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Munafa ebook

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Read Ebook: Effi Briest by Fontane Theodor

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Ebook has 1800 lines and 96962 words, and 36 pages

>>Nein, Wilke, nicht so; das mit den Schlusen, das ist unsere Sache... Hertha, du musst nun die T?te machen und einen Stein hineintun, dass alles besser versinken kann. Und dann wollen wir in einem langen Trauerzug aufbrechen und die T?te auf offener See begraben.<<

Wilke schmunzelte. Is doch ein Daus, unser Fr?ulein, so etwa gingen seine Gedanken. Effi aber, w?hrend sie die T?te mitten auf die rasch zusammengeraffte Tischdecke legte, sagte: >>Nun fassen wir alle vier an, jeder an einem Zipfel, und singen was Trauriges.<<

>>Ja, das sagst du wohl, Effi. Aber was sollen wir denn singen?<<

>>Irgendwas; es ist ganz gleich, es muss nur einen Reim auf 'u' haben; 'u' ist immer Trauervokal. Also singen wir:

Flut, Flut, Mach alles wieder gut ...<<

Und w?hrend Effi diese Litanei feierlich anstimmte, setzten sich alle vier auf den Steg hin in Bewegung, stiegen in das dort angekettete Boot und liessen von diesem aus die mit einem Kiesel beschwerte T?te langsam in den Teich niedergleiten.

>>Hertha, nun ist deine Schuld versenkt<<, sagte Effi, >>wobei mir ?brigens einf?llt, so vom Boot aus sollen fr?her auch arme, ungl?ckliche Frauen versenkt worden sein, nat?rlich wegen Untreue.<<

>>Aber doch nicht hier.<<

>>Nein, nicht hier<<, lachte Effi, >>hier kommt sowas nicht vor. Aber in Konstantinopel, und du musst ja, wie mir eben einf?llt, auch davon wissen, so gut wie ich, du bist ja mit dabeigewesen, als uns Kandidat Holzapfel in der Geographiestunde davon erz?hlte.<<

>>Ja<<, sagte Hulda, >>der erz?hlte immer so was. Aber so was vergisst man doch wieder.<<

>>Ich nicht. Ich behalte so was.<<

Zweites Kapitel

Sie sprachen noch eine Weile so weiter, wobei sie sich ihrer gemeinschaftlichen Schulstunden und einer ganzen Reihe Holzapfelscher Unpassendheiten mit Emp?rung und Behagen erinnerten. Ja, man konnte sich nicht genug tun damit, bis Hulda mit einem Male sagte: >>Nun aber ist es h?chste Zeit, Effi; du siehst ja aus, ja, wie sag ich nur, du siehst ja aus, wie wenn du vom Kirschenpfl?cken k?mst, alles zerknittert und zerknautscht; das Leinenzeug macht immer so viele Falten, und der grosse weisse Klappkragen ... ja, wahrhaftig, jetzt hab ich es, du siehst aus wie ein Schiffsjunge.<<

>>Midshipman, wenn ich bitten darf. Etwas muss ich doch von meinem Adel haben. ?brigens, Midshipman oder Schiffsjunge, Papa hat mir erst neulich wieder einen Mastbaum versprochen, hier dicht neben der Schaukel, mit Rahen und einer Strickleiter. Wahrhaftig, das sollte mir gefallen, und den Wimpel oben selbst anzumachen, das liess' ich mir nicht nehmen. Und du, Hulda, du k?mst dann von der anderen Seite her herauf, und oben in der Luft wollten wir hurra rufen und uns einen Kuss geben. Alle Wetter, das sollte schmecken.<< >>'Alle Wetter ...', wie das nun wieder klingt ... Du sprichst wirklich wie ein Midshipman. Ich werde mich aber h?ten, dir nachzuklettern, ich bin nicht so waghalsig. Jahnke hat ganz recht, wenn er immer sagt, du h?ttest zuviel von dem Bellingschen in dir, von deiner Mama her. Ich bin bloss ein Pastorskind.<<

>>Ach, geh mir. Stille Wasser sind tief. Weisst du noch, wie du damals, als Vetter Briest als Kadett hier war, aber doch schon gross genug, wie du damals auf dem Scheunendach entlangrutschtest. Und warum? Nun, ich will es nicht verraten. Aber kommt, wir wollen uns schaukeln, auf jeder Seite zwei; reissen wird es ja wohl nicht, oder wenn ihr nicht Lust habt, denn ihr macht wieder lange Gesichter, dann wollen wir Anschlag spielen. Eine Viertelstunde hab ich noch. Ich mag noch nicht hineingehen, und alles bloss, um einem Landrat guten Tag zu sagen, noch dazu einem Landrat aus Hinterpommern. Altlich ist er auch, er k?nnte ja beinah mein Vater sein, und wenn er wirklich in einer Seestadt wohnt, Kessin soll ja so was sein, nun, da muss ich ihm in diesem Matrosenkost?m eigentlich am besten gefallen und muss ihm beinah wie eine grosse Aufmerksamkeit vorkommen. F?rsten, wenn sie wen empfangen, soviel weiss ich von meinem Papa her, legen auch immer die Uniform aus der Gegend des anderen an. Also nun nicht ?ngstlich ... rasch, rasch, ich fliege aus, und neben der Bank hier ist frei.<<

