Use Dark Theme
bell notificationshomepageloginedit profile

Munafa ebook

Munafa ebook

Read Ebook: Venetianische Epigramme by Goethe Johann Wolfgang Von

More about this book

Font size:

Background color:

Text color:

Add to tbrJar First Page Next Page

Ebook has 194 lines and 10708 words, and 4 pages

Edition: 10

Johann Wolfgang Goethe

Venetianische Epigramme

CIV-CLIV Nachgelassene Epigramme

<>: die spitzen Klammern enthalten unsichere Lesarten und Konjekturen

Sarkophagen und Urnen verzierte der Heide mit Leben. Faunen tanzen umher, mit der Bacchantinnen Chor Machen sie bunte Reihe; der ziegengef?ssete Pausback Zwingt den heiseren Ton wild aus dem schmetternden Horn. Cymbeln, Trommeln erklingen; wir sehen und h?ren den Marmor. Flatternde V?gel! wie schmeckt herrlich dem Schnabel die Frucht! Euch verscheuchet kein L?rm, noch weniger scheucht er den Amor, Der in dem bunten Gew?hl erst sich der Fackel erfreut. So ?berw?ltiget F?lle den Tod; und die Asche da drinnen Scheint, im stillen Bezirk, noch sich des Lebens zu freun. So umgebe denn sp?t den Sarkophagen des Dichters Diese Rolle, von ihm reichlich mit Leben geschm?ckt.

Kaum an dem blaueren Himmel erblickt' ich die gl?nzende Sonne, Reich, vom Felsen herab, Epheu zu Kr?nzen geschm?ckt, Sah den emsigen Winzer die Rebe der Pappel verbinden, Ueber die Wiege Virgils kam mir ein laulicher Wind: Da gesellten die Musen sich gleich zum Freunde; wir pflogen Abgeriss'nes Gespr?ch, wie es den Wanderer freut.

Immer halt' ich die Liebste begierig im Arme geschlossen, Immer dr?ngt sich mein Herz fest an den Busen ihr an, Immer lehnt mein Haupt an ihren Knieen, ich blicke Nach dem lieblichen Mund, ihr nach den Augen hinauf. Weichling! sch?lte mich Einer, und so verbringst du die Tage? Ach, ich verbringe sie schlimm! H?re nur, wie mir geschieht: Leider wend' ich den R?cken der einzigen Freude des Lebens; Schon den zwanzigsten Tag schleppt mich der Wagen dahin. Vetturine trotzen mir nun, es schmeichelt der K?mm'rer, Und der Bediente vom Platz sinnet auf L?gen und Trug. Will ich ihnen entgehn, so fasst mich der Meister der Posten, Postillone sind Herrn, dann die Dogane dazu! "Ich verstehe dich nicht! du widersprichst dir! du schienest Paradiesisch zu ruhn, ganz, wie Rinaldo, begl?ckt." Ach! ich verstehe mich wohl: es ist mein K?rper auf Reisen, Und es ruhet mein Geist stets der Geliebten im Schoss.

Das ist Italien, das ich verliess. Noch st?uben die Wege, Noch ist der Fremde geprellt, stell' er sich, wie er auch will. Deutsche Redlichkeit suchst du in allen Winkeln vergebens; Leben und Weben ist hier, aber nicht Ordnung und Zucht; Jeder sorgt nur f?r sich, misstraut dem Andern, ist eitel, Und die Meister des Staats sorgen nur wieder f?r sich. Sch?n ist das Land; doch, ach! Faustinen find' ich nicht wieder. Das ist Italien nicht mehr, das ich mit Schmerzen verliess.

In der Gondel lag ich gestreckt und fuhr durch die Schiffe, Die in dem grossen Kanal, viele befrachtete, stehn. Mancherley Waare findest du da f?r manches Bed?rfniss, Weizen, Wein und Gem?s, Scheite, wie leichtes Gestr?uch. Pfeilschnell drangen wir durch; da traf ein verlorener Lorber Derb mir die Wangen. Ich rief: Daphne, verletzest du mich? Lohn erwartet' ich eher! Die Nymphe lispelte l?chelnd: Dichter s?nd'gen nicht schwer. Leist ist die Strafe. Nur zu!

Seh' ich den Pilgrim, so kann ich mich nie der Thr?nen enthalten. O, wie beseliget uns Menschen ein falscher Begriff!

Eine Liebe hatt' ich, sie war mir lieber als Alles! Aber ich hab' sie nicht mehr! Schweig', und ertrag' den Verlust!

