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Munafa ebook

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Read Ebook: Rupertsweiler Leut by Straub Harriet

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Ebook has 64 lines and 13785 words, and 2 pages

,,Ja, G?tti, lasset Ihr mi denn rede, wenn i's verz?hle soll, muss i doch vom Afang afange, suscht wisset Ihr wieder nit, wo Ihr dra seid," lachte nun 's Resi. ,,I hab gar nit g'wusst, dass i so a schwatzhafts Weiberst?ck bin," brummte die Lenebas halb ?rgerlich, ,,also verz?hl halt, un fang meintswege beim Adam im Paradies a, i bin schtill, aber mach au, dass de fertig wirsch vor d'Str?weli fertig sin, i riech scho der Anke." ,,Also schau," fing nun 's Resi an, ,,der Vater h?t doch gsait, er schlag mer d'Knoche im Leib z'samme, wenn er mi no amal sicht mit em Toni schw?tze." ,,O die siebemal g'scheite Mannsbilder die," fuhr die Lene dazwischen, schlug sich aber rasch auf den Mund, ,,i bin scho schtill, mach nur witersch." ,,Ja un derno h?t mer der Toni emol gsait, i soll doch au z'Nacht zu em uf der Spicher komme, er h?tt mer was Wichtigs z'sage." ,,Jo," nickte die Lene schmunzelnd, ,,sell wissemer, was d'verliebti Mannsl?t ime Maidle z'sage h?n Wichtigs." ,,O ganget," schmollte 's Resi, ,,Ihr wisset ganz gut, dass der Toni nix Unrechts nit will. Er h?t halt g'sehe, dass es mir schier 's Herz abdruckt, dass i au gar kei guts W?rtle meh mit em rede ka. Jo, und do hab i mer amal a Herz g'fasst, er h?t gsait, er wartet jedi Nacht uf mi, drobe im Heuschober. Wia ni d'Eltere amol au gar so fescht hab schnarche h?re, do bin i durch d'Kammere durchg'schlupft un zum Toni uf der Spicher." ,,Jo, un hesch do der heilig Joseph mit nuf g'nomme als Schutzpatron, oder wie isch der sunscht uf der Spicher komme, vo selber wird er doch nit nachg'wandelt si." ,,Jo, triebe nur Gschp?tt mit mer, Ihr werre glei sehe, dass do nix z'lache isch," und 's Resi fing an zu weinen. Die Lene klopfte ihr beruhigend den R?cken. ,,I halt scho 's Mul, Resi, de weisch jo, i mach halt gern mei Gschp?ssli; a guts Lache h?t mer scho mengis mol g'holfe, wenn i g'meint hab, der Himmel w?r ?ber mer eig'scht?rzt. Aber schau, i bin ganz grausig neugierig, wie der heilige Joseph uf euer Spicher ufikomme isch." 's Resi schluckte noch ein bissel, dann erz?hlte sie weiter. ,,Wie i amol z'ruck komme bin..." ,,I sag nix, aber i derf mi doch wundere, dass der Toni also in einere Nacht mit der wichtige Sach nit fertig wore isch. Resi, Resi!" und halb ernsthaft drohend hob die Lenebas den Finger. ,,Mer h?n uns au viel z'sage ghett; denk doch au, der ganz Tag h?n mer jo kei W?rtli mitenander rede d?rfe, jo, un do bin i amol ?bere Schtuhl g'scholpert in der Schlofstube. Der Vater isch verwacht un h?t glei g'rufe: ,Wer isch do?' I hab g'meint, d'Knie breche mer z'samme, so verschrocke bin i, un wie i g'merkt hab, dass er Licht mache will, da isch mer grad 's Herz schtill g'schtande un i hab nix gwusst als: jetzt isch's us, jetzt schlagt er mi tot un der Toni au. Un do han i, i ha schier nimmi g'wusst was i tua, do han i des Handtuch, was grad nebe mir an der Wand ghenkt isch, des han i mer ?ber de Kopf g'worfe, i han nit grad bitr?ge wolle, G?tti, aber schau, i han denkt, vielleicht verschreckt der Vater un i kan derweil i mei Kammere schlupfe." Ganz erstaunt unterbrach sich das Resi in ihrer eifrigen Erz?hlung, denn die Lenebas lachte hell auf, lachte, dass ihr die Tr?nen herunterliefen. ,,O du Dundersmaidli du," rief sie endlich, als sie wieder atmen konnte, ,,du Dundersmaidli, du bisch also des Gschpenst gsi, des der Walzebur so g'?rgert h?tt. Do isch er gsi un h?t uf unsere liebe Herrgott un alli heilige Schutzpatrone g'schumpfe, dass in seim ehrbare Hof so a armi Seel rumgeischtere soll. I han's em glei usrede wolle; weisch, bei mir w?rsch dodermit nit an d'Recht komme, i h?tt di am Schlafittli kriegt un nit ,Alli gute Geischter lobe Gott' bettet, i h?tt dir was andersch gsait. Aber der Walzebur h?t mer vu sinere Mannsbildg'scheidheit runter -- weisch, drei Kircht?rm h?her als mei eifache Wiberverschtand -- h?t er mer gsait: ,I ha's g'sehe, mit dene meine eigene Auge'. Derno hab i halt 's Mul g'halte un hab mer mei Teil denkt. No warsch's du nat?rli au, die d'Grossmagd so verschreckt h?t. Dei Mutter h?t mer's verz?hlt."

