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Munafa ebook

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Read Ebook: Der Sagenkreis der Nibelungen by Holz Georg

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Ebook has 799 lines and 54444 words, and 16 pages

Das Hauptereignis, der Untergang der Niflunge durch Atli samt Gudruns Rache, wird erz?hlt in den beiden Liedern von Atli, die parallel nebeneinander herlaufen, einem ?ltern und einem j?ngern ; sie geben beide dieselbe Darstellung, denselben Inhalt, dieselbe Szenerie wieder.

Damit ist die Sage, soweit sie der deutschen ?berlieferung im Norden parallel geht, zu Ende. Seltsamerweise ist im Norden die Erz?hlung noch um eine Stufe weiter gef?hrt: Gudrun verheiratet sich zum drittenmal, und um ihre Schicksale in dieser dritten Ehe drehen sich die beiden letzten Gedichte der Sammlung: Gudruns Aufreizung und die Spr?che von Hamdir ; Hamdir ist einer ihrer S?hne aus dritter Ehe.

Es fehlt nun noch eine Br?cke ?ber die L?cke; diese bietet uns eine Prosaerz?hlung, die auch noch im 13. Jahrhundert entstanden ist, und die unsere Liedersammlung in vollst?ndiger Gestalt benutzt hat. Die Erz?hlung f?hrt den Titel: Volsungasaga, die Erz?hlung von den Wolsungen. Sie ist kein selbst?ndiges Buch, sondern nur der erste Teil und die Einleitung zu einem weiter folgenden Hauptteil, der Ragnars Saga Lodbrokar . Die Absicht des ganzen Werkes ist, den im 13. Jahrhundert regierenden norwegischen K?nigen, die sich als Nachkommen des Ragnar Lodbrok ansahen, dadurch, dass dieser zu einem Schwiegersohne Sigurds gemacht, Sigurd seinerseits aber bis auf die alten Heideng?tter zur?ckgef?hrt wird, g?ttlichen Ursprung beizulegen. So setzt die Volsungasaga damit ein, dass sie erz?hlt, wie ein Sohn des Gottes Odin, namens Sigi, eine Herrschaft auf Erden gewinnt. Von ihm springt die Erz?hlung auf seinen Sohn Rerir und von Rerir auf dessen Sohn Volsung, denjenigen, der den Geschlechtsnamen zuerst f?hrt und damit bekundet, dass mit ihm die alte Sage ?berhaupt erst anhebt. Was vorausgeht, ist erst, um die Verbindung mit dem Gotte herzustellen, hinzugedichtet. Von Volsung und seinen S?hnen, deren bedeutendster Sigmund heisst, erz?hlt nun die Volsungasaga eine h?chst altert?mliche und grausige Geschichte, die, obgleich sie mit der von Sigurd nur ?usserlich in Beziehung steht, von Wagner f?r seine Darstellung der Nibelungensage stark ausgenutzt ist. An sie schliesst sich die Erz?hlung von Sigurd, dem Sohne Sigmunds, und es folgt die gesamte Sage im Anschluss an die vorhin besprochene Liedersammlung, so zwar, dass die L?cke, die in jener vorliegt, hier vollst?ndig f?r uns ausgef?llt ist. Der Sagaschreiber verf?hrt so naiv, dass er die Lieder einfach in Prosa umschreibt. Er denkt nicht daran, die notwendigerweise existierenden Widerspr?che zwischen den einzelnen Liedern auszugleichen. Wenn zwei Lieder hintereinander stehen, die dieselbe Geschichte behandeln, die einander also in der Prosaerz?hlung eigentlich ausschliessen, erz?hlt er dieselbe Sache ruhig zweimal. -- Das ist die eigentliche nordische ?berlieferung, die im wesentlichen schriftlich niedergelegt worden ist im 13. Jahrhundert, obgleich sie nat?rlich auf wesentlich ?ltern Quellen beruht. Ausserdem ist in die nordische Olafs Saga Tryggvasonar auch ein St?ck unserer Liedersammlung aufgenommen und kann uns infolgedessen als Kontrolle dienen.

In Deutschland haben eigent?mlicherweise diejenigen, die sicherlich die Kunde von den Ereignissen der Nachwelt ?bermittelt haben, die Franken, nichts Direktes f?r die poetische oder schriftliche Darstellung der Sage getan. Wir finden im 10. Jahrhundert, also etwa hundert Jahre nach der Wikingerzeit, eine Spur, dass die Sage vom Niederrhein nach Bayern gelangt ist, nicht auf dem Wege der volkst?mlichen Erz?hlung, sondern, wie es scheint, einheitlich, indem ein fahrender Mann, der die Kenntnis der Geschichte besass, sie dahin gebracht und dem Bischof Pilgrim von Passau, der damals in Bayern eine grosse Rolle spielte , vorgetragen hat; der Bischof soll sie dann in lateinischer Sprache durch seinen Schreiber Konrad haben aufzeichnen lassen. Diese Nachricht ist uns ?berliefert durch eine sp?tere hochdeutsche Dichtung, die Klage, die zwar nicht ohne weiteres glaubw?rdig ist, von der man aber nicht einsieht, wie sie zur Erfindung der Notiz h?tte kommen k?nnen. So ist denn die Nibelungensage sp?testens im 10. Jahrhundert vom Niederrhein nach Oberdeutschland verpflanzt worden und hier in ein Gebiet geraten, in dem eine andere Sage bereits die Alleinherrschaft hat und den Volksgeist und die Volksphantasie vollst?ndig beherrscht und erf?llt; es ist dies die gotische Dietrichsage, die in Bayern zu Hause ist, und die auch durch die Nibelungensage dort nicht hat verdunkelt werden k?nnen. Zwischen der gotischen Dietrichsage und der Nibelungensage, wie sie von den Franken her?berkommt, besteht nun ein eigenartiges ?usseres Band. In beiden spielt von Haus aus auf Grund der Geschichte der Hunnenk?nig Attila eine wesentliche Rolle. Damit ist nat?rlich f?r die Menschen des 10.-12. Jahrhunderts erwiesen, dass die beiden Erz?hlungen gleichzeitig sind und in einem gewissen Zusammenhange stehen; so tritt denn in Oberdeutschland die Nibelungensage als Episode in die Dietrichsage ein. Das hat nicht verhindert, dass gerade die Nibelungensage im 12. Jahrhundert als Stoff eines grossen Gedichtes, des einzigen, das wenigstens den Versuch macht, die ganze Erz?hlung abschliessend zu behandeln, verwendet worden ist; das ist unser Nibelungenlied oder, wie sein urspr?nglicher Titel heisst, ,,der Nibelunge Not". Sein Verfasser ist ein ritterlicher S?nger, ein Angeh?riger der obern St?nde; nachdem im 12. Jahrhundert die Kulturverh?ltnisse sich soweit gehoben haben, dass der Ritterstand selbst literarisch t?tig ist, arbeiten im Westen und besonders im Nordwesten Deutschlands die ritterlichen Dichter auf Grund modischer, fremder, gew?hnlich franz?sischer Vorlagen; den Angeh?rigen des S?dostens waren solche weniger zug?nglich; so griff der Dichter der Nibelunge Not in die Tiefe der Volks?berlieferung und nahm aus ihr einen einheimischen Stoff heraus und herauf. Das ist die Stellung des Nibelungenliedes in der Geschichte der deutschen Literatur.

