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Munafa ebook

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Read Ebook: Chodowiecki by Chodowiecki Daniel Artist Kaemmerer Ludwig Knackfuss H Hermann Editor

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Ebook has 97 lines and 23921 words, and 2 pages

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Denn das, was man in Dresden schauet, Und was August vollf?hrt und bauet, Sieht man sonst nirgends in der Welt!

Hier hatte Winckelmann gewirkt, Ludwig von Hagedorn und Raffael Mengs hatten litterarisch zur Verbreitung der Kunstinteressen beigetragen, letzterer wurde ,,von ganz Europa als der bedeutendste Maler des Jahrhunderts" gepriesen. Auch Anton Graff, der gefeierte Bildnismaler, weilte hier, und Chodowiecki vers?umte nicht, diesem alten Freunde und k?nstlerischen Gesinnungsgenossen einen Besuch abzustatten, ebenso wie er auch die ?brigen Mitglieder der Dresdener Maler- und Kupferstecherkolonie aufsuchte, um bei ihnen, wie in den kurf?rstlichen und privaten Sammlungen reichste Anregung zu finden. Der Kupferstecher Zingg f?hrte ihn zu dem Antiquar Lippert, der in seiner Daktyliothek sich die erste umfassende Kollektion von Abdr?cken antiker geschnittener Steine und Gemmen angelegt hatte. Der schwerh?rige und griesgr?mige alte Herr im polnischen Schn?rrock reizte den K?nstler zu einer Zeichnung, die ihn im Gespr?ch mit dem genannten Zingg darstellte. Noch nach f?nfundzwanzig Jahren benutzte er diese Scene, die nicht eines gewissen humoristischen Beigeschmacks entbehrt, als Vorlage zu einer Radierung .

Der Aufenthalt in Dresden regte in unserem K?nstler zeitweilig die Erw?gung an, ob er nicht ganz dorthin ?bersiedeln sollte; als ihm jedoch 1777 der Antrag gemacht wurde, die Stellung eines Inspektors am kurf?rstlichen Kupferstichkabinett zu ?bernehmen, lehnte er ab. Die R?ckreise f?hrte Chodowiecki ?ber Leipzig, wo er Friedrich Oesers Bekanntschaft machte, der durch seine Beziehungen zu Winckelmann und sp?ter zu Goethe mehr als durch seine manierierten Malereien bekannt geworden ist.

Viel Musse, die auf den Reisen empfangenen Eindr?cke und Anregungen daheim zu verarbeiten, fand Chodowiecki nach seiner Heimkehr nicht. Von allen Seiten kamen Auftr?ge, h?uften sich die Bestellungen, die er nur in den seltensten F?llen auszuschlagen sich entschliessen konnte. Zwei Schriftsteller besonders bem?hten sich, ihn f?r ihre Zwecke zu gewinnen: Friedrich Nicolai und Johann Kaspar Lavater.

+Johann Kaspar Lavater+, von dessen ?berlautem Entz?cken ?ber Chodowieckis ,,Calas" wir bereits oben berichteten, geh?rt zu den originellsten Pers?nlichkeiten der Aufkl?rungsepoche: phantastisch und zur Mystik geneigt, ohne jede M?ssigung, wenn es galt, seine Ideen zu verfechten, fromm und bekehrungss?chtig, -- kurz in allem der schroffste Gegensatz zu dem k?hl vern?nftelnden, n?chternen Nicolai, der ihn auch aufs heftigste befehdete -- hatte dieser seltsame Schw?rmer sich vorgesetzt, eine neue ?ra jener schon von den Astrologen und Zeichendeutern des Mittelalters ge?bten Kunst der Physiognomik heraufzuf?hren. Aus Beschaffenheit und Form der Gesichtsz?ge das Seelenleben und die Eigenschaften des Menschen zu erkennen, war das Ziel dieser Orakelkunst. Um dem grossen Publikum eine Vorstellung von der Art seines Vorgehens zu geben, das eine neue Wissenschaft vom inneren Menschen begr?nden sollte, verband er sich mit dem K?nstler, dem er als Charakterschilderer die gr?sste Bef?higung zutraute, mit Daniel Chodowiecki. Dieser musste ihm die erl?uternden Kupfer zu seinen ,,Physiognomischen Fragmenten zur Bef?rderung der Menschenkenntnis und Menschenliebe" liefern. Nicht alle Tafeln konnte Chodowiecki auch eigenh?ndig radieren und beschr?nkte sich daher bei vielen auf die Vorzeichnung, die andere Stecher aufs Kupfer brachten. Was von ihm selbst in Radierung in den Jahren 1774 und 1775 ausgef?hrt wurde, sind etwa 14 Blatt, ungleichwertig in Erfindung und Ausdruck. Die gr?sseren K?pfe, wie Lavaters Vater auf dem Totenbett , haben etwas ?ngstliches und Gequ?ltes, jedes F?ltchen, jede Runzel soll etwas aussagen und beweisen, die graue Theorie guckt ?berall hervor. Chodowiecki schrieb von einem Blatt derart selbst halb unwillig: ,,Nach einer weitl?ufigen Beschreibung von Lavater gezeichnet." Gl?cklicher sind die kleinen, nur in scharfen Umrissen angedeuteten K?pfe von Personen aus verschiedenen Zeitaltern, Nationen, St?nden und Lebensaltern: hier konnte sich der Zeichner frei bewegen, pl?nderte nach Lust seine ?lteren Skizzenb?cher und Mappen, und wir bewundern, wie scharf er in dem kleinen Format und mit anspruchslosesten Mitteln die verschiedenen Charaktere zu kennzeichnen versteht, wenngleich er notwendigerweise auch hier manchmal dem lehrhaften Zwecke zuliebe in ?bertreibung verf?llt.

Sehr viel bequemer lag Chodowiecki der nat?rliche und schalkhafte Ton von +Gellerts+ Fabeln und Erz?hlungen, ja man darf vielleicht sagen, dass Gellerts Schrifttum seiner Griffelkunst am meisten kongenial war. In dem Genealogischen Kalender f?r Westpreussen erschienen 1776 zw?lf Bl?tter, die die Pointen von zw?lf Gellertschen Fabeln zum Gegenstand haben ; im folgenden Jahr an gleicher Stelle zw?lf weitere Radierungen der Art . Wie treffend weiss der Kleinmeister hier die hohle Aufgeblasenheit und den Zorn des verspotteten alten Dichters zu charakterisieren, oder den Greis, dessen Lebensinhalt die lakonische Grabschrift umfasst: Er lebte, nahm ein Weib und starb! . Wie h?bsch ist der Zug, in den beiden heiratslustigen M?dchen die nat?rliche Anmut und die gefalls?chtige Geziertheit zu kennzeichnen: ob schlicht, ob verzogen, sie hoffen beide ,,Worauf? Gewiss auf einen Mann."

Wie Gellert hat auch Chodowiecki stets nur ein gutm?tiges L?cheln f?r die Thorheiten dieser Welt, nie dr?ngt sich Verbitterung oder Verbissenheit geh?ssig hervor. Alles weiss er zum Guten zu wenden. Als er einst -- es war im Sommer 1775 -- seiner Familie einen Sonntagsausflug nach dem damals beliebten Vergn?gungsorte Franz?sisch-Buchholz versprochen hatte, das schlechte Wetter und das Ausbleiben des Wagens aber das Vorhaben vereitelte, wusste er schnell der ?blen Laune zu begegnen, indem er die Seinen durch eine lustige Zeichnung der projektierten Fahrt entsch?digte. In feierlicher Prozession zieht die Familie zu Fuss nach Buchholz: Susette, die zweit?lteste Tochter des Hauses, W?rste und Brezeln auf einer Heugabel tragend, voran, die anderen folgen mit Torten und einem gef?llten Weinkorb, Vetter Kolbe schliesst lustig fiedelnd den Zug der ,,Wallfahrt nach Franz?sisch Buchholz," die der Erfinder des heiteren Schwanks vier Jahre sp?ter auch noch in Kupfer verewigte . Als im selben Jahr sein Freund, der Eisenh?ndler Barthelemy, Hochzeit machte, entwarf er die Tischkarte, die ebenfalls mit schalkhaften Einf?llen und Anspielungen gespickt ist . Allein zu solchen Scherzen blieb dem rastlos Arbeitenden in diesen Jahren, wo sich die Auftr?ge so h?uften, dass er oft die Nacht durch arbeiten musste, wenig Zeit. Es hiesse, eine Litteraturgeschichte jener Tage schreiben, wollte man all die Titelkupfer, Vignetten und Illustrationen eingehender behandeln, die Chodowieckis Presse verliessen. Seit dem Jahre 1771 hatte er sich n?mlich in seinem Hause eine Kupferdruckpresse aufgestellt, w?hrend er fr?her f?r das Drucken seiner Platten auf fremde H?nde angewiesen war. Belletristische Werke, Erbauungs- und Schulb?cher wechseln mit Zeitschriften, Kalendern und Almanachen, deren Ausstattung durch unseren Meister geradezu vorbildlich wurde. So verdr?ngten seine Kupfer allm?hlich die franz?sischen Arbeiten aus dem Gothaischen Hofkalender, der von allen Almanachen zweifellos das gr?sste Ansehen auch im Auslande genoss. Diese Arbeit war Chodowiecki schon deshalb willkommen, weil ihm hier oft freie Wahl der Gegenst?nde gelassen wurde. So brachte er bald, wie in dem Lauenburger Kalender von 1777, zw?lf Monatskupfer, die ihrerseits den Dichter L. Haken zu einer Erz?hlung inspirierten , bald Modekupfer, f?r die ihm nicht selten die Damen seines Bekanntenkreises Modell standen, wie die extravaganten Berliner Haartrachten im G?ttinger Taschenkalender f?r 1778 , aber auch moralisierende Folgen, wie den ,,Fortgang der Tugend und des Lasters" , zu dem der bekannte Satiriker Lichtenberg, der Kommentator William Hogarths, Erl?uterungen schrieb, das ,,Leben eines schlecht erzogenen Frauenzimmers" , ein Gegenst?ck zu dem bereits fr?her erschienenen ,,Leben eines Liederlichen" u. a. m. Trotz des Anklangs an die Titel, die der eben genannte englische Sittenschilderer f?r seine Kupferstichserien w?hlte, ist doch Chodowieckis Auffassung von der Aufgabe eines k?nstlerischen Moralisten von der eines Hogarth, mit dem er so oft verglichen wurde, grundverschieden, und er hat sich wiederholt dagegen gewehrt, dem Engl?nder verglichen zu werden, dessen Bitterkeit, die sich am H?sslichen weidete, ihm durchaus fremd war. Goethe hat treffend die Neigung unseres Meisters zur Milderung und Ausgleichung schroffer Gegens?tze charakterisiert: ,,Unser wackerer Chodowiecki hat manche Scenen der Unnatur, der Verderbnis, der Barbarei und des Abgeschmacks trefflich dargestellt; allein, was that er? Er stellte dem Hassenswerten sogleich das Liebensw?rdige entgegen, Scenen einer gesunden Natur, die sich ruhig entwickelt, einer zweckm?ssigen Bildung, eines treuen Ausdauerns, eines gef?lligen Strebens nach Wert und Sch?nheit." Man m?chte meinen, Goethe habe diese Worte vor den eben erw?hnten Kupferfolgen, denen sich auch noch die ,,Nat?rlichen und affektierten Handlungen des menschlichen Lebens" und die ,,Beweggr?nde zum Heiraten" anreihen lassen, niedergeschrieben.