Diese Gondel verglich ich der sanft einschaukelnden Wiege, Und das K?stchen darauf scheint ein ger?umiger Sarg. Recht so! Zwischen der Wieg' und dem Sarg wir schwanken und schweben Auf dem grossen Kanal sorglos durch's Leben dahin.

Feyerlich sehn wir neben dem Doge den Nuncius gehen; Sie begraben den Herrn, einer versiegelt den Stein. Was der Doge sich denkt, ich weiss es nicht; aber der Andre L?chelt ?ber den Ernst dieses Gepr?nges gewiss.

Warum treibt sich das Volk so, und schreit? Es will sich ern?hren, Kinder zeugen, und die n?hren, so gut es vermag. Merke dir, Reisender, das, und thue zu Hause desgleichen! Weiter bringt es kein Mensch, stell' er sich, wie er auch will.

Wie sie klingeln, die Pfaffen! Wie angelegen sie's machen, Dass man komme, nur ja plappre, wie gestern so heut! Scheltet mir nicht die Pfaffen: sie kennen des Menschen Bed?rfniss! Denn wie ist er begl?ckt, plappert er morgen wie heut!

Mache der Schw?rmer sich Sch?ler, wie Sand am Meere - der Sand ist Sand, die Perle sey mein, du, o vern?nftiger Freund!

S?ss den sprossenden Klee mit weichlichen F?ssen im Fr?hling, Und die Wolle des Lamms tasten mit z?rtlicher Hand; S?ss voll Bl?then zu sehn die neulebendigen Zweige, Dann das gr?nende Laub locken mit sehnendem Blick. Aber s?sser, mit Blumen dem Busen der Sch?ferinn schmeicheln; Und dies vielfache Gl?ck l?sst mich entbehren der May.

Diesem Ambos vergleich' ich das Land, den Hammer dem Herrscher: Unter dem Volke das Blech, das in der Mitte sich kr?mmt. Wehe dem armen Blech! wenn nur willk?rliche Schl?ge Ungewiss treffen, und nie fertig der Kessel erscheint.

Sch?ler macht sich der Schw?rmer genug, und r?hret die Menge, Wenn der vern?nftige Mann einzelne Liebende z?hlt. Wunderth?tige Bilder sind meist nur schlechte Gem?hlde: Werke des Geist's und der Kunst sind f?r den P?bel nicht da.

Mache zum Herrscher sich der, der seinen Vortheil verstehet: Doch wir w?hlten uns den, der sich auf unsern versteht.

Noth lehrt beten, man sagt's; will einer es lernen, er gehe Nach Italien! Noth findet der Fremde gewiss.

Welch ein heftig Gedr?nge nach diesem Laden! Wie emsig W?gt man, empf?ngt man das Geld, reicht man die Waare dahin! Schnupftaback wird hier verkauft. Das heisst sich selber erkennen! Nieswurz holt sich das Volk, ohne Verordnung und Arzt.

Jeder Edle Venedigs kann Doge werden; das macht ihn Gleich als Knaben so fein, eigen, bed?chtig und stolz. Darum sind die Oblaten so zart im katholischen Welschland; Denn aus demselbigen Teig weihet der Priester den Gott.

Ruhig am Arsenal stehn zwey altgriechische L?wen; Klein wird neben dem Paar Pforte, wie Thurm und Kanal. K?me die Mutter der G?tter herab, es schmiegten sich beyde Vor den Wagen, und sie freuete sich ihres Gespanns. Aber nun ruhen sie traurig; der neue gefl?gelte Kater Schnurrt ?berall, und ihn nennet Venedig Patron.

Emsig wallet der Pilger! Und wird er den Heiligen finden? H?ren und sehen den Mann, welcher die Wunder gethan? Nein, es f?hrte die Zeit ihn hinweg: du findest nur Reste, Seinen Schedel, ein Paar seiner Gebeine verwahrt. Pilgrime sind wir Alle, die wir Italien suchen; Nur ein zerstreutes Gebein ehren wir gl?ubig und froh.

Jupiter Pluvius, heut erscheinst du ein freundlicher D?mon; Denn ein vielfach Geschenk gibst du in Einem Moment: Gibst Venedig zu trinken, dem Lande gr?nendes Wachsthum; Manches kleine Gedicht gibst du dem B?chelchen hier.

Giesse nur, tr?nke nur fort die rothbem?ntelten Fr?sche, W?ss're das durstende Land, dass es uns Broccoli schickt. Nur durchw?sser' mir nicht dies B?chlein; es sey mir ein Fl?schchen Reinen Araks, und Punsch mache sich jeder nach Lust.

