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Read Ebook: Kater Martinchen by Arndt Ernst Moritz
Font size: Background color: Text color: Add to tbrJar First Page Next PageEbook has 216 lines and 50496 words, and 5 pagesEdition: 10 Kater Martinchen Ernst Moritz Arndt Einundzwanzig vorpommersche Sagen Inhalt: Geschichte von den sieben bunten M?usen Prinzessin Svanvithe Der Riese Balderich Die Unterirdischen in den Neun Bergen bei Rambin Abenteuer des Johann Dietrich Das Silbergl?ckchen Der gl?serne Schuh Der Alte von Granitz Der Falscheid Rattenk?nig Birlibi Das brennende Geld Kater Martinchen Thrin Wulfen De Kr?ger van Poseritz De Br?gg bi Slemmin Schipper Gau un sin Puk De witte Fru to L?bnitz De Prester un de D?wel De Wewer un de Steen Die alte Burg bei L?bnitz Der Rabenstein Geschichte von den sieben bunten M?usen Vor langer, langer Zeit wohnte in Puddemin ein Bauer, der hatte eine sch?ne und fromme Frau, die fleissig betete und alle Sonntage und Festtage zur Kirche ging, auch den Armen, die vor ihre T?re kamen, gern gab. Es war ?berhaupt eine freundliche und mitleidige Seele und im ganzen Dorfe und Kirchspiele von allen Leuten geliebt. Nie hat man ein hartes Wort von ihr geh?rt, noch ist ein Fluch und Schwur oder andere Ungeb?hr je aus ihrem Munde gegangen. Diese Frau hatte sieben Kinder, lauter kleine Dirnen, von welchen die ?lteste zw?lf und die j?ngste zwei Jahr alt war: h?bsche, lustige Dingelchen. Diese gingen alle ?bereins gekleidet, mit bunten R?ckchen und bunten Sch?rzen und roten M?tzchen; Schuhe aber und Str?mpfe hatten sie nicht an, denn das h?tte zuviel gekostet, sondern gingen barfuss. Die Mutter hielt sie nett und reinlich, wusch und k?mmte sie morgens fr?h und abends sp?t, wann sie aufstanden und zu Bett gingen, lehrte sie lesen und singen und erzog sie in aller Freundlichkeit und Gottesfurcht. Wann sie auf dem Felde was zu tun hatte oder weit ausgehen musste, stellte sie die ?lteste, welche Barbara hiess, ?ber die andern; diese musste auf sie sehen, ihnen was erz?hlen, auch wohl etwas vorlesen. Nun begab es sich einmal, dass ein hoher Festtag war , da ging die Bauerfrau mit ihrem Manne zur Kirche und sagte den Kindern, sie sollten h?bsch artig sein; der Barbara aber und den n?chst ?lteren gab sie ein paar Lieder auf aus dem Gesangbuche, die sie auswendig lernen sollten. So ging sie weg. Barbara und die andern Kinder waren anfangs auch recht artig; die ?lteren nahmen die B?cher und lasen, und die kleinsten sassen still auf dem Boden und spielten. Als sie so sassen, da erblickte das eine Kind etwas hinter dem Ofen und rief: "O seht! Seht! Was ist das f?r ein sch?ner und weisser Beutel!" Es war aber ein Beutel mit N?ssen und ?pfeln, den die Mutter des Morgens da hingeh?ngt hatte und den sie des Nachmittags einem ihrer kleinen Paten bringen wollte. Die meisten Kinder sprangen nun alsbald auf und guckten danach, und auch Barbara, die ?lteste, stand auf und guckte mit. Und die Kinder fl?sterten und sprachen dies und das ?ber den sch?nen Beutel und was wohl darin sein m?chte. Und es gel?stete sie so sehr, es zu wissen, und da riss eines den Beutel von dem Nagel, und Barbara ?ffnete die Schnur, womit er zugebunden war, und es fielen ?pfel und N?sse heraus. Und als die Kinder die ?pfel und N?sse auf dem Boden hinrollen sahen, vergassen sie alles, und dass es Festtag war, und was die Mutter ihnen befohlen und aufgegeben hatte; sie setzten sich hin und schmausten ?pfel und knackten N?sse und assen alles rein auf. Als nun Vater und Mutter um den Mittag aus der Kirche zu Hause kamen, sah die Mutter die Nussschalen auf dem Boden liegen, und sie schaute nach dem Beutel und fand ihn nicht. Da erz?rnte sie sich und ward b?se zum ersten Male in ihrem Leben und schalt die Kinder sehr und rief: "Der Blitz! Ich wollte, dass ihr Mausem?rten alle zu M?usen w?rdet!" Der Schwur war aber eine grosse S?nde, besonders weil es ein so heiliger und hoher Festtag war; sonst h?tte Gott es der B?uerin wohl vergeben, weil sie doch so fromm und gottesf?rchtig war. Kaum hatte die Frau das schlimme Wort aus ihrem Munde gehen lassen, so waren alle die sieben niedlichen Kinderchen weg, als h?tte sie ein Wind weggeblasen, und sieben bunte M?use liefen in der Stube herum mit roten K?pfchen, wie die R?cke und M?tzen der Kinder gewesen waren. Und Vater und Mutter erschraken so sehr, dass sie h?tten zu Stein werden m?gen. Da kam der Knecht herein und ?ffnete die T?re, und die sieben bunten M?use liefen alle zugleich hinaus und ?ber die Flur auf den Hof hin; sie liefen aber sehr geschwind. Und als die Frau das sah, konnte sie sich nicht halten, denn es war ihr im Herzen, als w?ren die M?use ihre Kinder gewesen; und sie st?rzte sich aus der T?re hinaus und musste den M?usen nachlaufen. Die sieben bunten M?use aber liefen den Weg entlang aus dem Dorfe heraus, immer sporenstreichs; und so liefen sie ?ber das Puddeminer Feld und das G?nzer Feld und das Schoritzer Feld und durch die Krewe und die Dumsevitzer Koppel. Und die Mutter lief ihnen ausser Atem nach und konnte weder schreien noch weinen und wusste nicht mehr, was sie tat. So liefen die M?use ?ber das Dumsevitzer Feld hin und in einen kleinen Busch hinein, wo einige hohe Eichen standen und in der Mitte ein spiegelhellen Teich war. Und der Busch steht noch da mit seinen Eichen und heisst der M?usewinkel. Und als sie in den Busch kamen und an den Teich im Busche, da standen sie alle sieben still und guckten sich um, und die Bauerfrau stand dicht bei ihnen. Es war aber, als wenn sie ihr Adje sagen wollten. Denn als sie die Frau so ein Weilchen angeguckt hatten, plump! Und alle sieben sprangen zugleich ins Wasser und schwammen nicht, sondern gingen gleich unter in der Tiefe. Es war aber der helle Mittag, als dies geschah. Und die Mutter blieb stehen, wo sie stand, und r?hrte keine Hand und keinen Fuss mehr, sie war auch kein Mensch mehr. Sie ward stracks zu einem Stein, und der Stein liegt noch da, wo sie stand und die M?uslein verschwinden sah; und das ist dieser grosse runde Stein, an welchem wir sitzen. Und nun h?re mal, was nach diesem geschehen ist und noch alle Nacht geschieht! Glocke zw?lf, wann alles schl?ft und still ist und die Geister rundwandeln, da kommen die sieben bunten M?use aus dem Wasser heraus und tanzen eine ganze ausgeschlagene Stunde, bis es eins schl?gt, um den Stein herum. Und sie sagen, dann klingt der Stein, als wenn er sprechen k?nnte. Und das ist die einzige Zeit, wo die Kinder und die Mutter sich verstehen k?nnen und voneinander wissen; die ?brige Zeit sind sie wie tot. Dann singen die M?use einen Gesang, den ich dir sagen will, und der bedeutet ihre Ver?nderung, oder dass sie wieder in Menschen verwandelt werden k?nnen. Und dies ist der Gesang: Herut! herut! Du junge Brut! Din Br?degam schall kamen; Se hebben di Doch gar to fr?h Din junges Leben namen. Sitt de recht up'n Steen, Wat he Flesch un Been, Und wi gan mit dem Kranze: S?ven Junggesell'n Uns f?hren sch?l'n Juchhe! to'm Hochtidsdanze. Und nun will ich dir sagen von dem Gesange, was er bedeutet. Die M?use tanzen nun wohl schon tausend Jahre und l?nger um den Stein, wann es die Mitternacht ist, und der Stein liegt ebensolange. Es geht aber die Sage, dass sie einmal wieder verwandelt werden sollen, und das kann durch Gottes Gnade nur auf folgende Weise geschehen: Es muss eine Frau sein gerade so alt, als die B?uerin war, da sie aus der Kirche kam, und diese muss sieben S?hne haben gerade so alt, als die sieben kleinen M?dchen waren. Sind sie eine Minute ?lter oder j?nger, so geht es nicht mehr. Diese Frau muss an einem Karfreitage gerade um die Mittagszeit, als die Frau zu Stein ward, mit ihren sieben S?hnen in den Busch kommen und