In dieser Zeit, als die Bibliothek des emsigen Illustrators sich so schnell mit den zahllosen von ihm selbst geschm?ckten B?chern f?llte, entstand auch das ~Ex-libris~, das er nach einer damals weit verbreiteten, in unseren Tagen wieder neuaufgelebten Sitte in die ihm geh?rigen B?nde einzukleben pflegte: Der gefl?gelte Genius der Kunst f?hrt einen jungen K?nstler zu den Br?sten der Natur -- ein schlichtes und ehrliches Bekenntnis seiner Anschauungen vom Wesen und den Zielen aller Kunst?bung und Kunstbegeisterung .

Das Jahr 1779 brachte unserem Meister einen schmerzlichen Verlust: seine geliebte Mutter, die schon lange gekr?nkelt, erlag am 30. Mai in Danzig ihren Leiden. F?r die in recht bescheidenen Verh?ltnissen zur?ckgebliebenen Schwestern zu sorgen, war dem Bruder Pflicht und Bed?rfnis. Im Juli des n?chsten Jahres r?stete er sich daher wiederum zu einer Reise nach der Heimat. Das Haus in der Heiligengeistgasse wurde verkauft und die Schwestern eingeladen, nach Berlin ?berzusiedeln. Trotz den mannigfachen Gesch?ften, die seine Zeit w?hrend des diesmal nur kurzen Aufenthalts in der Vaterstadt in Anspruch nahmen, fand der an unabl?ssige Th?tigkeit gewohnte K?nstler hier noch Musse, einige Platten zu radieren . Sie waren f?r eine deutsche ?bersetzung des ,,Lobes der Narrheit" von Erasmus von Rotterdam bestimmt, das im sechzehnten Jahrhunderts bereits Hans Holbein den J?ngeren zu einer Reihe k?stlicher Federzeichnungen inspiriert hatte; die Verspottung menschlicher Thorheit und Eitelkeit, die Chodowiecki hier mit Gl?ck modernisierte, lag ihm freilich in jenen Tagen tr?ber Stimmung wohl weniger am Herzen, als ein anderes Thema, dessen klassische Pr?gung die deutsche Kunst ebenfalls Holbein verdankt: der Totentanz. Der Sensenmann, der eben mit grausamer Hand in seine Lebenskreise eingegriffen und ihm das Teuerste geraubt, wird von Chodowiecki in einer Reihe von Scenen geschildert, deren Motive sich zwar im allgemeinen an die herk?mmlichen Totentanzbilder anlehnen -- es sind die einzelnen St?nde, die der Reihe nach dem Ruf des Allgewaltigen folgen m?ssen -- aber uns ?berrascht die d?monische Gr?sse der Auffassung, zu der sich der sonst so n?chterne Beobachter des allt?glichen Kleinlebens hier nicht selten erhebt. Erst zw?lf Jahre sp?ter wurden die Zeichnungen in Kupfer gebracht und dem Lauenburger genealogischen Kalender beigegeben, nachdem man lange den Gegenstand als Kalenderschmuck beanstandet hatte: ,,so revolvant war bey jedem der Gedanke, einer Dame den Todt in so mancherlei Gestalten zum Weynachts- oder Neujahrsgeschenk zu machen."

Mehr in freiem Wettstreit mit den von Lichtenberg gemachten Vorschl?gen, als von ihnen abh?ngig, entstanden 1780 die Kupfer zu einem ~Orbis pictus~, kleine, ?beraus zierliche und geistreiche Charakterfig?rchen, von denen wir eines in Abbildung wiedergeben. Lichtenberg wollte ,,der Armut unserer dramatischen Schriftsteller sowohl als auch der Schauspieler und K?nstler dadurch zu Hilfe kommen, dass er frappante Z?ge ... aus allerley St?nden des b?rgerlichen Lebens" sammelte und herausgab, eine Aufgabe, die f?r Chodowiecki wie geschaffen schien, um seine zahlreichen Beobachtungen und Studien nach dem Leben in zwangloser Folge zu ver?ffentlichen. So sehen wir auf dem mitgeteilten Blatte die Typen weiblicher Dienstboten von der Kammerfrau und Zofe bis zum Waschweib in h?chst lebendiger Weise vereinigt. In solchen Charakterfig?rchen kleinsten Massstabes offenbart sich die ganze Liebensw?rdigkeit und Schalkheit seines Wesens, die ganze Feinheit seiner Radiernadel, ?hnlich wie in den gleichzeitigen ,,~Occupations des Dames~" , den beiden Folgen von ,,Heiratsantr?gen" verschiedener Freier und der Verspottung der Steckenpferdreiterei . Dazwischen klingt dann wieder in der anmutigen Titelvignette zu Cramers ,,Unterhaltungen" der innige Ton h?uslichen Familiengl?cks durch, dessen herzerquickende Schilderung zu den vornehmsten Ruhmestiteln Chodowieckis z?hlt.

Aber auch Aufgaben, die seinem Wesen und seiner Begabung durchaus fernlagen, durfte sich unser Meister nicht entziehen. Durch seine Beziehungen zur franz?sischen Kolonie Berlins war er auch mit dem Prediger der franz?sischen Gemeinde Erman bekannt geworden, dessen Geschichte der Refugi?s er illustrierte , und der ihm 1780 den Auftrag des Konsistoriums ?berbrachte. Entw?rfe f?r die plastische Ausschm?ckung des von Carl von Gontard neu wiederhergestellten franz?sischen Doms auf dem Gendarmenmarkt zu liefern. Einen Kleinmeister wie Chodowiecki mit solcher Aufgabe zu betrauen, war ein Missgriff, der sich notwendigerweise r?chen musste. In der That geh?ren die Statuen und Reliefs des ,,franz?sischen Turmes," die in den Jahren 1781-1784 von den Bildhauern F?hr und Bardou nach diesen Entw?rfen ausgef?hrt wurden, zu dem Ungl?cklichsten, was die ohnehin schw?chliche Monumentalkunst jener Zeit hervorgebracht hat. Immerhin bezeugt das Vorgehen der Baubeh?rde, das auch vom K?nige gebilligt wurde, welche grosse Bedeutung man dem einst k?rglich bezahlten Miniaturmaler jetzt auf allen Gebieten bildender Kunst in der Residenzstadt beimass. Sein Gutachten wurde auch von ausw?rts oft bei Absch?tzung von Kunstsammlungen eingeholt: so galt es, 1781 die Kupferstichsammlung des Hamburger Grosskaufmanns Sillem zu ordnen und zu inventarisieren, was Chodowiecki zu einem anregenden vierw?chentlichen Besuch der mit Kunstsch?tzen reich gesegneten Hansestadt veranlasste. Das umfangreiche Verzeichnis der Sammlung Sillem erschien im folgenden Jahre im Verlage von Decker in Berlin.

Immer schwerer wird es, aus der Hochflut illustrativer Arbeiten, mit denen Chodowiecki den deutschen B?chermarkt in den n?chsten Jahren ?berschwemmte, diejenigen Leistungen hervorzuheben, die als Marksteine seiner k?nstlerischen Entwickelung gelten k?nnten. In gewissem Sinne war diese -- namentlich was die Technik anlangt -- bereits mit den siebziger Jahren des Jahrhunderts abgeschlossen. Aber lange noch h?lt er sich auf der einmal erreichten H?he, erst im letzten Jahrzehnt seines Lebens glauben wir eine Abnahme der K?nstlerkraft wahrnehmen zu k?nnen. Wagte er sich damals doch sogar in einen Wettkampf mit den franz?sischen Illustratoren, die er bisher nur als Vorbilder betrachtet hatte, indem er es unternahm, die von Gravelot und Charles Eisen mit entz?ckenden Radierungen ausgestatteten Werke eines Voltaire und Rousseau von neuem zu illustrieren , wobei man freilich seinem Mut und seiner Selbst?ndigkeit ein besseres Gelingen h?tte w?nschen m?gen. Das etwas schw?le und frivole Milieu der Neuen Heloise, des Einsiedlers von Montmorency und namentlich der Dichtungen Voltaires war eine fremde Welt f?r den ehrbaren deutschen Sittenmaler, die leichtfertige Grazie der franz?sischen Romanciers nicht seine Sache.