So wie das Lied uns ?berliefert ist, ist es nicht ohne weiteres als Werk jenes Mannes zu betrachten. Die Beurteilung dieser ?berlieferung ist ganz besonders schwierig; das Originalgedicht besitzen wir ganz bestimmt nicht mehr. Doch war das Lied, wie es uns noch vorliegt, zu Anfang des 13. Jahrhunderts vorhanden, denn Wolfram von Eschenbach zitiert es in seinem Parzival.

,,Der Nibelunge Not" ist ein literarischer Erfolg allerersten Ranges gewesen. Denn von dem Augenblick an, wo das Gedicht existiert, schiessen Gedichte der gleichen Stoffklasse in gleicher Form wie Pilze aus dem Boden; bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts beherrschte die deutsche Heldensage einen grossen Teil des literarischen Interesses S?ddeutschlands. Im Laufe dieser Zeit tritt allerdings dieser Stoff allm?hlich mehr und mehr in die zweite Linie zur?ck, eine nat?rliche Folge der st?ndigen Schwankungen und Wellen des literarischen Geschmacks. Andere, weniger urw?chsige Stoffe wurden jetzt bevorzugt; das Lied war f?r die vornehmen St?nde nicht vornehm genug, f?r die untern St?nde wiederum aber noch zu fein. So geriet es allm?hlich in Vergessenheit und wurde ungef?hr ums Jahr 1500 abgel?st durch eine eigenartige, wenig k?nstlerische Dichtung, das ,,Lied vom H?rnen Seifrid". Es geht nicht einfach auf das Nibelungenlied zur?ck, sondern hat manche Besonderheiten, und darin besteht seine Bedeutung f?r die Sagenforschung. Aber sein dichterischer Wert ist gleich Null. Dass Seifrid hier ,,h?rnen" heisst, will besagen: er hat eine durch Drachenblut wie Horn geh?rtete Haut. Der H?rnen Seifrid ist uns nun schon gar nicht mehr handschriftlich erhalten. Er tritt erst in die Literaturgeschichte ein, nachdem der Buchdruck schon vorhanden ist: um 1500 tritt er auf, etwa ein Jahrhundert lang wird er wiederholt aufgelegt; schliesslich liefert das Gedicht den Stoff zu dem in eigenartiger Weise modernisierten und eigentlich verballhornten Volksbuche vom ,,geh?rnten Siegfried", das mit modischen, halb lateinischen, halb franz?sischen Floskeln verbr?mt ist. Aus dem ,,H?rnen Seifried" ist ein ,,geh?rnter" Siegfried geworden. Es ist in der Tat gemeint, dass er H?rner auf dem Kopfe tr?gt; ein vollst?ndiges Missverstehen des alten Beinamens. Das Volksbuch ist im wesentlichen w?hrend des 18. Jahrhunderts lebendig, doch nur in den untersten Kreisen des Volkes. Es ist in bezug auf seinen Sagengehalt nichts weiter als eine Ausgestaltung des H?rnen Seifried, also f?r eine Untersuchung der ?lteren Sagenform ohne Belang.

Der deutsche Zweig der Entwicklung unserer Sage ist im 13. Jahrhundert auf literarischem Wege in Skandinavien eingef?hrt worden, und zwar durch einen Norweger, der zum n?rdlichen Deutschland innige Beziehungen hatte. Er nennt als seine Gew?hrsm?nner Leute aus Bremen, M?nster und Soest, also aus St?dten, in denen damals der Handel besonders mit Skandinavien bl?hte. Sein Werk umfasst das ganze Gebiet der deutschen Heldensage, in erster Linie also die Dietrichsage, von den Ahnen Dietrichs beginnend bis auf seine Entf?hrung durch ein schwarzes H?llenross. Innerhalb dieses Rahmens ist auch die Nibelungensage erz?hlt, und zwar in deutscher Form, in einer Form, die zu unserm Nibelungenliede in n?chster Beziehung steht, so zwar, dass wir nicht etwa nur anzunehmen brauchen, sie beruhe auf denselben Erz?hlungen, sondern es muss, wenigstens stellenweise, ein und dieselbe Dichtung beiden zugrunde liegen. Ob etwa das Nibelungenlied selbst vom Verfasser dieses Buches benutzt worden ist, mag vorl?ufig dahingestellt bleiben. Der Titel des Werkes ist ,,Thidrikssaga Konungs af Bern", die Erz?hlung von K?nig Dietrich von Bern. Dieser, der ja der Hauptheld der s?ddeutschen Sage ist, ist hier der Mittelpunkt des deutschen Heldenzeitalters. Um ihn gruppiert sich alles, an ihn schliesst sich auch die Nibelungensage an; denn er ist in dem grossen Nibelungenkampfe derjenige, der den Ausschlag gibt, der allein in der Lage ist, die Nibelunge zu ?berwinden. Wie uns die Thidrikssaga erhalten ist, ist sie nicht einheitlich, sondern es haben mehrere H?nde ihre jetzige Gestalt bewirkt. Immerhin ist sie eine wundervolle Quelle, die vollst?ndigste Quelle unserer deutschen Heldensage ?berhaupt. Sie hat begreiflicherweise manche Nachdichtung auf nordischem Boden hervorgerufen; solche sind f?r die Erkenntnis der ?ltern Sagenform ebenso belanglos wie das deutsche Volksbuch.

Form, Inhalt und Kritik der nordischen ?berlieferung.

Die nordische Gestalt der Nibelungensage hat viel Altert?mliches bewahrt; in vielen Dingen ist sie sicher wesentlich altert?mlicher als die deutsche. Eine einheitliche Darstellung im strengen Sinne ist im Norden nicht zustande gekommen. Wir besitzen nur Lieder und Bruchst?cke, notd?rftige Zusammenstoppelungen der letztern und die scheinbare Gesamterz?hlung der Volsungasaga, die sich aber Schritt f?r Schritt an die Liedersammlung anklammert.

Die Dichtungen selbst sind, soweit sie uns erhalten sind, noch in der Weise altgermanischer Poesie abgefasst, d. h. sie weisen den stabreimenden Vers auf. Dieser tritt in den nordischen Liedern in der Hauptsache in drei Formen auf. Die gew?hnlichste Art ist die ,,~fornyrdislag~" genannte. Sie besteht darin, dass die gew?hnlichen alten, vier Haupthebungen aufweisenden Langverse zu in der Regel vierversigen Strophen verbunden werden; oft sind die Strophen verschieden lang, so dass die Verse durch die betreffende Dichtung im Grunde genommen glatt durchlaufen. Der Vers selbst besteht immer aus zwei Teilen, die durch einen Einschnitt getrennt sind. Innerhalb jedes Teiles stehen zwei haupttonige Silben . Die erste Hebung des zweiten Teiles ist die wichtigste; sie gibt den Stabreim an. Mit ihr muss eine oder d?rfen beide des ersten Teiles durch Stabreim gebunden sein, z. B. Kurzes Sigurdslied, Strophe 1:

Die zweite verh?ltnism?ssig selten vorkommende Form ist der sogenannte M?lah?ttr ; ihre Besonderheit besteht darin, dass die einzelnen Halbverse etwas l?nger sind als beim Fornyrdislag, im allgemeinen um eine Silbe. In der deutschen ?bersetzung hat Gering dies dadurch wiedergegeben, dass er die Halbzeilen dreihebig macht, z. B. Atlakvida, Strophe 28:

Das dritte Metrum, Lj?dah?ttr genannt, ist ein lyrisches, offenbar zum Gesang bestimmtes. Es besteht darin, dass auf einen Langvers, der dem im Fornyrdislag ?blichen im wesentlichen gleich ist, ein einschnittloser Vers von drei Hebungen folgt und mit ihm ein Ganzes bildet; in der Regel sind zwei solcher Verspaare zu einer Strophe vereinigt, z. B. Reginsm?l, Strophe 1:

Der Stabreim besteht darin, dass der Anlaut der h?chstbetonten Silben gleich ist; es ist nur n?tig, dass der erste Laut alliteriert, mit folgenden Ausnahmen: 1. alle vokalisch anlautenden Silben k?nnen miteinander reimen, weil der Germane keinen Vokal anders als mit einem festen Ansatz ausspricht, den wir auch in der heutigen deutschen Sprache noch h?ren k?nnen: also Worte wie ,,alt" und ,,ewig" klingen reimend an f?r den Stabreim; 2. die mit folgenden p, t und ch eng verbundenen s k?nnen nur mit ebenso verbundenen gereimt werden, z. B. ,,sprechen" mit ,,Sper", aber nicht mit ,,schiessen", dies mit ,,schreien", aber nicht mit ,,sitzen" usw. Im ?brigen ist jeder einzelne Laut allein ausreichend.