sich auf den Stein setzen. Und wenn sie sich auf den Stein setzt, so wird der Stein lebendig und wird wieder in einen Menschen verwandelt, und dann steht die Bauerfrau wieder da, leibhaftig und in eben den Kleidern, die sie getragen, als sie den M?usen nachgelaufen zu diesem Mausewinkel. Und die sieben bunten M?use werden wieder zu sieben kleinen M?dchen in bunten R?cken und mit roten M?tzen auf dem Kopf. Und jedes kleine M?dchen geht zu dem kleinen Knaben hin, der sein Alter hat, und sie werden Braut und Br?utigam. Und wann sie gross werden, so halten sie Hochzeit an einem Tage und tanzen ihre Kr?nze ab. Und es sollen die sch?nsten Jungfrauen werden auf der ganzen Insel, sagen die Leute, und auch die gl?cklichsten und reichsten, denn alle diese G?ter und H?fe hier umher sollen ihnen geh?ren. Aber ach, du lieber Gott, wann werden sie verwandelt werden? Prinzessin Svanvithe Du hast wohl von der Sage geh?rt, dass hier bei Garz, wo jetzt der Wall ?ber dem See ist, vor vielen tausend Jahren ein grosses und sch?nes Heidenschloss gewesen ist mit herrlichen H?usern und Kirchen, worin sie ihre G?tzen gehabt und angebetet haben. Dieses Schloss haben vor langer, langer Zeit die Christen eingenommen, alle Helden totgeschlagen und ihre Kirchen umgeworfen und die G?tzen, die darin standen, mit Feuer verbrannt; und nun ist nichts mehr ?brig von all der grossen Herrlichkeit als der alte Wall und einige Leuschen, welche die Leute sich erz?hlen, besonders von dem Mann mit Helm und Panzer angetan, der auf dem weissen Schimmel oft ?ber die Stadt und den See hinreitet. Einige, die ihn n?chtlich gesehen haben, erz?hlen, es sei der alte K?nig des Schlosses, und er habe eine g?ldene Krone auf. Das ist aber alles nichts. Dass es aber um Weihnachten und Johannis in der Nacht aus dem See klingt, als wenn Glocken in den Kirchen gel?utet werden, das ist wahr, und viele Leute haben es geh?rt, und auch mein Vater. Das ist eine Kirche, die in den See versunken ist, andere sagen, es ist der alte G?tzentempel. Das glaub' ich aber nicht; denn was sollten die Helden an christlichen Festtagen l?uten? Aber das Klingen und L?uten im See ist dir gar nichts gegen das, was im Wall vorgeht, und davon will ich dir eine Geschichte erz?hlen. Da sitzt eine wundersch?ne Prinzessin mit zu Felde geschlagenen Haaren und weinenden Augen und wartet auf den, der sie erl?sen soll; und dies ist eine sehr traurige Geschichte. In jener alten Zeit, als das Garzer Heidenschloss von den Christen belagert ward und die drinnen in grossen N?ten waren, weil sie sehr gedr?ngt wurden, als schon manche T?rme niedergeworfen waren und sie auch nicht recht mehr zu leben hatten und die armen Leute in der Stadt hin und wieder schon vor Hunger starben, da war drinnen ein alter, eisgrauer Mann, der Vater des K?nigs, der auf R?gen regierte. Dieser alte Mann war so alt, dass er nicht recht mehr h?ren und sehen konnte; aber es war doch seine Lust, unter dem Golde und unter den Edelsteinen und Diamanten zu kramen, welche er und seine Vorfahren im Reiche gesammelt hatten und welche tief unter der Erde in einem sch?nen, aus eitel Marmelsteinen und Kristallen gebauten Saale verwahrt wurden. Davon waren dort ganz grosse Haufen aufgesch?ttet, viel gr?ssere als die Roggen- und Gerstenhaufen, die auf deines Vaters Kornboden aufgesch?ttet sind. Als nun das Schloss zu Garz von den Christen in der Belagerung so ge?ngstet ward und viele der tapfersten M?nner und auch der K?nig, des alten Mannes Sohn, in dem Streite auf den W?llen und vor den Toren der Stadt erschlagen waren, da wich der Alte nicht mehr aus der marmornen Kammer, sondern lag Tag und Nacht darin und hatte die T?ren und Treppen, die dahin f?hrten, dicht vermauern lassen; er aber wusste noch einen kleinen heimlichen Gang, der unter der Erde weglief, viele hundert Stufen tiefer als das Schloss, und jenseits des Sees einen Ausgang hatte, den kein Mensch wusste als er, und wo er hinausschl?pfen und sich draussen bei den Menschen Speise und Trank kaufen konnte. Als nun das Schloss von den Christen erobert und zerst?rt ward und die M?nner und Frauen im Schlosse get?tet und alle H?user und Kirchen verbrannt wurden, dass kein Stein auf dem andern blieb, da fielen die T?rme und Mauern ?bereinander, und die T?re der Goldkammer ward gar versch?ttet; auch blieb kein Mensch lebendig, der wusste, wo der tote K?nig seine Sch?tze gehabt hatte. Der alte K?nig aber sass drunten bei seinen Haufen Goldes und hatte seinen heimlichen Gang offen und hat noch viele hundert Jahre gelebt, nachdem das Schloss zerst?rt war; denn sie sagen, die Menschen, welche sich zu sehr an Silber und Gold h?ngen, k?nnen vom Leben nicht erl?st werden und sterben nicht, wenn sie Gott auch noch so sehr um den Tod bitten. So lebte der alte, eisgraue Mann noch viele, viele Jahre und musste sein Gold bewachen, bis er ganz d?rr und trocken ward wie ein Totengerippe. Da ist er denn gestorben und auch zur Strafe verwandelt worden und muss nun als ein schwarzer magerer Hund unter den Goldhaufen liegen und sie bewachen, wenn einer kommt und den Schatz holen will. Des Nachts aber zwischen zw?lf und ein Uhr, wann die Gespensterstunde ist, muss er noch immer rundgehen als ein altes graues M?nnlein mit einer schwarzen Pudelm?tze auf dem Kopf und einem weissen Stock in der Hand. So haben die Leute ihn oft gesehen im Garzer Holze am Wege nach Poseritz; auch geht er zuweilen um den Kirchhof herum. Denn da sollen vor alters Heidengr?ber gewesen sein, und die Helden haben immer viel Silber und Gold mit sich in die Erde genommen. Das will er holen, darum schleicht er dort, kann es aber nicht kriegen, denn er darf die geweihte Erde nicht ber?hren. Das ist aber seine Strafe, dass er so rundlaufen muss, wann andere Leute in den Betten und Gr?bern schlafen, weil er so geizig gewesen ist. Nun begab es sich lange nach diesen Tagen, dass in Bergen ein K?nig von R?gen wohnte, der hatte eine wundersch?ne Tochter, die hiess Svanvithe; und sie war die sch?nste Prinzessin weit und breit, und es kamen K?nige und F?rsten und Prinzen aus allen Landen, die um die sch?ne Prinzessin warben. Und der K?nig, ihr Herr Vater, wusste sich kaum zu lassen vor allen den Freiern und hatte zuletzt nicht H?user genug, dass er die Fremden beherbergte, noch St?lle, wohin sie und ihre Knappen und Staller ihre Pferde z?gen; auch gebrach es fast an Hafer im Lande und Raum f?r alle die Kutscher und Diener, die mit ihnen kamen, und war R?gen so voll von Menschen, als es nie gewesen seit jenen Tagen. Und der K?nig w?re froh gewesen, wenn die Prinzessin sich einen Mann genommen h?tte und die ?brigen Freier weggereist w?ren. Das l?sst sich aber bei den K?nigen nicht so leicht machen als bei andern Leuten, und muss da alles mit vieler Zierlichkeit und Langsamkeit hergehen. Die Prinzessin, nachdem sie wohl ein ganzes halbes Jahr in ihrer einsamen Kammer geblieben war und keinen Menschen gesehen, auch kein Sterbenswort gesagt hatte, fand endlich einen Prinzen, der ihr wohl gefiel, und den sie gern zum Mann haben wollte, und der Prinz gefiel auch dem alten K?nige, dass er ihn gern als Eidam wollte. Und sie hatten einander Ringe geschenkt, und war grosse Freude im ganzen Lande, dass die sch?ne Svanvithe Hochzeit halten sollte, und hatten alle Schneider und Schuster die F?lle zu tun, die sch?nen Kleider und Schuhe zu machen, die zur Hochzeit getragen werden sollten. Der verlobte Prinz aber und Svanvithens Br?utigam hiess Herr Peter von D?nemarken und war ein ?ber die Massen feiner und stattlicher Mann, dass seinesgleichen wenige gesehen wurden. Da, als alles in lieblicher Hoffnung und Liebe gr?nete und bl?hete und die ganze Insel in Freuden stand und nur noch ein paar Tage bis