Dagegen musste ihn die Kleinmalerei und Empfindsamkeit des englischen Familienromans, wie ihn +Samuel Richardson+ unter dem lebhaftesten Beifall eines Lessing und Klopstock in die Weltlitteratur eingef?hrt hatte, aufs sympathischste ber?hren und zu k?nstlerischem Nachgestalten anregen. Richardsons Clarissa Harlowe, einer unendlich weitschweifigen, aber an fein beobachteten Z?gen des Seelenlebens ?berreichen moralischen Erz?hlung in Briefform, verdanken wir eine Reihe von Arbeiten Chodowieckis, die zu seinen reifsten und besten geh?ren . Nicht minder trefflich sind die Kupfer zu Lorenz Sternes ,,Empfindsamen Reisen" , jenem ebenfalls klassisch zu nennenden Charakterroman des unter Thr?nen lachenden englischen Jean Paul.

Ungelenk und wenig selbst?ndig sind die biblischen Kompositionen, wie die Heimsuchung und die Geburt Christi, die er zu Lavaters heute mit Recht v?llig vergessenem Messias entwarf . Das vorige Jahrhundert hat den ?berkommenen Typenvorrat religi?ser Stoffe durch eigene Erfindung nicht vermehrt, es zehrt vielmehr unbefangen von dem Vorhandenen und die Kunstlehren jener Zeit beschr?nken sich darauf, dem angehenden K?nstler die Wahl unter den Vorbildern zu erleichtern. Um unserem Meister gerecht zu werden, d?rfen wir indes nur seine Darstellungen etwa mit den oberfl?chlichen und ganz unselbst?ndigen biblischen Historien des Radierers Bernhard Rode vergleichen, der als Direktor der Berliner Akademie eine bedeutende Stellung einnahm und viel gefeiert wurde.

War der Begriff geistigen Eigentums auf k?nstlerischem Gebiet wenig scharf abgegrenzt -- und Chodowiecki selbst fand in sp?teren Jahren oft genug Gelegenheit, sich ?ber Kopisten und F?lscher zu beklagen --, so fehlte es auch in der Litteratur und dem Buchhandel nicht an unlauteren Elementen, die sich durch unrechtm?ssigen Nachdruck Vorteile zu verschaffen suchten. Gegen diese richtet sich ein satirisches Blatt, das Chodowiecki 1781 im Auftrage des Berliner Buchh?ndlers Himburg radierte: ein Buchh?ndler wird von R?ubern, die ihre Beute in einer finsteren H?hle bergen, bis aufs Hemde ausgepl?ndert. Vergebens weist er auf die Gestalt der Gerechtigkeit, die am Wege niedergesunken, ihr Haupt verh?llt . Seltsam wirkt dieser Appell an die Justiz freilich bei einem Buchh?ndler wie Himburg, dessen Name gerade durch seine Nachdrucke Goethes wenig r?hmlich auf die Nachwelt gekommen ist.

Das Jahr 1786 brachte Chodowiecki, dessen Ansehen in der Berliner Kunstwelt in stetem Wachsen blieb, trotz mancher h?mischen Kritik, an der es auch nicht fehlte, neue Pflichten und Arbeiten. Der Minister von Heinitz, der als Kurator der k?niglichen Akademie der K?nste sich grosse Verdienste um dieses lange vernachl?ssigte Institut erwarb, suchte eine durchgreifende Reorganisation der akademischen Zust?nde herbeizuf?hren. Zwar blieb Bernhard Rode Direktor der Anstalt, aber die Zahl der Rektoren wurde vermehrt, und Daniel Chodowiecki als erster unter diesen zum Sekret?r der Akademie ernannt. Gleichzeitig wurden j?hrlich akademische Kunstausstellungen eingerichtet, die das Interesse an k?nstlerischen Dingen im Publikum beleben und wachhalten sollten. Auch eine Monatsschrift und ?ffentliche Sitzungen der Akademie wurden eingef?hrt. Chodowiecki lag besonders die Vorbereitung der Ausstellungen ob, deren erste am 18. Mai des Jahres 1786 in den R?umen des Akademiegeb?udes er?ffnet wurde; ihm war auch die Abfassung des Ausstellungskatalogs ?bertragen worden.

Freilich w?re es unbillig, von dem still dahinlebenden Sechziger, der ganz mit den ?berkommenen Anschauungen der vorrevolution?ren Zeit verwachsen war, eine tiefgehende Wandlung seines Wesens oder auch nur eine energische Stellungnahme zu den Ereignissen der g?renden Zeitgeschichte zu verlangen. Chodowieckis beschaulichem Wesen lagen politische H?ndel und Parteigez?nk ohnehin fern; er selbst hat uns in der kleinen Radierung ~E.~ 696 das Gehirn eines Malers, wie er es sich vorstellte, geschildert: ein buntes Gewirr von Menschen- und Tierk?pfen, ?ber denen sich lustige Putten tummeln; da blickt neben den Charakterk?pfen Friedrichs des Grossen und Voltaires ein antik stilisierter J?nglingskopf hervor, Bauer, M?nch, Ritter, Prediger, Bauer, Jude, Eremit und Sibylle vertragen sich wohl oder ?bel mit ihren Nachbarn aus dem Tierreich, Eber, L?we, Affe, Stier, Ziegenbock, Ente, Hahn und Puter. Es sind die Eindr?cke, die die Einbildungskraft des Malers aus dem ihn umgebenden Leben erhalten, nicht aber Sinnbilder eigener Ideen, die Chodowiecki hier als Inhalt des K?nstlerhirns hinstellt: ein aufrichtiges Bekenntnis seines Realismus, dem der Ritt ins romantische Land allzu beschwerlich und gef?hrlich schien. Trotzdem blieben ihm, wie wir sahen, nicht immer die Grenzen seiner Begabung bewusst; so beteiligte er sich 1791 an einem Wettbewerb f?r das Monument Friedrichs des Grossen, den die K?nigliche Akademie ausgeschrieben hatte, mit einem gezeichneten Entwurf, dessen Verlust und Nichtausf?hrung die Nachwelt kaum zu beklagen Grund haben d?rfte. Dass er, wie wir aus gleichzeitigen Berichten wissen, den ,,Alten Fritz," den er in seiner gebrechlichen Leibesh?lle so oft geschildert hatte, ohne dass je ein Beschauer dar?ber die geistige Gr?sse des Heldenk?nigs h?tte vergessen k?nnen, f?r diesen ,,monumentalen" Zweck in ein antikes Idealgewand h?llte, mag noch hingehen, zumal die Auffassuug der Zeit und die Akademie solche Mummerei forderte; dass er aber, um die unter Friedrichs Regiment ,,eingerissene" Aufkl?rung zu versinnlichen, dem Ross eine mit dem Bilde der Sonne verzierte Schabracke gab, kann man nicht ohne mitleidiges L?cheln vernehmen.

Ein franz?sischer Schauspieler Mr. de Vollange, der gleichzeitig als Guitarrenspieler sich hervorthat, muss wohl damals eine besondere Beliebtheit in Berlin genossen haben. Sehr h?bsch glossieren die drei Zust?nde einer Platte, auf der Chodowiecki den Vielbewunderten darstellte , die Pers?nlichkeit und ihren Eindruck. Der erste Zustand der Platte zeigt Vollange allein in l?ndlicher Einsamkeit, einen elegischen Gesang mit Guitarrenakkorden begleitend; im zweiten Zustand f?gte der K?nstler drei am Waldessaum lauschende ?therische Schw?rmerinnen hinzu, die sicherlich den Schauspieler verg?ttern, w?hrend auf dem dritten sich als neuer Zuh?rer ein n?chterner Kritikus dazufindet, dessen etwas breitspurige, durchaus nicht respektvolle Haltung auf wenig Sympathie mit dem angebeteten K?nstler schliessen l?sst.

Die Aufkl?rung, die sich vergebens abm?hte, den Aberglauben zu bek?mpfen, unterst?tzte er mit satirischen Kalenderbl?ttern und wenn es galt, philanthropischen Unternehmungen und popul?rphilosophischen Bestrebungen k?nstlerisch das Wort zu reden, war er gern bereit, seine Radiernadel in den Dienst der Sache zu stellen, obwohl manchmal der Stoff recht trocken und widerspenstig war; so z. B. in Ziegenhagens Verh?ltnislehre, deren Theorie von allgemeiner Menschenbegl?ckung durch lehrhafte Einf?hrung in die Werke der Sch?pfung schliesslich nur Stoff abgab f?r einige lustige Genrebilder, neben denen die Darstellung einer idealen Kolonie durch ihre pedantische Regelm?ssigkeit der Anlage und die F?lle unzusammenh?ngender Einzelheiten ein recht charakteristisches Abbild gibt von der N?chternheit der von Ziegenhagen verfochtenen Ideen. Besser sind die Interieurs geraten, die Handwerker und Gelehrte bei ihrer Arbeit schildern. Hier liess den K?nstler seine Beobachtungsgabe nicht im Stich, das waren Scenen aus dem Leben, wie er es erlebt, nicht wie er es ertr?umte. Immer wieder sehen wir ihn auch in diesen Jahren zur?ckkehren zu der Aufgabe, die ihm wie keine andere am Herzen lag: alles, was ihn umgab, mit treuem Griffel festzuhalten und damit Urkunden zu liefern, die das Leben und Treiben in der preussischen Hauptstadt am Ende des achtzehnten Jahrhunderts der Nachwelt mit unmittelbarer, ?berzeugender Lebenswahrheit vor Augen f?hren. So besp?ttelt er 1794 mit echt berlinischem Witz in sechs Kupfern eine Polizeivorschrift, nach der ein jeder in den Strassen der Stadt seinen Hund an der Leine zu f?hren habe, und schildert uns die lustigen Scenen, zu denen diese neue Massregel Veranlassung gab . So reizen ihn die Strassenfiguren in der neuen Modetracht , die jetzt Frack und Cylinder aus England importierte. Den unverf?lschten Geist des alten Spreeathen atmet auch die Neujahrswunschverk?uferin aus dem Jahre 1800, um deren unter einer Strassenlaterne errichtete Auslage sich alt und jung mit neugierig-kritischen Blicken dr?ngt, w?hrend sie mit echt berlinischer Zungengel?ufigkeit ihre Sch?tze anpreist . Das Blatt ist nur in einfacher Umrisszeichnung ausgef?hrt und offenbar auf Illuminieren mit Wasserfarben berechnet, ?hnlich den sp?ter viel verbreiteten Berliner Strassenscenen von Hosemann und anderen.