Soviel ?ber die poetische Form; die Mehrzahl der nordischen Denkm?ler ist allerdings in Prosa abgefasst, Verse bilden immerhin die Ausnahme.

Den Inhalt der nordischen Sagenform kennen wir am vollst?ndigsten aus der Volsungasaga. Sie hat die Erz?hlung bis auf den alten Hauptgott der Germanen selbst zur?ckgef?hrt; Odin steht an der Spitze des Geschlechtes der Wolsunge. Im Norden ist, da das Heidentum sehr viel l?nger lebendig blieb als in Deutschland, die G?tterlehre sehr viel weiter ausgebildet, und sind die G?tter sehr viel pers?nlicher geworden; in Deutschland wissen wir von ihnen so gut wie nichts; sie sind hier wesenlose Schemen. Odin ist der Vater des Sigi, der als ein K?nig auf Erden herrscht, von seinem Vater eingesetzt. Sein Enkel Wolsung ist der eigentliche Ahnherr des Geschlechtes der Wolsunge; dass er selbst den Geschlechtsnamen f?hrt, ist im Grunde ein Versehen der nordischen ?berlieferung, das uns ein altenglisches Zeugnis beseitigen hilft: im Gedichte Beowulf, dem ?ltesten Epos in germanischer Sprache, heisst derselbe Mann nicht Wolsung, sondern bloss Waels. Diese Form ist zweifellos die richtige; sie gibt den eigentlichen Personennamen. Wolsung, mit der Endung -ung abgeleitet, ist der Geschlechtsname, zu vergleichen mit Amelungen, Merowingern, Karolingern, Nibelungen usw.; ein Wolsung ist ein Nachkomme des Wals; diese Bildungsweise der Geschlechtsnamen ist gut germanisch.

Wolsung hat zehn S?hne und eine Tochter, namens Signy. Um diese wirbt ein K?nig Siggeir und erh?lt sie auch zur Frau. Auf der Hochzeit der beiden erscheint ein Mann in blauem Mantel, den Hut ins Gesicht hereingezogen, so dass man nur ein Auge sieht, st?sst in den Baumstamm, der mitten in der K?nigshalle steht, ein Schwert und bestimmt es demjenigen, der imstande ist, es wieder herauszuziehen. Der Mann ist seiner Schilderung nach nat?rlich Odin, der h?chste Gott, der in dieser Gestalt auf der Erde wandernd gedacht wurde. Die Hochzeitsg?ste, vor allen Siggeir, der junge Gemahl, versuchen das Schwert herauszuziehen. Keinem gelingt es; erst als Sigmund, der ?lteste Sohn Wolsungs, zugreift, liegt das Schwert vor ihm, als ob es gar nicht festgesteckt h?tte. Siggeir bietet ihm Gold f?r das Schwert, er aber beh?lt es f?r sich.

Siggeir scheidet in ?rger von der Familie seiner Frau und denkt auf Rache. Nach einiger Zeit ladet er den Schwiegervater und seine S?hne zu sich ein. Sie kommen trotz der Warnung der Signy und werden unmittelbar, nachdem sie im Gautenlande angekommen sind, ?berfallen, der alte K?nig Wolsung get?tet, seine S?hne gefangen; in der Gefangenschaft kommen sie nach und nach alle um, mit Ausnahme Sigmunds, der durch eine List der Signy am Leben erhalten wird und entflieht. Er lebt in der Wildnis und sinnt auf Rache, vermag sie aber noch nicht durchzuf?hren.

Signy ist in einer eigenartigen Lage: sie ist die Schwester des R?chers und die Gattin desjenigen, gegen den die Rache geplant ist, ger?t also in einen Konflikt der Pflichten. Als die Signy-Sigmund-Geschichte gedichtet wurde, galt durchaus noch die alte Anschauung, dass Blutsverwandtschaft dem Gattenverh?ltnis unbedingt vorgeht, dass also Signy ebenso zur Rache f?r Wolsung und ihre Br?der verpflichtet ist, wie Sigmund. Signy versucht sogar ihre eigenen, dem Siggeir gebotenen S?hne, die doch auch Wolsungs Enkel sind, zur Rache zu verwenden und schickt sie zu Sigmund in den Wald hinaus, damit dieser sie auf ihre Heldenhaftigkeit pr?fe. Sie erweisen sich aber als Memmen, weil sie zur H?lfte vom Stamme Siggeirs sind und keine vollb?rtigen Wolsunge. Sigmund t?tet sie im Einverst?ndnis mit Signy ohne weiteres, diese aber entschliesst sich zu einem ganz eigenartigen Schritt: sie tauscht mit einem andern Weibe die Gestalt und lebt dann eine Zeitlang unerkannt bei ihrem Bruder, um nach eingetretener Empf?ngnis wieder zur?ckzukehren. Der Sohn, den sie gebiert, der den Namen Sinfjotli tr?gt, ist infolgedessen ein Wolsung von Vater- und von Mutterseite und vollwertig zur Rache. Auch er wird hinaus zu Sigmund geschickt, von ihm gepr?ft und sofort als Held erfunden. Darauf schleichen sich Sigmund und Sinfjotli in die Halle Siggeirs ein, werden jedoch entdeckt und festgesetzt. In der Gefangenschaft aber reicht ihnen Signy das Wunderschwert zu, um das der Streit entbrannt war. Mit dem Schwerte s?gen sich Sigmund und Sinfjotli aus den Mauern ihres Kerkers, t?ten den Siggeir und brennen die Halle nieder. Die Rache ist vollendet. Signy verbrennt sich in den Flammen des brennenden Hauses zur S?hne f?r ihre Teilnahme an derselben.

Sigmund aber kehrt in seine Heimat zur?ck, verm?hlt sich mit einer d?nischen F?rstin, namens Borghild, und wird dadurch d?nischer K?nig. Diese Borghild hat in der Sage recht wenig Bedeutung; sie bedeutet f?r die Komposition unserer Erz?hlung nur, dass Sinfjotli, der in ihren sp?teren Teilen keine Stelle mehr hat, herausgebracht wird. Sie hasst den Stiefsohn und vergiftet ihn schliesslich. Sinfjotli ist damit aus der Erz?hlung ausgeschieden, und Borghild entbehrlich: Sigmund verst?sst sie.

An die Sigmund-Borghild-Episode ankn?pfend hat ein nordischer Dichter eine in Deutschland ganz unbekannte Sage d?nischen Ursprungs angeschlossen: die Geschichte von Helgi dem Hundingst?ter. Dieser gilt f?r einen Sohn des Sigmund und der Borghild. Seine Taten und Schicksale stehen nur in ganz loser Beziehung zu unserer Sage. Der von Helgi get?tete Hunding gilt als Vater des K?nigs Lyngvi, gegen den Sigmund gefallen ist -- eine chronologisch fast unm?gliche Auffassung.

