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Munafa ebook

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Read Ebook: Kapellendorf by Hoechstetter Sophie

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Ebook has 1407 lines and 69924 words, and 29 pages

Sophie Hoechstetter

Kapellendorf

Kapellendorf

Roman

von

Sophie Hoechstetter

M?nchen u. Leipzig

bei Georg M?ller

Erste Jugend.

Dort, wo immer der Wind weht, ein z?rtlicher Sommerwind, der den Thymian ber?hrt und heisse Luftwellen ?ber das reifende Korn streifen l?sst, dort, wo Herbst- und Fr?hlingsst?rme die Melodie von Fernweh und Heimweh singen und die einzigen T?ne des Lebens zu bringen scheinen -- in der weiten Flurhochebene alten weimarischen Landes liegt die Wasserburg Kapellendorf.

Ein fr?her Barockbau von f?rstlicher Gr?sse steht geborgen hinter dem Wassergraben. Noch ?ber dem hohen Hause erhebt sich in gerader Einfachheit die Kemenate. Auf der andern Seite schaut der Normannenturm ins Dorf. Vor dem Tor beschatten Pappeln den Weg. Im Burghof schmiegen sich Linden an die Schlossmauern.

In dem kleinen verfallenen Mauerg?rtlein vor der Kemenate sassen an einem Vorfr?hlingsabend zwei Kinder. Man liess der F?nfzehnj?hrigen und dem Burschen Klemens dies gl?ckliche Vorrecht gern. Niemand war daran gelegen, ihre Entwicklung zu beschleunigen. Ihnen beiden schien in ihren innersten Gedanken das Erwachsensein f?r sie selbst wie eine Art von Erniedrigung. Sie hatten es im Instinkt, dass junge Unmittelbarkeit besser ist als die Weisheit derer, die sie verloren.

Klemens rauchte. Nicht, weil es m?nnlich war, sondern weil es ihm so gut schmeckte wie ?pfel und Birnen. Die gab es noch nicht. Er bot Leonore eine Zigarette an -- das Dutzend kostete einen Groschen und die Fr?hlingsluft verwehte ihre Bitterkeit bald.

,,So vor der Konfirmation, es ist ja dumm, das weiss ich. Aber die Grosseltern f?nden es gewiss ungut."

,,Du bist doch kein Fr?ulein, Leonore, und der Pastor pafft den ganzen Tag. Als ob es was anderes w?re, Zigaretten zu rauchen als Kaffee zu trinken. Borniert einfach."

Leonore nahm eine Zigarette. Erstens liebte sie sie ebenso wie ?pfel und Birnen, zweitens konnte sie nicht wohl ihrem Freunde sagen, dass sie nicht immer der Konfirmation und der Religion so ?berlegen war wie in den Gespr?chen mit ihm.

,,Dankmar ist wirklich nett, dass er mit dem Vetter nach Weimar ging. Er langweilt sich doch zum Sterben dabei."

,,Ach, Dankmar. Den haben wir doch gern. Der ist viel ritterlicher als du, Klemens. Da geht er mit diesem uns?glichen Menschen, mit diesem Frauenzimmer von einem Gymnasiasten. Es h?tte doch viel besser gepasst, wenn der statt meiner ein M?dchen geworden w?re."

,,Ja, Leonore, es ist schade, dass du ein M?dchen bist. Musst einmal heiraten und so -- das ist wirklich schade um dich."

,,Zum Heiraten werden doch nur die Prinzessinnen gezwungen, Klemens."

,,Aber weisst du, wenn die M?dchen ein gewisses Alter haben, dann ist es nicht h?bsch, sie bleiben ohne Mann. Weil man ihnen doch die Beweggr?nde daf?r nicht ansieht. Viele m?gen das mit den kleinen Kindern nicht, das ist begreiflich, v?llig begreiflich. Ich m?chte es auch nicht."

,,Meinst du vielleicht, alte Junggesellen sind netter als alte Jungfern?"

,,Dar?ber habe ich mich noch nicht besonnen; wenn ich einmal alt bin, m?chte ich wohl S?hne haben."

,,Wenn nur die Konfirmation vorbei w?re; weisst du, der hiesige Pastor, der sagt immer in seiner Rede: ,Und ihr, meine Teuern, denen sich nun die Pforten der Jugend geschlossen haben, meine lieben Jungfrauen, denkt nicht, der Reichtum und die Ehe seien das wahre Gl?ck.' Das muss man sich so stillschweigend sagen lassen. Als ob man das vom Leben wollte -- Geld -- Geld -- einen Mann -- na."

,,Er sagt es zu den Landm?dchen. Vielleicht ist es da n?tig, obwohl sie doch tun, was sie m?gen. Aber ich finde es g?nzlich inopportun, dass man dich von so einem Pfarrer konfirmieren l?sst." Der junge Landwirt war noch nicht lange vom Gymnasium fort und liebte Worte der Bildung.

,,Ja, weisst du, wir m?ssen R?cksichten auf die andern Leute nehmen. Doch sag mal, Klemens, wenn du schon heiraten m?sstest, w?rdest du da mich heiraten? Ich meine, sehe ich aus wie eine, die mal geheiratet sein will?"