Unter den Bildnissen, die Chodowiecki im letzten Jahrzehnt seines Lebens radierte, sind die zierlichen Brustbilder des Malers Graff und des Hofrats Wilhelm Becker , sowie das Portr?t des Geheimrats H?pfner die bestgelungenen. Eine Episode seiner Reise nach Dresden vergegenw?rtigt eine Radierung aus dem Jahre 1795, die nach der Ansicht einzelner Kenner von seinem Sohne Wilhelm herr?hren soll, der nur eine Zeichnung des Vaters dazu ben?tzte. Da sehen wir eine Kavalkade von vier M?nnern in Reisetracht -- der Maler Kr?ger, Wilhelm Chodowiecki, dessen Schwager Prediger Papin und den Meister selbst -- ?ber die Landstrasse dahintrotten . Chodowiecki konnte offenbar auch hier der Lust nicht widerstehen, w?hrend des Reitens den Griffel zu f?hren. Hatte ihm doch einmal solches Wagnis den Verlust einiger Z?hne eingetragen, als er, um die H?nde zum Zeichnen frei zu haben, die Z?gel mit den Z?hnen festhielt, und das Pferd stolpernd seinen Reiter abwarf.

Doch auch die Sorgen und Beschwerden des Alters blieben nicht aus. Schon 1790 hatte er viel unter Anschwellung der Beine zu leiden, aber er suchte die Schmerzen durch rastloses Arbeiten zu bet?uben und liess sich sogar einen Tisch herstellen, an dem er vom Bett aus zeichnen konnte. Im Jahre 1793 klagt er seinem Freunde Graff: ,,da sitze ich nun unter den H?nden eines Wundarztes und habe ein Bein rundum vom Fussgelenk bis an die Wade voller L?cher und singe das Hallesche Studentenlied: Ich bin ein armer Teufel, ich kann nicht mehr marschieren u. s. w., aber vom Kopf bis an die Knie gehts ganz gut"; aber noch drei Jahre vor seinem Tode h?ren wir ihn ganz wohlgemut ?ber seinen Gesundheitszustand sich ?ussern: ,,Jetzt geht alles wieder gut, bis auf ein krankes Bein befind ich mich sehr wohl, mit dem besten Appetit esse ich alles was mir vorkommt von des Morgens bis in die Nacht, denn wenn ich vom Tisch aufsteh, so nehme ich allemal ein St?ck Roggenbrod mit und das Ess ich gegen ein Uhr zu Mittag wenn das Essen nicht zeitig genug auf dem Tisch ist und um 1 Uhr in der Nacht wenn ich aufh?re zu arbeiten mit dem gr?ssten Appetit von der Welt und nachher gehe ich mit eben dem Appetit zum schlafen zu Bett und denke offt dabey dass ich eben so freudig ins Grab gehen werde wenn Gott mich abruffen wird, und in 5 Minuten schlaf ich ein, binde einen Faden an meinen Wecker an der Uhr um meinen Daumen und um 7 Uhr bin ich wieder da, und mit dem Tage an die Arbeit, da kommen denn oft angenehme, uninteressante, auch unangenehme Besuche, die mich die kurzen Tage noch k?rzer machen, aber ich habe Geduld mit allen und hole des Abends wieder ein wass sie mich bey Tage vers?umt haben."

Nach dem Tode Bernhard Rodes wurde 1797 Chodowiecki zum Direktor der Kunstakademie gew?hlt, obwohl er sich nicht, wie Gottfried Schadow, der Maler Darbes und der Arch?ologe Hirt um diese Stelle beworben hatte. Neue Repr?sentationspflichten und Amtsgesch?fte wurden damit auf seine Schultern gew?lzt, aber mit r?stiger Energie ging er an die Aufgabe, wenngleich er mit vielen Einrichtungen der Anstalt sich nie ganz einverstanden erkl?ren konnte. Im Jahre nach seiner Ernennung zum Direktor wurde ihm von der Kunstakademie in Siena das Diplom eines ~accademico associato libero~ zugestellt. All diese Ehren und Anerkennungen vermochten seine Bescheidenheit nicht zu alterieren, leider auch nicht den Schwund der Kr?fte aufzuhalten, der sich mehr und mehr geltend machte. Im Februar 1800 erlitt er einen leichten Schlaganfall in der Akademie und ein Jahr darauf, am 27. Februar 1801 schloss er f?r immer seine Augen.

Chodowieckis Radiertechnik hat mannigfache Wandlungen durchgemacht; anfangs verraten die mageren und locker gef?gten Strichlagen noch Unsicherheit in der Handhabung des ungewohnten Ausdrucksmittels . Der Massstab der Figuren ist gr?sser gew?hlt, die Lichtf?hrung und Wiedergabe stofflicher Besonderheiten bereitet dem Anf?nger offenbare Schwierigkeit. Allm?hlich sehen wir, wie der Vortrag immer zierlicher wird, wie das Auge sich f?r die Feinheiten der im kleinsten Massstabe gehaltenen Details sch?rft. F?r die K?pfe und die Fleischpartien w?hlt der K?nstler jetzt die weiche Punktiermanier, eine dichte Hintergrundschraffierung gibt den Gestalten kr?ftigeres Relief. Diese zweite Entwickelungsstufe seiner Radiertechnik wird vielleicht am besten in dem Portr?t der Prinzessin Friederike Sophie Wilhelmine von Preussen und den Kupfern zu Lessings Minna von Barnhelm erkannt. Den vollen Reiz solcher Subtilit?t offenbaren freilich nur ganz frische Abdr?cke der genannten Bl?tter. Mit der Beherrschung der Mittel w?chst dann die Neigung, der Schwarzweisskunst reichere malerische Effekte abzuzwingen. Ein Beispiel daf?r bildet die Folge von zw?lf Illustrationen zu Gessners Idyllen , w?hrend in den neunziger Jahren die Absicht, durch m?glichst scharfe Kontraste von Licht und Schatten zu wirken, sowie die Sorglosigkeit der Durchf?hrung und Abt?nung nicht selten st?rend wirkt . Es w?re indessen verkehrt, anzunehmen, dass sich die eben angedeutete Entwickelung mit durchaus gesetzm?ssiger Folgerichtigkeit vollzieht. Wir m?ssen auch hier unterscheiden zwischen den Arbeiten, denen der K?nstler von vornherein Enthusiasmus und Liebe entgegenbrachte, und solchen, von denen er selbst sagte: ,,Ich mache, was man mir in Auftrag gibt, und lasse die anderen reden."

Besonderes Interesse verdient auch ein Versuch in Schabkunst, der zu den fr?heren und sehr seltenen Arbeiten des Meisters geh?rt . Hier wurde die Kupferplatte mit dem Granierstahl aufgerauht und dann mit dem Schabeisen die Stellen, die im Abdruck hell erscheinen sollen, ausgegl?ttet, so dass sie keine Schw?rze annehmen. Trotzdem dieser Versuch ganz gut gelang, hat Chodowiecki sp?ter fast niemals wieder diese Technik angewandt, und wir h?ren aus seinem Danziger Reisejournal, wie er sich bei dem Kupferstecher Deisch ?ber die Einzelheiten dieses Verfahrens -- freilich vergebens -- n?her zu informieren versuchte.

Wir verweilten l?nger bei diesen halb technischen, halb kunsth?ndlerischen Dingen, weil Chodowieckis Radierungen recht eigentlich ein Objekt der Sammelleidenschaft sind. Der eingefleischte Kupferstichliebhaber, der abends die Mappen und Portefeuilles mit den Bl?ttern des Meisters hervorholt und nun mit eifers?chtigem Behagen die verschiedenen Etats einer Folge von Radierungen durchst?bert, seine Beobachtungen auf dem Untersatzbogen notiert und mit Stolz jeden neuen Fund in sein Exemplar des Verzeichnisses von Engelmann eintr?gt, -- er wird geringsch?tzig herabblicken auf diejenigen, die nur oberfl?chlich die Chodowieckimappen durchbl?ttern und lediglich ihr Auge an der k?nstlerischen Vollendung einzelner Bl?tter weiden. Und jene beschauliche Sammlerstimmung, jene eindringliche Betrachtung ist just die rechte zum Genuss der beschaulichen Kleinkunst unseres Meisters. Sie ist auch keine m?ssige Spielerei, da sie den Feinblick sch?rft f?r das geheime Triebwerk k?nstlerischen Schaffens, das Auge empfindlich macht f?r Qualit?tsunterschiede, die bei allen Sch?pfungen der subtilen graphischen Kunst eine wichtige Rolle spielen.