Sigmund geht an eine zweite Ehe. Obgleich nunmehr schon bejahrt, wirbt er doch um eine junge F?rstin, die den Namen Hjordis f?hrt . Gleichzeitig wirbt um diese Hjordis ein K?nig Lyngvi. Obgleich er j?nger ist wie Sigmund, w?hlt sie doch den Alten, weil er der ber?hmtere ist, und folgt ihm als Gattin. Lyngvi zieht zur Rache gegen ihn zu Felde. Es kommt zu einer Schlacht, in der Sigmund wie immer das un?berwindliche Gottesschwert schwingt; im entscheidenden Moment aber tritt ihm Odin selbst entgegen und h?lt seinen Speer gegen das Schwert: es zerspringt, und Lyngvi kann Sigmund t?dlich verwunden. Er kommt aber nicht zu seinem Ziele, denn er findet die versteckte Hjordis nicht und zieht ohne sie ab. Hjordis sucht ihrerseits auf dem Schlachtfelde den todwunden Gatten auf und erh?lt von ihm, bevor er stirbt, die Bruchst?cke des Schwertes, um sie dem zu erwartenden Sohne aufzubewahren.

Irgendwie motiviert ist in der Erz?hlung das Auftreten des Gottes Odin nicht: er schenkt das Schwert, ebenso wie er es sp?ter zum Springen bringt, ohne Grund. Irgendwelche tiefern religi?sen Ideen darf man nicht darin suchen, auch nicht das, was man gemeinhin einen Mythus nennt. Es ist nichts weiter darin zu finden als ein Bild: Odin ist der Gott des Sieges; Sigmund ist im wichtigsten Teile seines Lebens als un?berwindlicher, siegreicher Held gedacht, er geniesst also die Gunst des Sieggottes, er hat ein von diesem ihm geschenktes Schwert. Schliesslich f?llt er doch in der Schlacht; also muss ihm der Gott selbst den Sieg entzogen haben; warum er dies getan hat, danach hat man bei einem Gotte nicht zu fragen.

Hjordis wurde mit ihrer Begleitung kurz nach dem Tode ihres Gatten von Seer?ubern entf?hrt. An ihrer Spitze stand Alf, der Sohn des K?nigs Hjalprik von D?nemark. Alf fand Gefallen an der Witwe und verm?hlte sich mit ihr, nachdem sie den Sigurd, den Sohn Sigmunds, geboren hatte; so wurde Sigurd erzogen am Hofe des K?nigs von D?nemark -- nach der Auffassung einer sp?tern nordischen Dichtung. Damit aber h?ren die Beziehungen Sigurds zum d?nischen K?nigshofe so gut wie ganz auf. Ausser seinem Stiefvater hat Sigurd noch einen Pflegevater, den Regin, einen Mann verh?ltnism?ssig niederer Herkunft. Die Doppelheit des Stiefvaters und Pflegevaters zu gleicher Zeit und scheinbar auch am gleichen Orte w?re zur Not zu verstehen. Nicht zu verstehen aber ist, dass der Stiefvater in D?nemark lebt, der Pflegevater dagegen, wie sich gleich aus dem folgenden ergibt, in Deutschland am Rheine lebend gedacht wird. Wir sehen hier, dass die Darstellung Spr?nge hat, dass ?ltere und j?ngere Schichten ?bereinander liegen; der ?ltern geh?rt hier der Pflegevater Regin am Rheine an. Der Umstand, dass Sigurd, der sp?ter ein grosser Held wird, unter ?rmlichen Verh?ltnissen aufgewachsen sein soll, hat die sp?tern, verfeinerten Geschlechter gest?rt; man hat ihm deshalb einen Stiefvater aus k?niglichem Blute gegeben, so dass eine dementsprechende k?nigliche Erziehung m?glich war.

Regin ist, wie gesagt, ein Mann vergleichsweise niederer Herkunft. Er versucht den Sigurd, nachdem er herangewachsen ist, in seinem eigenen Interesse auszunutzen; zu diesem Zwecke erz?hlt er ihm seine Schicksale und damit verbunden die Herkunft des grossen Schatzes, den er beansprucht, den aber ein Drache h?tet.

Nach dieser Erz?hlung war der Vater des Regin und noch zweier Br?der, die die Namen Fafnir und Otr f?hren, ein Bauer namens Hreidmar. Die S?hne hatten die F?higkeit, beliebig Tiergestalt anzunehmen. Es ist das eine Erscheinung ?hnlich dem Gestaltentausch der Signy.

Eines Tages ziehen nun drei G?tter, Odin, H?nir und Loki auf Erden umher in menschlicher Gestalt. An einem Wasserfall sehen sie einen Fischotter einen Fisch schmausen. Loki t?tet durch einen Steinwurf den Fischotter und zieht ihm den Balg ab. Mit dieser Beute kehren sie dann bei dem Bauern Hreidmar ein; dieser erkennt an dem Otterfell, dass sein Sohn Otr hat das Leben lassen m?ssen. Er setzt infolgedessen die drei G?tter gefangen und legt ihnen die Mordbusse f?r den Sohn auf: der Otterbalg soll mit Gold ausgef?llt werden, bis er auf seinen vier Beinen wieder stehen kann, und dann auch mit Gold ?berzogen werden, bis das letzte H?rchen verschwunden ist. Darauf wird einer der G?tter, Loki, beurlaubt, um das n?tige L?segeld herbeizuschaffen. Er kommt wieder an den Wasserfall, wo, wie er weiss, ein Zwerg, namens Andvari, lebt, der grosse Sch?tze hat und sich oft in Hechtgestalt im Wasser aufh?lt. Loki f?ngt diesen Hecht, und nun muss sich Andvari durch Herausgabe seines Reichtums l?sen. Er gibt verh?ltnism?ssig rasch alles heraus bis auf einen Ring, der in der Folge unter dem Namen Andvaranaut eine wichtige Rolle spielt; da Loki auch diesen nimmt, das letzte, was Andvari hat, belegt der Zwerg den Ring mit einem furchtbaren Fluche, der darauf hinzielt, dass alle die, die ihn sp?ter besitzen werden, vom Fluche betroffen zugrunde gehen. Mit der gewonnenen Beute wandert Loki zu Hreidmar und ?bergibt das Gold Odin. Dieser f?llt den Balg aus und ?berkleidet seine Aussenseite, beh?lt aber den Ring vorl?ufig zur?ck. Hreidmar sieht sich die Mordbusse an und erkl?rt schliesslich, dass noch ein Schnurrbarthaar des Otters durchscheine; das m?sse noch bedeckt werden, dann sei die Sache in Ordnung. Darauf erst gibt Odin den unheilbringenden Ring noch hinzu, und die G?tter sind gel?st. Sofort aber beginnt der Fluch zu wirken: die beiden andern S?hne Hreidmars fordern Anteil an der Busse; da er das verweigert, erschlagen ihn seine S?hne und geraten nun untereinander in Zwist. Fafnir verjagt Regin, beh?lt den ganzen Schatz f?r sich und h?tet ihn nun in einer H?hle auf der Gnitaheide. Hier liegt er von nun an in Drachengestalt auf dem Schatze.