Hulda wollte noch ein paar Einschr?nkungen machen, aber Effi war schon den n?chsten Kiesweg hinauf, links hin, rechts hin, bis sie mit einem Male verschwunden war.

>>Effi, das gilt nicht; wo bist du? Wir spielen nicht Versteck, wir spielen Anschlag<<, und unter diesen und ?hnlichen Vorw?rfen eilten die Freundinnen ihr nach, weit ?ber das Rondell und die beiden seitw?rts stehenden Platanen hinaus, bis die Verschwundene mit einem Male aus ihrem Versteck hervorbrach und m?helos, weil sie schon im R?cken ihrer Verfolger war, mit >>eins, zwei, drei<< den Freiplatz neben der Bank erreichte.

>>Wo warst du?<<

>>Hinter den Rhabarberstauden; die haben so grosse Bl?tter, noch gr?sser als ein Feigenblatt ...<<

>>Pfui ...<<

>>Nein, pfui f?r euch, weil ihr verspielt habt. Hulda, mit ihren grossen Augen, sah wieder nichts, immer ungeschickt.<< Und dabei flog Effi von neuem ?ber das Rondell hin, auf den Teich zu, vielleicht weil sie vorhatte, sich erst hinter einer dort aufwachsenden dichten Haselnusshecke zu verstecken, um dann, von dieser aus, mit einem weiten Umweg um Kirchhof und Fronthaus, wieder bis an den Seitenfl?gel und seinen Freiplatz zu kommen. Alles war gut berechnet; aber freilich, ehe sie noch halb um den Teich herum war, h?rte sie schon vom Hause her ihren Namen rufen und sah, w?hrend sie sich umwandte, die Mama, die, von der Steintreppe her, mit ihrem Taschentuch winkte. Noch einen Augenblick, und Effi stand vor ihr.

>>Nun bist du doch noch in deinem Kittel, und der Besuch ist da. Nie h?ltst du Zeit.<<

>>Ich halte schon Zeit, aber der Besuch hat nicht Zeit gehalten. Es ist noch nicht eins; noch lange nicht<<, und sich nach den Zwillingen hin umwendend , rief sie diesen zu: >>Spielt nur weiter; ich bin gleich wieder da.<<

Schon im n?chsten Augenblick trat Effi mit der Mama in den grossen Gartensaal, der fast den ganzen Raum des Seitenfl?gels f?llte.

>>Mama, du darfst mich nicht schelten. Es ist wirklich erst halb. Warum kommt er so fr?h? Kavaliere kommen nicht zu sp?t, aber noch weniger zu fr?h.<<

Frau von Briest war in sichtlicher Verlegenheit; Effi aber schmiegte sich liebkosend an sie und sagte: >>Verzeih, ich will mich nun eilen; du weisst, ich kann auch rasch sein, und in f?nf Minuten ist Aschenputtel in eine Prinzessin verwandelt. So lange kann er warten oder mit dem Papa plaudern.<<

Und der Mama zunickend, wollte sie leichten Fusses eine kleine eiserne Stiege hinauf, die aus dem Saal in den Oberstock hinauff?hrte. Frau von Briest aber, die unter Umst?nden auch unkonventionell sein konnte, hielt pl?tzlich die schon forteilende Effi zur?ck, warf einen Blick auf das jugendlich reizende Gesch?pf, das, noch erhitzt von der Aufregung des Spiels, wie ein Bild frischesten Lebens vor ihr stand, und sagte beinahe vertraulich: >>Es ist am Ende das beste, du bleibst, wie du bist. Ja, bleibe so. Du siehst gerade sehr gut aus. Und wenn es auch nicht w?re, du siehst so unvorbereitet aus, so gar nicht zurechtgemacht, und darauf kommt es in diesem Augenblick an. Ich muss dir n?mlich sagen, meine s?sse Effi ...<<, und sie nahm ihres Kindes beide H?nde, >>... ich muss dir n?mlich sagen ...<<