Doch Chodowiecki geh?rt nicht dem Sammler allein. Was er uns von seiner Zeit erz?hlt, und wie er es erz?hlt, wird jeden, der r?ckschauender Kunstbetrachtung ?berhaupt f?hig ist, lebhaft fesseln. Zwischen den Schaffenden und den Geniessenden hat sich ein Jahrhundert geschoben, das zwar unser unmittelbares Interesse an den geschilderten Vorg?ngen und Zust?nden etwas erkalten liess, aber auf der anderen Seite auch unsere Neugier rege macht, wenn wir einen naiven und ehrlichen Zeugen der alten Zeit vernehmen. In das vorige Jahrhundert spinnen sich vielfach noch famili?re Erinnerungen hin?ber, der Hausrat unserer Urgrosseltern, die Portr?ts aus ihren Tagen str?men noch immer pers?nlichen Hauch aus, unsere Piet?t redet diesen Dingen gegen?ber lauter, als etwa vor den Sch?pfungen der Renaissance und des Mittelalters. Und wie wird das alles wieder lebendig in der Kunst Chodowieckis! Die friedliche Sonntagsstimmung unserer Altvordern umf?ngt uns, jene ruhige Zufriedenheit, die in den n?chternen und doch so anheimelnden Stuben des damaligen Kleinb?rgertums nistet. Alles ist hier auf einen Ton gestimmt, die ruhigen Linien und kahlen Fl?chen der W?nde, der unscheinbare, aber gediegene Hausrat, die saubere und wohlanst?ndige Tracht der Bewohner, ihr beh?biges und zugleich grazi?ses Gebaren: wir atmen mit dem K?nstler die Luft jener Tage, freuen uns an der patriarchalischen Einfalt und Unverdorbenheit b?rgerlicher Sitten, l?cheln mit ihm ?ber die mattherzige Empfindelei und alberne Aufgeblasenheit der eleganten Welt, ?ber die Schrullen der Sonderlinge, die in unserer nivellierenden Zeit mehr und mehr von der Bildfl?che verschwinden. Er versteht es, wie kaum ein zweiter, munteres Behagen um die dargestellten Dinge zu breiten, das sich dem Beschauer unwillk?rlich mitteilt. Die Bonhomie, die ?berall aus seinen Schilderungen hervorblickt, erw?rmt uns f?r den Schaffenden wie f?r das Geschaffene, die Lebendigkeit und Frische des Vortrags bewirkt, dass wir uns mit ihm hineinversetzen in den bunten Jahrmarkt des Lebens, wie er sich auf dem Berliner Pflaster des vorigen Jahrhunderts abspielte.

Mitteilsamkeit bis zur Geschw?tzigkeit war ein Herzensbed?rfnis seiner Zeit: ,,Unmitgeteilte Lust muss ?berdruss erwecken" heisst es in einem Gedichte Gessners. Dass aber Chodowieckis Redseligkeit fast niemals langweilig wird, ist ein deutlicher Beweis starker +K?nstlerkraft+. Freilich, seine Kunst stellt dem Forscher keine tiefen Probleme. Sie bedeutet keinen epochemachenden Umschwung der Entwicklung, wie die eines Michelangelo oder Rembrandt; und dennoch ringt auch in seinen Sch?pfungen etwas Neues nach Ausdruck, das sie in nat?rlichen, kaum geahnten Gegensatz zur ?berlieferung und Umgebung bringt: der +instinktive Realismus+. Nicht in leidenschaftlichem Kampf, in wildem Aufb?umen gegen alles ?berkommene, wie sie der Litteratur der Sturm- und Drangperiode das Gepr?ge verliehen, entwickelt sich seine Selbst?ndigkeit: sie war von Anbeginn in ihm vorhanden als Naturanlage, die langsam, wie eine wohlgepflegte Pflanze, wuchs, sie bestand in jener, sein ganzes Wesen am besten kennzeichnenden +kindlichen Naivet?t+. Sie zu besitzen und bewahren, war in unserem Vaterlande zu seiner Zeit kein Leichtes. Das ganze deutsche Geistes- und Kunstleben des achtzehnten Jahrhunderts stand unter franz?sischer Vormundschaft. In Berlin hatte kein Geringerer als der Grosse K?nig selbst die Parole ausgegeben, dass es nur eine Kunst und Litteratur g?be: die franz?sische. Voltaire war sein Lieblingsschriftsteller, Franzosen seine Hofmaler. Mit urteilsloser Bewunderung blickte man hin?ber zu den koketten Feerien des franz?sischen Rokoko, die lediglich eine Hof- und Theaterkunst repr?sentieren. Die leichtfertige Anmut eines Boucher, Pater und Lancret, die technische Virtuosit?t der Illustrationen eines Gravelot, Choffard, Marillier erschienen den deutschen K?nstlern als das h?chste und letzte Ziel, dem zuzustreben alle Kr?fte eingesetzt werden mussten, selbst zu einer Zeit, als jenseits der Vogesen bereits ein Widerspruch gegen die verz?rtelte Geschmacksbildung der ?lteren Generation sich erhob. Diderot hatte in seinen Salonkritiken den Krieg gegen die Unnatur der Rokokomalerei begonnen. Im Jahre 1761 schreibt er von Boucher: ,,~Cet homme a tout, except? la verit?.~" und f?gt 1765 hinzu: ,,~J'ose dire, qu'il n'a jamais connu la verit?. Je vous d?fie de trouver dans toute une campagne un brin d'herbe de ses paysages.~" Das neue Schlagwort ,,~la verit?~" konnte nirgends ein kr?ftigeres Echo wecken, als bei Chodowiecki. Wir haben oben aus seinen Selbstbekenntnissen eine Stelle citiert, die ihn als r?ckhaltlosen Verteidiger ungeschminkter und ungepuderter Nat?rlichkeit in der Kunst kennzeichnet; nicht ohne Bitterkeit schrieb er in einem wohl f?r den Druck bestimmten Aufsatz ,,?ber den Verfall der K?nste" die S?tze nieder: ,,K?nige wissen sich selten in dem, was die Kunst betrifft, selbst zu rathen ... des K?nigs Geschmack wurde auch franz?sisch. Er schaffte sich vatteauxsche und lancretsche Gem?hlde an und beh?ngte damit die W?nde in Sanssouci." F?r den begeisterten Apostel k?nstlerischer Wahrhaftigkeit hatte Friedrich der Grosse so wenig einen Blick, wie f?r Lessing, der den Kampf gegen welschen Schwulst und Abgeschmack auf litterarischem Gebiet aufnahm. In der bildenden Kunst wurde dieser Kampf, das wird jeder Unbefangene eingestehen m?ssen, allerdings mit recht ungleichen Waffen gef?hrt. Auf seiten der Franzosen geistspr?hende grazi?se Beweglichkeit, raffinierte Technik, durch alte Kultur anerzogene Kunstgew?hnung, bei den Deutschen philistr?se Schwerf?lligkeit, mangelhafte technische Erziehung, ein k?nstlerisch ungebildetes Publikum. Klagt doch Ewald von Kleist gelegentlich, dass man ,,in dem grossen Berlin kaum drei bis vier Leute von Genie und Geschmack" tr?fe. Unter solchen Verh?ltnissen verdient jeder Versuch, sich aus der Sph?re deutscher Unzul?nglichkeit zu neuen Zielen aufzuraffen, doppelte Bewunderung. Aber Chodowiecki gab sich ?ber die Bedeutung seines Wirkens darum keinen Illusionen hin, seine bescheidene Selbstgen?gsamkeit spricht sich in den Versen aus, die er einem Kalenderkupfer von 1779 als Unterschrift beif?gte:

Mein G?rtchen ist nur klein Doch gross genug, mich zu ern?hren Und frisch genug, mich zu erfreun. Willst du mir, Himmel, einen Wunsch gew?hren, So m?sste stets mein Gl?ck so wie mein G?rtchen seyn.

Und doch war dieses stillbeschlossene G?rtchen in dem grossen Lande deutscher Kunst eines der am saubersten gepflegten und bl?tenreichsten, das auch heute noch, wo andere Gebiete im Staub der Vergessenheit versunken sind, den Blick des Wanderers immer wieder und wieder anzieht.