,,Jo," meinte 's Resi nun selber lachend, ,,weisch, die h?t ihr Nas immer gern in allem drin un h?tt mi immer gern scho usschpioniert; dass i der, i han ere nur 's F?rtuch im Vorbilaufe um der Kopf g'schlage, dass i der so a Schreck g'macht hab, des raut mi heut no nit." Die Lene murmelte wieder ein anerkennendes ,,Du Dundersmaidli du," und 's Resi war sehr erleichtert, dass die Patin die Sache so auffasste, aber ganz beruhigt war sie noch nicht. ,,Jo, aber G?tti, 's ?rgschst kommt noch," fing sie verzagt an. ,,H?n Ihr's denn nit g'h?rt, der Vater h?t jo der Herr Pfarrer komme lo un 's Hus uswihe lo un die b?se Geischter vertreibe lo, un weil der heilig Joseph nit gut gnug g'h?tet h?t, h?t er en uf der Spicher gschtellt un a Jesusstatue in d'Schtube ..." Aber wieder konnte sie nicht weiter erz?hlen, denn die Lenebas war von der Truhe, auf der sie sassen, aufgesprungen und schlug sich mit beiden H?nden auf die Knie und rief: ,,Des gunn i em, des gunn i em, Jesses nei, Resi, warum hesch mer des nit au fr?her verz?hlt, dass i do h?tt derbi sei k?nne, wie sie die b?se Geischter ustriebe h?n, un derno mitte im sch?nschte Weihe h?tt i ne d'Gschicht ins Gsicht gschrie, schau, des h?tsch mer au gunne k?nne." ,,Jesses, G?tti," schrie die Resi auf, als k?nnte das noch geschehen, ,,was denket er au, der Vater h?tt mi jo in sinere erschte Wut grad z's?mmeg'schlage."

,,Jo, hesch recht," beruhigte die Lene, ,,er h?t kei Sinn f?r a Gschpass, der Walzebur. Uf sim ehrbare Hof wachst des Gw?chs nit, i bin nur froh, dass du i mei Art schlagsch." ,,Jo, aber G?tti, was soll i jetzt mache, der heilig Joseph isch durch mi in Unehre komme, im hinterschte Winkel uf em Spicher stoht er; o nei, lachet nit," bat sie, als sie der Lene ins Gesicht sah; ,,mir isch's H?lleangscht, un am Samstig solle mer alli uf em Hof bichte go un derno muss es jo der Pfarrer h?re, dass i an der ganze Gschpensterg'schicht schuld bi, un die Blamasch, die vergisst er mer nit."