zur Hochzeit waren, kam der Teufel und s?ete sein Unkraut aus, und die Luft ward in Traurigkeit verwandelt. Es war n?mlich allda an des K?nigs Hofe auch ein Prinz aus Polen, ein hinterlistiger und schlechter Herr, sonst sch?n und ritterlich an Gestalt und Geb?rde. Dieser hatte manches Jahr um die Prinzessin gefreit und sie geplagt Tag und Nacht; sie hatte aber immer nein gesagt, denn sie mochte ihn nicht leiden. Als dieser polnische Prinz nun sah, dass es wirklich eine Hochzeit werden sollte und dass Herr Peter von D?nemarken zum Treuliebsten der sch?nen Svanvithe erkoren war, sann er in seinem b?sen Herzen auf arge T?cke und wusste es durch seine K?nste so zu stellen, dass der K?nig und alle Menschen glaubten, Svanvithe sei keine z?chtige Prinzessin und habe manche N?chte bei dem polnischen Prinzen geschlafen. Das glaubte auch Herr Peter und reiste pl?tzlich weg; und der polnische Prinz war zuerst weggereist, und alle K?nige und Prinzen reisten weg. Und das Schloss des K?nigs in Bergen stand w?st und leer da, und alle Freude war mit weggezogen und alle Geiger und Pfeifer und alles Saitenspiel, die sich auf Turniere und Feste ger?stet hatten. Und die Schande der armen Prinzessin klang ?ber das ganze Land; ja in Schweden und D?nemark und Polen h?rten sie es, wie die Hochzeit sich zerschlagen hatte. Sie aber war gewiss unschuldig und rein wie ein Kind, das aus dem Mutterleibe kommt, und war es nichts als die greuliche Bosheit des verruchten polnischen Prinzen, den sie als Freier verschm?ht hatte. So ging es der armen Svanvithe, und der K?nig, ihr Vater, war einige Tage nach diesen Geschichten wie von Sinnen und wusste nicht von sich, und ihm war so zumute, dass er sich h?tte ein Leid antun k?nnen von wegen seiner Tochter und von wegen des Schimpfes, den sie auf das ganze k?nigliche Haus gebracht hatte. Und als er sich besann und wieder zu sich kam und die ganze Schande bedachte, worein er geraten war durch seine Tochter, da ergrimmte er in seinem Herzen, und er liess die sch?ne Svanvithe holen und schlug sie hart und zerraufte ihr Haar und stiess sie dann von sich und befahl seinen Dienern, dass sie sie hinausf?hrten in ein verborgenes Gemach, dass seine Augen sie nimmer wieders?hen. Darauf liess er in einen mit dichten Mauern eingeschlossenen und mit dunklen B?umen beschatteten Garten hinter seinem Schlosse einen d?stern Turm bauen, wo weder Sonne noch Mond hineinschien, da sperrte er die Prinzessin ein. Der Turm, den er hatte bauen lassen, war aber fest und dicht und hatte nur ein einziges kleines Loch in der T?re, wodurch ein wenig Licht hineinfiel und wodurch der Prinzessin die Speise gereicht ward. Es war auch weder Bett noch Tisch oder Bank in dem traurigen Gef?ngnis; auf harter Erde musste die liegen, die sonst auf Sammet und Seiden geschlafen hatte, und barfuss musste die gehen, die sonst in goldenen Schuhen geprangt hatte. Und Svanvithe h?tte sterben m?ssen vor Jammer, wenn sie nicht gewusst h?tte, dass sie unschuldig war, und wenn sie nicht zu Gott h?tte beten k?nnen. Sie aber war ein sehr junges Kind, als sie eingesperrt ward, erst sechzehn Jahre alt, sch?n wie eine Rose und schlank und weiss wie eine Lilie, und die Menschen, die sie liebhatten, nannten sie nicht anders als des K?nigs Lilienstengelein. Und dieses s?sse Lilienstengelein sollte so j?mmerlich verwelken in der kalten und einsamen Finsternis. Und sie hatte wohl drei Jahre so gesessen zwischen den kalten Steinen, und auch der alte K?nig war nicht mehr froh gewesen seit jenem Tage, als der polnische Prinz sie in die grosse Schande gebracht hatte, sondern sein Kopf war schneeweiss geworden vor Gram wie der Kopf einer Taube; aber vor den Leuten geb?rdete er sich stolz und aufgerichtet und tat, als wenn seine Tochter tot und lange begraben w?re. Sie aber sass von der Welt ungewusst in ihrem Elende und tr?stete sich allein Gottes und dachte, dass er ihre Unschuld wohl einmal an den Tag bringen w?rde. Weil sie aber in ihren einsamen Trauerstunden Zeit genug hatte, hin und her zu denken, so fiel ihr die Sache ein von dem K?nigsschatze unter dem Garzer Walle, die sie in ihrer Kindheit oft geh?rt hatte, und sie gedachte damit ihre Unschuld, und dass der polnische Prinz sie unter einem falschen Schein sch?ndlich belogen hatte, sonnenklar zu beweisen. Und als darauf ihr W?chter kam und ihr die Speise durch das Loch reichte, sprach sie zu ihm: "Lieber W?chter, gehe zu dem K?nige, meinem und deinem Herrn, und sage ihm, dass seine arme einzige Tochter ihn nur noch ein einziges Mal zu sehen und zu sprechen w?nscht in ihrem Leben und dass er ihr diese letzte Gunst nicht versagen mag." Und der W?chter sagte ja und lief und dachte bei sich: "Wenn der alte K?nig ihre Bitte nur erh?rt!" Denn es jammerte ihn die arme Prinzessin unaussprechlich, und sie jammerte alle Menschen; denn sie war immer freundlich gewesen gegen jedermann, auch hatten die meisten von Anfang an geglaubt, dass sie f?lschlich verklagt war und dass der polnische Prinz einen argen L?genschein auf sie gebracht hatte; denn sie hatte sich immer aller Zucht und Jungfr?ulichkeit beflissen vor jedermann. Und als ihr W?chter vor den K?nig trat und ihm die Bitte der Prinzessin anbrachte, da war der alte Herr sehr zornig und schalt ihn und drohete ihm, ihn selbst in den Turm zu werfen, wenn er den Namen der Prinzessin vor ihm je wieder ?ber seine Lippen laufen lasse. Und der erschrockene W?chter ging weg. Der K?nig aber legte sich hin und schlief ein. Da soll er einen wunderbaren Traum gehabt haben, den kein Mensch zu deuten verstanden hat, und er ist fr?h erwacht und sehr unruhig gewesen und hat viel an seine Tochter denken m?ssen, bis er zuletzt befohlen hat, dass man sie aus dem Turm heraufbr?chte und vor ihn f?hrte. Als Svanvithe nun vor den K?nig trat, war sie bleich und mager, auch waren ihre Kleider und Schuhe schon abgerissen, und sie stand fast nackt und barfuss da und sah einer Bettlertochter ?hnlicher als einer K?nigstochter. Und der alte K?nig ist bei ihrem Anblick blass geworden vor Jammer wie der Kalk an der Wand, aber sonst hat er sich nichts merken lassen. Und Svanvithe hat sich vor ihm verneigt und also zu ihm gesprochen: "Mein K?nig und Herr! Ich erscheine nur als eine arme S?nderin vor dir, als eine, die an der g?ttlichen Gnade und an dem Lichte des Himmels kein Recht mehr haben soll. Also hast du mich von deinem Angesicht verstossen und von allem Lebendigen weggesperrt. Ich beteure aber vor dir und vor Gott, dass ich unschuldig leide und dass der polnische Prinz aus eitel T?cke und Arglist all den schlimmen Schein auf mich gebracht hat. Und nun hat Gott, der sich mein erbarmen will, mir einen Gedanken ins Herz gegeben, wodurch ich meine unbefleckte Jungfrauschaft beweisen und dich und mich und dein ganzes Reich zu Reichtum und Ehren bringen kann. Du weisst, es geht die Sage, unter dem alten Schlosswalle zu Garz, wo unsere heidnischen Ahnen weiland gewohnt haben, liege ein reicher Schatz vergraben. Diese Sage, die mir in meiner Kindheit oft erz?hlt ist, meldet ferner, dieser Schatz k?nne nur von einer Prinzessin gehoben werden, die von jenen alten K?nigen herstamme und noch eine reine Jungfrau sei: wenn n?mlich diese den Mut habe, in der Johannisnacht zwischen zw?lf und ein Uhr nackt und einsam diesen Wall zu ersteigen und darauf r?ckw?rts so lange hin und her zu treten, bis es ihr gelinge, die Stelle zu treffen, wo die Tore und Treppen versch?ttet sind, die zu der Schatzkammer hinabf?hren. Sobald sie diese mit ihren F?ssen ber?hre, werde es sich unter ihr ?ffnen, und sie werde sanft heruntersinken mitten in das Gold und k?nne sich von den Herrlichkeiten dann auslesen, was sie wolle, und bei Sonnenaufgang wieder