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Read Ebook: Lovis Corinth by Corinth Lovis Artist Biermann Georg
Font size: Background color: Text color: Add to tbrJar First Page Next Page Prev PageEbook has 116 lines and 33433 words, and 3 pagesSicher ist dieser fast dreij?hrige Pariser Aufenthalt f?r den Werdegang des Meisters von nachhaltigem Einfluss gewesen. Er hat viel und fleissig gearbeitet, und w?hrend das Leben der Grossstadt seinen geistigen Horizont nicht unbetr?chtlich erweiterte, gelang es ihm in Paris auch, die erste ?ffentliche Anerkennung in Form einer ,,~mention honorable~" zu erringen, die seinem ,,Komplott" vom Jahre 1884 im Salon des n?chstfolgenden Jahres zuteil wurde. Auch ?ber diesen Erfolg hat uns Corinth berichtet: von den endlosen Tagen ?ngstlicher Erwartung, ob seinem Bilde ein ,,~admis~" von seiten der Jury zuteil werden w?rde, von der tiefen Erregung, als endlich die sehns?chtig erwartete Nachricht eintraf, von dem Irren und Suchen in den S?len, in denen die tausend und mehr Bilder oft wie Briefmarken bis oben an die Decke hinaufhingen, und dem Moment, wo er endlich seine Arbeit hoch oben ?ber einem Riesenschinken fast v?llig unsichtbar wiederfand. Das war eine schlimme Ern?chterung f?r den jungen K?nstler, der nach der Annahme seines Bildes so stolz gewesen war. Das Bild selbst ist noch vor dem Einzug ins Atelier Bouguereaus in M?nchen entstanden; es ist in gleicher Weise typisch f?r den damals aufkommenden Drang nach realistischer Vertiefung und die von der Mode bevorzugte Genremalerei. Aber es hat Qualit?ten k?nstlerischer Art, die es bedeutsam aus dem ?brigen Schaffen dieser Jahre herausheben . Nicht nur weil die Gruppe der Verschw?rer ungemein lebenswahr gesehen ist, sondern weil hier auch der erfolgreiche Versuch gemacht ist, das Licht als eigentlichen Lebensfaktor des Gem?ldes zu verwenden. Prachtvoll gelungen ist besonders der Bernhardiner im Vordergrunde. Andere Arbeiten f?hren unmittelbar zum Atelier der Akademie Julian hin, so der weibliche Akt , w?hrend die hier wiedergegebene Komposition unter dem Titel die ,,Falschspieler" wie das vorher genannte ,,Komplott" in st?rkerem Masse f?r die damals bevorzugte Kunstrichtung als solche charakteristisch ist. Das Bild existiert leider nicht mehr. Es ist sp?ter in Berlin einmal abgelehnt worden, und da mag es der Meister in einem Moment des Unmuts zerst?rt haben. Und doch wird man gerade diesen Verlust im Hinblick auf die ?berhaupt sp?rlichen Proben aus der Fr?hzeit doppelt bedauern. Denn Corinth hat hier bereits mit selbstherrlicher Meisterschaft eine h?chst dramatische Szene wundervoll darzustellen vermocht, wie auch das ganze Milieu dieser Apachenkneipe als Kulturdokument besonders wertvoll ist. Die Gruppe der in Zwist geratenen Menschen hebt sich scharf von dem von aussen in die Kaffeeschenke hereinflutenden Licht ab, und jede Bewegung ist hier mit fast photographischer Treue erfasst. Darf man daher im ganzen die Frucht der Pariser Lehrjahre f?r Corinth nicht gering einsch?tzen, so bedeutet der nach seiner R?ckkehr 1887 beginnende erneute Aufenthalt des Meisters in K?nigsberg nicht minder eine Zeit k?nstlerischer Festigung. Ob er damals in Wirklichkeit daran gedacht hat, in der n?chternen ostpreussischen Hauptstadt dauernd sein Zelt aufzuschlagen -- was nach den Erfahrungen seiner Jugend immerhin einigermassen verwunderlich w?re -- entzieht sich unserer Kenntnis. Vielleicht ist in erster Linie die Anh?nglichkeit an seine Familie, insonderheit an seinen stammesechten Vater die Veranlassung gewesen, sich seiner Heimat wieder zuzuwenden, und so gering auch der Zahl nach die Frucht dieser nur von wenigen Reisen unterbrochenen K?nigsberger Zeit gewesen ist, wir danken ihr doch einige wenige Meisterst?cke, die auch heute noch im Rahmen des Lebenswerkes einen erh?hten Rang beanspruchen d?rfen. Ja, diese Bilder zeigen den K?nstler zum erstenmal in voller Selbst?ndigkeit und zum Teil auf neuen Wegen. Allen Arbeiten voran ist aus dieser kurzen Epoche das ausgezeichnete Bildnis des Vaters zu nennen , das sich noch heute im Besitz des Malers befindet und in seinem von dem durch das Fenster hereinbrechenden Lichte bestimmten bl?ulich-weissen Gesamtton als erste starke impressionistische Leistung gewertet werden muss. Daneben ist es als reine Portr?tmalerei im Erfassen dieses st?mmisch-starken Charakters so individuell wie nur irgendein Portr?t dieser Zeit. Sehr vielsagend f?r das innige Verh?ltnis zwischen Vater und Sohn ist der dem Alten in die Hand gegebene, eben er?ffnete Brief des Jungen, auf dem man deutlich die Unterschrift ,,Lovis Corinth" lesen kann, gewissermassen als Signatur im Sinne mancher alten Meister. -- Genremalerei im reinen Sinne ist ein zweites hier wiedergegebenes Bild aus dem gleichen Jahre unter dem Titel ,,Sonntagsfrieden" , wo die Alte mit dem H?ndchen neben sich, vom hellen Licht getroffen, auf der Bank sitzt und and?chtig in der Bibel liest. Fast zu weich und sentimental ist dieses Bild f?r die sonst so kraftstrotzende Art des K?nstlers, aber es mag von einer jener Stimmungen angeregt sein, die uns alle in Augenblicken ?berfallen, wo man die Lebensn?te dieser Welt erkennt. Malerisch hat dieses entfernt an Leibl gemahnende St?ck prachtvolle Qualit?ten, die im Sinne der kommenden Entwicklung besonders hervorgehoben werden m?ssen. In der genrem?ssigen Auffassung erscheint der ,,Schnapsriecher" vom Jahre 1889 dem zuletzt genannten Bilde nahe verwandt . Auch dieses St?ck ist nicht ohne besondere malerische Note und entfernt aus Halsschem Geiste geboren. Aber es steht doch bedeutend zur?ck hinter der im selben Jahre entstandenen ergreifenden ,,Piet?", die heute das Magdeburger Museum sein eigen nennt . Hier begegnet uns zum erstenmal ein Thema, das im Schaffen Corinths seine hervorragende Bedeutung hat, und es mag an dieser Stelle zur?ckgreifend auch an die Einsch?tzung erinnert werden, die einleitend bereits dem Meister als religi?sem Maler kurz zuteil wurde. Unter allen Beweinungen, die die christliche Kunstgeschichte geschaffen hat, wird man dieses Bild eines unserer Modernsten so leicht nicht vergessen. Denn es ist nicht nur von ergreifender Stimmungsgewalt, sondern in der diagonal gefassten Komposition, in der meisterhaften Behandlung des toten K?rpers eine der st?rksten Talentproben dieser Jahre. Und was bei sp?teren Sch?pfungen an allzu kr?ftig aufgetragenem Realismus der Auffassung leicht verwirrt, ist hier v?llig ausgeschaltet. Das von bl?ulich-weissem Ton bestimmte, mit Asphalt gemalte Bild wirkt gerade durch die diskrete Behandlung dieser schmerzerf?llten Szene so ungemein wohltuend, und etwas Bezwingendes hat die Art, wie hier das Licht, das voll auf die ausgebreitete Leinwand trifft und die K?rper mit hellen Reflexen trifft oder tiefe Schatten webt, die Gesamtkomposition in Harmonie verstrickt. Wer aber dem Meister gern seine auf ?hnlichen Szenen allzu realistische Art vorh?lt, vergesse nicht, dass er hier als Dreissigj?hriger eine Sch?pfung gegeben hat, die -- wie wir wissen -- ganz aus einem tiefen Gef?hl, aus einer bis zur Weichheit gestimmten Seele heraus geformt wurde. Gegen?ber diesem Meisterwerke aber treten -- was Inbrunst der Empfindung anlangt -- alle ?brigen Bilder dieser K?nigsberger Jahre bescheiden zur?ck, obwohl sie im einzelnen deutlich genug ein Ausgreifen der k?nstlerischen Kr?fte nach den verschiedensten Seiten hin dartun. Das gilt vor allem f?r das 1890 gemalte, zum Teil schon in breiten Pinselstrichen hingesetzte ,,Fr?hst?ck", bei dem der Hauptakzent wiederum auf die durch das Licht bedingte malerische Behandlung gelegt ist. Wundervoll ist hier die farbige Apostrophierung des Stillebens auf dem Tisch, nicht weniger auch der ganz skizzenhaft gegebene K?ter im Vordergrunde . Dagegen ist die im gleichen Jahre gemalte ,,Susanna im Bade" mehr als Studie, d. h. als Versuch, einen Frauenakt belebt vor einem indifferenten Hintergrund aufzuzeichnen, denn als geschlossene Komposition interessant , w?hrend die pr?chtige Schwimmanstalt vom Jahre 1890, die noch in K?nigsberg entstand und nach einem Motiv des Pregels gemalt wurde, zum erstenmal den Meister ganz im Banne des Pleinairismus zeigt . Wie das Sonnenlicht die malerische Wirkung des Bildes bestimmt, wie man hier das Widerspiel des atmosph?rischen Lebens empfindet, wie das Ganze rein zuf?llig gesehen zu sein scheint, das greift in der Tat bereits bemerkenswert einem grossen Kapitel neuer Kunstgeschichte voraus, die die hier vorgetragenen Lehren zu ihrem ureigenen Evangelium gemacht hat. Wundervoll ist auch hier die malerische Durchbildung der menschlichen Gestalten, wie ja Corinth von jeher ein Meister in der Herrschaft ?ber die Anatomie des K?rpers gewesen ist. An diese K?nigsberger Zeit erinnert endlich der hier wiedergegebene Ausschnitt aus einem Gem?lde seines damaligen Freundes und Kollegen Karl Bublitz, der den Meister im Atelier vor dem Bilde der eben erw?hnten Susanna gemalt hat . Corinth seinerseits hat dem Sch?pfer dieses Bildes gelegentlich eines sp?teren Besuches in seiner ostpreussischen Heimat zur?ckgegeben, was er von ihm empfangen hat. Der ,,Wirtshausgarten am Pregel" zeigt Bublitz nachdenklich vor einem Glase Bier sitzend, interessiert hinausblickend auf das bewegte Leben des Flusses. Es ist hier fast die gleiche ?rtlichkeit festgehalten wie in der erw?hnten Schwimmanstalt . ? ? ? Das Jahr 1890 brachte in Corinths Leben abermals eine entscheidende Wendung. K?nigsberg mit seiner zwar ostpreussisch echten, aber doch im Grunde kunstfremden Atmosph?re konnte auf die Dauer den Ehrgeiz unseres K?nstlers nicht befriedigen, und da er schon als deutscher Maler gewertet zu werden w?nschte, zog es ihn zum zweitenmal -- diesmal f?r fast volle zehn Jahre -- in die s?ddeutsche Kunstmetropole M?nchen. Der Entschluss zur ?bersiedlung mag Corinth leicht geworden sein, wenn er auch immer gern bekennt, wie ihn gerade die etwas modrige Luft des M?nchener Kunstbetriebes in der Folge stark ern?chtert hat. Aber er wollte durchaus vorw?rtskommen und innerhalb des grossen Wettstreites junger Kr?fte entsprechend anerkannt sein. Und hat ihm auch M?nchen als Milieu entscheidende Anregungen selbst kaum vermittelt -- wie ja ?berhaupt die bei anderen K?nstlern so oft bestimmenden ?usseren Einfl?sse an ihm fast spurlos vor?bergingen -- so zeigt doch gerade die auf diesem Boden in den n?chsten Jahren geleistete Arbeit eine stetige Aufw?rtsentwicklung seiner Kr?fte, so wenig diese auch damals schon zur vollen Freiheit gelangt sind. Die Erf?llung seiner Kunst wurde erst der Boden der Reichshauptstadt, aber auf diesem sollte er leider erst verh?ltnism?ssig sp?t seine Wirksamkeit finden. In den bereits mehrfach zitierten ,,Legenden aus dem K?nstlerleben" finden sich einige Kapitel, die Corinth in Erinnerung an seinen zehnj?hrigen M?nchener Aufenthalt geschrieben hat. Schilderungen sarkastischer Art, in denen er z. B. den im Allotria-Kreise ?blichen G?tzendienst und Firlefanz wunderbar verspottet; Skizzen von einer derben Urspr?nglichkeit, die niemand ungelesen lassen sollte, den die Pers?nlichkeit unseres Meisters wirklich interessiert. Pr?chtig z. B. -- und vielleicht von keinem Literaten ?bertroffen -- ist der Abschnitt ?ber ,,Thomas Theodor Heine und M?nchens K?nstlerleben am Ende des vorigen Jahrhunderts", und bitter verdacht haben ihm seine Kollegen jenes andere Kapitel, in dem die Erinnerungen an den Allotria-Kreis aufgezeichnet sind. Die haben sogar zu einer kleinen Polemik gef?hrt, aus der Corinth ganz zweifellos als Sieger hervorgegangen ist, nicht nur weil er dank seiner haarscharfen Dialektik die Lacher auf seiner Seite hatte, sondern weil man deutlich empfand, wie peinlich auch den herrschenden Herren in der M?nchener K?nstlerrepublik diese der Wirklichkeit abgelauschten Schilderungen sein