Wie hat sich Chodowiecki dies Gl?ck der Unsterblichkeit errungen? Versuchen wir dem Wege nachzugehen, der ihn in den Kreis derer f?hrt, die als Fixsterne am deutschen Kunsthimmel gl?nzen. Von dem unabl?ssigen Fleiss, der keine Feierstunden kannte, ist gesprochen worden. Die technische Gewandtheit aber, die seinem Wollen das Gelingen sicherte, die gl?ckliche Beobachtungsgabe und Frische der Auffassung, die ihn bis ins hohe Alter nicht verliess, waren nicht nur Ergebnis eifriger Studien, sie waren Geschenke der Natur. Wenn wir des K?nstlers Skizzen betrachten -- gerade sie sind die glaubw?rdigsten Zeugen f?r die Echtheit des Talents, das sich in fl?chtigen Augenblicken gl?cklicher Inspiration am reinsten offenbart -- so entdecken wir eine Leichtigkeit der Hand, ein Unterscheidungsverm?gen f?r Charakteristisches und Gleichg?ltiges, eine F?higkeit, mit wenigem alles zu sagen, die wir aus den ausgef?hrten Arbeiten mit ihrer nicht selten kleinlich erscheinenden Accuratesse und ?ngstlichen Durchf?hrung niemals herauslesen k?nnten. Diese fl?chtigen Zeichnungen, wie die hier abgebildeten Studien eines vom R?cken gesehenen Kavaliers , einer am Tisch stehenden Dame , eines M?dchens, das ein Gep?ckst?ck im Arm h?lt -- sie alle sind in ausgef?hrten Werken, f?r die der Meister stets seine Mappen pl?nderte, benutzt -- zeugen von einer gottbegnadeten Sch?rfe des Blicks, sie atmen ein Leben und eine Beweglichkeit, die, wie gesagt, oft den nach ihnen ausgef?hrten Arbeiten zu mangeln scheint. Selbst das, was man Chodowiecki zuletzt zutrauen m?chte, leidenschaftliches Temperament, kommt in einzelnen Skizzen, wie in dem Entwurf zur Figur des Hamlet zum Ausdruck. Man glaubt hier die Erregung des Augenblicks zu sp?ren, wo Shakespeares Gestalt in der genialen Interpretation Brockmanns die Einbildungskraft des Meisters zu ungewohnter Lebhaftigkeit entflammte. Zu diesen gl?cklichen, scheinbar direkt von inneren Impulsen angeregten Augenblickssch?pfungen z?hlen auch einige Bl?tter der Danziger Reise, wie die Kirchg?ngerinnen , das polnische Starostenpaar , den B?rgermeister Conradi , Frau ?hmichen und jene k?stlichen R?telzeichnungen, die uns Frauen und M?dchen bei ihrer Arbeit oder in tr?umerischer Selbstvergessenheit schildern . Hier ist Chodowiecki dem Charme eines Watteau so nahe gekommen, wie sonst nie; aber es steckt in seinen Gestalten unendlich gr?ssere Ehrlichkeit, viel mehr Respekt vor der Natur und sogar etwas mehr Energie der Technik .

Anderes wieder, wie z. B. die Figur des Gefangenw?rters aus dem ,,Grossen Calas" , zeigt uns, wie gewissenhaft die Einzelheiten gr?sserer Kompositionen ausgefeilt wurden. In Meusels ,,Miscellancen artistischen Inhalts" erz?hlt Chodowiecki selbst von den Schwierigkeiten, die ihm die Platte zum Calas gemacht, und erw?hnt dabei auch diese Studie: ,,Als ich die Platte zu ?tzen anfing, benahm ich mich so ungeschickt mit dem Scheidewasser, dass der erste Abdruck mir ganz unbrauchbar schien. Man riet mir, die Platte noch einmal mit Firnis zu ?berziehen, mit der Radiernadel nachzugehen und noch einmal zu ?tzen. Ich that's und der Erfolg war eben so wenig befriedigend, als beim erstenmal. Hieraus entstanden zweierlei Abdr?cke, die, da sie in sehr geringer Anzahl gemacht wurden, ?usserst selten sind. Nun liess ich die Platte abschleifen; mittlerweile retouchierte ich noch mein Gem?lde, +machte zu der Figur des Schliessers noch eine Zeichnung nach der Natur+ und malte ihn ganz wieder ?ber." Fuss und H?nde des knieenden Mannes sind auf dem Blatt zum Gegenstand besonderer Studien geworden. Damit fing die eigentliche Arbeit an, bei der Chodowiecki niemals die Unsicherheit des zwar gl?cklich beanlagten, aber doch ?ngstlichen Dilettanten ganz verliess. Seine Ausbildung war niemals systematisch geleitet worden, er war und blieb in vielen Dingen durchaus Autodidakt. Auch die zahlreichen Aktstudien in R?tel, die wir von seiner Hand besitzen -- meist Fr?chte jener Abendstunden, die er anfangs in Rodes Atelier, sp?ter in der Akademie zubrachte -- , lassen uns trotz der Sorgfalt, mit der sie den sichtbaren Einzelheiten der K?rperbildung nachgehen, doch die tiefere Kenntnis der Struktur des menschlichen Leibes und das Gef?hl f?r richtige Verh?ltnisse vielfach vermissen. Dabei machen sie den Eindruck des Gequ?lten, Ungelenken, die Freude an der Beobachtung scheint beeintr?chtigt durch die pedantischen Schulmeisterregeln, von denen sich der Zeichner nicht zu emanzipieren vermochte, obwohl er genau ihre Gefahren erkannte. So schreibt er in der mehrfach citierten Selbstbiographie: ,,Jedoch die Manier ist immer ein Abweichen von der Wahrheit und jede Abweichung von derselben ein Fehler. Wer nun einen anderen K?nstler in seiner Manier nachahmt, der ?bertreibt sie noch, erreicht seine Sch?nheit nicht und vergr?ssert nur seine Fehler oder macht sie noch auffallender: ebenso wenn ein Mensch die Physiognomie eines anderen nach?ffen will, so ?bertreibt er das, was der zum Auffallen an sich hat, und macht eine unangenehme Grimasse." ,,Dieses akademische Aktzeichnen," so heisst es an einer anderen Stelle derselben Schrift, ,,w?hrte aber nur wenige Jahre. Und das w?re nicht genug? wird ein schon ausgelernter K?nstler fragen. -- Nein, lieber Mann! Wenn du dein ganzes Leben nach dem Leben zeichnest, so wirst du am Ende desselben f?hlen, dass dir noch vieles zu lernen ?brig blieb, und du nicht zu viel gezeichnet hast." In der That hat auch Chodowiecki bei allem guten Willen, bei allen noch so eifrigen Studien vor der Natur da, wo er frei erfand, niemals die Fesseln der herrschenden Manier ganz abzustreifen vermocht. So fallen uns bei den meisten seiner Gestalten die ?berschlanken Verh?ltnisse auf; oft gibt er den Figuren acht bis neun Kopfl?ngen . Auch die Art, wie seine Menschen einherschreiten und sich bewegen, ist nicht immer ohne konventionelle Gespreiztheit. Man betrachte z. B. die Blindekuhspieler auf dem Gem?lde im Berliner Museum und verschiedene Radierungen daraufhin. Fast immer erkennt man auf den ersten Blick, welche Gestalten in seinen Kompositionen nach der Natur gezeichnet sind, und welche er frei erfand.

Chodowieckis Erfindungskraft ist ohnehin nicht gross. Das lehren uns deutlich seine +allegorischen, historischen und biblischen Kupfer+. Die F?higkeit, zu gestalten, erlahmt, sobald ihr die St?tze der Naturbeobachtung und Vergleichung fehlt. Schon die fr?hen Emailbilderchen, wie jene oben erw?hnten sechs Passionsscenen verraten die Unselbst?ndigkeit seiner Phantasie: sie sind Kopien nach Kupfern Sebastien Leclercs, und die religi?sen Darstellungen aus Lavaters Jesus Messias sind ebenfalls nichts weniger als originell und tiefgr?ndig. Gleichwie Raffael Mengs sehen wir Chodowiecki zwischen den Vorbildern der italienischen Renaissance und denen der grossen Niederl?nder des siebzehnten Jahrhunderts ohne eigene Einf?lle einherschwanken.

Trotz seiner starken Religiosit?t, die er 1799 gegen den freidenkerischen Nicolai in einem l?ngeren Aufsatz verteidigte, glauben wir aus seinen biblischen Kompositionen herauszuf?hlen, dass ihm ein innerliches Verh?ltnis zu diesen Dingen abging, dass ihm das Bed?rfnis fehlte, durch seine Kunstsprache die Gl?ubigen zu erbauen oder zu eigener Auffassung zu bekehren. Daf?r spricht schon die auffallend kleine Zahl von religi?sen Darstellungen, die sich in seinem Werk finden. Auch darin erkennen wir seine nie verleugnete Ehrlichkeit wieder. Zu den Fragen, die in der Aufkl?rungsepoche so viele Gem?ter leidenschaftlich erhitzten, nahm er einen vers?hnlichen Standpunkt ein, wie er sich ausspricht in den folgenden Worten des eben erw?hnten Schreibens an Nicolai: ,,Kein Freydenker ist verw?nschenswerth, aber zu beklagen ist ein jeder, der es ist, und man muss sich wohl h?ten, keinem Gelegenheit zu geben, es zu werden."

Die +historischen Darstellungen+ unseres K?nstlers fordern den modernen Beschauer, der stolz darauf ist, sich ,,in den Geist der Zeiten" zur?ckversetzen zu k?nnen, zu herber Kritik, ja oft zum Spott heraus. Bei aller Gr?ndlichkeit seiner Kost?mstudien, die damals dem Maler nicht so erleichtert wurden, wie in unserem Zeitalter der Museen und Publikationen, weiss er doch mit Stoffen aus einer weiter zur?ckliegenden Zeit wenig anzufangen. Durch Panzer und Pluderhosen blickt ?berall das achtzehnte Jahrhundert mit seiner Zierlichkeit und b?rgerlichen Wohlh?bigkeit durch . Vollends die alten Germanen, nach Klopstocks Vorgang als Kelten frisiert, eigentlich aber Weissbierphilister in Statistenhaltung, verm?gen uns nicht zu ?berzeugen , und die Antike, der seit Winckelmanns Tagen so viel aufmerksames Studium sich zuwandte, beh?lt in Chodowieckis Gestaltung den ballettm?ssigen Anstrich der Rokokokunst . Die Formensprache der klassischen Kunst mit ihrer Einfalt und stillen Gr?sse blieb f?r ihn stumm. Am schlimmsten aber steht es um seine +sinnbildlichen Einf?lle+, die ein unerquickliches Gemisch von halbverstandenen und deshalb dem Beschauer unverst?ndlichen Symbolen und n?chtern aufdringlicher Deutlichkeit darstellen. Das Bem?hen, m?glichst viel in die Allegorie ,,hineinzugeheimnissen," verdirbt ihm meist das k?nstlerische Konzept, und f?r das heroisch Grosse, das er versinnlichen m?chte, fehlt ihm Linien- und Formengef?hl. Wie mesquin wirkt z. B. seine Darstellung des F?rstenbundes, wo Friedrich der Grosse, nat?rlich antik gewandet, den Kurf?rsten und Herz?gen die Hand ?ber dem Altar der Einigkeit reicht, die Allegorie auf den Tod des Grossen K?nigs oder das theatralische Pathos der Kriegsg?ttin Bellona, die den schulbubenhaften Genius des Kampfes zum Entwerfen von Verschanzungspl?nen anleitet, w?hrend rechts vor ihren F?ssen eine Granate platzt ; mit Recht rief Friedrich, als ihm eine allegorische Verherrlichung seiner Siege von Chodowiecki vorgelegt wurde: ,,~Ce costume n'est que pour les h?ros du the?tre!~" und befahl sogar die Vernichtung dieser Platte, von der sich in der That nur ganz wenige Abz?ge erhalten haben.