herausgehen. Was sie aber nicht tragen k?nne, werde der alte Geist, der den Schatz bewacht, nebst seinen Gehilfen nachtragen. Hierauf habe ich nun meine Hoffnung eines neuen Gl?ckes gestellt, ob es mir etwa aufbl?hen wolle; lass mich denn, Herr K?nig, mit Gott diese Probe machen. Ich bin ja doch einer Toten gleich, und ob ich hier begraben bin oder dort begraben werde, kann dir einerlei sein." Sie hatte die Geb?rde, als wolle sie noch mehr sagen; aber bei diesen Worten stockte sie und konnte nicht mehr, sondern schluchzete und weinte bitterlich. Der K?nig aber winkte dem W?chter leise zu, der sie hereingef?hrt hatte, und alsbald kamen Frauen und Dienerinnen herbei und trugen sie hinaus von dem K?nige weg in ein Seitengemach. Und nicht lange, so ward der W?chter wieder zu dem K?nige gerufen, und er brachte ihr Speise und Trank, dass sie sich st?rkte und erquickte, und zugleich die Botschaft, dass der K?nig ihr die gebetene mittern?chtliche Fahrt erlaube. Bald trugen Dienerinnen ihr ein Bad herein nebst zierlichen Kleidern, dass sie sich bedecken konnte, denn sie war fast nackend. Und sie lebte nun wieder in Freuden, obgleich sie ganz einsam sass und gegen niemand den Mund auftat--auch den Dienern und Dienerinnen war das Sprechen zu ihr verboten, sie wussten auch nicht, wer sie war, noch wie sie in das Schloss gekommen, denn von denen, die sie kannten, ward niemand zu ihr gelassen denn allein der W?chter, der ihr immer die Speise gebracht hatte im Turme. Und ihre Sch?ne fing wieder an aufzubl?hen, wie blass und elend sie auch aus dem Turm gekommen war; und alle, die sie sahen, entsetzten sich ?ber ihre Huld und Lieblichkeit, und sie deuchte ihnen fast einem Engel gleich, der vom Himmel in das Schloss gekommen sei. Und als vierzig Tage vergangen waren und der Tag vor Johannis da war, da ging sie zu dem K?nige, ihrem Vater, ins Gemach und sagte ihm Lebewohl. Und der alte Herr neigte noch einmal wieder seinen weissen Kopf ?ber sie und weinte sehr, und sie sank vor ihm hin und umfasste seine Knie und weinte noch mehr. Und darauf ging sie hinaus und verkleidete sich so, dass niemand sie f?r eine Prinzessin gehalten h?tte, und trat ihre Reise an. Die Reise war aber nicht weit von Bergen nach Garz, und sie ging in der Tracht eines Reiterbuben einher. Und in der Nacht, als es vom Garzer Kirchturm zw?lf geschlagen hatte, betrat sie einsam den Wall, tat ihre Kleider von sich, also dass sie da stand, wie Gott sie erschaffen hatte, und nahm eine Johannisrute in die Hand, womit sie hinter sich schlug. Und so tappte sie stumm und r?cklings fort, wie es geschehen musste. Und nicht lange war sie geschritten, so tat sich die Erde unter ihren F?ssen auf, und sie fiel sanft hinunter, und es war ihr, als w?rde sie in einem Traum hinabgewiegt; und sie fiel hinab in ein gar grosses und sch?nes und von tausend Lichtern und Lampen erleuchtetes Gemach, dessen W?nde von Marmor und diamantenen Spiegeln blitzten und dessen Boden ganz mit Gold und Silber und Edelsteinen besch?ttet war, dass man kaum darauf gehen konnte. Sie aber sank so weich auf einen Goldhaufen herab, dass es ihr gar nicht weh tat. Und sie besah sich alle die blitzende Herrlichkeit in dem weiten Saale, wo die Sch?tze und Kostbarkeiten ihrer Ahnherren von vielen Jahrhunderten gesammelt und aufgeh?ngt waren; und da sah sie in der hintersten Ecke in einem goldenen Lehnstuhl das kleine graue M?nnchen sitzen, das ihr freundlich zunickte, als wolle es mit der Urenkelin sprechen. Sie aber sprach kein Wort zu ihm, sondern winkte ihm nur leise mit der Hand. Und auf ihren Wink hob der Geist sich hinweg und verschwand, und statt seiner kam eine lange Schar pr?chtig gekleideter Diener und Dienerinnen, welche sich in stummer Ehrfurcht hinter sie stellten, als erwarteten sie, was die Herrin befehlen w?rde. Svanvithe aber s?umte nicht lange, bedenkend, wie kurz die Mittsommersnacht ist, und sie nahm die F?lle der Edelsteine und Diamanten und winkte den Dienern und Dienerinnen hinter ihr, dass sie ebenso t?ten; auch diese f?llten H?nde und Taschen und Zipfel und Geren der Kleider mit Gold und edlen Steinen und kostbaren Geschirren. Und noch ein Wink, und die lange Reihe wandelte, und die Prinzessin schritt voran der Treppe zu, als wenn sie herausgehen wollte; jene aber folgten ihr. Und schon hatte sie viele Stufen vollendet und sah schon das d?mmernde Morgenlicht und h?rte schon den Lerchengesang und den Hahnenkrei, die den Tag verk?ndeten--da ward es ihr bange, ob die Diener und Dienerinnen ihr auch nachtr?ten mit den Sch?tzen. Und sie sah sich um, und was erblickte sie? Sie sah den kleinen grauen Mann sich pl?tzlich in einen grossen schwarzen Hund verwandeln, der mit, feurigem Rachen und funkelnden Augen gegen sie hinaufsprang. Und sie entsetzte sich sehr und rief: "Oh Herr je!" Und als sie das Wort ausgeschrien hatte, da schlug die T?r ?ber ihr mit lautem Knalle zu, und die Treppe versank, und die Diener und Dienerinnen verschwanden, und alle Lichter des Saales erloschen, und sie war wieder unten am Boden und konnte nicht heraus. Der alte K?nig aber, da sie nicht wiederkam, gr?mte sich sehr; denn er dachte, sie sei entweder umgekommen bei dem Hinabsteigen zu dem Schatze durch die T?cke der b?sen Geister, die unter der Erde ihre Gewalt haben, oder sie habe sich der Sache ?berhaupt nicht unterstanden und laufe nun wie eine arme, verlassene Streunerin durch die Welt. Und er lebte nur noch wenige Wochen nach ihrem Verschwinden; dann starb er und ward begraben. Der Prinzessin Svanvithe war dieses Ungl?ck aber geschehen, weil sie sich umgesehen hatte, als sie weggehen wollte, und weil sie gesprochen hatte. Denn ?ber die Unterirdischen hat man keine Gewalt, wenn man sich umsieht oder spricht, sondern es ger?t dann fast immer ungl?cklich, wovon man viele Beispiele und Geschichten weiss. Und es waren viele Jahre vergangen, vielleicht hundert Jahre und mehr, und alle die Menschen waren gestorben und begraben, welche zu der Zeit des alten K?nigs und der sch?nen Svanvithe gelebt hatten, und schon ward hie und da von ihnen erz?hlt wie von einem alten, alten, l?ngst verschollenen M?rchen; da h?rte man hin und wieder, die Prinzessin lebe noch und sitze unter dem Garzer Wall in der Schatzkammer und m?sse nun mit dem alten, grauen Urgrossvater die Sch?tze h?ten helfen. Und kein Mensch weiss zu sagen, wie dies hier oben bekannt geworden ist. Vielleicht hat der kleine graue Mann, der zuzeiten rundgeht, es einem verraten, oder es hat es auch einer der hellsichtigen Menschen gesehen, die an hohen Festtagen in besonderen Stunden geboren sind und die das Gras und das Gold in der Erde wachsen sehen und mit ihren Augen durch die dicksten Berge und Mauern dringen k?nnen. Und es war viel erschollen von der Geschichte und von dem wundersamen Versinken der Prinzessin unter die Erde, und dass sie in der dunkeln Kammer sitze und noch lebe und einmal erl?st werden solle. Sie kann aber, sagen sie, erl?st werden, wenn einer es wagt, auf dieselbe Weise, wie sie einst in der Johannisnacht getan hat, in die verbotene Schatzkammer hinabzufallen. Dieser muss sich dann dreimal vor ihr verneigen, ihr einen Kuss geben, sie an die Hand fassen und sie still herausf?hren; denn kein Wort darf er beileibe nicht sprechen. Wer sie herausbringt, der wird mit ihr in Herrlichkeit und in Freuden leben und so viele Sch?tze haben, dass er sich ein K?nigreich kaufen kann. Darin wird er dann f?nfzig Jahre als K?nig auf dem Throne sitzen und sie als seine K?nigin neben ihm, und werden gar liebliche Kinder zeugen; der kleine graue Spuk wird dann aber auf immer verschwinden, wann sie ihm die Sch?tze weggehoben haben. Nun hat es wohl so k?hne und verwegene Prinzen und sch?ne Knaben gegeben, die