mussten. Der zehnj?hrige M?nchener Aufenthalt aber hat die Kunst unseres Malers weniger in der Breite entwickelt als seine Pers?nlichkeit -- vielleicht sogar im bewussten Gegensatz zu dem ?brigen anerkannten M?nchener Kunstschaffen -- innerlich gefestigt. Vor allem aber erweitert sich der Stoffkreis seiner Kunst zusehends. Mehr denn je steht das Portr?t im Vordergrunde seiner k?nstlerischen Bet?tigung und wir werden sehen, wie er gerade in M?nchen eine Reihe jener selbstbewussten M?nnerbildnisse geschaffen hat, die seinen Namen als einen der ersten Portr?tisten unserer Zeit l?ngst in das Buch der Kunstgeschichte eingeschrieben haben. Prinzipiell mag an dieser Stelle betont sein, dass unserem Meister ?berhaupt als Objekt der Mann -- wo er geistige Potenz ist -- weitaus besser liegt als die Frau. Ausnahmen sind in diesem Sinne nur die Bilder seiner sp?teren Gattin, der begabten Malerin Charlotte Berend, die daran ankn?pfenden Familienbilder, die auch eine Art Lebensbeichte sind, und jene Bildnisse von Schauspielerinnen, auf denen das Buntschillernde eines besonderen Milieus mit der ganzen ihm eigenen Farbenfreudigkeit oder aber die bewusste geistige ?berlegenheit ?ber den Durchschnitt des edlen Geschlechtes suggestiv eingefangen ist. Neben den Portr?ts wendet sich Corinth mehr als bisher auch der Landschaft zu, die seinem nach impressionistischer Gestaltung dr?ngenden Bet?tigungstrieb besonders liegt, und daneben widmet er sich gleichfalls gern auch vielfigurigen Kompositionen, einerlei ob diese ihre Motive der Wirklichkeit, der biblischen Geschichte oder gar der klassischen Mythologie entlehnen. Das letztgenannte Stoffgebiet ist ja -- wie man weiss -- eine Lieblingsdom?ne des Corinthschen Schaffens geworden, und gerade in seinen Beziehungen zur griechischen G?tterwelt und zu den Sagen Homers hat sich der Mensch im K?nstler vielleicht von seiner interessantesten Seite enth?llt. In M?nchen entsteht als eines der ersten ?berlieferten Bilder jene Landschaft mit den ,,Kiefern am Wasser" . Ein anspruchsloses Motiv aus Bernried und doch in der k?nstlerischen Wiedergabe voll von einer weichen, getragenen atmosph?rischen Stimmung. In der gleichen Zeit aber arbeitet Corinth auch an seiner ersten dem Altertum entlehnten Szene, dem ,,Diogenes" vom Jahre 1892 . Auf die Echtheit des antiken Milieus ist hier kein besonderer Wert gelegt, denn sonst w?rde auf diesem Bilde als neugierige Alte die gute Hauswirtin des Meisters nicht mit dem modernen Marktkorbe erscheinen und noch weniger der Alte im Hintergrund, dessen Haupt ein schlecht geb?gelter Filzhut bedeckt. Aber die Akte sind zeichnerisch gross gesehen, und die humorvolle Erscheinung des Philosophen entsch?digt reichlich f?r das g?nzlich Unklassische dieser Szene. -- Originell im besten Sinne des Wortes ist das Portr?t von Walter Leistikow, das der Meister ein Jahr sp?ter malte . Der K?nstler, dessen Monographie Corinth nach dessen beklagenswertem Tode geschrieben hat, war ein alter Bekannter aus K?nigsberg. In Dachau hatte man sich zuf?llig wiedergefunden, und seit diesem Tage sollten die beiden sp?teren Vork?mpfer der Sezession in enger Freundschaft miteinander verbunden bleiben, ja Leistikow und kein anderer ist es gewesen, der Corinth sp?ter zur ?bersiedelung nach Berlin veranlasst hat. Man kann dem ganz im Profil gesehenen Bildnis des Grunewaldmalers gr?ssere malerische Werte wohl kaum nachr?hmen; es st?rt auch die zu forcierte Haltung des Modells, aber der Kopf weist doch unverkennbare charakteristische Z?ge und den nachdenklichen Ernst dieses Naturpoeten auf, der zuzeiten einer der ganz ?berlegenen K?mpfer mit der Feder sein konnte. Anzuschliessen ist an dieser Stelle das Bildnis des Freiherrn von Geyling als Georgsritter, das ebenfalls 1893 entstanden ist und kunstgeschichtlich wie von selbst vielleicht einen interessanten Vergleich zu dem ber?hmten Halsschen Kavalier Wilhelm von Heythusen der Liechtensteingalerie gestattet, weil hier wie dort typisches Zeitkolorit gegeben ist und auch die aristokratische Geste mit derselben malerischen K?nnerschaft festgehalten wurde . Entfernt mag unbewusst an den Maler von Haarlem, den ber?hmten Sch?pfer jener unerreicht grossen Sch?tzenbilder, auch das n?chstfolgende St?ck erinnern, obwohl dieses Festmahl der Logenbr?der den Abstand der Jahrhunderte im Vergleich zu jenen Werken des alten Holl?nders kaum verleugnet . Ja an die selbstverst?ndliche Meisterschaft der Halsschen Gruppenbildnisse reicht es nicht entfernt heran, weil die Komposition im ganzen zu wenig Konzentration zeigt und die Portr?ts fast durchweg etwas Gewaltsames haben, obwohl einzelne dieser preussischen, in M?nchen vereinten Logenbr?der individuell sehr gut erfasst sind. Aber im Vergleich mit sp?teren Sch?pfungen verwandter Art kann man vor diesem 1895 gemalten Bilde beinahe von einem Stillstand sprechen, von einer Verbeugung vor dem Konventionellen, das auch dem lieblichen ,,Trifolium" der Darmst?dter Galerie eigen ist, so sch?n an sich der Rhythmus des bewegten, von blauen und gr?nen T?nen geh?hten Bildes sein mag . Indes, gerade solchen Arbeiten gegen?ber spricht die prachtvolle ,,Kreuzabnahme" desselben Jahres, die sich heute im Besitz des Staatssekret?rs Dernburg befindet, wie eine fast revolution?re Befreiung aus einer in der M?nchener Atmosph?re latenten Gefahr an. Denn hier ist alles neu: der grossartige Verismus der Auffassung, die knappe, zusammengedr?ngte Komposition, der Gr?newaldsche Ernst, der vorausgreifend schon das Charakteristische sp?terer Sch?pfungen dieser Art umschliesst. Vor einem solchen Werke kann man in der Tat nur noch an den Meister des Isenheimer Altares denken, so sehr ist der Schmerz der Totenklage auf einen einzigen Ton gestimmt . Nebenbei mag hier angemerkt sein, dass die Gottesmutter nach der Zugeherin des K?nstlers gemalt ist, die uns vordem schon auf dem Diogenesbilde begegnete. In dem lustigen ,,Bacchanale" vom Jahre 1896 dagegen, das einstmals in M?nchen, f?r uns heute unbegreiflich, abgelehnt wurde, enth?llt sich das Dionysische heiterer Lebenskunst, mythologisch verkl?rt, in reinster Form . Botticellische Fr?hlingsstimmung paart sich auf diesem Bilde mit dem tanzfrohen Rhythmus bewegter Gestalten. Derbe Sinnenfreudigkeit sucht einen Gleichklang in der blumenspriessenden Landschaft. Ein dekorativer Zug beherrscht die Komposition, der sp?ter nur selten ?hnlich begegnet. Diesem Werke nahe verwandt ist die auf eine ?hnliche Note gestimmte ,,Geburt der Venus", die vielleicht in noch h?herem Masse die Erinnerung an den genannten Meister des ausgehenden Florentiner Quattrocento wachruft . Vielleicht darf man in diesem Bilde auch entfernt B?cklinsche Reminiszenzen vermuten, obwohl man gerade dieses Meisters Einfluss sonst bei Corinth am wenigsten feststellen kann; das Verlangen nach dekorativer Wirkung ist auch hier unverkennbar. Eine der bedeutendsten Sch?pfungen dieser M?nchener Epoche ist das Dichterbildnis des Grafen Keyserlingk, das Corinth im Jahre 1896 gemalt hat . Einfach bis zur Primitivit?t, legt es den k?nstlerischen Nachdruck ganz und gar auf die physiognomische Durchbildung des Antlitzes. Seltsam be?ngstigend wirkt der starre Blick des Poeten, die mehr als Geist, denn als K?rper empfundene Gestalt dieses sp?ter erblindeten Dichters, den unsere Literatur mit zu den besten z?hlt. Wollte man ein von ?hnlicher Durchdringung des Charakters erf?lltes Bild namhaft machen, man k?me wie von selbst zu jenem k?stlichen Selbstportr?t des Meisters aus dem gleichen Jahre . Durch das Atelierfenster irrt der Blick zu den H?usern von Schwabing hin und das Totengerippe neben dem K?nstler mag an die Verg?nglichkeit alles Irdischen mahnen. Ernst und gr?belnd sieht der K?nstler den Beschauer an, und man empfindet vor diesem willensstarken Menschen deutlich, dass nachdenkliche Stunden seinem Leben den wahren Reichtum zugef?hrt haben. Vielleicht, dass man eines Tages gerade dieses Selbstbildnis in eine Reihe mit den ber?hmten Portr?ts der Kunstgeschichte stellen wird, obwohl sich der Meister in den nachfolgenden Jahren wie Rembrandt gern und oft in wechselnder Erscheinung portr?tiert hat. Diese Selbstbildnisse haben neben dem rein k?nstlerischen auch ein biographisches Interesse. Sie sind Belege f?r Seelenstimmungen und stellen nie den ganzen Menschen dar, aber alle zusammen spiegeln sie doch die Vielseitigkeit eines Geistes, der in seinem Verlangen nach k?nstlerischer Universalit?t nicht zu untersch?tzen ist. Hier erscheint Corinth in Reflexionen befangen, dort mit offenen Armen der frohen Lebenslust zugewandt. Hier ein Draufg?nger in mittelalterlicher R?stung, so wie er sich sp?ter auf dem ber?hmten ,,Fahnentr?ger" darstellt, dort ganz erf?llt von der Freude an Heim und Familie. Immer aber ?berkommt den Betrachter die Empfindung, dass neben den rein malerischen Aufgaben es in erster Linie psychologische Probleme gewesen sind, deren er mit Hilfe der Farbe Herr zu werden bem?ht war. Wie schon gesagt wurde, erinnert diese Folge der Selbstportr?ts an den grossen holl?ndischen Meister, dessen Menschenschicksal nirgends so unmittelbar vor unser Bewusstsein tritt wie auf den jubilierenden Bildnissen der gl?cklichen Saskiazeit und im Gegensatz dazu ersch?tternd auf jenen Selbstportr?ts seiner Sp?tzeit, die ganz Weltabkehr und Resignation geworden sind. Psychologisch verwandte Momente zeigen auch die Corinthschen Sch?pfungen dieser Art, allen voran das eben erw?hnte Selbstbildnis mit dem Skelett. Aus dem folgenden Jahre stammen zwei Bilder, die Corinth wiederum von einer neuen Seite kennen lehren und doch an fr?her gekennzeichneten Punkten ankn?pfen, denen der Meister auch in seiner Selbstbiographie bedeutsam genug Erw?hnung getan hat. Man erinnere sich an die K?nigsberger Zeit, wie er mit dem Onkel Fleischer den Schlachthof zu besuchen und hier nach den Tieren zu zeichnen pflegte. Bei der Schilderung des Pariser Lebens aber verweilt Corinth auch bei dem sch?nen malerischen Eindruck, den die Schl?chterl?den der franz?sischen Hauptstadt auf ihn gemacht haben. Solche Reminiszenzen m?gen f?r ihn bei der Entstehung jenes ersten bedeutenden ,,Fleischerladens" mitgewirkt haben, den er bei einem Besuch in Untersch?ftlarn an der Isar 1897 gemalt hat . Es ist ein malerisch ungemein feines, koloristisch in seinen weiss-roten T?nen stark vertieftes Bild, auf dem die Wirkung des Lichtes wiederum eine hervorragende Rolle spielt. Etwas skizzenhafter ist das ,,Stallinnere" gegeben, bei dem man entfernt an Z?gelsche Motive denken k?nnte, wenn nicht die malerische Handschrift auf einen so viel urspr?nglicheren K?nstler hinwiese, der hier seinem Stoffgebiet ein neues, ziemlich vereinzelt gebliebenes Thema anzugliedern bem?ht ist . Dagegen begegnen in den beiden anderen Hauptbildern dieses Jahres, den ,,Hexen" und der prachtvollen ,,Kreuzigung" in der Kirche von T?lz, von fr?her her bekannte Motive, so neu auch die Themen im einzelnen sind. Das erstgenannte Werk zeigt in drastisch derber Auffassung eine genreartige, aber doch stark realistische Szene M?nchener Lebens, wie etwa ein h?bsches Modell f?r die Redoute vorbereitet wird und wie die neugierigen Gevatterinnen aus der Nachbarschaft bass erstaunt sind ?ber die frische, vielleicht ein wenig zu ?ppige Sch?nheit der jungen Hexe, die eben ihre Toilette beendet und kommenden Freuden des Abends entgegenlacht . Das Bild hat in dem Gegensatz von Hell und Dunkel und speziell in der Gruppe der alten Weiber Momente, die entfernt an Velazquez gemahnen k?nnten, so gesucht auch dieser Vergleich hier anmuten mag. Hat Corinth hier dem Leben eine etwas indiskrete Szene abgelauscht, so ersch?ttert der tragische Ernst jener ersten grossen Kreuzigungsgruppe, die sp?ter von andrer Seite der Kirche in T?lz geschenkt worden ist . Hier ist nichts, was nicht von der h?chsten Meisterschaft des