Sanct Johannes im Koth heisst jene Kirche; Venedig Nenn' ich mit doppeltem Recht heute Sankt Markus im Koth.

Hast du Baj? gesehn, so kennst du das Meer und die Fische. Hier ist Venedig; du kennst nun auch den Pfuhl und den Frosch.

Schl?fst du noch immer? Nur still, und lass mich ruhen; erwach' ich, Nun, was soll ich denn hier? Breit ist das Bette, doch leer. Ist ?berall ja doch Sardinien, wo man allein schl?ft; Tibur, Freund, ?berall, wo dich die Liebliche weckt.

Alle Neun, sie winkten mir oft, ich meine die Musen; Doch ich achtet' es nicht, hatte das M?dchen im Schoss. Nun verliess ich mein Liebchen; mich haben die Musen verlassen, Und ich schielte, verwirrt, suchte nach Messer und Strick. Doch von G?ttern ist voll der Olymp; du kamst mich zu retten, Langeweile! du bist Mutter der Musen gegr?sst.

Welch ein M?dchen ich w?nsche zu haben? Ihr fragt mich. Ich hab' sie, Wie ich sie w?nsche, das heisst, d?nkt mich, mit Wenigem Viel. An dem Meere ging ich, und suchte mir Muscheln. In einer Fand ich ein Perlchen; es bleibt nun mir am Herzen verwahrt.

Vieles hab' ich versucht, gezeichnet, in Kupfer gestochen, Oel gemahlt, in Thon hab' ich auch Manches gedruckt, Unbest?ndig jedoch, und nichts gelernt noch geleistet; Nur ein einzig Talent bracht' ich der Meisterschaft nah: Deutsch zu schreiben. Und so verderb' ich ungl?cklicher Dichter In dem schlechtesten Stoff leider nun Leben und Kunst.

Sch?ne Kinder tragt ihr, und steht mit verdeckten Gesichtern, Bettelt: das heisst, mit Macht reden ans m?nnliche Herz. Jeder w?nscht sich ein Kn?bchen, wie ihr das D?rftige zeiget, Und ein Liebchen, wie man's unter dem Schleyer sich denkt.

Das ist dein eigenes Kind nicht, worauf du bettelst, und r?hrst mich; O, wie r?hrt mich erst die, die mir mein eigenes bringt!

Warum leckst du dein M?ulchen, indem du mir eilig begegnest? Wohl, dein Z?ngelchen sagt mir, wie gespr?chig es sey.

S?mmtliche K?nste lernt und treibet der Deutsche; zu jeder Zeigt er ein sch?nes Talent, wenn er sie ernstlich ergreift. Eine Kunst nur treibt er, und will sie nicht lernen, die Dichtkunst. Darum pfuscht er auch so; Freunde, wir haben's erlebt.

Oft erkl?rt ihr euch als Freunde des Dichters, ihr G?tter! Gebt ihm auch, was er bedarf! M?ssiges braucht er, doch viel: Erstlich freundliche Wohnung, dann leidlich zu essen, zu trinken Gut; der Deutsche versteht sich auf den Nektar, wie ihr. Dann geziemende Kleidung und Freunde, vertraulich zu schwatzen; Dann ein Liebchen des Nachts, das ihn von Herzen begehrt. Diese f?nf nat?rlichen Dinge verlang' ich vor Allem. Gebet mir ferner dazu Sprachen, die alten und neu'n, Dass ich der V?lker Gewerb' und ihre Geschichten vernehme; Gebt mir ein reines Gef?hl, was sie in K?nsten gethan. Ansehn gebt mir im Volke, verschafft bey M?chtigen Einfluss, Oder was sonst noch bequem unter den Menschen erscheint; Gut - schon dank' ich euch, G?tter; ihr habt den gl?cklichsten Menschen Ehstens fertig: denn ihr g?nntet das Meiste mir schon.