mit der Johannisrute in der Hand zu ihr hinabgekommen sind; aber sie haben es immer in etwas versehen, und die Prinzessin ist noch nicht erl?st. Ja, wenn das ein so leichtes Ding w?re, wieviele w?rden Lust haben, eine so sch?ne Prinzessin zu freien und K?nige zu werden! Die Leute erz?hlen aber, der greuliche schwarze Hund ist an allem schuld; keiner hat es mit ihm aushalten k?nnen, sondern wenn sie ihn sehen, so m?ssen sie aufschreien, und dann schl?gt die T?re zu, und die Treppe versinkt, und alles ist wieder vorbei. So sitzt denn die arme Svanvithe da in aller ihrer Unschuld und muss da unten frieren und das kalte Gold h?ten, und Gott weiss, wann sie erl?st werden wird. Sie sitzt da ?ber Goldhaufen gebeugt; ihr langes Haar h?ngt ihr ?ber die Schultern herab, und sie weint unaufh?rlich. Schon sitzen sechs junge Gesellen um sie herum, die auch mith?ten m?ssen. Das sind die, denen die Erl?sung nicht gelungen ist. Wem es aber gelingt, der heiratet die Prinzessin und bekommt den ganzen Schatz und befreit zugleich die andern armen Gefangenen. Sie sagen, der letzte ist vor zwanzig Jahren darin versunken, ein Schuhmachergesell, der Jochim Fritz hiess. Das war ein junges, sch?nes Blut und ging immer viel auf dem Wall spazieren. Der ist mit einem Male verschwunden, und keiner hat gewusst, wo er gestoben und geflogen war, und seine Eltern und Freunde haben ihn in der ganzen Welt suchen lassen, aber nicht gefunden! Er mag nun auch wohl dasitzen bei den andern. Der Riese Balderich In der westlichen Spitze der Insel R?gen in der Ostsee an der Feldscheide der D?rfer Rothenkirchen und G?temitz, etwa eine Viertelmeile von dem Kirchdorfe Rambin, liegen auf flachem Felde neun kleine H?gel oder H?nengr?ber, welche gew?hnlich die Neun Berge oder die Neun Berge bei Rambin genannt werden, und von welchen das Volk allerlei M?rchen erz?hlt. Diese entstanden weiland durch die K?hnheit eines Riesen, und seitdem die Riesen tot sind, treiben die Zwerge darin ihr Wesen. Vor langer Zeit lebte auf R?gen ein gewaltiger Riese , den verdross es, dass das Land eine Insel war und dass er immer durch das Meer waten musste, wenn er nach Pommern auf das feste Land wollte. Er liess sich also eine ungeheure Sch?rze machen, band sie um seine H?ften und f?llte sie mit Erde; denn er wollte sich einen Erddamm auff?hren von der Insel bis zur Feste. Als er mit seiner Tracht bis ?ber Rothenkirchen gekommen war, riss ein Loch in die Sch?rze, und aus der Erde, die herausfiel, wurden die Neun Berge. Er stopfte das Loch zu und ging weiter; aber als er bis Gustow gekommen war, riss wieder ein Loch in die Sch?rze, und es fielen dreizehn kleine Berge heraus. Mit der noch ?brigen Erde ging er ans Meer und goss sie hinein. Da ward der Prosnitzer Hafen und die niedliche Halbinsel Drigge. Aber es blieb noch ein schmaler Zwischenraum zwischen R?gen und Pommern, und der Riese ?rgerte sich dar?ber so sehr, dass er pl?tzlich von einem Schlagfluss hinst?rzte und starb. Und so ist denn sein Damm leider nie fertig geworden. Von demselben Riesen Balderich erz?hlt man ein Kraftst?ck, das er bei Putbus bewiesen hat. Er hatte schon mehrmals mit ?rger gesehen, dass dem Christengotte zu Vilmnitz, eine halbe Meile von Putbus, eine Kirche erbaut ward, und da hat er bei sich gesprochen: "Lass die W?rmer ihren Ameisenhaufen nur aufbauen; den werfe ich nieder, wann er fertig ist." Als nun die Kirche fertig und der Turm aufgef?hrt war, nahm der Riese einen gewaltigen Stein, stellte sich auf dem Putbusser Tannenberge hin und schleuderte ihn mit so ungeheurer Gewalt, dass der Stein wohl eine Viertelmeile ?ber die Kirche wegflog und bei Nadelitz niederfiel, wo er noch diesen Tag liegt am Wege, wo man nach Posewald f?hrt, und der Riesenstein genannt wird. Die Unterirdischen in den Neun Bergen bei Rambin In den Neun Bergen bei Rambin wohnen nun die Zwerge und die kleinen Unterirdischen und tanzen des Nachts in den B?schen und Feldern herum und f?hren ihre Reigen und ihre Musiken auf im mittern?chtlichen Mondschein, besonders in der sch?nen und lustigen Sommerzeit und im Lenze, wo alles in Bl?te steht; denn nichts lieben die kleinen Menschen mehr als die Blumen und die Blumenzeit. Sie haben auch viele sch?ne Knaben und M?dchen bei sich; diese aber lassen sie nicht heraus, sondern behalten sie unter der Erde in den Bergen, denn sie haben die meisten gestohlen oder durch einen gl?cklichen Zufall erwischt und f?rchten, dass sie ihnen wieder weglaufen m?chten. Denn vormals haben sich viele Kinder des Abends und des Morgens locken lassen von der s?ssen Musik und dem Gesange, der durch die B?sche klingt, und sind hingelaufen und haben zugehorcht; denn sie meinten, es seien kleine singende Waldv?gelein, die mit solcher Lustigkeit musizierten und Gott lobeten--und dabei sind sie gefangen worden von den Zwergen, die sie mit in den Berg hinabgenommen, dass sie ihnen dort als Diener und Dienerinnen aufwarteten. Seitdem die Menschen nun Wissens dass es da so hergeht und nicht recht geheuer ist, h?ten sie sich mehr, und geht keiner dahin. Doch verschwindet von Zeit zu Zeit noch manches unschuldige Kind, und die Leute sagen dann wohl, es hab's einer der Zwerge mitgenommen; und oft ist es auch wohl durch die K?nste der kleinen braunen M?nner eingefangen und muss da unten sitzen und dienen und kann nicht wiederkommen. Das ist aber ein uraltes Gesetz, das bei den Unterirdischen gilt, dass sie je alle f?nfzig Jahre wieder an das Licht lassen m?ssen, was sie eingefangen haben. Und das ist gut f?r die, welche so gefangen sitzen und da unten den kleinen Leuten dienen m?ssen, dass ihnen diese Jahre nicht gerechnet werden, und dass keiner da ?lter werden kann als zwanzig Jahre, und wenn er volle f?nfzig Jahre in den Bergen gesessen h?tte. Und es kommen auf die Weise alle, die wieder herauskommen, jung und sch?n heraus. Auch haben die meisten Menschen, die bei ihnen gewesen sind, nachher auf der Erde viel Gl?ck gehabt: entweder, dass sie da unten so klug und witzig und anschl?gisch werden, oder dass die kleinen Leute, wie einige erz?hlen, ihnen unsichtbar bei der Arbeit helfen und Gold und Silber zutragen. Die Unterirdischen, welche in den Neun Bergen wohnen, geh?ren zu den braunen, und die sind nicht schlimm. Es gibt aber auch schwarze, das sind Tausendk?nstler und Kunstschmiede, geschickt und fertig in allerlei Werk, aber auch arge Zauberer und Hexenmeister, voll Schalkheit und Trug, und ist ihnen nicht zu trauen. Sie sind auch Wilddiebe, denn sie essen gern Braten. Sie d?rfen aber das Wild mit keinem Gewehr f?llen, sondern sie stricken eigene Netze, die kein Mensch sehen kann; darin fangen sie es. Darum sind sie auch Feinde der J?ger und haben schon manchem J?ger sein Gewehr behext, dass er nicht treffen kann. Das glauben aber bis diesen Tag viele Leute, dass nichts eine gr?ssere Gewalt ?ber diese Schwarzen hat als Eisen, wor?ber gebetet worden, oder was in Christenh?nden gewesen ist. Solche Schwarzen wohnen hier aber gar nicht. In zwei Bergen wohnen von den weissen, und das sind die freundlichsten, zartesten und sch?nsten aller Unterirdischen, fein und anmutig von Gliedern und Geb?rden und ebenso fein und liebensw?rdig drinnen im Gem?te. Diese Weissen sind ganz unschuldig und rein und necken niemand, auch nicht einmal im Scherze, sondern ihr Leben ist licht und zart, wie das Leben der Blumen und Sterne, mit welchen sie auch am meisten Umgang halten. Diese niedlichen Kleinen sitzen den Winter, wann es auf der Erde rauh und w?st und kalt ist, ganz still in ihren Bergen und tun da nichts anders, als dass sie die feinste Arbeit wirken aus Silber und Gold, dass die Augen der meisten Sterblichen zu grob sind, sie zu sehen; die sie aber sehen