Regins Bestreben ist nun, Fafnir zu t?ten und damit den Schatz zu gewinnen; zu diesem Zwecke will er sich Sigurds bedienen. Sigurd verlangt dazu zun?chst ein Schwert. Die Schwerter, die Regin selbst schmiedet, sind ihm alle nicht gut genug; sie versagen bei der Probe. Daraufhin begibt sich Sigurd zu seiner Mutter und erh?lt von ihr die St?cke des Gottesschwertes, das der Vater gef?hrt hat. Regin schweisst sie wieder zusammen. Dies Schwert besteht jede Probe. Es wird im Rhein erprobt, indem im langsam fliessenden Wasser gegen die Sch?rfe des Schwertes eine Wollflocke entgegentreibt; sie wird glatt durchschnitten. Das Schwert wird f?r gut erkl?rt, und nun verlangt Regin die T?tung des Drachens. Sigurd aber denkt zun?chst an etwas anderes, was in der nordischen Sagengestalt unvermeidlich ist, aber zweifellos nicht urspr?nglich zu unserer Darstellung geh?rt: er denkt an Vaterrache. Er muss seinen gefallenen Vater Sigmund an Lyngvi r?chen. So zieht er denn zun?chst mit Heeresmacht, die er nat?rlich von seinem Stiefvater Alf erhalten hat, gegen Lyngvi und f?ngt und t?tet ihn. Dann erst, nachdem die Vaterrache gelungen ist, macht sich Sigurd an die T?tung Fafnirs. Er kundschaftet seine H?hle aus, gr?bt eine Grube, setzt sich hinein und ersticht ihn von unten, w?hrend jener ?ber ihn hinwegschreitet. Die nordische Dichtung bringt nunmehr ein langes Zwiegespr?ch zwischen dem sterbenden Drachen und Sigurd; gerade in solche Momente lange, meist auf die Zukunft hinausdeutende Erz?hlungen einzulegen, ist im Norden nicht unbeliebt, erscheint uns freilich ungeschickt und unbegreiflich.

Dann stirbt der Drache, Regin begr?sst den Sigurd, bittet ihn, ihm das Herz des Drachens zu braten und legt sich einstweilen zur Ruhe. Sigurd geht an diese kleine Arbeit und versucht nach einiger Zeit, ob das Herz wohl gar ist, indem er es mit den Fingern anfasst; dabei verbrennt er sich und steckt die Finger rasch in den Mund. Dar?ber kommt etwas Drachenblut an seine Zunge, und er versteht pl?tzlich, was die V?gel in den B?umen ?ber ihm reden. So erf?hrt er denn von ihnen, dass Regin darauf denkt, wie er Sigurd beseitigen kann, teils um seine Rachegel?ste zu befriedigen, -- denn er hat gewissermassen die Verpflichtung, seinen Bruder Fafnir zu r?chen, -- teils um den Hort f?r sich zu gewinnen. Daraufhin t?tet Sigurd den Regin. Durch die V?gel erf?hrt er weiter von dem Dasein des Schatzes und wird hingewiesen auf eine Jungfrau, zu der ihn zun?chst sein Weg f?hren soll. Mit dem Schatze beladen zieht er ab und kommt nach einiger Zeit an eine H?he, die den Namen Hindarfjall f?hrt. Die Erz?hlung f?hrt w?rtlich fort : ,,Sigurd ritt hinauf nach Hindarfjall, und seine Absicht war es, gen S?den nach dem Frankenlande zu ziehen. Auf dem Berge sah er ein helles Licht, als ob Feuer darauf brannte, und der Schein leuchtete zum Himmel empor. Als er aber n?her kam, stand dort eine Schildburg, und ?ber ihr wehte ein Banner. Sigurd ging in die Schildburg und erblickte darin einen Mann, der in voller R?stung da lag und schlief." Es brennt also kein Feuer, sondern die gl?nzenden Schilde, die zu einer Art von Zaun zusammengestellt sind -- das ist die Schildburg --, leuchten in der Sonne, so dass es von weitem aussieht, als br?nnte ein Feuer. Ein wirkliches Feuer aber ist hier in der ?berlieferung nicht gemeint. Es ist das wesentlich f?r die Auffassung eines bestimmten Zugs unserer Sage. Der schlafende Mann wird von Sigurd erweckt; er schneidet ihm den Panzer auf und erkennt nun, dass er ein Weib vor sich hat. Das Weib erwacht und erz?hlt ihm ihre Schicksale. Sie heisst Brynhild und war fr?her eine Walk?re des Gottes Odin . Als einmal ein Kampf zwischen zwei K?nigen ausbrach, Hjalmgunnar und Agnar, da stand Odin auf Seite des erstern, des ?ltern und ber?hmtern. Niemand aber wollte dem Agnar helfen. Das unternahm nun gegen den Willen des Gottes die Walk?re Brynhild. Daf?r ist sie von Odin aus der Schar der Walk?ren ausgestossen, in Schlaf versenkt und zur Verm?hlung bestimmt worden. Sie aber hat vorher noch das Gel?bde getan, nur dem sich zu verm?hlen, der das F?rchten nicht kenne. Erweckt, gibt sie zun?chst dem Sigurd weise Lehren. Alsdann verloben sie sich miteinander. Sigurd aber nimmt Abschied, ohne dass die Ehe sofort vollzogen wird. Diese Unterlassung wird nicht begr?ndet, wie ?berhaupt die ganze Erz?hlung viel Seltsames hat und uns noch seltsamer anmutet, wenn wir unmittelbar hinterher von einer zweiten Begegnung Sigurds mit Brynhild erfahren, die so erz?hlt wird, als ob die erste gar nicht stattgefunden h?tte. Wir stehen allerdings jetzt in der L?cke des ~Codex regius~ und k?nnen nur die Volsungasaga benutzen, die f?r uns die L?cke ausf?llt. Nach ihr kommt Sigurd, nachdem er vom Hindenberge weggeritten ist, zu einem Helden, namens Heimir, der in Hlymdalir wohnt. Dieser Heimir hat einen Sohn Alsvinn, mit dem sich Sigurd befreundet. Sie jagen zusammen. Auf einer Jagd gelangt Sigurd im Walde auf einen einsamen Turm. Hier findet er Brynhild, wird mit ihr bekannt, wirbt um sie und wird nicht abgewiesen, obgleich sie Bedenken gegen die Werbung hat, denn sie sagt, sie w?re eine Schildmaid und tr?ge im Dienste von K?nigen die Waffen. Sie ist hier also kein ?bermenschliches, sondern ein rein menschliches M?dchen. Schildm?dchen, d. h. Frauen, die sich dem Kriegerberufe gewidmet haben, sind in der nordischen Tradition gar nichts seltenes, sind sogar auch in der altgermanischen Welt ?berhaupt nichts seltenes gewesen. Man erinnere sich ferner daran, dass schon die Griechen im Norden Europas die Amazonenv?lker, also kriegerische Frauen, kennen. -- Sigurd und Brynhild schw?ren einander Eide, und zwar, wie die Volsungasaga ganz naiv sagt, von neuem; die Verlobung wird also zweimal geschlossen. Selbstverst?ndlich haben wir hier zwei parallele Dichtungen, die nebeneinander stehen, die aber der Sagaschreiber einfach hintereinander erz?hlt. Die eine schliesst die andere aus. Welches die altert?mlichere ist, kann meines Erachtens nicht zweifelhaft sein: die zweite ist die ?ltere.