>>Aber Mama, was hast du nur? Mir wird ja ganz angst und bange.<<

>>... Ich muss dir n?mlich sagen, Effi, dass Baron Innstetten eben um deine Hand angehalten hat.<<

>>Um meine Hand angehalten? Und im Ernst?<<

>>Es ist keine Sache, um einen Scherz daraus zu machen. Du hast ihn vorgestern gesehen, und ich glaube, er hat dir auch gut gefallen. Er ist freilich ?lter als du, was alles in allem ein Gl?ck ist, dazu ein Mann von Charakter, von Stellung und guten Sitten, und wenn du nicht nein sagst, was ich mir von meiner klugen Effi kaum denken kann, so stehst du mit zwanzig Jahren da, wo andere mit vierzig stehen. Du wirst deine Mama weit ?berholen.<<

Effi schwieg und suchte nach einer Antwort. Aber ehe sie diese finden konnte, h?rte sie schon des Vaters Stimme von dem angrenzenden, noch im Fronthause gelegenen Hinterzimmer her, und gleich danach ?berschritt Ritterschaftsrat von Briest, ein wohlkonservierter F?nfziger von ausgesprochener Bonhomie, die Gartensalonschwelle - mit ihm Baron Innstetten, schlank, br?nett und von milit?rischer Haltung.

Effi, als sie seiner ansichtig wurde, kam in ein nerv?ses Zittern; aber nicht auf lange, denn im selben Augenblick fast, wo sich Innstetten unter freundlicher Verneigung ihr n?herte, wurden an dem mittleren der weit offenstehenden und von wildem Wein halb ?berwachsenen Fenster die rotblonden K?pfe der Zwillinge sichtbar, und Hertha, die Ausgelassenste, rief in den Saal hinein: >>Effi, komm.<<

Dann duckte sie sich, und beide Schwestern sprangen von der Banklehne, darauf sie gestanden, wieder in den Garten hinab, und man h?rte nur noch ihr leises Kichern und Lachen.

Drittes Kapitel

Noch an demselben Tage hatte sich Baron Innstetten mit Effi Briest verlobt. Der joviale Brautvater, der sich nicht leicht in seiner Feierlichkeitsrolle zurechtfand, hatte bei dem Verlobungsmahl, das folgte, das junge Paar leben lassen, was auf Frau von Briest, die dabei der nun um kaum achtzehn Jahre zur?ckliegenden Zeit gedenken mochte, nicht ohne herzbeweglichen Eindruck geblieben war. Aber nicht auf lange; sie hatte es nicht sein k?nnen, nun war es statt ihrer die Tochter - alles in allem ebensogut oder vielleicht noch besser. Denn mit Briest liess sich leben, trotzdem er ein wenig prosaisch war und dann und wann einen kleinen frivolen Zug hatte. Gegen Ende der Tafel, das Eis wurde schon herumgereicht, nahm der alte Ritterschaftsrat noch einmal das Wort, um in einer zweiten Ansprache das allgemeine Familien-Du zu proponieren. Er umarmte dabei Innstetten und gab ihm einen Kuss auf die linke Backe. Hiermit war aber die Sache f?r ihn noch nicht abgeschlossen, vielmehr fuhr er fort, ausser dem >>Du<< zugleich intimere Namen und Titel f?r den Hausverkehr zu empfehlen, eine Art Gem?tlichkeitsrangliste aufzustellen, nat?rlich unter Wahrung berechtigter, weil wohlerworbener Eigent?mlichkeiten. F?r seine Frau, so hiess es, w?rde der Fortbestand von >>Mama<< wohl das beste sein, w?hrend er f?r seine Person, unter Verzicht auf den Ehrentitel >>Papa<<, das einfache Briest entschieden bevorzugen m?sse, schon weil es so h?bsch kurz sei. Und was nun die Kinder angehe - bei welchem Wort er sich, Aug in Auge mit dem nur etwa um ein Dutzend Jahre j?ngeren Innstetten, einen Ruck geben musste -, nun, so sei Effi eben Effi und Geert Geert. Geert, wenn er nicht irre, habe die Bedeutung von einem schlank aufgeschossenen Stamm, und Effi sei dann also der Efeu, der sich darumzuranken habe. Das Brautpaar sah sich bei diesen Worten etwas verlegen an. Effi zugleich mit einem Ausdruck kindlicher Heiterkeit, Frau von Briest aber sagte: >>Briest, sprich, was du willst, und formuliere deine Toaste nach Gefallen, nur poetische Bilder, wenn ich bitten darf, lass beiseite, das liegt jenseits deiner Sph?re.<< Zurechtweisende Worte, die bei Briest mehr Zustimmung als Ablehnung gefunden hatten. >>Es ist m?glich, dass du recht hast, Luise.<<