k?nnen, sind besonders feine und zarte Geister. So leben sie den tr?ben Winter durch, wann es da draussen unhold ist, in ihren verborgenen Klausen. Sobald es aber Fr?hling geworden und den ganzen Sommer hindurch, leben sie hier oben im Sonnenschein und Sternenschein sehr fr?hlich und tun dann nichts als sich freuen und andern Freude machen. Sobald es auch im ersten Lenze zu sprossen und zu keimen beginnt an B?umen und Blumen, sind sie husch aus ihren Bergen heraus und schl?pfen in die Reiser und Stengel und von diesen in die Bl?ten und Blumenknospen, worin sie gar anmutig sitzen und lauschen. Des Nachts aber, wann die Menschen schlafen, spazieren sie heraus und schlingen ihre fr?hlichen Reihent?nze im Gr?nen um H?gel und B?che und Quellen und machen die allerlieblichste und zarteste Musik, welche reisende Leute so oft h?ren und sich verwundern, weil sie die Spieler nicht sehen k?nnen. Diese kleinen Weissen d?rfen auch bei Tage immer heraus, wann sie wollen, aber nicht in Gesellschaft, sondern einzeln, und sie m?ssen sich dann verwandeln. So fliegen viele von ihnen umher als bunte V?gelein oder Schmetterlinge oder als schneeweisse T?ubchen und bringen den kleinen Kindern oft Sch?nes und den Erwachsenen zarte Gedanken und himmlische Tr?ume, von welchen sie nicht wissen, wie sie ihnen kommen. Das ist bekannt, dass sie sich h?ufig in Tr?ume verwandeln, wenn sie in geheimer Botschaft reisen. So haben sie manchen Betr?bten getr?stet und manchen Treuliebenden erquickt. Wer ihre Liebe gewonnen hat, der ist im Leben besonders gl?cklich, und wenn sie nicht so reich machen an Sch?tzen und G?tern als die andern Unterirdischen, so machen sie reich an Liedern und Tr?umen und fr?hlichen Gesichten und Phantasien. Und das sind wohl die besten Sch?tze, die ein Mensch gewinnen kann. Abenteuer des Johann Dietrich In Rambin lebte einst ein Arbeitsmann, der hiess Jakob Dietrich, ein Mann schlecht und recht und gottesf?rchtig, und der auch eine gute und gottesf?rchtige Frau hatte. Die beiden Eheleute besassen dort ein H?uschen und ein G?rtchen und n?hrten sich redlich von der Arbeit ihrer H?nde; denn andere K?nste kannten sie nicht. Sie hatten viele liebe Kinder, von welchen das j?ngste, Johann Dietrich genannt, ihnen fast das liebste war. Denn es war ein sch?ner und munterer Junge, aufgeweckt und quick, fleissig in der Schule und gehorsam zu Hause, und behielt alle Lehren und Geschichten sehr gut, welche die Eltern ihm versagten. Auch von vielen andern Leuten lernte er und hielt jeden fest, der Geschichten wusste, und liess ihn nicht eher los, als bis er sie erz?hlt hatte. Johann war acht Jahre alt geworden und lebte den Sommer bei seines Vaters Bruder, der Bauer in Rothenkirchen war, und musste nebst andern Knaben K?he h?ten, die sie ins Feld gegen die Neun Berge hinaustrieben, wo damals noch viel mehr Wald war als jetzt. Da war ein alter Kuhhirt aus Rothenkirchen, Klas Starkwolt genannt, der gesellte sich oft zu den Knaben, und sie trieben die Herden zusammen und setzten sich hin und erz?hlten Geschichten. Der alte Klas wusste viele und erz?hlte sie sehr lebendig; er war bald Johann Dietrichs liebster Freund. Besonders aber wusste er viele M?rchen von den Neun Bergen und von den Unterirdischen aus der allerfr?hesten Zeit, als die Riesen im Lande untergegangen und die Kleinen in die Berge gekommen waren, und Johann h?rte sie immer mit dem innigsten Wohlgefallen und plagte den alten Mann jeden Tag um neue Geschichten, obgleich ihm dieser das Herz zuweilen so in Flammen setzte, dass er des Abends sp?t und des Morgens fr?h, wenn er hier zuweilen heraus musste, mit sausendem Haar ?ber das Feld hinstrich, als h?tte er alle Unterirdischen als J?ger hinter sich gehabt, die ihn fangen wollten. Der kleine Johann Dietrich hatte sich so vertieft und verliebt in diese M?rchen von den Unterirdischen, dass er nichts anders sah und h?rte, von nichts anderm sprach und fabelte als von goldenen Bechern und Kronen, gl?sernen Schuhen, Taschen voll Dukaten, goldenen Ringen, diamantenen Kr?nzen, schneeweissen Br?uten und klingenden Hochzeiten. Wenn er nun so ganz darin war und in kindischer Freude aufjauchzte und umhersprang, dann pflegte der alte Starkwolt wohl den Kopf zu sch?tteln und ihm zuzurufen: "Johann! Johann! Wo willst du hin? Spaten und Sense, das sind dein Zepter und deine Krone, und deine Braut wird ein Kr?nzel von Rosmarin und einen bunten Rock von Drell tragen." Johann liess sich das aber nicht anfechten und tr?umte immer lustig fort. Und obwohl er herzlich graulich war und in der Dunkelheit um alles in der Welt nicht ?ber den Kirchhof gegangen w?re, hatte er sich das Leben da in dem Berge und die Sch?tze und Herrlichkeiten darin doch so ausgemalt, dass ihn fast gel?stete, einmal hinabzusteigen; denn der alte Klas hatte gesagt, wie man es anfangen m?sse, damit man da unten Herr werde und nicht Diener, und damit sie einen nicht f?nfzig Jahre festhalten und die Becher sp?len und das Estrich kehren lassen k?nnten. Wer n?mlich so klug oder so gl?cklich sei, die M?tze eines Unterirdischen zu finden oder zu erhaschen, der k?nne sicher hinabsteigen, dem d?rfen sie nichts tun noch befehlen, sondern m?ssen ihm dienen, wie er wolle, und derjenige Unterirdische, dem die M?tze geh?re, m?sse sein Diener sein und ihm schaffen, was er wolle. Das hatte Johann sich hinters Ohr geschrieben und seinen Teil dabei gedacht; ja, er hatte wohl hinzugesetzt, so etwas unterstehe er sich auch wohl zu wagen. Die Leute glaubten ihm das aber nicht, sondern lachten ihn aus; und doch hat er es getan, und sie haben genug geweint, als er nicht wiedergekommen ist. Es war nun die Zeit des Johannisfestes, wo die Tage am l?ngsten sind und die N?chte am k?rzesten, und wo die Jahreszeit am sch?nsten ist. Die Alten und die Kinder hatten die Festtage fr?hlich gelebt und gespielt und allerlei Geschichten erz?hlt; da konnte Johann sich nicht l?nger halten, sondern den Tag nach Johannis schlich er sich heimlich weg, und als es dunkel ward, legte er sich auf dem Gipfel des h?chsten der Neun Berge hin, wo die Unterirdischen, wie Klas ihm erz?hlt, ihren vornehmsten Tanzplatz hatten. Und wahrlich, er legte sich nicht ohne Angst hin, und h?tte er nicht einmal dagelegen, vielleicht w?re nimmer was daraus geworden; denn sein Herz schlug ihm wie ein Hammer, und sein Atem ging wie ein frischer Wind. So lauschte er in Furcht und Hoffnung von zehn Uhr abends bis zw?lf Uhr Mitternacht. Und als es zw?lf schlug, sieh, da fing es an zu klingen und zu singen in den Bergen; und bald wisperte und lispelte und pfiff und s?uselte es um ihn her; denn die kleinen Leute dreheten sich jetzt in T?nzen rund, und andere spielten und tummelten sich im Mondschein und machten tausend lustige Schw?nke und Possen. Ihn ?berlief bei diesem Gewispel und Ges?usel ein geheimer Schauder ; er aber lag ganz still, das Gesicht ins Gras gedr?ckt und die Augen fest zugeschlossen und leise schnarchend, als schliefe er. Doch konnte er es nicht lassen, zuweilen ein wenig umher zu blinzeln, damit er etwa seinen Vorteil ers?he, einen der kleinen Leute finge und ein Herr w?rde, denn dazu hatte er gar grosse Lust; aber wie heller Mondschein es auch war, er konnte auch nicht das geringste von ihnen erblicken. Und siehe, es w?hrte nicht lange, so kamen drei der Unterirdischen dahergesprungen, wo er lag, gaben aber nicht acht auf ihn, warfen ihre braunen M?tzchen in die Luft und fingen sie einander ab. Da riss der eine dem andern in Schalkheit die M?tze aus der Hand und warf sie weg. Und die M?tze flog dem Johann gerade auf den Kopf, und er f?hlte sie, griff zu und richtete sich sogleich auf und liess Schlaf Schlaf sein. Er schwang mit Freuden seine M?tze, dass das silberne