Das menschliche Schildm?dchen ist aus den altgermanischen Verh?ltnissen heraus ohne weiteres verst?ndlich; die zur Strafe unter die Menschen versetzte, urspr?nglich rein d?monische Walk?re setzt die ganze Entwicklung der speziell nordischen Form des germanischen G?tterglaubens notwendig voraus; die Walk?ren als Botinnen Odins und Gef?hrtinnen der seligen Helden k?nnen nicht ohne diese gedacht werden, letztere wieder nicht ohne die nordische Eschatologie, die ihrerseits bestimmt erst unter s?deurop?ischen Einfl?ssen zustande gekommen ist.

Nachdem Sigurd die Brynhild zum zweiten Male und ebenfalls ohne Angabe eines rechten Grundes verlassen hat, zieht er weiter und kommt an den Hof des K?nigs Gjuki. Gjuki ist die nordische Namensform des deutschen Gibich . K?nig Gjukis Volk wird im Norden entweder nicht oder als ,,Goten" benannt, eine Auffassung, die wohl damit zusammenh?ngt, dass man sich im Norden die eng mit den Goten verbundenen Hunnen in Norddeutschland wohnend dachte und Sigurd zu den Hunnen rechnete. Im allgemeinen wird Gjukis Geschlecht und dann auch sein Volk mit dem Namen der Nibelunge bezeichnet . Der Name Nibelunge ist im Norden ziemlich selten. Wo er vorkommt, bezeichnet er stets den K?nig Gjuki und seine Angeh?rigen. K?nig Gjuki hat eine Gattin Grimhild und mehrere Kinder, vor allen die S?hne Gunnar und Hogni und die Tochter Gudrun. Ausserdem erscheinen noch gelegentlich andere Kinder Gjukis, darunter ein Sohn Gudorm, der in der nordischen Sage zu besondern Zwecken verwandt wird und nicht auf gleicher Stufe mit seinen Geschwistern steht.

Am Hofe des K?nigs Gjuki erregt Sigurd grosses Aufsehen, so dass man beschliesst, ihn an sich zu fesseln. Als treibend tritt hierbei Grimhild, die Gattin Gjukis, auf . Sie gibt dem Sigurd einen Vergessenheitstrank, worauf er nicht mehr an Brynhild denkt, und r?t dann ihrem Manne, dem Sigurd die Tochter Gudrun zum Weibe anzubieten. Gjuki antwortet darauf, es sei nicht ?blich, dass man seine Tochter jemandem zum Weibe anbiete, aber doch noch ruhmvoller, sie Sigurd anzubieten, als wenn ein anderer k?me, um sie zu werben. Also die Wertsch?tzung Sigurds ist sehr gross. Sigurd verm?hlt sich darauf mit Gudrun und wird in die Familie aufgenommen durch die Formel des Blutsbundes. Gunnar, Hogni und Sigurd f?gen sich eine leichte Wunde zu, lassen das Blut in ihre gemeinsame Fussspur rinnen, vermischen es auf diese Weise und gelten nunmehr als Blutsverwandte, als wirkliche Br?der. Ein solcher Blutsbund ist heilig und hat alle rechtlichen Folgen echter Verwandtschaft.

Nach einiger Zeit beschliesst Gunnar, Gjukis Sohn und Sigurds Schwager, sich um Brynhild zu bewerben. Zu dieser Werbung ziehen aus Gunnar, Hogni und Sigurd. Sie holen sich zun?chst an den zust?ndigen Stellen die Einwilligung, erst bei K?nig Atli, dem Bruder der Brynhild, dann bei ihrem Pflegevater Heimir, bei dem Sigurd sie kennen gelernt hatte, und begeben sich dann zu ihr. Sie sitzt jetzt in einem Schlosse, das von wogendem Feuer umgeben ist. Gunnar versucht hindurchzureiten; sein Ross scheut zur?ck. Er bittet daraufhin zun?chst Sigurd um sein Pferd Grani und erh?lt es; aber unter Gunnar geht auch Grani nicht durchs Feuer. So tauscht denn schliesslich Sigurd mit Gunnar die Gestalt und reitet auf Grani in Gunnars Gestalt durch die Flammen. Drinnen sitzt Brynhild und ist gew?rtig , dass nur Sigurd es wagen werde, durch die Flammen zu reiten. Sie sieht aber, dass ein anderer kommt, der sich Gunnar nennt, und da er durch die Flammen geritten ist, also die erforderliche Bedingung erf?llt hat, so ergibt sie sich ruhig in ihr Schicksal. Sigurd in Gunnars Gestalt bleibt drei N?chte lang bei ihr, ohne sie jedoch zu ber?hren; vielmehr trennt ein blankes Schwert ihrer beider Lager. Dann folgt Brynhild dem Gunnar als Ehefrau, und eine Zeitlang leben die beiden jungen Paare neben Hogni und den ?brigen Familienmitgliedern zusammen in allem Frieden an demselben Hofe.

Da erhebt sich ein Streit zwischen den beiden K?niginnen Brynhild und Gudrun, und zwar um den Rang. Es sind ausserordentlich einfache Verh?ltnisse, die hier geschildert werden: obgleich k?nigliche Frauen, gehen sie doch in ganz volkst?mlicher Weise zusammen im Flusse baden. W?hrend des Badens ?ndert pl?tzlich Brynhild ihren Platz, indem sie ihre bisherige Stellung unterhalb der Gudrun mit einer oberhalb derselben vertauscht. Gudrun f?llt das auf; sie fragt, warum sie das t?te, worauf Brynhild erwidert, sie m?ge nicht mit dem Wasser baden, das von der Gudrun abgelaufen ist, weil sie die vornehmere sei. Gudrun sei die Gattin eines Knechtes, w?hrend Gunnar den Ritt durch die Flammen vollbracht habe. Gudrun, ?ber diese Vorw?rfe sehr erz?rnt, enth?llt das Geheimnis: nicht Gunnar, sondern Sigurd ist durch die Flammen geritten; der Mann, der dabei den Ring Andvaranaut gegeben hat , kann nur Sigurd gewesen sein. Brynhild ist ?ber diese Enth?llung sehr ungl?cklich, geht nach Hause und br?tet Rache.

Die Rolle, die der Ring als Beweisst?ck in dem Zanke der K?niginnen spielt, ist je nach der Einzelquelle verschieden gefasst, doch bleibt es sich tats?chlich gleich, ob im Augenblicke des Zankes Brynhild den Ring tr?gt, und Gudrun ihr sagt, ,,dieser Ring stammt doch aus Fafnirs Schatze, den kann dir nur Sigurd gegeben haben", oder ob Gudrun den Ring tr?gt und sagt ,,den Ring, den ich hier habe, den hat Sigurd dir damals abgenommen". Die Wirkung bleibt die gleiche.

Die Tatsache des dreit?gigen, wenn auch keuschen Beilagers von Sigurd und Brynhild wird nat?rlich in dem K?niginnenstreite verdreht und dazu benutzt, die Katastrophe herbeizuf?hren: Gudrun wirft der Brynhild vor, dass nicht Gunnar, sondern Sigurd ihr erster Mann gewesen sei. ?ber die Wirkung dieser Behauptung im einzelnen sind die nordischen Quellen nicht recht einig, vermutlich, weil wieder mehrere Parallelerz?hlungen, die sich gelegentlich widersprechen, nicht voll miteinander ausgeglichen sind. Das Urspr?ngliche scheint zu sein, dass Brynhild die falsche Behauptung aufnimmt und bewusst verlogen zugibt, dass Sigurd dem Gunnar in jenen kritischen N?chten die Treue nicht gewahrt habe. Dadurch gewinnt sie letztern f?r die Rache, die Ermordung Sigurds. Freilich sind Gunnar sowohl wie Hogni verm?ge des Blutbundes nicht in der Lage, die Rache pers?nlich auszuf?hren. Zu diesem Zwecke taucht nun jener dritte Sohn Gjukis, Gudorm, auf. Er wird als geeignetes Werkzeug zur Rache verwendet. Die Art, wie Sigurd von Gudorm get?tet wird, wird wieder in der verschiedensten Weise erz?hlt. Die nordischen Texte kennen drei Darstellungen von Sigurds Tode: nach der einen wird er ermordet w?hrend des Rittes zur Volksversammlung; nach der zweiten, ausdr?cklich als deutsch bezeichneten Darstellung wird er im Walde auf der Jagd ermordet, und nach der dritten Darstellung, die im kurzen Sigurdsliede vorliegt und von der Volsungasaga aufgenommen ist, wird er nachts im Bette schlafend ermordet, an der Seite seiner Gattin. Diese Darstellungen gehen zum Teil auf verschiedene Grundlagen zur?ck, zum Teil sind sie willk?rliche ?nderungen derselben.