K?nnens k?ndet, und so grausam realistisch auch alle Geb?rden dieser Sch?pfung sein m?gen, so ?berw?ltigend ist doch die furchtbare Klage der vier Menschen, die den verscheidenden Heiland umstehen, dessen Erscheinung wie jener Christus am Kreuz von Gr?newald im Museum zu Kolmar die Z?ge des Duldens mit dem g?ttlich hohen Erl?sergedanken verwebt. Prachtvoll ist die Gestalt der klagenden Magdalena, wunderbar echt der tiefe fragende Schmerz, der sich im Antlitz des Johannes spiegelt, welcher die in Ohnmacht dahinsinkende Gottesmutter st?tzt. Vielleicht, dass ohne die Grimassen schneidenden Gesichter der beiden Sch?cher das k?nstlerische Moment dieses Bildes noch besser zum Durchbruch k?me -- vielleicht, dass sich erst im Gegensatz zu diesen brutal realistischen Gesellen die ersch?tternde Tragik, von der die Gruppe der Klagenden erf?llt ist, voll empfinden l?sst. Einerlei, das Werk geh?rt -- so wie es ist -- in die vorderste Reihe jener Kreuzigungsgruppen, die uns von den ganz grossen Meistern der Kunstgeschichte geschenkt worden sind, und es ist durchaus nicht nebens?chlich, im besonderen darauf hinzuweisen, dass sich Corinth in der religi?sen Inbrunst seines Gef?hles hier dem deutschesten aller Maler, dem Meister des Kolmarer Altares n?hert. Aber es muss auch an dieser Stelle gesagt werden, dass diese ,,Kreuzigung" schlechthin als +das+ Bild seiner M?nchener Zeit angesprochen werden darf, ?hnlich wie die fr?her genannte, in K?nigsberg gemalte Piet? im Magdeburger Museum +das+ Werk seiner ersten selbst?ndigen Periode ist. Vielleicht, dass man ?berhaupt -- auch in der Folge -- dem K?nstler Corinth in seiner wahren Gr?sse nie ?hnlich nahe kommt wie auf jenen religi?sen Sch?pfungen, auf denen sich das Wesensstarke -- man m?chte sagen -- Urgermanische seiner Art am unverf?lschtesten ausgesprochen hat. Sie kennzeichnen schlechthin die eine grosse, k?nstlerisch impulsiv gestaltende Seite seines Wesens, die nie den Ernst und die grosse Menschlichkeit verleugnen kann, wie die arkadisch heiteren mythologischen Bilder ihrerseits der kr?ftigen Lebensfreude ein Denkmal setzen. Zwischen diesen beiden Polen, die den Weltweisen und Lebensk?nstler in sich begreifen, scheint das ganze Schaffen des Meisters eingeschlossen. Dionysisch im besten Sinne des Wortes ist der ,,Bacchantenzug" vom Jahre 1898, der auf der ersten Berliner Sezessionsausstellung zum ersten Male ?ffentlich gezeigt wurde . Gewiss denkt man vor diesem Bilde ohne weiteres an Rubens, aber in der Art, wie hier die weinseligen Gestalten direkt vor einem r?tlich aufflammenden Abendhimmel gesehen sind, wie gerade das Licht die K?rper modelliert, ist es doch ein Beleg jener vom Pleinairismus bestimmten neueren Kunstanschauung. -- Nach der T?lzer Kreuzigungsgruppe hat sich Corinth ?brigens bewusst f?r l?ngere Zeit von den Bildern grossen Formates ferngehalten, weil bei ihnen die Verkaufsm?glichkeiten zu gering waren, und sicher ist diese mit Recht ge?bte Enthaltsamkeit der Entwicklung seines Talentes zustatten gekommen. Auftr?ge waren damals im ganzen f?r unseren Meister noch grosse Seltenheiten, und seine Bilder fanden nur zu sehr billigen Preisen K?ufer. Unter den Werken der letzten M?nchener Jahre verdient noch ein Bild besonders erw?hnt zu werden. Es ist das Bild des Pfarrers Moser vom Jahre 1899, das sich in Frankfurter Privatbesitz befindet . Ein m?nnlich starkes, geistig vertieftes Portr?t, das den gottesgelahrten Herrn ungemein charakteristisch erfasst hat. Wie hier alles Gewicht auf den bedeutenden Kopf gelegt ist, demgegen?ber das knapp angedeutete Milieu nur skizzenhaft umrissen erscheint, das l?sst wiederum an eines jener unverg?nglichen Halsschen Portr?ts wie das Bild des zu seiner Zeit ber?hmten Herrn Caspar Sibelius von Deventer denken. Auch ist es berechtigt, gerade vor einem solchen Werke darauf hinzuweisen, wie die malerische Technik des Corinthschen Pinsels sich immer mehr auf Knappheit reduziert, wie die Breite der Pinselstriche zunimmt und wie doch auch ein sichtlich gesteigerter malerischer Geschmack die Valeurs zusammenf?gt. Rein als Studie ist in diesem Sinne der pr?chtig modellierte Frauenakt desselben Jahres interessant, den das Museum zu K?nigsberg verwahrt und bei dem das Schwarz der in breiten Strichen hingemalten Haare sehr h?bsch gegen den weichen Schmelz des K?rpers kontrastiert , w?hrend das psychologisch ungemein ansprechende Bildnis Liebermanns, das Corinth im gleichen Jahre gemalt hat, in der Reihe der M?nnerportr?ts immer einen hervorragenden Rang beanspruchen darf . Es bedeutet im Leben unseres Meisters fast den ersten ?bergang von dem M?nchener Aufenthalt in die herbere Atmosph?re der Reichshauptstadt. Denn es k?ndet zuerst von den Beziehungen, die Corinth mit dem kleinen Kreise jener fortschrittlich gesinnten K?nstler Berlins verband, die sp?ter seine Kollegen und Mitk?mpfer in der Sezession geworden sind. Ob nachher auch noch dieses oder jenes Werk in M?nchen entstand -- in dem Augenblick, wo Corinth das Portr?t Liebermanns w?hrend eines l?ngeren Aufenthaltes in der Reichshauptstadt gemalt hat, ist innerlich auch sein Entschluss gefasst, M?nchen dauernd den R?cken zu kehren. Wie er selbst ?ber die etwas vermoderte Luft gedacht hat, in der sich das offizielle k?nstlerische Leben in der s?ddeutschen Residenz abspielte, wissen wir nur zu gut aus den der ,,Allotria" und dem Simplizissimuskreise gewidmeten Kapiteln seiner Selbstbiographie, und fast will es scheinen, als h?tten wir allen Grund, jenen Augenblick zu preisen, in dem der l?ngst erwogene Entschluss zur Tat wurde. Denn mag man die durch Paris-K?nigsberg-M?nchen bisher umschriebenen Stufen seiner Entwicklung auch nicht gering sch?tzen, weil jede f?r sich einen Zuwachs an Kr?ften bedeutet, so brachte doch erst Berlin die letzte entscheidende Wendung in sein Leben, eine Wendung, die man doppelt freudig begr?ssen muss, weil sie das im Grunde stark norddeutsch ausgepr?gte Temperament des K?nstlers zu einem wesensverwandten Boden hingef?hrt und mehr: weil es ihn in einen grossen k?nstlerischen Kampf gestellt hat, der seine Kr?fte erst vollends entfalten musste. Denn wenn einer von unseren modernen deutschen K?nstlern eine geborene K?mpfernatur ist, dann ist es Corinth. Indem er sich mit seinem Schaffen von Anbeginn auf die Seite jener kleinen mutigen Schar stellte, deren Ehrgeiz niemals nach offizieller Anerkennung gedurstet hat, wurde er eine der Hauptst?tzen der Berliner Sezession, die ihn auch heute noch als eigentlichen F?hrer anerkennt. Freilich hat Corinth auch f?r die Folge seine alten, langj?hrigen Beziehungen zu M?nchen nicht verleugnet. Die dortige Sezession hat ihm stets eine ehrende Aufnahme bereitet, und er ist gern und oft auch zu l?ngerem und k?rzerem Besuch nach M?nchen zur?ckgekehrt. Bei einer solchen Gelegenheit sind z. B. das Bild der Familie des Dichters Max Halbe und ein Portr?t der anmutigen Gattin Halbes entstanden. Vor allem aber war es der Aufenthalt an den bayrischen Seen, der Corinth immer wieder nach dem S?den gef?hrt hat. Trotzdem aber bezeichnet die im Jahre 1900 erfolgte ?bersiedlung des Meisters nach Berlin den wichtigsten Wendepunkt in seinem Leben, und es ist ganz augenf?llig, wie von nun an nicht nur seine Produktionsfreudigkeit im grossen zunimmt, sondern wie sich auch die k?nstlerischen Kr?fte immer freier entfalten. In der Beziehung mutet die gegen Ende 1899 gemalte grosse ,,Salome" im Besitz der Frau Carl Toelle in Barmen wie ein erster Auftakt auch zu einem neuen koloristischen Stil an, nicht nur weil die Farbigkeit rhythmisch mehr gesteigert ist, als auf fr?heren Bildern dieser Art, sondern weil auch der Pinselstrich an kaum verkennbarem Schmiss gewonnen hat. Aber auf diesem Werke ?berrascht auf der anderen Seite nicht minder auch die Diskretion, mit der Corinth hier eines der blutr?nstigsten Themata der Kunstgeschichte behandelt hat. Nichts wild Perverses schlummert in dieser Salome, sondern -- s?he man nicht den Kopf des T?ufers -- so k?me man fast auf die Vermutung, Corinth habe hier eine jener morgenl?ndisch heiteren Szenen aus ,,Tausendundeiner Nacht" gestaltet, als sei es ein lustiges Spiel, den Vorstellungen eines fernen Traumlandes entnommen, was sich hier vor unseren Augen enth?llt . Mehr Hauptaktrice in der Johannestrag?die im wahrsten Sinne des Wortes als diese mit einem Unterton des Dekorativen inmitten einer orientalischen Szene behandelte blutd?rstige K?nigstochter ist jene Eysoldt als Salome, die er sp?ter nach dem Leben gemalt hat . Berlin aber schenkte ihm vor allem einen Kreis innerlich verwandter Kollegen; es hat dem Hagestolzen sogar die viel j?ngere sympathische Gattin in der Gestalt der begabten Malerin Charlotte Berend zugef?hrt, die eine Zeitlang seine Sch?lerin gewesen ist. Nur in Berlin ist Corinth auch als Lehrer denkbar gewesen, weil diese alles Neue begierig suchende Stadt auch mit Sicherheit der rechte N?hrboden f?r einen stolzen k?nstlerischen Nachwuchs sein musste. Und so ist auf diesem Boden des Meisters Schaffen nicht nur selbst ungeheuer reich gewesen, sondern es hat auch in h?chstem Masse fruchtbar und anregend auf die j?ngere Generation gewirkt. Sehr vieles wird im Laufe dieser Ausf?hrungen noch hervorgehoben werden m?ssen, was im guten Sinne der Einfluss des oft zu Unrecht verkannten Berliner Kunstbetriebes, mehr vielleicht noch die imponierende junge Gr?sse dieser Stadt, ihr starker Rhythmus innerlichen Lebens dem Meister vermittelt haben, und nicht minder scheint es begr?ndet, gerade im Zusammenhang hiermit darauf hinzuweisen, dass die Lebensenergie dieser kosmopolitisch bewegten Zentrale ?berhaupt der deutschen Moderne den weitaus gr?ssten Wertzuwachs gegeben hat. Gerade im Geiste des in jenen Jahren anhebenden k?nstlerischen Kampfes, der mit der Begr?ndung der Sezession einsetzt, erscheint das immer m?chtiger sich entfaltende Schaffen Corinths doppelt erstaunlich. Es ist im letzten getragen und vorw?rts getrieben von dem Rhythmus einer neuen Zeit, die den Pers?nlichkeitswert wieder zu sch?tzen weiss und mehr denn je nach ausgesprochenen K?mpfernaturen verlangt. Schade nur, dass uns f?r diese mehr als zwanzigj?hrige Entwicklung nicht auch autobiographische Notizen unseres Meisters zu Gebote stehen wie f?r seine Jugendzeit; man w?rde dann besser noch empfinden, was diese starke Pers?nlichkeit an das Leben gekettet hat, was ihren Kr?ften den unerh?rten Auftrieb gab, dem wir fortan begegnen -- und was den K?mpfer im Innersten mit seiner kleinen Sezessionsgemeinde verband. Etwas von diesen nicht zu entbehrenden Aufkl?rungen klingt in der schon erw?hnten k?stlichen Biographie seines Freundes Walter Leistikow wieder, die Corinth 1910 ver?ffentlicht hat, deren Wert daher immer wieder hervorgehoben werden muss. Aber gerade hier begegnen uns immer nur vereinzelte Momente, bei denen wohl die allgemeine Stimmung durchzittert, indes von sich selbst erz?hlt Corinth leider nur zu wenig. ?brigens erkennt man vielleicht auch nirgends die Schnellebigkeit unserer Zeit so klar wie in jenem verh?ltnism?ssig doch sehr kurzen Kapitel Berliner Sezessionsgeschichte. Dass diese heute unbedingt ein St?ck Historie ist, dass die an jener St?tte gezeigten Werke zum grossen Teil bereits Besitz klassischer deutscher Kunst geworden sind, gibt nicht wenig zu denken, nicht minder auch, wie das schnelle Emporkommen gerade der J?ngsten das Tempo unseres Zeitalters auch k?nstlerisch kennzeichnet. Es mag bei dieser Gelegenheit deshalb daran erinnert werden, dass diese Zeit darum auch andere Menschen und eine neue Spezies von K?nstlernaturen verlangt, deren ?berzeugung aus dem Gef?hl unserer Tage herausgewachsen ist, ja dass die ganze Vielgestaltigkeit unseres Zeitalters neue Menschen braucht, die den Mut des Bekennertums von Hause aus mit sich bringen. F?r diese neue Zeit erscheint gerade