Gl?cklein daran klingelte, und setzte sie sich dann auf den Kopf, und in demselben Augenblicke sah er das zahllose und lustige Gewimmel der kleinen Leute, und sie waren ihm nicht mehr unsichtbar. Die drei kleinen M?nner kamen listig herbei und wollten mit Behendigkeit die M?tze wieder gewinnen; er aber hielt seine Beute fest, und sie sahen wohl, dass sie auf diese Weise nichts von ihm gewinnen w?rden; denn Johann war ein Riese gegen sie an Gr?sse und St?rke, und sie reichten ihm kaum bis ans Knie. Da kam derjenige, dem die M?tze geh?rte, und trat ganz dem?tig vor den Finder hin und bat flehentlich, als h?nge sein Leben dran, ihm die M?tze wiederzugeben. Johann aber antwortete ihm: "Nein, du kleiner, schlauer Schelm, die M?tze bekommst du nicht wieder; das ist nichts, was man f?r ein Butterbrot weggibt! Ich w?re schlimm daran mit euch, wenn ich nichts von euch h?tte; jetzt aber habt ihr kein Recht an mir, sondern m?sst mir, was ich nur will, zu Gefallen tun. Und ich will mit euch hinabfahren und sehen, wie ihr es da unten treibt; du aber sollst mein Diener sein, denn du musst wohl. Das weiss ich so gut als ihr, dass es nicht anders sein kann, denn Klas Starkwolt hat mir es alles erz?hlt." Der kleine Mensch aber geb?rdete sich, als ob er dies alles nicht geh?rt noch verstanden h?tte; er fing seine Qu?lerei und Winselei und Plinselei wieder von vorn an, klagte und jammerte und heulte erb?rmlich um sein verlornes M?tzchen; aber als Johann ihm kurzweg sagte: "Es bleibt dabei, du bist der Diener, und ich will eine Fahrt mit euch machen", da fand er sich endlich drein, zumal da auch die andern ihm zuredeten, dass es so sein m?sse. Johann aber warf seinen schlechten Hut nun weg und setzte sich die M?tze an seiner Stelle auf und befestigte sie wohl auf seinem Kopfe, damit sie ihm nicht abgleiten oder abfliegen k?nnte; denn in ihr trug er die Herrschaft. Und er versuchte es sogleich und befahl seinem neuen Diener, ihm Speise und Trank zu bringen, denn ihn hungerte. Und der Diener lief wie der Wind davon, und in einem Hui war er wieder da und trug Wein in Flaschen herbei und Brot und k?stliche Fr?chte. Und Johann ass und trank und sah dem Spiele und den T?nzen der Kleinen zu, und es gefiel ihm sehr wohl. Und er f?hrte sich in allen Dingen mit ihnen beherzt und klug auf, als w?re er ein geborner Herr gewesen. Und als der Hahn seinen dritten Krei getan hatte und die kleinen Lerchen in der Luft die ersten Wirbel anschlugen und das junge Licht in einzelnen weissen Streifen im Osten aufd?mmerte, da ging es husch husch husch durch die B?sche und Blumen und Halme fort, und die Berge klangen wieder und taten sich auf, und die kleinen Menschen fuhren hinab; und Johann gab wohl acht auf alles und fand es wirklich so, wie sie ihm erz?hlt hatten. Siehe, auf dem Wipfel der Berge, wo sie eben noch getanzt hatten, und wo alles eben voll Gras und Blumen stand, wie die Menschen es bei Tage sehen, hob sich, als es zum Abzuge blies, pl?tzlich eine gl?nzende gl?serne Spitze hervor; auf diese trat, wer hinein wollte, sie ?ffnete sich, und er glitt sanft hinab, und sie tat sich wieder hinter ihm zu; als sie aber alle hinein waren, verschwand sie und war auch keine Spur mehr von ihr zu sehen. Die aber durch die gl?serne Spitze fielen, sanken gar sanfte in eine weite silberne Tonne, die sie alle aufnahm und wohl tausend solcher Leutlein beherbergen konnte. In eine solche fiel auch Johann mit seinem Diener und mit mehreren hinab, und sie alle schrien und baten ihn, dass er sie nicht treten m?ge, denn sie w?ren des Todes gewesen von seiner Last. Er aber h?tete sich und war sehr freundlich gegen sie. Es gingen aber mehrere solcher Tonnen nebeneinander hin, immer hinauf und hinab, bis alle hinunter waren. Sie hingen an langen silbernen Ketten, die unten gezogen und gehalten wurden. Johann erstaunte beim Hinabfahren ?ber den wunderbaren Glanz der W?nde, zwischen welchen das T?nnchen fortglitt. Es war alles wie mit Perlen und Diamanten besetzt, so blitzte und funkelte es; unter sich aber h?rte er die lieblichste Musik aus der Ferne klingen. So ward er auf das anmutigste hinabgewiegt, dass er nicht wusste, wie ihm geschah, und vor lauter Lust in einen tiefen Schlaf fiel. Er mochte wohl lange geschlafen haben. Als er erwachte, fand er sich in dem allerweichsten und allernettesten Bette, wie er es in seines Vaters Hause nimmer gesehen hatte, und dieses Bett stand in dem allerniedlichsten Zimmer; vor ihm aber stand ein kleiner Brauner mit dem Fliegenwedel in der Hand, womit er M?cken und Fliegen abwehrte, dass sie seines Herrn Schlummer nicht st?ren konnten. Johann tat kaum die Augen auf, so brachte der kleine Diener ihm schon das Handtuch mit dem Waschwasser und hielt ihm zugleich die nettesten neuen Kleider zum Anziehen hin, aus brauner Seide sehr niedlich gemacht, und ein Paar neue schwarze Schuh mit roten Bandschleifchen, wie Johann sie in Rambin und Rothenkirchen nie gesehen hatte; auch standen dort einige Paare der niedlichsten und gl?nzendsten gl?sernen Schuhe, die nur bei grossen Festlichkeiten gebraucht zu werden pflegen. Es gefiel dem kleinen Knaben sehr, dass er so leichte und saubere Kleider tragen sollte, und er liess sie sich gern anziehen. Und als Johann angekleidet war, flugs flog der Diener fort und war geschwind wie der Blitz wieder da. Er trug aber auf einer goldenen Sch?ssel eine Flasche s?ssen Wein und ein T?pfchen Milch und sch?nes Weissbrot und Fr?chte und andere k?stliche Speisen, wie kleine Knaben sie gern essen. Und Johann sah immer mehr, dass Klas Starkwolt, der alte Kuhhirt, es wohl gewusst habe; denn so herrlich und pr?chtig, als er hier alles fand, hatte er es sich doch nicht getr?umt. Auch war sein Diener der allergehorsamste und tat alles von selbst, was er ihm nur an den Augen absehen konnte. Der Worte bedurfte es nie, sondern nur leichter Blicke und Winke; denn er war klug wie ein Bienchen, wie alle diese kleinen Leute von Natur sind. Und nun muss ich Johanns Zimmer beschreiben. Sein Bettchen war schneeweiss mit den weichsten Polstern und mit den weissesten Laken ?berzogen, mit Kissen aus Atlas und einer solchen gesteppten Decke. Ein K?nigssohn h?tte darin schlafen k?nnen. Neben und vor diesem Bette standen die niedlichsten St?hle, auf das netteste gearbeitet und mit allerlei bunten V?geln und Tieren verziert, welche kunstreiche H?nde eingeschnitten hatten; einige waren auch von edlen Steinen bunt eingelegt. An den W?nden standen weisse Marmortische und ein paar kleinere aus gr?nen Smaragden, und zwei blanke Spiegel gl?nzten an den beiden Enden des Zimmers, deren Rahmen mit blitzenden Edelgesteinen eingefasst waren. Die W?nde des Zimmers waren mit gr?nen Smaragden get?felt, und hatte einen solchen Glanz nie ein Mensch auf Erden gesehen und wird ihn auch keiner dort sehen, auch nicht in des gr?ssten Kaisers Hause. Und in solchem Zimmer wohnte nun der kleine Johann Dietrich, eines Tagel?hners Sohn aus Rambin, dass man wohl sagen mag: Das Gl?ck f?ngt, wem es von Gott beschert ist. Hier unter der Erde sah man nun freilich nie Sonne, Mond und Sterne leuchten, und das schien allerdings ein grosser Fehler zu sein. Aber sie brauchten hier solche Lichter nicht, auch bedurften sie weder der Wachslichter noch der Talglichter, noch der Kerzen und ?llampen und Laternen; sie hatten andern Lichtes genug. Denn die Unterirdischen wohnen recht eigentlich mitten unter den Edelgesteinen und sind die Meister des reinsten Silbers und Goldes, das in der Erde w?chst, und sie haben die Kunst wohl gelernt, wie sie es hell bei sich haben k?nnen bei Tage und bei Nacht. Eigentlich muss man hier von Tag und Nacht nicht reden, denn die unterscheiden sie hier unten nicht, weil keine Sonne