Chodowieckis +Portr?ts+ sind von ungleichem Wert; viele von ihnen verdanken ihre Entstehung offenbar Auftr?gen, die lediglich den Gesch?ftsmann, aber nicht den K?nstler in ihm angingen. Mit staunenswerter Behendigkeit wusste er die wesentlichen Z?ge eines Kopfes in anscheinend sorgf?ltiger R?teltechnik auf das Papier zu bringen, wobei er, dem bequemen Vorbild eines Saint-Aubin u. a. folgend, die Profilstellung bevorzugte. Die charakteristische Umrisslinie musste zur ?hnlichkeit das Beste thun, die Modellierung und Innenzeichnung wurde etwas fl?chtiger abgethan, und die gleichm?ssige Kreuzschraffierung des Hintergrundes sorgte f?r das plastische Hervortreten der K?pfe. Gewissenhaft gab er die Einzelheiten der weiblichen Coiffure wieder , was sicherlich nicht wenig dazu beitrug, dass die Damen ihn gern als Verewiger ihres Exterieurs in Anspruch nahmen. Mit Stolz berichtet Johanna Schopenhauer, die Mutter des grossen Philosophen, dass ihr als kleinem Kind das Gl?ck wurde, von unserem Meister in Danzig portr?tiert zu werden, und zahlreiche andere Damen der Danziger Gesellschaft waren eifers?chtig auf die Ehre, w?hrend seines Aufenthaltes in der Vaterstadt ihm zu einem Konterfey sitzen zu d?rfen. Aus seinen eigenen Zeichnungen erfahren wir, wie es dabei zuging. Der K?nstler r?ckte sich ein kleines Tischchen ans Fenster, um gutes Licht zu haben, setzte das Modell, nachdem die Vorh?nge der ?brigen Fenster herabgelassen waren, in passende Positur, und nun arbeitete er, der fr?hzeitig schon seiner Kurzsichtigkeit wegen sich einer Brille bediente, unter stetem Vergleichen und Hin?berblicken, an seiner Aufgabe. Der Miniaturmaler verleugnet sich nicht in der Art und Weise, wie er, dicht ?ber das Blatt gebeugt, seine Zeichnung ausf?hrt, und seine Kurzsichtigkeit erkl?rt uns die verkleinlichende Durcharbeitung der Einzelheiten, die ihm vielfach den Blick f?r das Ganze tr?bte. Nicht selten nahm Chodowiecki auch von den in R?tel gezeichneten Portr?ts, die ?brigens meist in einem sehr viel gr?sseren Massstab gehalten sind, als seine radierten Bildnisse, einen Abklatsch in der Kupferdruckpresse, der sich durch Unklarheit der Linien, und, falls sich Schrift darauf befindet, durch die r?ckl?ufige Richtung derselben zu erkennen gibt.

Am liebensw?rdigsten und lebendigsten sind die Bilder von Mitgliedern seiner Familie, wie das ebenfalls in roter Kreide ausgef?hrte Profil seines Schwiegervaters, des ehrsamen Seidenstickers Jean Barez aus der Champagne oder der aus einem bauschigen T?llschleier freundlich herausblickende Kopf seiner Frau, eine Miniatur auf Elfenbein , der man das Bestreben anmerkt, die von Anton Graff nicht ganz gl?cklich getroffenen Z?ge noch sch?rfer zu individualisieren; ferner das allerliebste Kinderportr?t seiner etwa zweij?hrigen Tochter Jeanette, die, an einem mit Spielzeug beladenen Stuhl stehend, mit schelmischen Augen dem Beschauer entgegenlacht ; als dreizehnj?hrigem, altklugem Backfisch begegnen wir ihr wieder in einem R?telprofil . Ebenso besitzen wir von der zweit?ltesten Tochter des K?nstlers, Susette, ein Kinderportr?t und eine Zeichnung aus sp?terer Zeit . Auch die Z?ge seiner S?hne Wilhelm und Isac Heinrich , sowie seiner Enkel sind in Bildern des Vaters auf uns gekommen. Die schelmischen M?dchengesichter der Schwestern Quantin schliesslich, die ihm f?r eine seiner fr?hesten Radierungen Modell standen , glauben wir in der ungew?hnlich frischen Bleistiftstudie im Besitz von Nachkommen Chodowieckis wiederzuerkennen.

Die beiden englischen Naturforscher Solander und Banks, die 1772 durch die Entdeckung der Basalts?uleninsel Staffa bei Island die Aufmerksamkeit der gebildeten Welt auf sich gelenkt hatten, portr?tierte Chodowiecki in zwei kleinen ?lbildern, die sich heute in der Berliner Galerie befinden . K?nstlerisch ihnen ?berlegen ist das in derselben Sammlung bewahrte Bildnis des Kaufmanns Levin, des Vaters der durch ihre litterarischen Beziehungen zu den Romantikern des Berliner Dichterkreises bekannten Rahel, nachmaligen Gattin Varnhagens von Ense . Auch dies Portr?t h?lt sich, wie die beiden oben erw?hnten, erheblich unter Lebensgr?sse, aber es besitzt f?r eine ?lmalerei Chodowieckis ungew?hnlich gute koloristische Haltung; es wirkt trotz seiner Kleinheit nicht kleinlich und reicht in der lebenspr?henden Wiedergabe des dargestellten Charakters fast an die ber?hmten gleichzeitigen Leistungen Anton Graffs heran, vor denen es sogar eine gewisse malerische Breite voraus hat.

Wenn man Chodowieckis +Bedeutung als Illustrator+ w?rdigen will, muss man sich vor allem den Charakter und die verschiedenen Str?mungen des gleichzeitigen Schrifttums vergegenw?rtigen. Seine ganze Kunstart fordert dazu heraus, ihn mit den litterarischen Zeitgenossen zu vergleichen: ist er doch, wie sie, vorzugsweise ein erz?hlender K?nstler.

Vor dem Auftreten unserer grossen Klassiker hielt Kritik und verst?ndige N?chternheit die freie Produktion Deutschlands in engen Schranken. Lehrhafte Neigung ?berwog; Fabel und Parabel bildeten die beliebteste Gattung der Poesie. Erst durch Lessings Auftreten wurde Berlin zum Mittelpunkt geistiger Regsamkeit. Obzwar Chodowiecki in manchen Z?gen Wahlverwandtschaft mit dem Dichter der Minna von Barnhelm verbindet, der gleich ihm das deutsche B?rgerleben f?r die Kunst entdeckt hat, w?re es doch verwegen, ihn etwa den Lessing der Malerei zu nennen. Wohl aber sp?ren wir in seinem Wesen und seiner Auffassung der Dinge, die um ihn her geschehen, Etwas von der kindlichen Naivet?t des Wandsbecker Boten Claudius, dem Witz Hippels, der Innigkeit Pestalozzis, der Satire Lichtenbergs, Etwas von Matthissons Sentimentalit?t, Ifflands theatralischem Geschick, Nicolais und Johann Jacob Engels N?chternheit, Krummachers Gem?tseinfalt und Seumes m?nnlicher Art, und all das nicht in widerspruchsvollem Nebeneinander, wie etwa bei Lavater, sondern in ausgeglichener Mischung als Ausdruck einer anpassungsf?higen und doch kernhaften Natur. Auch die Werke der ?lteren Dichtergeneration bringen einzelne Saiten seines Ichs zum Mitschwingen. Gewinnen auch Hagedorns t?ndelnde Anakreontik und Gottscheds Franzosenkultus keine ausgepr?gte Gestalt in seinen Werken, so gemahnt uns Vieles bei ihm an Rabeners b?rgerliche Satire, Gellerts Klarheit und Biedersinn, Pfeffels Humanit?t und Gleims patriotisches Pflichtbewusstsein.

Dass wir all diesen mannigfachen Regungen der sch?ngeistigen Bewegung Deutschlands in Chodowieckis Kunst begegnen, erh?ht den Reiz ihrer Betrachtung, und selbst da, wo die litterarische Fassung der Zeitideen f?r unser Empfinden bereits verblasst ist, belebt ihr k?nstlerisches Spiegelbild unser nachf?hlendes Interesse von neuem. Das naiv Menschliche in des Meisters Gestalten ist es, was uns immer von neuem anzieht und festh?lt. Wir besch?ftigen uns mit ihnen, ohne weiter viel an die besondere litterarisch fixierte Situation zu denken. Und, wie es Menschen gibt, deren Liebensw?rdigkeit uns die Trivialit?ten ?berh?ren l?sst, die sie vorbringen, so kann man auch Chodowiecki nicht b?se sein, wenn er gelegentlich ins Platte verf?llt. Sicherlich w?re er selbst der letzte gewesen, der sich beleidigt gef?hlt h?tte, wenn man das, was er ernst gemeint, einmal komisch fand. So wird es Manchem wohl schwer werden, das Erdbeben in Calabrien oder den Heldentod Schwerins in Chodowieckis Darstellung tragisch zu nehmen, selbst der Tod Friedrich des Einzigen oder des F?rsten Potemkin haben etwas ungewollt Komisches, wie nicht minder die Ohnmacht Heloisens und der Raub der Helena . Hier unterliegt seine Gestaltungskraft durchaus der Beschr?nktheit zeitgen?ssischer Auffassung.