,,Aber beh?te, nein. Kein bisschen. Und das ist doch sehr einfach: Wir w?rden einander doch nie heiraten. Ich denke es mir entsetzlich zwangvoll, jemand zu heiraten. Dann schon eine ganz Fremde vor der man sich sowieso geniert. Da geht es dann in einem. Nun stell dir bloss vor, ich gehe weg, wenn du konfirmiert wirst; nein das halt ich nicht aus, wenn du zur Beichte gehen sollst und so. Denk bloss, all das Feierliche. Nein, das k?nnten wir doch unm?glich miteinander haben. Wir k?nnten nie mehr einander gern haben, wenn wir so eine Kom?die aufgef?hrt h?tten."

,,Du bist auch verpflichtet, jemand zu heiraten, der es gern will."

,,Wieso?"

,,Nun, als Kavalier verpflichtet. Das geh?rt sich. Wenn ich ein Mann w?re, ich w?rde allen den Hof machen, allen, die beiseite stehen. Weisst du, die Frauen sind so, die w?nschen sich das. Sie sind meist so arm. Ich kann mir doch noch eine Zigarette nehmen -- ja, die Frauen m?ssen das haben, sonst kommen sie sich h?sslich und armselig vor. Das tut einem doch leid. Das verstehst du noch gar nicht. Du m?sstest viel mehr Kavalier gegen Charlottchen sein."

,,Gegen die Tante?"

,,Die Tante -- die Tante. Sag doch lieber gleich die Muhme, die Ahne. Sobald ich konfirmiert bin, nenne ich sie Cousine."

,,Und die Grossmutter nennst du dann wohl dein Enkelein?"

,,Du tust so unwissend. ,Grossmama' klingt sehr sch?n. Das ist wie -- nun ja, unsere Wasserburg w?rden wir auch nicht eine Villa heissen. Eine Grossmutter ist eine K?nigin. Aber eine Tante? Das scheint mir gerade, als nennte ich sie eine Kammerjungfer. Es ist w?rdelos. Frauen m?ssen Jugend oder W?rde haben ..."

Klemens fragte ein wenig ?ngstlich: ,,Leonore, m?ssen wir nun hinein zu dem Onkel?"

,,Ach, der fragt gl?cklicherweise nicht viel nach uns, und bald reist er wieder. Sag mal, Klemens, wie kommen denn wir zu solchen Verwandten? Der Onkel, der f?rbt seinen Bart und sein Haar. Das sieht man, so pechschwarze Haare gibt es gar nicht."

,,Er ist Ire, da gibt es das vielleicht."

,,Nein, er f?rbt sie. Mir graut es vor dem, ich mag gar nicht essen, wenn er mit am Tisch sitzt. Die Grosseltern, die sehen nicht so, wie das ist. Wie den nur eine Tante von uns heiraten mochte?"

,,Ja -- und besonders, da sie zuerst einen andern lieb gehabt hat."

,,Woher weisst du denn das?"

,,Von Papa. Der andere war ein Findelkind, das haben die Grosseltern erzogen. Als der Findling Student war, hat er die Tante lieb gehabt. Sie kam aber in eine englische Pension, und da hat sie, glaube ich, auf dem Schiff den Onkel Warren kennen gelernt, den sie dann heiratete. Da war der Student sehr b?se und hat sich recht undankbar gegen die Grosseltern benommen, und dann ist er fort."

,,Hat dir das dein Papa so ohne weiteres erz?hlt?"

,,Bewahre. Einmal, da sang Papa ein paar Verse."

,,Dein Vater singt?" fragte Leonore erschrocken.

,,Du meinst wohl Chor?le und Psalmen?

Mein Vater singt sch?ne, leise Lieder und spielt auf der Gitarre dazu. Nun, da war einmal ein fremdes Lied -- ich habe es wieder vergessen, obwohl es mir so gefiel. Ich fragte, von wem das Lied sei, und da sagte Papa, ein Pflegebruder von ihm h?tte es gemacht. Es war ein ganzes Buch voll Verse da, als er fort in die Welt ging. Sie haben nie mehr von ihm geh?rt; aber das Buch m?sse wohl noch hier irgendwo liegen, meinte Papa."

,,Dann werden wir es auch finden. Ich suche morgen. Vielleicht haben wir der unbekannten und verstorbenen Tante ihren schlechten Geschmack zu entschuldigen. -- Was sagen wir nun, wenn dieser Enterich von einem Vetter uns fragt, wo wir gewesen sind. Er dachte doch, ich h?tte Stunden."

,,Wir mussten uns von dem geistreichen Umgang erholen," sprach der ?konomiepraktikant. ,,Weisst du, womit mich heute der Vetter George unterhalten hat? Von den Sch?nheiten der griechischen Sprache. Er ist witzig, auf Ehre. Denn die Sch?nheiten der griechischen Sprache haben mich von dem Gymnasium erl?st. H?tte ich sie begriffen, so m?sste ich heute noch Penn?ler sein ..."

,,Kinder, wo findet man euch denn?"

,,Hier, Dankmar." -- Ein junger Mensch kam raschen Schritts. Er hatte den Kopf voll brauner Locken wie ein L?tzowj?ger. -- ,,Wie war es denn, Dankmar?"

Dankmar Kurtzen setzte sich auf einen Mauerstein. ,,Euer Vetter hat mich gefragt, ob ich ein wirklicher Graf sei. Ob ich im ~Almanach de Gotha~ st?nde. Sonst haben wir nichts geredet. Meint ihr vielleicht, ich gebe mein sch?chternes Verh?ltnis zur englischen Sprache preis? Und noch eine Neuigkeit, Kinder -- n?chstens kommt eure Cousine Clemence. F?r mehrere Monate. Nun m?ssen wir alle repr?sentieren lernen."

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