und auch die Grossmutter begr?ssen, die darauf warten wird.<< Kitty nahm den kleinen Knaben aus den H?nden Martines, und bald war die ganze Familie in dem grossen Mittelzimmer versammelt, wo die Grossmutter auf einem alten gepolsterten Armstuhle sass. Man zeigte ihr das Kind. Sie nahm es in die Arme und setzte sich's auf die Knie. Der Kleine liess es sich gefallen. Seine Blicke wanderten von einem zum andern. Er verstand nicht, was mit ihm vorging. Jedenfalls glich das Heute nicht dem Gestern. War alles nur ein Traum? Er sah h?bsche Gesichter, junge und alte um sich. Seit seinem Erwachen hatte er nur liebevolle Worte geh?rt. Die Fahrt auf dem schnell durch das Land hineilenden Wagen war ihm eine Zerstreuung gewesen. Gute Luft und der Morgenduft der Blumen und B?sche f?llten seine Brust. Eine kr?ftige Suppe vor der Abfahrt hatte ihn gest?rkt und unterwegs hatte er, immer an kleinen Kuchen aus der Tasche Martines nagend, erz?hlt, was er von seinem Leben wusste, von dem Aufenthalt in der abgebrannten Lumpenschule, von der Freundlichkeit Grips, dessen Name sehr oft ?ber seine Lippen kam, ferner von Miss Anna, die ihn ihren Sohn genannt hatte und doch gar nicht seine Mutter war, weiter von einem sehr erz?rnten Herrn, den sie den Herzog nannten, dessen Namen er aber vergessen hatte und der ihn mit wegnehmen wollte, endlich von seinem Verlassensein und wie er sich allein auf dem Friedhofe von Limerick befunden habe. Martin Mac Carthy und seine Frau verstanden von der ganzen Geschichte nicht viel, ausser dass er weder Eltern noch Angeh?rige hatte, und dass er ein verlassenes kleines Gesch?pf sei, das die Vorsehung ihrer treuen Sorge anvertraut hatte. Ger?hrt umarmte ihn die Grossmutter und dann auch die andern, deren Theilnahme f?r ihn erwachte. >>Ja, wie heisst er denn? fragte die Grossmutter. -- Er konnte uns keinen andern Namen als >>Findling<< angeben, antwortete Martine. -- Na, er braucht keinen andern, meinte Martin; wir rufen ihn ebenso, wie er bis jetzt gerufen wurde. -- Wenn er aber einmal gross wird?... warf Sim ein. -- So bleibt er nach wie vor der Findling!<< erkl?rte die Grossmutter, die ihn mit einem herzhaften Kusse taufte. Das war also der Empfang, den unser Held beim Eintreffen auf dem Pachthofe fand. Man nahm ihm die Lumpen ab, die er f?r die Rolle des Sib angelegt bekommen hatte. Daf?r erhielt er die letzten Kleidungsst?cke Sims, die dieser, als er im gleichen Alter war, getragen hatte und die zwar nicht neu, aber doch reinlich und warm waren. Seine Wollenjacke liess man ihm, da er auf diese, obgleich sie allm?hlich zu eng wurde, viel zu halten schien. Add to tbrJar First Page Next Page |
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