Corinth als ein prachtvoll-vorbildlicher Typ. Er ist unbeirrt seinen k?nstlerischen Zielen mit einer selten wieder erlebten Treue gegen sich selbst nachgegangen, die staunen macht, und er hat die ihm von Natur angeborene geistige ?berlegenheit auch im Dienste seiner Kunst wohl zu verwerten gewusst. Das macht ihn als Menschen und K?nstler so prachtvoll gross, das wird unabh?ngig von der Qualit?t seiner malerischen Arbeit seiner Pers?nlichkeit immerfort einen hervorragenden Platz in der Geschichte unseres Jahrhunderts sichern. Es w?re verkehrt, von ihm zu sagen, dass er -- kunsthistorisch gesehen -- irgendeine Entwicklungslinie fortgesetzt und zu einem Endpunkt gef?hrt habe, wie man es bei anderen Meistern unserer Zeit mit philologischer Akribie so gerne zu beweisen sucht, sondern bei ihm ist eine grosse Dosis echter Menschlichkeit, die in der bahnbrechenden Kunst alter Jahrhunderte lebt, in ein neues Gef?ss gef?llt worden, und aus diesem Gef?ss heraus hat sich der Zauber seiner Sch?pfungen enth?llt. Vielleicht, dass man diesen letzten Reiz seinen Werken nur ablauschen kann, wenn man den Menschen kennen und lieben gelernt hat, diesen pr?chtig starken Geist, der um seiner herzgewinnenden Ehrlichkeit willen jeden, der das Gl?ck hatte, ihm innerlich nahezutreten, in seinen Bann zieht. Man hat diesen K?nstler Jahre hindurch verkannt und gering gewertet. Daran hatte er weniger Schuld als die N?chternheit eines Jahrhunderts, der er die k?nigliche F?lle seiner Phantasie schenkte. Man hat seinen Humor falsch gedeutet und den scheinbaren Realismus seiner Sch?pfungen aus Empfindungen heraus verkehrt verstanden, die ganz und gar mit dem K?nstlerischen nichts zu tun haben. ? ? ? Eine der ersten grossen Sch?pfungen der Berliner Jahre ist das Gem?lde ,,Perseus und Andromeda" . Das Bild ist 1901 gemalt und gibt einen bedeutsamen Auftakt zu sp?teren Werken aus verwandtem Stoffgebiet. Und doch wird es immer f?r sich gewertet werden m?ssen, weil es eines der wenigen Gem?lde ist, die wahrhaft monumental ansprechen. Wenn man durchaus kunstgeschichtliche Reminiszenzen h?ren will, dann kann man sagen, dass es ?ber die Jahrhunderte hinweg unbedingt neben Pisanellos ,,Heiligem Georg" in St. Anastasia zu Verona steht, jenem Bilde, auf dem sich das romantische italienische Mittelalter ein unvergleichliches Denkmal gesetzt hat. Mythologie hier wie dort. Die etwas kokette Erscheinung der befreiten Sch?nen, der in mittelalterlicher R?stung verkleidete Don Juan der antiken G?ttergeschichte, alles ist hier mit modernen Augen gesehen, modern auch mit leuchtendem Kolorismus gemalt und voll der inneren souver?nen Gr?sse eines K?nstlers, der fortan im Technischen nirgends mehr zaghaft erscheint. Nur wenige kr?ftige Linien geben der Komposition ihren Raumgehalt; ein taufrischer Humor hat die Szene verkl?rt. Dass die Kr?fte Corinths gerade in jenen Jahren seiner Berliner Fr?hzeit gewaltig gereift sind, ist unverkennbar. Immer mehr wird er zu einem Virtuosen des Pinsels, wenn das omin?se Wort gestattet sein mag. Aber innerlich stark steht er Portr?tauftr?gen doch nur dann gegen?ber, wenn sie ihn -- wie man das beim Bildnis des Dichters Peter Hille deutlich genug empfindet -- bedeutenden Pers?nlichkeiten nahebringen . Dieses Bildnis steht in einer Linie mit dem Pfarrer Moser und dem Grafen Keyserlingk. In dem Jahre 1902, in dem Corinth das Portr?t des Peter Hille gemalt hat, begegnet uns zum erstenmal in seinem Schaffen jene Frau, die die Gef?hrtin seines Lebens, die Mutter seiner beiden pr?chtigen Kinder geworden ist, Charlotte Berend, die er als Sch?lerin kennengelernt und die sich inzwischen zu einer K?nstlerin von ausgesprochener Eigenart entwickelt hat. Das erste Bildnis zeigt sie als Braut des Meisters mit dem Bl?tenzweig in der Hand, koloristisch sehr fein abgewogen, stehend vor grauem Hintergrund mit seitw?rts gewandtem Kopf, der ein kr?ftig markiertes Profil erkennen l?sst . Wenn Corinth sich auf der Signatur noch als ,,der Herr Lehrer" bezeichnet, so weist das humorvoll auf jenen rein ?usserlichen Zufall, der den Hagestolzen sp?t der Ehe zugef?hrt hat. Ein etwas sp?ter, aber noch im gleichen Jahre entstandenes zweites Bildnis, das in jeder Beziehung ungleich intimer und pers?nlicher anspricht, zeigt die junge Gattin sitzend im Lehnstuhl, vollgetroffen von dem von aussen durch das Fenster hereinbrechenden Tageslicht . Wie hier das Antlitz in stille Beschaulichkeit versunken ist und das Licht die Fleischpartien modelliert und wie man die Empfindung hat, dass hier das Bewusstsein jungen Gl?ckes dem K?nstler bei seiner Arbeit helfend zur Seite gestanden, das gibt gerade diesem weiblichen Portr?tst?ck einen unvergleichlichen Reiz und hebt es turmhoch ?ber alle ?hnlichen Frauenbildnisse, die Corinth im Auftrag irgendwelcher Besteller gemalt hat. Ein Denkmal dieser neuen beruhigten Stimmung, die das Schaffen des K?nstlers in jenem Augenblick h?uslichen Gl?ckes ?berkommt, ist auch das dritte Bild, auf dem er sich ein Jahr sp?ter mit der Gattin im Arm selbstportr?tiert hat, das von fern an das ?ppige Doppelbildnis Rembrandts mit Saskia in Dresden erinnert . Vor einem Tisch mit Fr?chten und Wein sitzt der K?nstler, das gef?llte Glas dem Beschauer darbringend. Frohe Sinnlichkeit atmet in diesem Werke, und auch die Farbe, das halb Vision?re des Bildes unterstreicht bewusst, aber auch mildernd, die auf Lebensbejahung und Daseinsfreude eingestellte Note der Szene, die man im Rahmen des Biographischen besonders gern willkommen heisst. -- Das hier abgebildete Gem?lde unter dem Titel ,,Fluch auf Saul", das noch im Jahre 1902 entstand, existiert heute nur noch in einem Bruchst?ck. So k?stlich die Erscheinung des Alten festgehalten ist, so wenig gl?cklich und gel?st spricht die Komposition an, und diese Erkenntnis wird auch den Meister veranlasst haben, sein Bild sp?ter zu zerst?ren . Dagegen z?hlt das unter dem Eindruck einer Auff?hrung von Oskar Wildes ,,Salome" entstandene Portr?t der Frau Eysoldt unbedingt zu den st?rksten Leistungen auf dem Gebiet weiblicher Bildnismalerei, die Corinth gelungen sind. Die tierisch perverse Art dieser Salome ist ausgezeichnet getroffen, der skizzenhafte Schmiss t?uscht bewusst ?ber die abstossenden Details der Szene hinweg, aber im ganzen wird man gerade diesem Bilde das Lob psychologischen Durchdringens im Motiv nicht vorenthalten k?nnen . Koloristisch ist das St?ck ganz auf einen kalten grau-weissen Ton gestimmt, von dem sich hier und dort die malerisch kr?ftig nuancierten Valeurs abheben. Vorgreifend mag gegen?ber dieser Sch?pfung weiter angedeutet sein, dass das literarische Schaffen der Zeit Corinth in der Folge mehr als einmal befruchtet hat; man denke nur an den sp?ter zu wertenden prachtvollen Florian Geyer, an das Bildnis der Frau Tilla Durieux und anderes mehr. Ja, ist nicht im Letzten die Vorstellungswelt gerade des bildenden K?nstlers oft dem Theatralischen ?berhaupt verwandt! Von Rembrandt wissen wir, wie ganz bestimmte Szenen seiner Bilder und Radierungen den Eindr?cken des Theaters seiner Zeit entsprungen sind, wie ihm der B?hneneindruck mit seinen festbestimmten Kulissendistanzen oft den Rahmen seiner Kompositionen gegeben hat, wie die vision?re Kraft seines Goldlichtes an dem durch die B?hnenbeleuchtung hervorgerufenen Widerspiel von Licht und Schatten entz?ndet wurde. Und auch in Corinths Schaffen wirkt eine so drastisch derbe Szene wie der hier farbig abgebildete ,,Kampf des Odysseus mit dem Bettler", ebenfalls vom Jahre 1903, wie die Darstellung einer vor Zuschauern gegebenen Burleske. Denn hier ist alles auf den Betrachter hin orientiert, der Ansprung des ,,g?ttlichen Dulders", der mit derber Faust seinem Gegner ins Antlitz greift, der Chorus der applaudierenden M?nner und Weiber und das Geschlossene dieser Komposition ?berhaupt . Hier begegnet der Meister uns aber auch so urspr?nglich in seinem Temperament wie auf nur wenigen Sch?pfungen dieser Jahre. Der Humor dieser Szene ist wirklich drollig, und wenn wir ehrlich sind, m?ssen wir auch gestehen, dass Corinth seinen Homer im Grunde viel besser verstanden hat, als jene oft klassisch verbildeten Philologen, die uns in unserer Jugend vor allem Derben und moralisch irgendwie Verletzenden behutsam durch ?berspringen einiger Verse zu sch?tzen suchten. So skizzenhaft ?brigens das Bild -- ausgenommen die Hauptgruppe -- angelegt ist, so fein abgewogen ist es gerade in seinen koloristischen Werten. Dies warme Ziegelrot, das mit dem k?hlen Silbergrau hier und dort kontrastiert, hebt sich aus der br?unlichen Gesamtharmonie fein heraus, so dass wir malerisch das Werk unbedenklich als eine der besten Leistungen bezeichnen d?rfen. Von geradezu fabelhafter suggestiver Gewalt ist die Gruppe der Streitenden. Diese Akte sind in ihrer Bewegung meisterhaft erfasst und bis ins letzte durchmodelliert. Hier spricht eine K?nnerschaft, die immer exzeptionell bleibt und zeichnerische Schwierigkeiten ?berhaupt nicht mehr kennt. Dieses Bild aber steht als Mittelglied zwischen dem in M?nchen gemalten ,,Diogenes" und allen nachfolgenden, von der griechischen Mythologie angeregten Szenen, die nicht immer ?hnlich urspr?nglich gesehen, meistens aber doch von derselben frohen Lust erf?llt sind und alles klassisch Verkl?rte mit Bewusstsein meiden. -- Wie ein Bruder jenes Bettlers auf dem Odysseusbilde mutet der in dem von reicher Produktion gekr?nten Jahre 1904 entstandene ,,Tanzende Derwisch" an, der ganz als Skizze behandelt ist, aber was Meisterschaft in der Bew?ltigung eines vom derben Tanz bewegten K?rpers anlangt, seinesgleichen sucht . Als Beweis f?r die souver?ne zeichnerische K?nnerschaft unseres K?nstlers verdient er darum auch an dieser Stelle hervorgehoben zu werden. Vielleicht leitet er unbewusst zu einer gr?sseren Komposition ?ber, die einer ?hnlichen Freude am menschlichen Akt ihre Entstehung verdankt, jener k?stlichen Haremsszene, heute bei Generaldirektor ~Dr. h. c.~ Ganz in Luzern, die ganz wie ein hohes Lied ?ppiger Sinnlichkeit verstanden sein will . Ich glaube sogar, dass es einem Rubens kaum besser gelungen ist, das Fleisch eines Frauenk?rpers in seiner stolzen ?ppigkeit so sinnf?llig zu machen, wie man es hier empfindet. Dabei ist gerade dieses Bild voll von einer reinen k?nstlerischen Sch?nheit, wenn man sieht, wie aus dem Licht heraus die malerischen Werte entwickelt sind, wie wunderbar weich z. B. der R?ckenakt modelliert ist und wie die Skala engverwandter T?ne in der Erscheinung des Haremsw?chters ihren letzten Ausklang erlebt. Auch dieses Bild hat daher den Anspruch als eines der Hauptwerke im Rahmen des Corinthschen Schaffens gewertet zu werden. Das ?beraus fruchtbare Jahr 1904 erh?lt eine besondere Bedeutung auch durch die imponierende Zahl zeitgen?ssischer m?nnlicher Portr?ts, die mittelbar die engen Zusammenh?nge unseres Meisters mit dem ?brigen geistig-k?nstlerischen Leben seiner Epoche dartun. Allen voran ist hier das einfach erfasste, aber von hoher geistiger Kraft und starker Charakteristik erf?llte Bildnis des Malerkollegen Hans Olde zu nennen, dem Corinth von der L?fftzschule her befreundet gewesen ist . Daneben fesselt das auf den ersten Blick vielleicht ein wenig fremdartig ansprechende Bildnis des Dichters Gerhart Hauptmann, der -- wie wir sehen werden -- mittelbar durch sein Schaffen in die k?nstlerische Entwicklung Corinths mehr als einmal eingegriffen hat. Dieses Hauptmann-Portr?t versucht mit aller Energie das geistig Bedeutsame des interessanten Kopfes auszudr?cken, und man darf sagen, dass in diesem Antlitz wirklich ein Widerschein jener Stunden aufzuleuchten scheint, die uns die ,,Versunkene Glocke", den ,,Florian Geyer" und so vieles andere geschenkt haben . Als malerische Leistung erscheint das ebenfalls in diesem Jahre gemalte Bildnis des Pianisten Conrad Ansorge ungleich bedeutender . Aber