Nach Sigurds Ermordung gibt Brynhild zu, dass er stets die Treue gehalten hat und unschuldig ermordet worden ist; sie l?sst sich mit ihm auf demselben Scheiterhaufen verbrennen. Gudrun aber nimmt nach einiger Zeit von ihren Angeh?rigen die Mordbusse f?r den erschlagenen Gatten an, und es f?hrt im Grunde von diesem Teile der Erz?hlung zu dem folgenden keine innere Br?cke. Dieser ist mit dem bisher betrachteten lediglich dadurch verbunden, dass dieselben Personen auftreten, nicht aber dadurch, dass die Handlung des zweiten Teiles mit der des ersten innerlich in Zusammenhang steht. Einen schwachen Versuch hat der Norden gemacht, einen Zusammenhang herzustellen, indem er Brynhild zu einer Schwester des K?nigs Atli, des demn?chst auftretenden zweiten Gatten Gudruns, gemacht und diesem damit die Pflicht auferlegt hat, diese Schwester zu r?chen.

Nachdem Gudrun eine Zeitlang bei ihren Verwandten gelebt hat, kommt der neue Werber, K?nig Atli, und Gudrun reicht ihm ihre Hand. Nachdem sie eine Zeitlang verheiratet sind, beschliesst Atli, ohne dass Gudrun dazu irgend etwas tut, die Niflunge zu vernichten, um einerseits -- das ist die nordische Zugabe -- seine Schwester Brynhild zu r?chen und andererseits -- das ist die eigentliche Hauptsache -- den grossen Hort zu gewinnen, der nach Sigurds Ermordung nat?rlich in den Besitz der Niflunge ?bergegangen ist. Er ladet die Niflunge freundlich, aber verr?terisch zu sich ein. Gudrun versucht sie zu warnen, aber ohne Erfolg. Gunnar und Hogni kommen mit m?ssigem Gefolge an den Hof des Atli. Den Hort haben sie, wie sich aus der folgenden Darstellung ergibt, vorher versteckt: sie haben ihn in den Rhein versenkt. Auch hier tritt der deutsche Strom, der Rhein, auf und zeigt, wo die Sage zun?chst heimisch war.

In Atlis Lande angekommen, werden Gunnar und Hogni von den Feinden ?berw?ltigt und gefangen. Atli richtet an Gunnar die Frage, ob er sein Leben durch Auslieferung des Hortes l?sen wolle. Er erkl?rt, erst m?sse er Hognis Herz als Beweis von dessen Tode sehen. Daraufhin wird Hogni get?tet und sein Herz dem Gunnar gebracht; nun ruft dieser aus, dass der reissende Rhein viel besser geeignet sei, den Schatz zu h?ten, als Atli und seine Leute. Gunnar wird in die Schlangengrube geworfen, erwehrt sich aber der Schlangen noch eine Zeitlang durch ein seltsames Mittel: da ihm die H?nde gefesselt sind, schl?gt er mit den F?ssen eine Harfe, die ihm seine Schwester Gudrun noch zugereicht hat, und schl?fert dadurch alle Schlangen ein bis auf eine, die ihn schliesslich ins Herz sticht.

Damit sind die Niflunge vom Schauplatz abgetreten, und der Gudrun, ihrer Schwester, als der letzten des Geschlechtes, f?llt die Pflicht der Rache zu; sie r?cht ihre Br?der an ihrem Gatten. Immer geht in der nordischen Anschauung die Blutsverwandtschaft der Ehegemeinschaft vor, ein besonders altert?mlicher Zug, der dieser Gestalt anhaftet. Die Rache setzt Gudrun ins Werk, indem sie ihre beiden, dem Atli geborenen S?hne schlachtet und ihm beim Festmahle vorsetzt; nachdem er vom Fleische seiner S?hne gegessen und ihre Hirnschalen als Becher benutzt hat, enth?llt sie ihm, was sie getan, und t?tet ihn selbst.

Der zweite Teil der Sage hat damit sein Ende erreicht; von den handelnden Personen ist Gudrun allein ?brig. Ein innerer Zusammenhang zwischen diesem zweiten Teile und dem ersten besteht, wie gesagt, nicht, denn der zweite Teil kann an sich allein vollkommen verstanden werden. Er ist keine innere Folge des ersten. In der nordischen ?berlieferung kommt aber noch ein dritter Teil hinzu, dessen Ankn?pfung uns h?chst seltsam anmuten muss: Gudrun versucht, sich das Leben zu nehmen, indem sie sich ins Meer st?rzt; allein die Wogen tragen sie und bringen sie an einen fremden Strand, wo sie aufgenommen wird und sich zum dritten Male verm?hlt. Der K?nig des Landes, Jonakr , nimmt sie zur Gattin, und sie hat bei ihm noch zwei oder drei S?hne . Diese heissen Hamdir, Sorli und Erp; nach der einen Tradition sind sie alle drei die S?hne Gudruns, nach der andern ist Erp ein Sohn Jonakrs von einer andern Mutter. Ausserdem wird am Hofe Jonakrs die nachgelassene Tochter des Sigurd und der Gudrun erzogen. Wie sie dahin gekommen ist, wird gar nicht erkl?rt. Sie f?hrt den Namen Svanhild.

Um sie wirbt ein schon bejahrter, aber m?chtiger und gewaltiger K?nig, Jormunrek, wie er im Norden heisst. Er ist der historische Gotenk?nig des 4. Jahrhunderts Ermanarich. Er sendet seinen Ratgeber Bikki und den bereits erwachsenen Sohn erster Ehe Randver die junge Braut einholen. Svanhild wird ihnen ?bergeben. Unterwegs f?ngt Bikki an, seine R?nke zu spinnen; er raunt dem jungen Paare, der Stiefmutter und dem Stiefsohne, zu, dass sie zueinander viel besser passten, als der alte K?nig zu der jungen Svanhild, und versucht auf diese Weise ein Verh?ltnis zwischen den beiden herbeizuf?hren, aber ohne Erfolg. Als die Braut am Hofe Jormunreks eingetroffen ist, berichtet Bikki dem K?nige das Verh?ltnis als Tatsache, und dieser r?cht sich, indem er seinen Sohn erh?ngen und Svanhild von wilden Pferden zertreten l?sst.