hier auf- und untergeht, welche die Scheidung macht, sondern sie rechnen hier nur nach Wochen. Sie setzen aber ihre Wohnungen und die Wege und G?nge, welche sie unter der Erde durchwandern, und die Orte, wo sie ihre grossen S?le haben und ihre Reigen und Feste halten, mit den allerkostbarsten Edelgesteinen aus, dass es funkelt, als w?re es der ewige Tag. Einen solchen Stein hatte der kleine Johann auch in seinem Zimmer. Das war ein auserlesener Diamant, ganz rund und wohl so gross als eine Kugel, womit man Kegel zu werfen pflegt. Dieser war oben in der Decke des Zimmers befestigt und leuchtete so hell, dass er keiner andern Lampen und Lichter bedurfte. Als Johann Fr?hst?ck gegessen hatte, ?ffnete der Diener ein T?rchen in der Wand, und Johanns Augen fielen hinein, und er sah die zierlichsten goldenen und silbernen Becher und Schalen und Gef?sse und viele K?rbchen voll Dukaten und K?stchen voll Kleinodien und kostbarer Steine. Auch waren da viele liebliche Bilder und die allersaubersten M?rchenb?cher mit Bildern, die er in seinem Leben gesehen hatte. Und er wollte diesen Vormittag gar nicht ausgehen, sondern betastete und besah sich alles und bl?tterte und las in den sch?nen Bilderb?chern und M?rchenb?chern. Und als es Mittag geworden, da klang eine helle Glocke, und der Diener rief: "Herr, willst du allein essen oder in der grossen Gesellschaft?" Und Johann antwortete: "In der grossen Gesellschaft." Und der Diener f?hrte ihn hinaus. Johann sah aber nichts als einzelne von Edelsteinen erleuchtete Hallen und einzelne kleine M?nner und Frauen, die ihm aus Felsritzen und Steinkl?ften herauszuschl?pfen schienen, und verwunderte sich, woher die Glocke kl?nge, und sprach zu dem Diener: "Aber wo ist denn die Gesellschaft?" Und als er noch fragte, so ?ffnete sich die Halle, worin sie gingen, zu einer grossen Weite und ward ein unendlicher Saal, ?ber welchen eine weite, gew?lbte und mit Edelsteinen und Diamanten geschm?ckte Decke gezogen war. Und in demselben Augenblick sah er auch ein unendliches Gewimmel von zierlich gekleideten kleinen M?nnern und Frauen durch viele ge?ffnete T?ren hineinstr?men, und tat sich der Boden an vielen Stellen auf, und die niedlichsten, mit den k?stlichsten Gef?ssen und schmackhaftesten Speisen und Fr?chten und Weinen besetzten Tische stellten sich aneinander hin, und die St?hle und Polster reiheten sich von selbst um die Tische, und die M?nner und Frauen nahmen Platz. Und die Vornehmsten des kleinen V?lkchens kamen und verneigten sich vor Johann und f?hrten ihn mit sich an ihren Tisch und setzten ihn zwischen ihre sch?nsten Jungfrauen, dass er seine Lust hatte, mit den lieblichen Kindern zu sein, und es ihm da ?ber die Massen wohlgefiel. Es war auch eine sehr fr?hliche Tafel, denn die Unterirdischen sind ein sehr lebendiges und lustiges V?lkchen und k?nnen nicht lange still sein. Dazu klang die allerlieblichste Musik aus den L?ften, und die buntesten V?gel flogen umher und sangen in gar anmutigen T?nen, die einem die Seele aus der Brust holen konnten. Es waren aber keine lebendige V?gel, die da sangen, sondern k?nstliche V?gel und k?nstliche T?ne und von den kleinen M?nnern so sinnreich gemacht, dass sie fliegen und singen konnten. Und Johann erstaunte und entsetzte sich sehr ?ber alle die Wunder, die er sah, und freuete sich gewaltig. Die Diener und Dienerinnen aber, welche bei Tische aufwarteten und Blumen streueten und die Flur mit Rosen?l und andern D?ften besprengten und die goldenen Schalen und Becher herumtrugen und die silbernen und kristallenen K?rbe mit Fr?chten, waren Kinder der Menschen da droben, welche aus Neugier oder von ungef?hr unter die Kleinen geraten und hier hinabgestiegen waren, ohne sich vorher eines Pfandes zu bemeistern, und die also in die Gewalt der Kleinen gekommen waren, oder die sich n?chtlich und mittern?chtlich unter ihre Sternenspiele auf dem gl?sernen Berge verirrt hatten. Diese waren anders gekleidet als sie. Die Knaben und die M?dchen waren in schneeweisse R?ckchen und J?ckchen gekleidet und trugen feine gl?serne Schuh, dass man ihren Tritt immer h?ren konnte, und blaue M?tzchen auf dem Kopfe; ihre Leibchen aber hatten sie mit silbernen G?rteln umg?rtet. Das war die Tracht der Diener und Dienerinnen. Den kleinen Johann jammerten sie anfangs wohl, als er sie sah, wie sie springen und den Unterirdischen aufwarten mussten; aber weil sie munter aussahen und fein gekleidet waren und rosenrote Wangen hatten, so dachte er: "Nun, es geht ihnen doch so schlimm nicht, und ich habe es noch lange so gut nicht gehabt, als ich hinter den K?hen und Ochsen laufen musste. Ich bin nun freilich ein Herr hier, und sie m?ssen als Diener laufen. Das kann aber nicht anders sein: warum haben sie sich auch so dumm fangen lassen und sich vorher kein Zeichen genommen? Es muss doch die Zeit kommen, wo sie einmal erl?st werden, und l?nger als f?nfzig Jahre werden sie hier gewiss nicht bleiben." Damit tr?stete er sich und spielte und scherzte mit seinen kleinen Gesellinnen und ass und trank in Freuden und liess sich von seinem Diener und von den andern allerlei unterirdische Geschichten erz?hlen; denn er wollte alles genau wissen. So sassen sie ungef?hr zwei Stunden lustig beisammen und assen und tranken und horchten auf die liebliche Musik, die aus den L?ften erklang. Da klingelte der Vornehmste mit einem Gl?ckchen, und in einem Hui versanken die Tische und die St?hle wieder, und alle M?nner und Frauen und J?nglinge und Jungfrauen standen da wieder auf den F?ssen. Und wieder ein zweiter Klang mit einem zweiten Gl?ckchen, und wo eben die Tafeln gestanden, erhoben sich gr?ne Orangen- und Palmen- und Lorbeerb?ume mit Bl?ten und Fr?chten, und andere, lustigere und klangreichere V?gel als die vorher durch die Luft geflattert hatten, sassen in ihren Zweigen und sangen. Und sie sangen alle wie in einer Weise und in einem Masse, und Johann sah bald, woher dies kam; denn am Ende des Saales hoch oben an der Decke sass in einer hohlen Wand ein eisgrauer Greis und gab den Ton an, nach welchem sie singen mussten. Sie nannten ihn ihren grossen Ballmeister. Er war aber so ernst, als er weise war, und verschwiegen wie die graue Zeit und sprach nie ein Sterbenswort, da die andern alle wohl oft zuviel plapperten und schw?tzelten. Der alte Eisgraue droben strich nun die Geige zum Tanze, und alle die bunten V?gel klangen den Strich nach. Es war aber ein recht fliegender Strich, denn ihr Tanz geht immer ?usserst geschwind und lebendig. Als nun der Reigen angeklungen war, siehe, da bewegten sich die leichten und fr?hlichen Scharen und sprangen und h?pften und drehten sich, als wenn die Welt im Wirbel auseinanderfliegen sollte. Und die kleinen h?bschen und feinen unterirdischen Dirnen, die sich neben Johann gesetzt hatten, fassten ihn auch und drehten ihn mit rund. Und er liess es gern geschehen und tanzte mit ihnen rund wohl zwei Stunden lang. Und diesen lustigen Tanz hat er jeden Nachmittag mitgehalten, solange er da unten geblieben ist, und in seinem sp?testen Alter noch immer mit vielem Vergn?gen davon erz?hlt. Er pflegte dann zu sagen, die himmlische Freude und der Gesang und das Saitenspiel der Engel, welche die Seligen im Himmel einst zu hoffen h?tten, m?gen wohl ?berschwenglich sch?n sein; er aber k?nne sich nichts Sch?neres und Lieblicheres denken als die Musik dieses unterirdischen Reigens, die sch?nen und beseelten kleinen Menschen, die wunderbaren V?gel in den Zweigen mit den allerzauberischesten T?nen und die klingenden Silbergl?ckchen an den M?tzen. Ein Mensch, der das nicht gesehen und geh?rt, k?nne sich gar keine Vorstellung davon machen. Add to tbrJar First Page Next Page |
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