auch dieses Portr?tst?ck kann die H?he einer der geistigen Gr?sse des Dargestellten gleichwertigen Potenz im K?nstlerischen nicht verleugnen. Wie hier der Pianist ganz zuf?llig in seinem Garten sitzt -- der f?r sich betrachtet ein k?stliches Landschaftsbild darbietet -- wie aber trotzdem das durchfurchte Antlitz, hinter dem eine echte Leidenschaft zu schlummern scheint, das Auge des Betrachters immer wieder in seinen Bann zieht, das zeugt von einer selbstverst?ndlichen Gr?sse des Einf?hlens in das Wesensstarke des Dargestellten, die staunen macht, die mehr noch die Diskretion in der Bew?ltigung einer so schwierigen Aufgabe, wie sie nur der h?chsten K?nnerschaft zu l?sen verg?nnt ist, bewundern l?sst. Man darf sagen, dass Corinth auch in sp?teren Jahren ?ber diese Summe k?nstlerischer Intuition bei Portr?taufgaben nicht hinausgekommen ist, vielleicht weil ihm fast nie wieder ?hnliche Menschen begegnet sind, die ihn um ihrer Bedeutung willen innerlich in gleichem Masse erregt haben; es sei denn, dass man ihn selbst mit seinen Selbstbildnissen in eine Parallele dazu stellen will. Aus dem fruchtbaren Jahre 1904 stammt noch die pr?chtige Szene unter dem Titel ,,Frauenr?uber", die ?hnlich monumental empfunden ist wie das fr?her genannte Gem?lde ,,Perseus und Andromeda", das als eines der ersten vorbildlichen Werke auf Berliner Boden gewertet wurde. Beide Bilder stehen in Thema und Behandlung wie zwei Geschwister nebeneinander, und was jenem zuerst erw?hnten Werke im besonderen nachger?hmt werden konnte, trifft unbedingt auch auf die zuletztgenannte Sch?pfung zu. Dagegen ist der ,,Bl?hende Garten" vom gleichen Jahre auch in diesem Zusammenhang nicht zu ?bersehen, weil er wieder einmal ein Beispiel reiner Landschaftsmalerei ist, der Corinth eigentlich erst in den letzten zehn Jahren in wahrhaft grossem und alles ?berragenden Stil nachgegangen ist . Im ganzen aber haben die hier behandelten Beispiele seiner Kunst unzweifelhaft dargetan, dass Corinth auf dem Boden der Reichshauptstadt einen Auftrieb seiner k?nstlerischen Kr?fte erlebt hat, der nicht zu verkennen ist. Nicht nur weil die gl?ckliche Wendung seines ?usseren Lebens ihr Teil dazu beigetragen hat, ihm wirkliche Schaffensfreudigkeit zu geben, sondern weil das hastende Gebrause einer Weltstadt ihn innerlich mehr als einmal ergreifen musste. Wir sehen ihn geradezu als einen Repr?sentanten dieser neuen Zeit, und die Geschichte der Sezession beweist, dass er nicht minder auch einer ihrer besten Vork?mpfer gewesen ist. K?nstlerisch greift sein Schaffen immer weiter aus. W?hrend er der Malerei seine Hauptarbeit widmet, werden seine radierten Bl?tter, seine Zeichnungen und Lithographien zu Zeugnissen besonderer Art, die vereinzelt sogar noch vernehmlicher von seiner hohen Menschlichkeit k?nden. Diesem Teil seiner T?tigkeit wird der Biograph zwar sp?terhin noch in besonderer Weise gerecht werden m?ssen, aber trotzdem m?gen an dieser Stelle schon jene fr?hen Arbeiten gewertet werden, die leider nur noch in zwei Exemplaren vorhanden sind, in Wien und Hamburg, und dennoch den kleinen Zyklus von ,,Tragikom?dien", der im Jahre 1894 begonnen wurde, unter Kennern sehr ber?hmt gemacht haben. Denn in der Tat sind diese Bl?tter Zeugnisse von einer unverw?stlichen und weitausgreifenden k?nstlerischen Phantasie, der sich -- so oft sie nur will -- auch Episoden der Geschichte durchaus modern offenbaren. In diese kleine Folge spukt alles hinein: Heidentum und Christentum, Vorgeschichtliches und historisch ?berliefertes; den Ausschlag aber gibt f?r die Beurteilung einzig und allein der Grad von K?nnen, der diesem Meister des Stiftes eigen ist. Ich habe bei einem fl?chtigen Besuch der Wiener Albertina das eine vollst?ndige Exemplar dieser Tragikom?dien eingesehen und einige lose Notizen aufgezeichnet, die ihren Inhalt n?her umschreiben: Auf dem Titelblatt sieht man eine Frauenb?ste, dar?ber einen Schweinskopf, eine Arbeit, die, wenn sie nicht von Corinth w?re, nur Felicien Rops zum Urheber haben k?nnte. Das erste Blatt der Folge zeigt das Auge Gottes, eine auf einem Faun reitende Frau und daneben einen fetten Kerl. In der Mitte h?lt ein riesiger Arm ein Herz auf der Wage. Was Corinth hier verspotten wollte, bedarf kaum einer Erkl?rung. Auf dem zweiten Blatt sieht man den Auszug der Weiber von Weinsberg, mit der mittelalterlichen Stadtsilhouette im Hintergrunde . Eine ber?ckend stilechte Schilderung der Zeit von k?stlicher Komik. Wie die hageren M?nner ihren Eheh?lften auf dem R?cken sitzen, wie die Soldaten staunend dem Auszug dieser viel zu mutigen Weiber zuschauen, das ist von einer so eindringlichen Drastik, dass man kaum noch den Sinn dieser Sage anzudeuten braucht. Das dritte Blatt schildert mit einem fast allzu stark betonten Realismus den Gang der K?nigin Marie Antoinette zum Schafott unter Trommelwirbel und dem Gekreisch der Marktweiber . Auf einem weiteren Blatt versucht mit sp?ttisch-?berlegenem Geist der K?nstler seinen ?bermut an der Legende von der Versuchung des heiligen Antonius zu k?hlen. Hier sieht man ein Weib auf den Schultern eines Faunes reiten als Symbol f?r den Kampf christlicher Moral gegen die Sinnenlust des Fleisches, w?hrend das n?chste Blatt in den Personen von Alexander dem Grossen und Diogenes die Paradoxe des ruhmseligen Tatendranges und sogenannter Alltagsweisheit verk?rpert. K?stlich ist auch die auf dem sechsten Blatt festgehaltene Parodie, wie Joseph dem Pharao seine Tr?ume deutet, diese Mischung j?discher Geschw?tzigkeit und eines archaistisch, fast stilecht gesehenen alt?gyptischen Milieus , dem das Schlussblatt einer chaotischen Walpurgisnacht mit ungeheuerer Turbulenz gegen?bersteht. Alles in allem begegnet uns gerade auf diesem, leider fast v?llig unbekannt gebliebenen Zyklus von Radierungen die ?berlegenheit einer Weltanschauung im Verein mit dem sprudelnden Reichtum einer echten K?nstlerphantasie, die an keinerlei Grenzen mehr gebunden zu sein scheint, und vielleicht hat sich auch die Urspr?nglichkeit dieses Temperamentes nirgends ein ?hnlich ?berzeugendes Denkmal gesetzt, denkt man nicht an jene k?nstlerisch allerdings ungleich st?rkeren Zyklen der letzten Jahre wie den ,,G?tz" oder ,,Luther". ? ? ? Nach dieser im Hinblick auf das malerische Schaffen notwendigen kurzen Ablenkung soll das nun anhebende Kapitel ausschliesslich der k?nstlerischen Produktion des Jahres 1905 gewidmet sein. Ein weiteres Selbstbildnis des Meisters, auf dem er sich als ,,gr?lender Bacchant" karikiert hat, mag den Auftakt geben. Es ist f?r sich wiederum ein Beweis von jener dionysischen Lebenslust, die in Augenblicken das Schaffen Corinths verkl?rt hat und f?r die wir ohne M?he in den Werken alter Meister Gleichnisse finden. So denkt man vor diesem Bilde an Brouwer, an den Simson, der an seinen Ketten r?ttelt, so wie ihn Jan Steen geschildert hat, und an vieles andere, was mit Worten einfach nicht zu ersch?pfen ist. Mag das Gem?lde auch f?r sich einer noch so ?berm?tigen Laune des Augenblicks entsprungen sein, malerisch ist es eine Leistung von unvergleichlich hohem Range. Wie hier die derbe Grimasse mit wenigen kr?ftigen Pinselstrichen festgehalten, wie alles nur skizzenhaft und doch von einer urspr?nglichen Wucht des k?nstlerischen Temperamentes umrissen ist, das gibt dieser kleinen Probe malerischen K?nnens seinen einzig dastehenden Wert . In der Technik n?hert sich gerade dieses Bild schon ganz den Sp?twerken eines Hals. Denn jeder Pinselstrich ist mit dem Spachtel hingemeisselt. Wie das Weinlaub im Haar nur mit zwei, drei vom Lichte geh?hten Farbflecken angedeutet ist, so sind auch die Furchen des Antlitzes beinahe plastisch aus der Farbe herausmodelliert worden. -- Technisch steht dem Bilde das pr?chtige Portr?t eines Hundes nahe, das Corinth f?r einen Wiener Bekannten gemalt hat und das als St?ck bravour?ser Malerei einen hohen Rang beanspruchen darf . Tr?bner hat ?hnlich einmal eine Dogge gemalt, aber an Verve ist er doch mit seinem Hunde hinter dieser Corinthschen Bestie zur?ckgeblieben. Derartige Sch?pfungen wollen im Sinne dieser biographischen Darstellung weniger neue Belege f?r das l?ngst begr?ndete K?nnen unseres K?nstlers, als vielmehr Beispiele seiner umfassenden malerischen Begabung vermitteln, w?hrend andere Werke aus dieser Zeit sicher unmittelbarer den Blick zur Werkstatt des K?nstlers hinlenken und seiner Sinnesart einen weitaus besseren Ausdruck gew?hren. Als ein solches Bild sei an dieser Stelle die ,,Kindheit des Zeus" notiert, die dem ,,Kampf des Odysseus" sehr nahe steht und doch im Sinne der Komposition von jenem wiederum stark verschieden ist . Nicht nur, weil eine gr?ssere Freiheit der Bewegung diese durchweg gleichm?ssig behandelten Gestalten beherrscht, sondern weil auch die Landschaft hier bei der Komposition wesentlich mitspricht und das Burlesk-Dionysische kr?ftig unterstreicht. Das ist ein echtes St?ck mythologischen Lebens, so wie es die Kunstanschauung eines reinen Naturvolkes erfunden und gestaltet hat, und es ist wichtig, auch an dieser Stelle wiederum zu betonen, dass der kr?ftige Realismus solcher und ?hnlicher Szenen besser jene urspr?ngliche Note trifft als alles, was die Kunst vor solchen Motiven mit dem Kulturgehalt unserer Zeit und einem fein abgewogenen, aber doch wohl meist unechten Sentiment erf?llt hat. Vielleicht erkennt man den Menschen Corinth nirgends besser als auf derartigen Sch?pfungen, wo seiner Phantasie keine Grenzen gezogen sind, aber seiner urspr?nglichen und stammesechten Art die sch?nsten M?glichkeiten zum k?nstlerischen Ausleben dargeboten werden. Im ?brigen braucht man an die malerischen Vorz?ge, an die zeichnerische Pracht eines solchen Bildes kaum noch besonders zu erinnern, weil der artistische Reiz mit v?lliger Selbstverst?ndlichkeit vor unser Bewusstsein tritt. Aus dem gleichen Jahre stammt noch das hier abgebildete Gem?lde ,,Unter dem Kronleuchter", das in einem k?stlichen Farbenmosaik das Flackernde des Kronleuchters, den Glanz von Gl?sern und Tellern eingefangen und im ganzen eine Interieurstimmung von ?usserst intimem Reiz festgehalten hat . Ferner muss in diesem Zusammenhang das gleichfalls 1905 unter dem Titel ,,Mutter und Kind" gemalte Bild genannt werden, das wiederum ein kleines St?ck pers?nlicher Lebensbeichte bedeutet, da die Dargestellte die Gattin des Meisters und der nackte kleine Kerl auf ihrem Schosse der Erstgeborene des K?nstlers, sein Sohn Thomas ist . Unter den zahlreichen Werken des folgenden Jahres steht die heute im Leipziger Museum befindliche ,,Kreuzabnahme" obenan . Ja, man kann sagen, wenn der Satz, dass die reine Kunst ?berhaupt mit dem Motiv nichts zu schaffen habe, vor einem einzigen Bilde zu erh?rten w?re, man hier die Probe aufs Exempel machen k?nnte. Denn hier ist alles gross gesehen, die malerische Komposition, die in der Mitte durch den Kreuzesstamm ihre Achse erh?lt, die Art, wie die Gruppe vor den Abendhimmel gestellt ist, wodurch dem Licht wiederum die Rolle des eigentlichen Lebensfaktors zuerteilt wurde, das Gedankenvolle auf den einzelnen Gesichtern der Menschen und die Verschiedenartigkeit ihrer Temperamente, der Gegensatz zwischen dem von hinten gesehenen, derb und teilnahmlos dreinschauenden Kriegsknecht und der schmerzerf?llten Frauengruppe der rechten H?lfte. Nichts ist auf diesem Bilde ?bertrieben, das Grossartigste an malerisch zeichnerischem K?nnen bedeutet aber doch der vom Kreuze herabgeholte Heiland, dessen m?des Dahinsinken ganz meisterhaft gesehen ist. Das Leipziger Museum darf sich zu diesem von einem Kunstfreunde gestifteten Werke aufrichtig begl?ckw?nschen. Leider ist die hier abgebildete, nicht ohne einen Stich ins Burleske gegebene Komposition ,,Venus und Mars" in diesem urspr?nglichen Zustand nicht mehr erhalten, da der fettleibige, vielleicht doch gar zu unhellenisch wiedergegebene Kriegsgott