Gleich nach Aufhebung der Tafel beurlaubte sich Effi, um einen Besuch dr?ben bei Pastors zu machen. Unterwegs sagte sie sich: >>Ich glaube, Hulda wird sich ?rgern. Nun bin ich ihr doch zuvorgekommen - sie war immer zu eitel und eingebildet.<< Aber Effi traf es mit ihrer Erwartung nicht ganz; Hulda, durchaus Haltung bewahrend, benahm sich sehr gut und ?berliess die Bezeugung von Unmut und ?rger ihrer Mutter, der Frau Pastorin, die denn auch sehr sonderbare Bemerkungen machte. >>Ja, ja, so geht es. Nat?rlich. Wenn's die Mutter nicht sein konnte, muss es die Tochter Sein. Das kennt man. Alte Familien halten immer zusammen, und wo was is, da kommt was dazu.<< Der alte Niemeyer kam in arge Verlegenheit ?ber diese fortgesetzten Spitzen Redensarten ohne Bildung und Anstand und beklagte mal wieder, eine Wirtschafterin geheiratet zu haben.

Von Pastors ging Effi nat?rlich auch zu Kantor Jahnkes; die Zwillinge hatten schon nach ihr ausgeschaut und empfingen sie im Vorgarten.

>>Nun, Effi<<, sagte Hertha, w?hrend alle drei zwischen den rechts und links bl?henden Studentenblumen auf und ab schritten, >>nun, Effi, wie ist dir eigentlich?<<

>>Wie mir ist? Oh, ganz gut. Wir nennen uns auch schon du und bei Vornamen. Er heisst n?mlich Geert, was ich euch, wie mir einf?llt, auch schon gesagt habe.<<

>>Ja, das hast du. Mir ist aber doch so bange dabei. Ist es denn auch der Richtige?<<

>>Gewiss ist es der Richtige. Das verstehst du nicht, Hertha. Jeder ist der Richtige. Nat?rlich muss er von Adel sein und eine Stellung haben und gut aussehen.<<

>>Gott, Effi, wie du nur sprichst. Sonst sprachst du doch ganz anders.<<

>>Ja, sonst.<<

>>Und bist du auch schon ganz gl?cklich?<<

>>Wenn man zwei Stunden verlobt ist, ist man immer ganz gl?cklich. Wenigstens denk ich es mir so.<<

>>Und ist es dir denn gar nicht, ja, wie sag ich nur, ein bisschen genant?<<

>>Ja, ein bisschen genant ist es mir, aber doch nicht sehr. Und ich denke, ich werde dar?ber wegkommen.<<

Nach diesem im Pfarr- und Kantorhause gemachten Besuche, der keine halbe Stunde gedauert hatte, war Effi wieder nach dr?ben zur?ckgekehrt, wo man auf der Gartenveranda eben den Kaffee nehmen wollte. Schwiegervater und Schwiegersohn gingen auf dem Kieswege zwischen den zwei Platanen auf und ab. Briest sprach von dem Schwierigen einer landr?tlichen Stellung; sie sei ihm verschiedentlich angetragen worden, aber er habe jedesmal gedankt. >>So nach meinem eigenen Willen schalten und walten zu k?nnen ist mir immer das liebste gewesen, jedenfalls lieber - Pardon, Innstetten -, als so die Blicke best?ndig nach oben richten zu m?ssen. Man hat dann bloss immer Sinn und Merk f?r hohe und h?chste Vorgesetzte. Das ist nichts f?r mich. Hier leb ich so freiweg und freue mich ?ber jedes gr?ne Blatt und ?ber den wilden Wein, der da dr?ben in die Fenster w?chst.<<

Er sprach noch mehr dergleichen, allerhand Antibeamtliches, und entschuldigte sich von Zeit zu Zeit mit einem kurzen, verschiedentlich wiederkehrenden >>Pardon, Innstetten<<. Dieser nickte mechanisch zustimmend, war aber eigentlich wenig bei der Sache, sah vielmehr wie gebannt immer aufs neue nach dem dr?ben am Fenster rankenden wilden Wein hin?ber, von dem Briest eben gesprochen, und w?hrend er dem nachhing, war es ihm, als s?h' er wieder die rotblonden M?dchenk?pfe zwischen den Weinranken und h?re dabei den ?berm?tigen Zuruf: >>Effi, komm.<<

Er glaubte nicht an Zeichen und ?hnliches, im Gegenteil, wies alles Abergl?ubische weit zur?ck. Aber er konnte trotzdem von den zwei Worten nicht los, und w?hrend Briest immer weiterperorierte, war es ihm best?ndig, als w?re der kleine Hergang doch mehr als ein blosser Zufall gewesen.

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