So erw?chst der Gudrun wiederum die Pflicht der Rache f?r ihre n?chste Verwandtschaft. Sie reizt ihre S?hne dritter Ehe auf, die Rache zu vollziehen; diese lassen sich auch dazu bereit finden und machen sich auf den Weg. Unterwegs geraten sie miteinander in Streit, und Erp wird von den beiden andern erschlagen. Als sie dann am Hofe Jormunreks erscheinen, greifen sie den K?nig an und verwunden ihn, indem der eine ihm die H?nde, der andere die F?sse abschl?gt. Dem Erp aber war nach der etwas merkw?rdigen Auffassung dieser Dichtung zugedacht, das Haupt des K?nigs abzuschlagen; da Erp nun fehlt, wird Jormunrek also nur verwundet, aber nicht get?tet. Er hat noch die n?tigen Kr?fte, sich zu r?chen, indem er seine Mannen aufruft: ,,T?tet die Fremden mit Steinw?rfen." So fallen Hamdir und Sorli durch die Goten; damit hat die nordische Form der Nibelungensage ihr letztes Ende erreicht.

Gudrun, die Hauptfigur, die durch alle drei Teile der eigentlichen Nibelungensage, ungerechnet die Vorgeschichte, hindurchgeht, ist noch am Leben. Wo sie hingekommen, was aus ihr geworden, wird nicht erz?hlt; nur das Gedicht von ,,Gudruns Aufreizung" deutet an, dass sie schliesslich freiwillig den Flammentod suchen wird.

Die nordische Form der Nibelungensage hat noch eine Erweiterung erfahren durch die Geschichte der Aslaug, der bei Heimir aufwachsenden Tochter Sigurds und der Brynhild; die Annahme, dass dies Paar eine Tochter gezeugt habe, ist zwar dem Geiste der alten Sage zweifellos zuwider, doch nicht so sehr, wie es uns auf den ersten Blick scheint: Aslaug ist eine Frucht der fr?hern Bekanntschaft ihrer Eltern, hat also nichts zu tun mit der Pflicht der Treue, die Sigurd dem Gunnar bei Gewinnung der Brynhild schuldig ist. Heimir bef?rchtet f?r Aslaug nach dem Tode ihrer Eltern Nachstellungen und entflieht mit dem Kinde in Verkleidung; unterwegs wird er von einem Bauernehepaare, bei dem er eingekehrt ist, ermordet, und Aslaug w?chst nun in niedriger Umgebung auf. Als Jungfrau erregt sie die Liebe des K?nigs Ragnar Lodbrok, der auf einer seiner Wikingsfahrten in die Gegend, wo sie lebt, gelangt ist, wird seine Gemahlin und gebiert ihm eine stattliche Reihe S?hne, unter ihnen den Sigurd ~ormr ? auga~ , der zum Beweise seiner Herkunft vom Drachent?ter das Bild des Fafnir auf der Hornhaut seines Auges tr?gt; seine Tochter heisst wiederum Aslaug und ist die Urgrossmutter des Harald Harfagri, ersten Alleinherrschers in Norwegen . Die ganze Erz?hlung zielt, wie vorhin schon bemerkt wurde, darauf ab, die norwegischen K?nige als Nachkommen der Volsunge zu erweisen; der Name Aslaug ist offenbar von der gleichnamigen j?ngern auf Brynhilds Tochter ?bertragen.

Schon aus der einfachen Erz?hlung der nordischen Sagenform d?rfte sich ergeben haben, wie wenig klar die ganze Darstellung ist. Wir d?rfen diese Unklarheit aber nicht etwa einem einzelnen Manne, einem Dichter der ganzen Sage, in die Schuhe schieben, sondern wir m?ssen uns gegenw?rtig halten, dass wir hier keine geschlossene ?berlieferung vor uns haben, sondern uns lediglich eine Reihe von Einzelgedichten ?berliefert ist, von denen jedes f?r sich seine besondere Selbst?ndigkeit hat und seine eigene W?rdigung erfordert. Die einzelnen Dichter in sich sind in der Regel geschickt und geschlossen; aber der eine hat die Erz?hlung so, der andere so aufgefasst und durchgef?hrt.

Eine ?lteste Gestalt der Sage aus diesen ziemlich stark auseinanderklaffenden St?cken herauszufinden, w?rde wohl kaum m?glich sein, wenn wir nicht neben der nordischen ?berlieferung noch die ganz selbst?ndige deutsche ?berlieferung h?tten, die sich von der nordischen getrennt hat im 9. Jahrhundert, als die Wikinger den deutschen Stoff vom untern Rheine nach dem Norden verpflanzten.

Form, Inhalt und Kritik der deutschen ?berlieferung.

~a~) Der Nibelunge Lied.

In Deutschland ist uns nun die Sage in allererster Linie erhalten in unserm Nibelungenliede. Das Nibelungenlied ist ein ritterliches Epos, in der ?ltesten Form entstanden im 12. Jahrhundert. Es steht also dem Zeitpunkte, da sich der deutsche ?berlieferungszweig vom nordischen trennte, dem 9. Jahrhundert, schon ziemlich fern und hat bereits stofflich eine weitere Entwickelung durchgemacht. Der Stoff war, ehe der Nibelungendichter daran ging, sein Werk zu gestalten, bereits sehr stark ver?ndert. Selbstverst?ndlich hat nun auch unser Dichter noch alles m?gliche Neue hinzugef?gt und den alten Stoff nach vielen Seiten hin erg?nzt oder auch verk?rzt.

Das Lied, das uns in mehreren Handschriften erhalten ist, und von dessen weiter Verbreitung ausserdem eine grosse Anzahl Bruchst?cke anderer Handschriften zeugen, ist in eine eigenartige Form gegossen. Obgleich ein grosses Epos, ein langes erz?hlendes Gedicht, benutzt es doch keinen glatt durchlaufenden epischen Vers, sondern es liegt uns vor in einer der Ballade nahekommenden Form. Es ist n?mlich abgefasst in Strophen, die, verh?ltnism?ssig wenig umfangreich, dem Dichter h?ufig beschr?nkende Fesseln anlegen. Bald ist die Strophe zu kurz, den gegebenen Stoff in sich aufzunehmen, bald zu lang, einen einfachen Gedanken kurz darzustellen. Oft bleibt dann in ihr noch Platz f?r etwas anderes, etwa f?r den Anfang eines neuen Gedankens. Der Dichter ist bei dieser formalen Schwierigkeit vor die Frage gestellt: soll er den noch freien Raum der vorliegenden Strophe dazu benutzen, einen neuen Gedanken anzufangen, der dann in der Strophe nicht aufgeht, sondern in die n?chste ?bergreift und damit die strophische Gliederung zerst?rt, oder soll er den Rest mit leeren Redensarten ausf?llen? Beides kommt ziemlich h?ufig vor. Das hat die Gelehrten, die sich mit dem Nibelungenliede besch?ftigt haben, lange Zeit sehr gest?rt; dass der Grund der vielen vorkommenden leeren vierten Zeilen lediglich der ist, dass die Strophenform eben entweder zu kurz oder zu lang f?r die geschlossene Darstellung eines Gedankens ist, hat man erst verh?ltnism?ssig sp?t erkannt.

Die Nibelungenstrophe besteht aus vier paarig gereimten Langversen, so dass also der erste mit dem zweiten, der dritte mit dem vierten durch Reim gebunden ist. Die drei ersten Verse sind einander gleich, und zwar haben sie vor dem Abschnitt, der in die Mitte des Verses f?llt, vier Hebungen, nach dem Abschnitt drei Hebungen; die vierte Zeile aber hat vor und nach dem Abschnitt je vier Hebungen. Die vierten Hebungen vor dem Abschnitte d?rfen durch klingende Ausg?nge vertreten werden. Als Beispiel setze ich Strophe 924 des Textes ~C~ hierher und bezeichne die Hebungen:

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