sp?ter der Zerst?rungswut des K?nstlers zum Opfer gefallen ist . -- Dagegen ist der hier abgebildete F?cher, den Corinth f?r Frau Mauthner in Berlin gemalt hat, als Beweis f?r das gelegentlich von ihm versuchte ?bergreifen auf rein dekorativ kunstgewerbliche Gebiete gewiss nicht ohne Interesse, obwohl gerade die hier gegebene Darstellung der tanzenden Salome in ihrer starken Anlehnung an archaistische Vorbilder viel unpers?nlicher anspricht als alle zuletzt behandelten Arbeiten . Auf einem Selbstportr?t des n?chstfolgenden Jahres erscheint Corinth mit entbl?sstem Oberk?rper, das Glas Wasser in der Hand, auf dem Haupte ein lang herunterh?ngendes Tuch gewissermassen als ,,~ouvrier par excellence~". Und doch webt gerade in diesem Antlitz ein nachdenklicher Ernst, eine verhaltene Energie, die der etwas derben Physiognomie eine Art h?herer Vergeistigung verleiht . Ist es vielleicht auch nicht das sympathischste unter seinen zahlreichen Selbstbildnissen, so sicherlich doch eines des besten, was malerische Verve und starke Charakteristik anlangt. Technisch spielt auf diesem Bilde der Spachtel eine Hauptrolle, der noch st?rker auf einem anderen Werke des gleichen Jahres, dem in der Dresdner Sammlung Rothermundt befindlichen ,,Urteil des Paris" in die Erscheinung tritt . Setzt das Bild im Thema die Reihe der schon bekannten, der homerischen G?tterwelt entnommenen Szenen fort, so steht es eben in der technischen Behandlung sehr im Gegensatz zu allen fr?her erw?hnten Werken dieser Art; denn es ist kr?ftiger in der Betonung der farbigen Valeurs und dabei im ganzen doch auf eine seltsam transzendentale Note gestimmt, so dass man fast den Eindruck bekommt, als spiele sich diese entz?ckend naive Szene hinter einem ganz feinen, kaum f?hlbaren Nebelschleier ab. Dadurch wird die Illusion bedeutend erh?ht, und das Wirklichkeitsmoment zugunsten einer gewollten Verkl?rung merklich zur?ckgedr?ngt. Das Bild atmet in jeder Beziehung eine fast arkadische Heiterkeit. Die Freiheit der Komposition, die durch den sch?nen Akt der Liebesg?ttin in sich zusammengehalten wird, ber?hrt ebenso wohltuend wie das Gegen?ber der beteiligten Gruppen, links der G?ttinnen, rechts des Paris mit seinen Schafen und des im Hintergrunde harrenden und doch der Szene nicht sehr diskret beiwohnenden olympischen Sendboten. Besonders fein ist auch der Ausblick auf das Meer gegeben, das hinter der g?ttlichen Venus sichtbar wird wie ein feiner Hinweis auf die Geburt der Anadyomene. In sich aber ist die Gruppe durch die Handlung zu einer k?stlichen Konzentration gekommen. Wie die beiden G?ttinnen neiderf?llt der nackten Aphrodite zuschauen, wie Paris halb noch z?gernd den Apfel w?gt und doch bereits durch das Versprechen der Verf?hrerin gelockt wird, das ist alles sehr fein und diskret, aber auch mit einer meisterhaften ?berlegenheit angedeutet. Dieser heiteren dionysischen Welt stehen zwei andere Sch?pfungen aus dem gleichen Jahre mit einem fast zu brutalen Realismus gegen?ber. Das groteske, ,,Martyrium" genannte Werk aus dem Besitze des K?nstlers will nicht als Kreuzigung im Sinne der Bibel verstanden sein. Hier mag Corinth in erster Linie die Anatomie dieses von einem Kreuzesstamm h?ngenden K?rpers zur Darstellung gereizt haben, die ja in der Tat auch mit einer unvergleichlichen K?nnerschaft ergr?ndet worden ist . Der Meister hat dem Schreiber dieser Zeilen erz?hlt, wie er sich zu dem Zweck einen Athleten bestellt hatte, der im Atelier immer f?r einige Minuten -- solange er es ?berhaupt ertragen konnte -- an einem Pfosten in die H?he gezogen wurde und wie er seine Helfer bei dem etwas grausigen Handwerk gleich mit auf dem Bild verewigt habe. So ist diese etwas blutr?nstige Szene entstanden, die letzten Endes doch nur dartut, wie reiner k?nstlerischer Wissensdurst der Antrieb zu dieser Sch?pfung gewesen ist. -- Auf einen verwandten Ton ist die ebenfalls im Jahre 1907 entstandene ,,Blendung Simsons" gestimmt, die Corinth selbst einmal als sein bestes Werk bezeichnet hat . Und diese hohe Wertung kann kaum ?berraschen. Mag man unwillk?rlich vielleicht auch vor diesem Bilde an Rembrandts Gem?lde im Frankfurter St?delschen Institut erinnert werden, weil hier wie dort das Hinst?rzen eines athletischen Menschen das Leitmotiv der bildlichen Verk?rperung ist, so unterscheidet sich doch Corinths Darstellung in jeder Beziehung von dem ?lteren Vorbilde. Dort ist alles auf den Effekt des silbrig-bl?ulichen Lichtes hingearbeitet, der der Komposition entfernt etwas von Theaterpathos gibt; hier dagegen handelt es sich fast ausschliesslich um die Anatomie des K?nstlerischen, d. h. um die Bew?ltigung dieses vor Wut aufbr?llenden Riesen. Wie der K?rper diagonal im Raum steht, wie der Kerl rechts sich mit der Masse seines Gewichtes auf den ?berwundenen Feind geworfen, wie Simson mit der Linken den Kriegsknecht am Halse w?rgt, selbst wie Delila im Hintergrund, ?ber die Bettlehne gebeugt, ihrem verr?terischen Triumph beiwohnt, das ist von einer die ganze Szene erf?llenden dramatischen Leidenschaft, die auch in einem so reichen Lebenswerk einzig ist. Und fast m?chte man sagen, dass die malerische Technik auch von der Vehemenz der Handlung durchdrungen sei, so hat der Spachtel besonders im unteren Teile mit breit hingemauerten Farbflecken gearbeitet. Aber vor diesem hervorragenden Meisterst?ck wird einem der eigentlich f?r jedes grosse k?nstlerische Schaffen Geltung habende Satz wieder zum Bewusstsein gebracht, dass n?mlich immer nur in wenigen Arbeiten dem Genius der grosse Wurf gelingt, dass oftmals zehn, auch zwanzig Bilder mittleren Ranges notwendig sind, um die Kr?fte eines K?nstlers ganz f?r eine Hauptsch?pfung seines Lebens reif werden zu lassen. Denn so hoch auch an sich gerade die malerische Produktion des Jahres 1907 im Schaffen unseres Meisters steht, so wenig reichen doch andere Arbeiten dieser Zeit an die ,,Blendung Simsons" heran. Das gilt bei aller augenf?lligen malerischen Sch?nheit, die hier helle sonnengeh?hte T?ne sucht, ebenso von den ,,H?nden mit Blumen", einem delikaten, fast stillebenhaft anmutenden Bildnis der Gattin , wie von dem im ersten Augenblick sehr fremdartig wirkenden Portr?t des Schriftstellers Alfred Kerr . Aber gerade an diesem Gem?lde stellen wir die schon oft betonte souver?ne Art fest, mit der Corinth einem geistig verwandten m?nnlichen Modell gegen?bersteht. -- Als eine der seltenen Proben f?r die Landschaftsmalerei des K?nstlers aus dieser Zeit sei endlich noch die flott hingesetzte ,,Eisbahn" erw?hnt. Das Motiv zu diesem Bilde lieferte das winterliche Treiben auf dem Neuen See im Tiergarten zu Berlin . Nach dieser kleinen Auswahl von Werken aus der reichen Ernte des Jahres 1907 kann man vielleicht sagen, Corinth habe damals schon die H?he seines Schaffens erklommen. Denn in der F?lle der Gesichte lebt eine Farbenfreudigkeit auf, die alles Bisherige in Schatten stellt. Wir sehen den Meister im Vollbesitz aller Mittel, die ihm die Herrschaft ?ber die Form sichern, wir sehen ihn in seiner Arbeit bis an die Grenzen h?chsten monumentalen Wollens vorw?rts getrieben, und doch bleibt auch in der Folge noch unendlich viel, was mindestens auf der gleichen H?he steht, im einzelnen sogar sein Schaffen menschlich noch mehr vertieft. Aber im Vergleich zu dem ?brigen deutschen k?nstlerischen M?hen dieser Jahre erscheint die Pers?nlichkeit unseres Meisters fast singul?r. W?hrend der sogenannte Impressionismus sonst in Deutschland beinahe schon zu einer Art Rezeptmalerei geworden ist, bricht er aus Corinths Seele m?chtig und impulsiv hervor, und kein Bild entsteht von ihm, das man nicht unter Hunderten des ?brigen zeitgen?ssischen Schaffens durch die Handschrift des Meisters sofort erkennen w?rde. Dem Blick des Betrachters aber ?ffnen sich auf diesen Werken alle Tiefen einer von starker Leidenschaft geh?hten Gedankenwelt; ?berall empfindet man das nachhaltige innere Erlebnis, das in der Farbe nach Ausdruck ringt, und dieses Moment charakterisiert auch alle Sch?pfungen der nachfolgenden Jahre. Wie die Eysoldt als Salome, so erinnert das 1908 gemalte Portr?t der Frau Tilla Durieux als spanische T?nzerin wiederum an b?hnenm?ssige Eindr?cke , wie sie sich st?rker noch in jenem unvergleichlichen Bildnis Rudolf Rittners als Florian Geyer zu einem Ewigkeitssymbol verdichtet haben . Vielleicht dass dieses heute in der Galerie Toelle befindliche Werk ?berhaupt den nie wieder erreichten H?hepunkt moderner Portr?tmalerei bezeichnet, vielleicht dass der Eindruck nur auf uns, die wir im Banne der Hauptmannschen Dichtergr?sse stehen, so unaussprechlich bezwingend wirkt. Aber das eine muss solchen Erw?gungen gegen?ber doch betont werden, dass diese Sch?pfung in nichts mehr an der blossen theatergem?ssen Reminiszenz klebt. Mag es Rudolf Rittner, der unerreichte Verk?rperer der Hauptmannschen Gestalt sein oder sonstwer, vor dem Ahnen dieses mutigen und doch halb verzweifelten Draufg?ngertums, das uns, einerlei in welches Gewand es auch gekleidet sein mag, fabelhaft echt, ja symbolisch anspricht, tritt der Gedanke an den Darsteller und die Darstellungskunst von selbst zur?ck. Auf diesem Bilde ist das ganze Mittelalter, die Trag?die des Rittertums im besonderen, Fleisch und Blut geworden. Hier hat ein Gedanke Form gewonnen, der ?hnlich bezwingend nur in Verrocchios Colleoni lebt, diesem h?chsten Denkmal mittelalterlichen Kondottierentums. Wer nach hundert Jahren dies Bild sehen wird, muss erstaunt sein ?ber die gottbegnadete Kraft eines Menschen, der im zwanzigsten Jahrhundert noch so echte T?ne f?r den damals die Weltgeschichte bestimmenden Gedanken l?ngst verklungener Zeiten gefunden hat. Aber vielleicht sind es ?berhaupt nicht historische Dinge, die hier Gestalt geworden sind; vielleicht wird auch die nachfolgende Epoche immer das in diesem Meisterwerk empfinden, was seine Erscheinung gar nicht mehr an Zeitgrenzen kettet, das allgemein Menschliche, das ?berall mit dem Tragischen verschwistert ist, den Kampf des Mannes schlechthin gegen die dr?uenden Gefahren der Welt, das Schicksal eines jeden von uns, das uns mit jedem neuen Tag dem Streit entgegenf?hrt, auch wenn wir nicht das blanke Schwert in der Rechten und die zerfetzte Fahne in der Linken tragen. Gerade die geistige Verkl?rung dieses Florian Geyer ist so bezwingend stark, dass das Bild wie von selbst auch ?ber die eng gestellte Spanne, wo es zun?chst aktuell gewesen, hinausw?chst; ja man m?chte behaupten, dass hier gar nicht Rudolf Rittner portr?tiert wurde, sondern dass sich in diesem Bilde der K?nstler selbst wiedergefunden hat. So steht das Bild gewissermassen auch als Symbol ?ber dem Leben und k?nstlerischen Werden unseres Meisters, wie sich ein jeder darin entdecken mag, dem hier vertraute Kl?nge begegnen. Malerisch ist der Florian Geyer zweifellos eins der besten Werke des K?nstlers. Der stahlblaue Ton der R?stung beherrscht wundervoll die ins br?unlich Warme verklingende Gesamtharmonie, und die Durchbildung des Kopfes mit seinen Furchen und einer vor Ingrimm verhaltenen Leidenschaft spottet jeglicher Beschreibung. Vielleicht wird es schwer, nach diesem neuen H?hepunkt, den die Kunst unseres Meisters erklommen, noch die F?hlung mit dem ?brigen Schaffen des Jahres 1908 zu gewinnen, obwohl uns eine ganze Anzahl ?hnlich meisterhafter Sch?pfungen gerade in diesem Zeitabschnitt begegnen. An erster Stelle sei hier ein wenn auch nur indirekt biblisch anmutendes Thema genannt, das Corinth in seiner ,,Totenklage" zu gestalten versucht hat, heute im Besitz des Kestner-Museums in Hannover . Bei diesem Werke liegt der Nachdruck ?hnlich wie bei der ,,Blendung Simsons" auf der kompositionellen Vertiefung, die in der kauernden Gestalt des Mittelgrundes ihren starken Pol besitzt. Wie die athletische Erscheinung dieses K?rpers und des erschlagenen J?nglings vom Licht umspielt ist, wie