Klein ist unter den F?rsten Germaniens freylich der meine; Kurz und schmal ist sein Land, m?ssig nur, was er vermag. Aber so wende nach innen, so wende nach aussen die Kr?fte Jeder; da w?r's ein Fest, Deutscher mit Deutschen zu seyn. Doch was priesest du Ihn, den Thaten und Werke verk?nden? Und bestochen erschien deine Verehrung vielleicht; Denn mir hat er gegeben, was Grosse selten gew?hren, Neigung, Musse, Vertraun, Felder und Garten und Haus. Niemand braucht' ich zu danken als ihm, und Manches bedurft' ich, Der ich mich auf den Erwerb schlecht, als ein Dichter, verstand. Hat mich Europa gelobt, was hat mir Europa gegeben? Nichts! Ich habe, wie schwer! meine Gedichte bezahlt. Deutschland ahmte mich nach, und Frankreich mochte mich lesen. England! freundlich empfingst du den zerr?tteten Gast. Doch was f?rdert es mich, dass auch sogar der Chinese Mahlet, mit ?ngstlicher Hand, Werthern und Lotten auf Glas? Niemals frug ein Kaiser nach mir, es hat sich kein K?nig Um mich bek?mmert, und Er war mir August und M?zen.

Eines Menschen Leben, was ist's? Doch Tausende k?nnen Reden ?ber den Mann, was er und wie er's gethan. Weniger ist ein Gedicht; doch k?nnen es Tausend geniessen, Tausende tadeln. Mein Freund, lebe nur, dichte nur fort!

M?de war ich geworden, nur immer Gem?hlde zu sehen, Herrliche Sch?tze der Kunst, wie sie Venedig bewahrt. Denn auch dieser Genuss verlangt Erholung und Musse; Nach lebendigem Reiz suchte mein schmachtender Blick. Gauklerinn! da ersah ich in dir zu den B?bchen das Urbild. Wie sie Johannes Bellin reizend mit Fl?geln gemahlt, Wie sie Paul Veronese mit Bechern dem Br?utigam sendet, Dessen G?ste, get?uscht, Wasser geniessen f?r Wein.

Wie, von der k?nstlichsten Hand geschnitzt, das liebe Fig?rchen, Weich und ohne Gebein, wie die Moluska nur schwimmt! Alles ist Glied, und Alles Gelenk, und Alles gef?llig, Alles nach Massen gebaut, Alles nach Willk?r bewegt. Menschen hab' ich gekannt, und Thiere, so V?gel als Fische, Manches besondre Gew?rm, Wunder der grossen Natur; Und doch staun' ich dich an, Bettine, liebliches Wunder, Die du Alles zugleich bist, und ein Engel dazu.

Kehre nicht, liebliches Kind, die Beinchen hinauf zu dem Himmel; Jupiter sieht dich, der Schalk, und Ganymed ist besorgt.

Wende die F?sschen zum Himmel nur ohne Sorge! Wir strecken Arme betend empor; aber nicht schuldlos, wie du.

XL.

Seitw?rts neigt sich dein H?lschen. Ist das ein Wunder? Es tr?get Oft dich Ganze; du bist leicht, nur dem H?lschen zu schwer. Mir ist sie gar nicht zuwider die schiefe Stellung des K?pfchens; Unter sch?nerer Last beugte kein Nacken sich je.

So verwirret mit dumpf willk?rlich verwebten Gestalten, H?llisch und tr?be gesinnt, Breughel den schwankenden Blick; So zerr?ttet auch D?rer mit apokalyptischen Bildern, Menschen und Grillen zugleich, unser gesundes Gehirn; So erreget ein Dichter, von Sphinxen, Sirenen, Centauren Singend mit Macht Neugier in dem verwunderten Ohr; So beweget ein Traum den Sorglichen, wenn er zu greifen, Vorw?rts glaubet zu gehn, Alles ver?nderlich schwebt: So verwirrt uns Bettine, die holden Glieder verwechselnd; Doch erfreut sie uns gleich, wenn sie die Sohlen betritt.

Gern ?berschreit' ich die Gr?nze, mit breiter Kreide gezogen. Macht sie Bottegha, das Kind, dr?ngt sie mich artig zur?ck.

"Ach! mit diesen Seelen, was macht er? Jesus Maria! B?ndelchen W?sche sind das, wie man zum Brunnen sie tr?gt. Wahrlich, sie f?llt! Ich halt' es nicht aus! Komm, gehn wir! Wie zierlich! Sieh nur, wie steht sie! wie leicht! Alles mit L?cheln und Lust!" Altes Weib, du bewunderst mit Recht Bettinen; du scheinst mir J?nger zu werden und sch?n, da dich mein Liebling erfreut.

Alles seh' ich so gerne von dir; doch seh' ich am liebsten, Wenn der Vater behend ?ber dich selber dich wirft, Du dich im Schwung ?berschl?gst und, nach dem t?dtlichen Sprunge, Wieder stehest und l?ufst, eben ob nichts w?r' geschehn.

Add to tbrJar First Page Next Page

Back to top Use Dark Theme