Bei den Illustrationen zu Romanen w?hlt unser K?nstler keineswegs immer die dramatisch zugespitzten Wendepunkte der Erz?hlung aus, sondern die Vorg?nge, die seiner Neigung zur Schilderung idyllischen Behagens am meisten zusagen. Wenigstens sind dies die gelungensten unter den zahllosen Romanbildern seiner Hand. Wie reizend mutet uns z. B. die Scene aus Pestalozzis Lienhard und Gertrud an, wo die letztere mit ihrem J?ngsten im Arm an den Schlossherrn herantritt, um sich ?ber die Bedr?ckungen des Vogts Hummel zu beklagen , oder die Begr?ssung von Lienhard und Gertrud im Hause des armen K?thners Rudi , das Titelkupfer zu Schummels Wilhelm von Blumenthal oder die lustige Episode aus Sternes empfindsamen Reisen ! Das sind Genrebildchen von einer Einfachheit und zum Herzen sprechenden Wahrheit, die jeden litterarischen Kommentar entbehrlich machen.

Wo der Text Witz oder Humor verlangt, steht Chodowiecki meist seinen Mann. Wenn auch Cervantes' Don Quixote und Le Sages Gil Blas nicht eben Stoffe waren, die ihn zu besonders gl?cklichen Leistungen anregen konnten, so gelang ihm daf?r um so besser die Travestie Blumauers mit ihrer spiessb?rgerlichen Komik , die Verspottung trottelhafter Beschr?nktheit und Einfaltspinselei, wie sie in Nicolais Sebaldus Nothanker , in M?llers Siegfried von Lindenberg, -- dem die k?stliche Liebhaberauff?hrung von Lessings Minna entlehnt ist -- und in dem komischen Roman Philipp von Freudenthal so k?stlich gegeisselt werden, sowie die gutm?tige Satire in Gellerts Fabeln . Unwiderstehlich komisch wirkt das starre Entsetzen der vettelhaften Meta aus der ,,Geschichte eines Genies" beim Anblick der Untreue ihres geliebten Syrup . Aber auch ernste Empfindungen, leidenschaftlichen Schmerz, herzbewegende Trauer bringt die Radiernadel des Meisters oft zu wirksamem Ausdruck, wenn das Milieu des b?rgerlichen Standes, der ihm von Jugend auf vertraut war, mit dem er f?hlte und dachte, gewahrt bleibt. So ergreifen uns die Sterbescenen aus Sebaldus Nothanker und Hippels Lebensl?ufen durch ihr echtes Gef?hl, wenn sie auch der mattherzigen R?hrseligkeit der Zeit etwelchen Tribut zollen. Einzelheiten des Ausdrucks in der Haltung und den liebevoll durchgef?hrten winzigen Gesichtern fallen dabei mehr ins Gewicht, als die Gesamtstimmung, die er den Interieursscenen zu geben versucht. Es sind eben -- aber- und abermals muss es betont werden -- die sympathischen Grundz?ge in Chodowieckis Wesen, seine Ehrlichkeit und sein Kindergem?t, die selbst aus einer geschmacklosen Fassung mit dem Glanz echten Edelgesteins hervorleuchten. Dass die Schilderung der harmlosen und innigen Freuden b?rgerlichen Familiengl?ckes am st?rksten solche Vorz?ge erkennen l?sst, d?rfen wir auch an dieser Stelle nicht unwiederholt lassen . Schon aus diesem Grunde und zugleich seiner kulturgeschichtlichen Bedeutung wegen wird Chodowieckis ,,Weihnachtsabend" in Langs Almanach von 1799 stets einen besonderen Reiz auf den Beschauer aus?ben. Bildet doch diese kleine Radierung einen der wenigen Belege daf?r, dass die f?r unser Gef?hl mit der Weihnachtsfeier so unzertrennlich verbundene Sitte der Ausschm?ckung eines Tannenbaums am Ende des vorigen Jahrhunderts in Deutschland noch keineswegs allgemein eingeb?rgert war; wir sehen hier vielmehr ein h?lzernes oder metallenes Gestell zur Aufnahme des Lichter- und Geschenkschmucks auf dem Gabentisch errichtet, zu dem die Eltern ihre jubelnden Kleinen f?hren. Solch ein Beispiel erinnert uns von neuem daran, dass Chodowieckis Darstellungen eine unersch?pfliche Fundgrube f?r den Kulturhistoriker bilden, wie sie denn von dem bedeutendsten Schilderer fridericianischer Zeit in diesem Jahrhundert, von Adolf Menzel, der in mehr als einer Beziehung auf unseres Meisters Schultern steht und lebhafte Verehrung f?r seinen grossen Vorl?ufer hegt, mit Vorliebe benutzt worden sind.

Der stete Verkehr mit alten Kunstwerken mag eher auf seinen Geschmack bildend gewirkt haben, als die pedantische Erziehung der Akademie. Wir h?rten, welchen Ruf er als +Kunstkenner und Sammler+ genoss, und der Blick, den er uns in dem ~Cabinet d'un peintre~ in sein Heim gew?hrt, sowie das Verzeichnis der nach seinem Tode zur Versteigerung gelangten Kunstsammlung, lehren seine Neigungen n?her kennen. Er selbst r?hmt in der Unterschrift eines Blattes aus der Folge der Steckenpferdreiterei vom Kupferstichliebhaber:

Sein Pferd hat viel Bescheidenheit, Es pralt mit keinem Raub der farbigen Natur, Und f?hret doch so leicht und weit Wie jede Kunst, zu jeder Sch?nheitsspur.

Die Zahl der von ihm gesammelten Stiche und Radierungen betrug -- mit Ausschluss seiner eigenen Arbeiten -- rund zehntausend Blatt. Darunter waren besonders die franz?sische und deutsche Schule reich vertreten. Von dem ihm vielfach verwandten lothringischen Sittenschilderer des siebzehnten Jahrhunderts, Jacques Callot, hatte Chodowiecki ein Werk von 250 Nummern zusammengebracht. Auch unter den zahlreichen Zeichnungen alter Meister, die er besass, muss, wenn anders wir den Angaben des Kataloges trauen d?rfen, manches wertvolle Blatt gewesen sein. Eine Rembrandtstudie hat er in einer seiner fr?hesten Radierungen mit so viel Feingef?hl und Verst?ndnis reproduziert, dass der Schluss erlaubt ist, er habe bei der Erwerbung seiner Kunstsch?tze, unter denen uns Gem?lde von Paolo Veronese, Rubens, Wouverman, Govaert Flinck, Pesne u. a. begegnen, es an strenger Kritik nicht fehlen lassen. Dass er gelegentlich auch aus dem Kunsthandel Vorteile zu ziehen nicht verschm?hte, wird niemand ?berraschen, der mit den Gepflogenheiten der K?nstlerwelt jener Zeit einigermassen bekannt ist. Die zahlreichen Besucher seines Ateliers, darunter Prinzen, Prinzessinnen und Kavaliere der Hofgesellschaft, werden gelegentlich vorgezogen haben, eines seiner Sammlungsobjekte zu erwerben, statt ihm selbst einen Auftrag zu geben. Denn das Honorar, das er f?r seine Leistungen beanspruchte, erschien nach damaligen Begriffen oft exorbitant. Sein Hauptbuch aus dem Jahre 1766 enth?lt z. B. unter der Rubrik: Miniaturportr?ts, die ihm ungemein rasch von der Hand gingen, und die er meist nach fremden Vorlagen ausf?hrte, den ansehnlichen Posten von 575 Thalern, die er allein f?r die Arbeiten eines Vierteljahres zu beanspruchen hatte. Die Platte der Radierung, die Ziethen vor dem K?nige sitzend darstellt , sch?tzte er auf 500 Thaler.

Die Preise seiner Zeichnungen haben im Lauf des seit seinem Tode verstrichenen Jahrhunderts eine erstaunliche Steigerung erfahren, so wurde z. B. eine Federzeichnung, die 1801 mit 2 Thalern gut bezahlt galt, in der Auktion Hebich 1895 mit 135 Mark bewertet, die f?nfzehn Tusch- und Bisterzeichnungen zu den Kupfern der Clarissa brachten 1801: 5 Thaler 16 Groschen, 1895: 230 Mark. Zwar w?re es voreilig, aus solchen Anzeichen allein die wachsende Wertsch?tzung des Meisters zu folgern, aber einen gewissen ?usseren Massstab f?r die Beurteilung, die die Nachwelt seinem Schaffen angedeihen liess, bilden sie zweifellos. Daniel Chodowiecki steht auch heute noch vor uns als ,,kerngesunder Mann in krankhafter Zeit," als treuer Bewahrer und fleissiger Mehrer dessen, was die Natur ihm an Gaben und F?higkeiten geg?nnt, was er in emsigem Streben errungen, und bis heute ist die Prophezeiung nicht zu Schanden geworden, die an seinem frisch geschlossenen Grabe erklang: ,,+Wenn Teutschland gegen seine vorz?glichsten M?nner nicht ungerecht ist, so wird sein Name stets ehrenvoll in den Annalen der Kunst genannt werden!+"

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