sich alle Gestalten beinahe riesengross von dem leuchtenden Abendhimmel abheben, das ist von suggestiver Gewalt und einer unerh?rt grossen monumentalen Pracht. Sie leidet auch nicht unter der vielleicht zu theatralisch akzentuierten Klage um den Gefallenen, noch weniger unter dem bizarren Gef?hlsausdruck der die Haare raufenden Mutter rechts im Hintergrunde. Bedeutsam allein bleibt das Michelangeleske der Hauptgruppe, das ganz von selbst zum Bewusstsein kommt. Als Komposition grossen Stiles, als eine von Rubensschem Geist erf?llte Szene, die im letzten trotzdem des ?lteren Vorbildes spottet, mag hier die grosse Darstellung der ,,Versuchung des heiligen Antonius" vom gleichen Jahre angeschlossen sein . Das Bild wirkt wie eine Orgie der Sinnlichkeit und ist zugleich eines der am st?rksten dekorativ empfundenen Werke dieser Epoche. Ganz wundervoll ist dem Gewirr der linken Bildfl?che mit ihren lebensvollen Frauenakten die fast von klassischer Ruhe erf?llte rechte H?lfte gegen?bergestellt. Orientalisches mischt sich mit jener derb zugreifenden Sinnenlust, die im K?rper des B?ssers alle Pulse in Bewegung bringt und dem fast schreckerf?llten Ahnen seines Unterliegens eine tragische Weihe verleiht. Indes gerade auf dieser Sch?pfung tritt das Thema bescheiden hinter seiner eigentlichen malerischen Gestaltung zur?ck. Wie in einem funkelnden Mosaik spielen alle Kl?nge der Palette gegeneinander, die Wucht des Pinsels mauert hier unter dem Eindruck des Lichtes die h?chsten farbigen Werte, und das Ungewollte, v?llig Unakademische der Komposition sichert dem Ganzen den Ausdruck starker Monumentalit?t. Diesem Bilde lassen sich noch andere, auf den gleichen Ton gestimmte Sch?pfungen angliedern, die hier illustrativ leider nur zum Teil behandelt werden k?nnen. Dagegen sind das Bildnis des Malers Paul Baum, den Corinth in dessen eigentlichem Milieu, in Sluys in Holland, portr?tiert hat und ebenso die Studie nach einer deutschen Eiche doch nur Beweise einer stets bereiten, alle Erscheinungen des Lebens beherrschenden Gestaltungskunst . N?her kommt dem bezwingend Menschlichen, das im Schaffen unseres Meisters ewig neu nach Ausdruck ringt, ein Bild wie die 1909 gemalte ,,Kreuztragung", die in mancher Beziehung an fr?here Darstellungen ?hnlicher Art erinnert und trotzdem weder die tragische Wucht eines biblisch ersch?tternden Vorganges noch kompositionell jene von jeher bew?hrte Geschlossenheit der Szene besitzt . Gegen?ber dem k?nstlich markierten Gesichtsausdruck der klagenden Gruppe rechts wirken weder der Schmerz des Heilands noch die perfide Schadenfreude der Kriegsknechte ?berzeugend, aber das Bild ist in Einzelheiten doch voll starker, malerischer Eindringlichkeit. Weitaus besser mutet die auf drei Personen beschr?nkte ,,Susanna im Bade" an, die sich in Berliner Privatbesitz befindet . Auch dieses Bild ist in der Hauptsache Spachtelmalerei, aber das Ganze ist doch von einer buntschillernden Farbigkeit, und namentlich der Akt hat alle Vorz?ge jenes k?stlichen Duftes, in dem der Fleischmaler Corinth von jeher, wenn es sich um einen lebenswarmen K?rper handelte, ein echter Nachfahre des alten Rubens war. Aus diesem Jahre stammt noch ein hier nicht abgebildetes Hauptwerk unseres K?nstlers, jenes k?stliche, vielleicht allzu deutliche Bild unter dem Titel ,,Homerisches Gel?chter". Wie kaum eine andere Arbeit ist gerade dieses St?ck vielsagend in dem Sinne, wie Corinth die mythologische G?tterwelt als Gleichnis unseres Lebens benutzt. Denn diese Szene mit der lockeren Liebesg?ttin, die den hinkenden Heph?stus nur zu schnell vergessen hat und den G?ttern des Olymps in ihrer S?nden Maienbl?te vorgef?hrt wird, ist ein lustiges Symbol auf jene leichtfertigen Ehefrauen, denen im Gegensatze zu Schiller die Treue in der Tat nur ein leerer Wahn ist. Die suffisante Miene eines gleichsam aus Offenbachs Burlesken entnommenen Jupiters ist ebenso erfrischend wie der stille Liebreiz jener mit ihrem Galan ?berraschten himmlischen Beaut?, die von den metallenen Netzen ihres Herrn Gemahls eingesponnen, in einer heikeln Situation zur Augenweide den G?ttern des Olymp vorgef?hrt wird, die ihrerseits mit dem Ausdruck ihres ,,~tout comprendre, c'est tout pardonner~" nicht zur?ckhalten. Und w?hrend Corinth gerade in diesem Jahre alle H?hen und Tiefen seiner antikischen Welt als ein Mensch des zwanzigsten Jahrhunderts mit dem Vollgef?hl echter Menschlichkeit durchschreitet, eine Menschlichkeit, die sich ganz ?hnlich auf dem K?nigsberger Bacchanten-Bild, dieser von Licht und Luft geh?hten k?stlichen dithyrambischen Szene, Ausdruck schafft , greifen sein eigenes Familienleben, das pers?nliche Gl?cksgef?hl auch in seinem Schaffen wieder in die Motive des ihn umgebenden Alltags hinein. In diesem Sinne ist jene ,,~Donna gravida~", die Gattin, die die kleine ostpreussisch urw?chsige Mine unter dem Herzen tr?gt, wiederum ein St?ck echter Lebensbeichte. Ergreifend ist der Ausdruck dieser von banger Hoffnung erf?llten Mutter festgehalten . So lapidar wie das Gef?hl dieser Minute, ist auch die malerische Handschrift des nur mit zwei T?nen hingesetzten Bildes. Unter den m?nnlichen Portr?ts dieses Jahres steht dagegen das Bildnis des Anatomen Edinger obenan . Es hat kaum die geistige Pr?gnanz fr?herer St?cke dieser Art, ist daf?r aber malerisch unter Zuhilfenahme des reichen Milieus sehr gl?cklich vertieft. Man m?chte diesem Bildnis gleich hier das zwei Jahre sp?ter entstandene andere Gelehrtenportr?t, den Professor Ed. Meyer von der Berliner Universit?t, gegen?berstellen, das zwar nach seiner ganzen Anlage von dem erstgenannten Werke sehr verschieden ist, sich aber doch im Geistigen unmittelbar mit jenem ber?hrt . Alfred Lichtwark hat mit klugem Blick das Gem?lde f?r die Hamburger Kunsthalle erworben, die ?berhaupt einige der besten Werke aus der letzten Schaffenszeit des K?nstlers, darunter auch das Hagenbeck-Portr?t mit dem m?chtigen Walross , ihr eigen nennt. Meisterhaft ist auf dem Bildnis des Professors Meyer der von fr?her her ?berlieferte malerische Gedanke wiederaufgenommen, den Dargestellten mitten vor das Fenster zu stellen, durch das er vom Licht eines winterlichen Tages getroffen wird. Hier spielen darum alle Reflexe auf dem dunkelblauen Talar, und der etwas grobe, aber doch nicht uninteressante Gelehrtenkopf erh?lt unter dem Eindruck desselben Lichtes den Schein geistigen Fluidums. Als Gegensatz dazu betrachte man das noch im Jahre 1909 vollendete grosse Bild mit der Familie des K?nstlers, das heute dem Kestner-Museum in Hannover geh?rt . Wie die ?rtlichkeit und die erhobene Palette in der Rechten des Malers andeuten, ist es damals im Atelier des K?nstlers entstanden. Der kleine Thomas links ist im Laufe der Jahre schon zu einem sehr geweckten Jungen herangewachsen, der seinen Herrn Papa nur mit Lovis anzureden pflegt, w?hrend die kleine Mine, die dem Vater so ?hnlich sieht wie Thomas seiner Mutter, kaum die ersten Wiegenmonate hinter sich gebracht hat. Frau Charlotte Berend aber -- die Gattin unseres K?nstlers -- ist in bezaubernder M?tterlichkeit gesehen, w?hrend der Meister selbst sich nur unfreiwillig in die Rolle als Familienvater zu schicken scheint. Prachtvoll sind auch auf diesem Bilde die malerischen Gegens?tze von Warm und Dunkel gegeben. Aus ungef?hr der gleichen Zeit stammt noch jenes wiederum an Gr?newald gemahnende Triptychon, das Corinth f?r die Kirche seiner kleinen Heimatstadt Tapiau gemalt hat . Mag man auch ?ber ein Jahrzehnt hinweg unbewusst Beziehungen von diesem Bilde zu der Kreuzigung in der Kirche von T?lz suchen, so weist doch das letztgenannte Werk auf den bewussten Abstand malerischer Entwicklung hin. Etwas Alttestamentarisches ist der neuen Sch?pfung eigen, so sehr sie auch an die neutestamentliche ?berlieferung gebunden ist. Mag der Apostel Paulus z. B., der seiner ganzen Auffassung nach mehr der Realistik der prophetischen Schilderungen des Alten Testamentes als dem Typ des ritterlichen K?mpfers angepasst ist, auf den ersten Augenblick entt?uschen, so hat seine Erscheinung doch eine von den Mosaiken Ravennas ?berkommene Monumentalit?t. Das Mittelbild aber mit seiner ersch?tternden Golgathastimmung sprengt den engen Rahmen der biblischen Geschichte. Es ist bis zum letzten dramatisch bewegt und durch eine Stimmungsgewalt ausgezeichnet, die von kaum einer anderen verwandten Sch?pfung der Kunstgeschichte je wieder erreicht wurde. Wirken aber in der Tat nicht jene Gegens?tze, die uns im Schaffen des Meisters ?berkommen, herzbeklemmend! Ist es nicht, als ob der Reichtum einer grossgestimmten Menschenseele im K?nstler kaum noch seiner Phantasie und seiner Gestaltungskraft Grenzen setzt. Heute dionysischer Bejaher, morgen intuitiv sch?pfender Geb?rer einer neuen Vorstellungswelt, die nicht mehr an Grenzen gebunden ist und dazwischen auch Untertan seinem eigenen menschlichen Erleben: was ist es, das uns noch von der h?chsten Bewunderung vor dieser vielseitigen Schaffensfreudigkeit fernhalten k?nnte? Erleben wir nicht mit und in dem Werk eines Lovis Corinth wirklich alle Sch?nheiten unserer eigenen unbegrenzten k?nstlerischen Vorstellung, und darf man einem solchen Sch?pfer ?berhaupt allzu kleine menschliche oder gelegentliche malerische Schw?chen nachrechnen, der uns in seinem, viele hundert Bilder umspannenden Werke letzten Endes doch nichts als jene grosse Menschlichkeit offenbart hat, die in der Kunst unserer Tage immer seltener wird. Wie n?chtern wirkt im Hinblick auf diesen Reichtum an Temperament und Phantasie der ganze ?brige Impressionismus der Berliner Sezessionskollegen und wie souver?n steht unser Meister immer vor uns auf, wenn er selbst diesem n?chternen Wirklichkeitsgebot der Zeit folgt. Ja, auch eine so innerlich unausgeglichene Arbeit wie die ,,Schmiede des Vulkan", mit der an dieser Stelle die Produktion des Jahres 1910 eingeleitet sein mag, die weder den Humor fr?herer ?hnlicher Sch?pfungen noch die Wucht des farbigen Ineinanderf?gens der Details verr?t, bleibt -- gemessen an der sonstigen N?chternheit unserer Tage -- immer noch als Beweis einer ganz und gar dichterisch gewordenen Vorstellungswelt interessant . Dass von hier aus allgemeine Beziehungen zur l?ngst bekannten homerischen Welt hin?berlenken, macht auch dieses Werk immer wertvoll, so sehr es ihm vielleicht an jener grotesk bezaubernden Art, die uns von verwandten Sch?pfungen her bekannt ist, und an jener k?stlich kr?ftigen Durchbildung in der malerischen Form gebrechen mag. Indes f?r sich gesehen, ist jedes Detail auf diesem Bilde, so die prachtvollen Putten im Vordergrunde, bemerkenswert genug, auch wenn es im ganzen nicht entfernt an eine ?hnliche Sch?pfung des gleichen Jahres heranreichen kann, wie sie in den ,,Waffen des Mars" vor unsere Augen tritt . Das k?nstlerische Merkmal dieser Arbeit ist ihre wundervolle Geschlossenheit und die Sch?nheit der Linien, der kr?ftige Strich der Akte. Venus scheint sich zum Auszug des Kriegsgottes zu schm?cken, Putten schleppen die Waffen herbei. Des K?nstlers Sohn Thomas h?lt das breite Schwert in seinen Kinderf?usten. Eitel Glanz und Fr?hlingsahnen weben auf dem Bilde, und der Reiz dieser Stimmung wird noch durch die im Hintergrunde angedeutete Landschaft erh?ht. -- Diesem Werke ist aus dem gleichen Jahre das prachtvolle Selbstbildnis in R?stung anzuschliessen, das unter dem Titel ,,Der Sieger" bekannt geworden und hier farbig wiedergegeben ist . Ernst, ja fast missmutig schaut der K?nstler hier den Betrachter an, als gelte es eine nahe Entscheidung. An seine Brust gelehnt steht vor ihm, mit dem Lorbeerkranz des kommenden Sieges im Arm, eine bl?hend sch?ne Frau, die die Z?ge der Gattin tr?gt. Sie ist in ein loses Gewand geh?llt, in dem wenige blaue, gelbe und gr?ne T?ne wie der Glanz eines ?ppigen Emails schillern, und gibt die B?ste frei. Als gelte es diesen kostbaren Besitz gegen irgendeinen unsichtbaren Feind zu verteidigen, hat der Ritter die erzgepanzerte Faust auf ihre Schulter gelegt, w?hrend seine Linke die Lanze entschlossen umfasst h?lt. Wundervoll geschlossen aber steht diese Gruppe vor dem br?unlichhellen Hintergrund wie ein Symbol, dessen Bedeutung man nur von ungef?hr err?t. Malerisch ist hier jeder Ton in eine bezwingende Gesamtharmonie eingebettet, die dieses Werk zu einem der besten aus dem reichen Schaffen des Meisters stempelt. -- Besonders vielsagend wirkt gegen?ber der psychologischen Note des zuletzt genannten Gem?ldes ein zweites ?hnliches Selbstbildnis in R?stung, das dem Jahre 1911 entstammt und unter dem Titel der ,,Fahnentr?ger" hier abgebildet ist . Fast will es scheinen, als sei das Werk wenige Stunden oder Tage nach dem ,,Sieger" entstanden; denn der psychologische Moment zeigt im ganzen eine bewusste Steigerung dem ersterw?hnten Bilde gegen?ber, das weniger eine Heimkehr des Siegers, als einen Auszug zum Kampf zu verk?rpern scheint. Anders der ,,Fahnentr?ger". Das ist der vom Schlachtfeld heimgekehrte K?mpfer, der das siegreiche Banner ?ber der Schulter tr?gt und mit trotzigem Selbstgef?hl nach vollbrachter Tat den vom Helm befreiten Sch?del dem Betrachter weist. Und als wenn auch in der Malerei jenes frohlockende Siegesbewusstsein h?tte zum Ausdruck kommen sollen, spielen weisse Glanzlichter auf dem bl?ulichen Stahl der R?stung. Hier atmet der Trotz des mittelalterlichen Rittertums, aber mehr noch vielleicht der viel k?stlichere Trotz eines Meisters, der der Welt und der Mode der Zeit niemals Konzessionen gemacht hat. Hier begegnet uns Lovis Corinth auf der H?he seines Lebens als der furchtlose Typ seines Geschlechtes, als urgermanische Vollkraft, als z?her Trotz und verhaltene Energie. Hier hat sich die Pers?nlichkeit in ihrem eigensten Wesen belauscht, in einer jener gl?cklichen Minuten, wo er ganz er selbst gewesen ist. Vielleicht mag man darum mit Recht gerade dieses Selbstportr?t das menschlich sympathischste nennen, wie es k?nstlerisch fraglos eine der gelungensten Sch?pfungen darstellt. ,,Sieger" und ,,Fahnentr?ger" aber stehen als Ausdruck der Pers?nlichkeit innerlich unbedingt nebeneinander, weil sie sich psychologisch erg?nzen und den inneren Menschen von zwei verschiedenen Seiten erkennen lassen. Im ?brigen sind gerade die beiden Jahre, in denen die zuletzt erw?hnten Werke entstanden, von einer Produktionsfreudigkeit sondergleichen erf?llt gewesen. Was bildlich an dieser Stelle daher von dem reichen Schaffen sonst mitgeteilt wird, gibt immer nur wenige Stichproben. So mag die fast ganz skizzenhaft behandelte Darstellung des ,,Heiligen Michael" mehr als Vorstudie zu einer gr?sseren, nicht ausgef?hrten Komposition von Wert sein, wie sie technisch eine auf ?usserste Knappheit der Mittel reduzierte Handschrift verr?t . Was Corinth im Sinne eines reinen Impressionismus kann, lehrt vielleicht am sinnf?lligsten ein Blick auf die kostbare ,,Ansicht der Elbe bei Altona", die er in Lichtwarks Auftrag f?r die Kunsthalle in Hamburg gemalt hat . Wie von einer hohen Warte aus ist hier das buntbewegte Elbpanorama mit wenigen Farben festgehalten, und bei allem Eingehen aufs Detail ist doch gerade diesem Bilde, als einem in dieser Zeit seltenen Beispiel f?r die Landschaftskunst des Meisters, eine bezwingende malerische Geschlossenheit eigen. Es geh?rt in die Reihe jener Sch?pfungen, auf denen der neue Geist unseres technisch-industriellen Zeitalters zu Worte gekommen ist. Bis weit an den fernen Horizont schweift der Blick des Beschauers ?ber die von Dampfern und Seglern bewegten Wasserfl?chen, ?ber die Schlote der Fabriken am Ufer. Vor allem aber verlangt gerade an dieser Stelle die bisher nur fl?chtig ber?hrte Stillebenmalerei, der sich Corinth ?berhaupt erst seit 1910 nachhaltiger zugewandt hat, nach eingehender Er?rterung. Drei grosse Stilleben aus dem Jahre 1911 sind diesem Buche als Proben dieses Stoffgebietes beigef?gt, allen voran das farbig wiedergegebene Rosenstilleben . F?r Corinth bedeutet Stilleben Malerei an sich. Hier verlangt die k?nstlerische Interpretation Eingehen auf die Wesensart der Pflanzen und Blumen und eine im ganzen ausgeglichene Gesamtharmonie, aus der heraus die Gegenst?nde ihr durch Licht und Atmosph?re bedingtes h?heres Leben gewinnen. Aber so sehr man auch vor jedem dieser Stilleben die Liebe empfindet, mit der der Meister die Arbeit seines Pinsels, oft auch des Spachtels, jeder Einzelerscheinung untergeordnet hat, so ?berzeugend gross ist immer der Gesamteindruck solcher Kompositionen. An die Wand geh?ngt, sind diese Bilder Inbegriff der in Buntheit spr?henden Gottesnatur, strahlender Sonnenglanz, der den Blumen ihre k?stliche Pracht verleiht. Hin und wieder hat der Meister auch derartige Themen erweitert, ganz im Geiste der Holl?nder Fig?rliches hinzugenommen oder gar die Fr?chte und Blumen um Wildbret und Gl?ser bereichert, wie wir es auf dem grossen Stilleben mit weiblicher Figur sehen . Auch das dritte hier wiedergegebene Stilleben variiert das Thema sehr merklich, indem es vor einem Bl?tenkranz von Zweigen ?ppige Fr?chte, Trauben, ?pfel, Pfirsiche u. a. aufbaut . Aber immer spricht aus solchen, rein aus der Freude am Malerischen heraus entstandenen Bildern der Vollblutinstinkt eines geborenen Meisters der Farbe, und auch hier spiegelt sich etwas von der ?ppigen Daseinsfreudigkeit wider, die das Zeichen des gesamten Corinthschen Schaffens ist. Wie ?berlegen der Meister aber im Laufe der Zeit alle technischen Mittel zu beherrschen gelernt hat, das erkennt man vielleicht nirgends besser als hier, wo jedes malerische Sehen in die Sprache der Farbe umgesetzt ist. An dieser Stelle mag endlich noch aus den zahlreichen Arbeiten des Jahres 1911 ein Bild herausgegriffen werden, das zweifellos im Rahmen der bisher immer nur sp?rlich gepflegten Landschaftsmalerei unseres K?nstlers eine besondere Stellung beanspruchen darf. Es ist der grosse ,,Wasserfall", den Corinth nach einem Motiv des Gr?dnertals bei Bozen gemalt hat . Man hat die Empfindung, als habe der K?nstler dies Bild nicht so sehr seiner Gesamterscheinung wegen gemalt, sondern vielmehr um der Einzelheiten willen. Wie die Felsbl?cke inmitten des tosenden Elementes gesehen und herausgemeisselt sind, wie die ganze Natur einen Zug ins Monumentale bekommt, wie hier an entlegener Stelle etwas dramatisch Ungest?mes widerklingt, das geht weniger auf Kosten des Motives als auf die pers?nliche k?nstlerische Art seiner malerischen Bew?ltigung. Ein diesen Zeilen eingestreutes Bildnis zeigt den Meister nach einer Photographie vor der Staffelei sitzend an dem fr?her erw?hnten ,,Heiligen Michael" arbeitend . Es ist vor jener schweren Krankheit aufgenommen, der der Meister gegen Ende des Jahres 1911 anheimfiel und die ihm f?r einige Monate Pinsel und Palette aus der Hand genommen hat. Aber kaum halb genesen, hat er seine Arbeit neu begonnen und inzwischen um ein weiteres Jahrzehnt fortgef?hrt. Fast noch auf dem Krankenbette sind einige der hier dem Text eingef?gten k?stlichen Zeichnungen entstanden. Als er Genesung suchend an der Riviera, in Bordighera, unter der Pflege der Gattin weilte und sp?ter den Sommer 1912 in Bernried am Starnberger See verbrachte, ist er unausgesetzt t?tig gewesen, getrieben von einer Schaffensfreudigkeit, die geradezu wundernimmt. An der Riviera entstand z. B. jene einzige ,,Meeresstimmung", auf der das bewegte Element mit h?chster technischer Bravour gestaltet wurde , w?hrend ?hnlich eine Reihe prachtvoller, zum Teil mit farbigen Stiften hingeschriebener Studien die Erinnerung an diesen Aufenthalt an der italienischen K?ste noch vertiefen . So die in Tusche hingesetzte Frauenhand, vor der man an Rembrandtsche Studien denken m?chte , so auch die Lithographie mit der auf dem Stuhl sitzenden Frau, wo im Hintergrunde mit wenigen Strichen der s?dliche Schauplatz angedeutet ist . Das sind nur wenige Beispiele f?r die hohe Wertsch?tzung, die man auch den zeichnerischen Arbeiten unseres Meisters zuteil werden lassen muss, die leider nur sp?rlich diesen Text durchflechten k?nnen. Man sehe aus dieser Zeit z. B. den M?nnerakt , wie gross erscheint hier allein die Herrschaft ?ber die Anatomie des K?rpers. Hunderte solcher Zeichnungen sind im Laufe der Jahre entstanden und zum grossen Teil in den Besitz von Sammlern ?bergegangen. F?r das Verst?ndnis Corinthscher Kunst sind solche Skizzen nicht zu umgehen. Sie haben aber noch den besonderen Vorzug, dass sie gewissermassen f?r sich immer auch die malerische Produktion erkl?rend vertiefen und dass sie besonders wichtig sind, wenn man an die unerh?rte Fruchtbarkeit denkt, die Corinth vornehmlich im letzten Jahrzehnt als Graphiker entfaltet hat. Gerade das Jahr, das unmittelbar auf die schwere Erkrankung folgte, ist von einer erstaunlichen Schaffensfreudigkeit erf?llt gewesen, und technisch sind gerade die Arbeiten dieser Zeit in mancher Hinsicht von denen der fr?heren Epoche verschieden. Wir erleben eine Steigerung im Malerischen, einen Ausdruck h?chster Farbigkeit, dem manchmal selbst die Konzentration der Form geopfert wird. Wuchtig und breit werden die Pinselstriche auf die Leinwand hingesetzt. Es ist, als wenn die Kraft des K?nstlers alle Lichter seines reich bewegten Innenlebens auch auf diese Bilder ?bertr?gt. Dass der Meister auch das rein Formale sicher beherrscht, beweist schlagend die hier abgebildete Szene ,,Das Paradies" . Zu dieser lebensgrossen Sch?pfung gibt es eine kleine Vorstudie, die der Meister dem Schreiber dieser Zeilen als seinem ,,l. Biographen" gewidmet hat, und wenn das Lob des eigenen Besitzes gerade an dieser Stelle gestattet sei, dann darf gesagt werden, dass jene vielleicht nur in wenigen Minuten auf die Leinwand hingeworfene Skizze alles an sprudelndem Reichtum der Phantasie, an einer grossartigen malerischen Verve enth?lt, was auf der kartonartigen, monumental gedachten Vergr?sserung der Mittelgruppe gar nicht ?hnlich in Erscheinung tritt . Dieser skizzenhafte, aber darum gerade so urspr?nglich behandelte Entwurf eines mit allen Mitteln jener nie versagenden k?nstlerischen Phantasie gef?gten szenischen Vorganges ist f?r die Kunst unseres Meisters vielleicht wie kaum eine zweite Arbeit ?hnlich charakteristisch. ?ber einem niedrigen H?gel im Hintergrunde geht die Sonne auf. Links stehen Flamingos mit langgestreckten H?lsen, nach Nahrung suchend, im Wasser. Dahinter ein weiter Ausblick auf einen neuen, von Tieren belebten See. Ganz im Vordergrunde sieht man zwischen Adam und Eva, von denen der erstere fast geblendet vom Glanz dieser Fr?hmorgenstimmung die H?nde ?ber die Augen h?lt, um in die Weite zu sp?hen, zwei Rehe, und rechts und links traben Wolf und Elefant heran , w?hrend rechts, ganz im Vordergrunde, ein Tiger seine Glieder im nassen Tau der Wiese reckt und in den Zweigen Affen ihr munteres Spiel treiben. Wie der Glanz des Lichtes, das auf dem H?gel im Hintergrund in feurigen B?ndeln entz?ndet ist, die Erscheinung der Lebewesen -- Mensch und Tier -- malerisch h?ht, wie es die Umrisse der K?rper weich und aufsaugend modelliert und wie das Ganze wirklich nur mit wenigen Pinselstrichen hingeschrieben worden ist, das ist von h?chster impressionistischer Meisterschaft. Die in der endg?ltigen Ausf?hrung ?berlebensgross und monumental behandelte Mittelgruppe hat die genannte Studie ins Dekorativ-Erhabene gesteigert und besitzt vornehmlich in der ?berlegenen Durchbildung des Anatomisch-Zeichnerischen ihre Hauptvorz?ge. Aber interessant gerade in einem solchen Falle der Gegensatz zwischen dem urspr?nglich Gesehenen und seiner endlichen Verk?rperung, weil er wie von selbst auch den Blick in die eigentliche Werkstatt des Schaffenden ?ffnet. ? ? ? Add to tbrJar First Page Next Page Prev Page |
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