,,I will der was sage, Resi," sagte nun die Lenebas ganz ernst, ,,du h?sch mer a Schpass g'macht, wie i scho lang keine mehr g'hett hab, so g'lacht han i scho lang nimi, un zum Dank derf?r t?t i der scho helfe, wenn mer des Gschperr vo deim Vater nit sowieso scho lang z'dumm w?r. G'?rgert han i mi, dass du nit zu mer komme bisch, Rats hole, du weisch, i blos nit, was mi nit brennt; aber z'helfe isch dir licht, un scho lang k?nntesch im Toni sei B?eri sei, wenn de zu mer komme w?rsch. Dei Vater h?t sich nur grad verstift uf si ,Gleich gh?rt zu gleich', und weil er ? Mannsbild isch, meint er, dodruf muss er jetzt schto bliebe, wie a Schildwache uf em Poschte. Aber schau Resi, wenn's dir recht isch, no vermach i mei Sach im Toni un a Ussteuer kann i em glei g?, dazu l?ngt's mer scho, un dann h?t der Toni emol soviel wie a mancher Buresohn nit .." Weiter konnte die Lenebas vorerst nicht reden, denn die Resi flog ihr um den Hals und gab ihr einen Kuss nach dem andern ins runzlige Gesicht. Als sie wieder zu Wort kam -- so ein kleines R?hrungstr?nlein musste sie sich erst heimlich aus den Augen wischen -- meinte sie mit pfiffigem Schmunzeln: ,,D' Hauptsach h?tte mer also in Ordning, i will nit d'Lenebas si, wenn dei Vater mine Gr?nd nit nachg?bet. Vo dere Gschpenschtergschicht sage mer em lieber nix, er h?t kei Sinn f?r a Gschpass, 's k?nnt en h?llisch ?rgere, 's w?r nur so f?r der ?rgscht Notfall -- aber 's isch sicher nit n?tig. Aber jetzt h?sch jo noch a Buckel voll Sorge wege dere Bicht. Aber Maidli, du m?scht nit mei G?ttli sei, wenn de nit wisse t?tsch, was de do z'sage h?sch. Dass dei Vater sei Maidli f?r a Geischt asieht un der Pfarrer ihm des glaubt, jo da kannsch du doch nix derf?r, des isch doch kei S?nd vo dir, du wirsch im ganze Bichtspiegel kei Frag finde: Hast du gegeistert? Was nit im Bichtspiegel stoht, isch au nit z'bichte. 's viert G'bot, do h?sch dich anz'klage, ung'horsam bisch gsi, des weisch selber. Du h?sch mit dem Toni gschproche gege 's Verbot von dim Vater, un wenn der der Pfarrer recht der Kopf wascht derf?r, no gschiehts der recht, denn g'horsam m?sse mer si unsere Elter, des stoht im vierte Gebot, un wenn der der Pfarrer verbiet, dass de sowas no amol tuasch, no h?tt er recht, aber i hoff, de hesch's au nit n?tig." Und wieder musste die gute G?tti sich umhalsen lassen, bevor sie weiterreden konnte. ,,Jetzt blibt nur no der heilig Joseph, un do weiss i der kei andere Rot, als dass de der vom Toni a sch?ni, grossi Wachskerze kaufe lasch, anschtatt eme andere Kirwikram, un die im heilige Joseph stiftesch, no wird er scho vers?hne sich lo, un b'sunders wenn de dann als B?eri ihm der Ehreplatz gisch un di Lebtig brav lebsch, derno wird er scho mit sich rede lo."

,,O G?tti, was bisch du f?r a liabi G?tti," konnte das Resi nur sagen, und die hellen Tr?nen standen ihr in den Augen. Aber f?r R?hrung hatte die Lenebas nicht gern Gesellschaft; das zeigte sie nicht gern, und bei andern war sie auch nicht gern Zeuge. So machte sie denn rasch die T?r auf und rief: ,,I wett, d'Str?weli sin hart wie Ledersohle, so lang h?n mer sie warte lo, jetzt komm weidli, a Tasse Kaffee un frischbachene Str?weli, des h?lt Leib und Seel z'samme."

Und am andern Tag kam die Lenebas zum Walzenbauern, und als er h?rte, dass die Lenebas ihren sch?nen Hof und die soliden badischen Staatspapiere der Kirche vermachen w?rde oder aber dem Toni, wenn er der Mann von der Resi w?rde, da griff er rasch zu. Da war der Toni ein recht annehmbarer Schwiegersohn; ,,und wenn 's Resi halt au gar so vernarrt in den Bu isch un doch so brav g'folgt h?t un uf der Vater g'h?rt h?t, dann will i au nit hart si, no soll sie halt ihre Wille ha," schloss er.

Und in vier Wochen war Hochzeit auf dem Walzenhof, und der heilige Joseph stand in der Schlafstube des jungen Paares, und er tat rechtschaffen seine Pflicht und besch?tzte den Hof, denn gegeistert hat's nicht mehr.

Die Leich'

Der Blasibauer liegt im Sterben. Im Sommer schon hatte der Arzt dringend geraten, in ein Bad zu fahren oder doch wenigstens aus dem luft- und lichtlosen Hinterst?bchen auszuziehen. Aber in dem K?mmerchen hatten schon die Urgrosseltern des Bauern geschlafen und waren als alte Leute gestorben, warum sollte er so ,,nimodische N?cke" mitmachen und gar die Wohnstube mit dem Glasschrank voll alter Tassen und Kannen und mit dem ,,Sch?ppeli", dem Brautkranz aller Frauen des Hofes seit Urgrossmutters Zeiten, zur Schlafstube herabsetzen. Und jetzt, mit den ersten Herbstnebeln, lag er da und konnt es ,,schier nimme verschnufe". Wie er am Morgen gar so schwer atmete, war die B?uerin zur Nachbarin, zur Lickertsbrigitt, gesprungen, die hatte den Blick f?r Kranke, die sah jedem gleich an, ob ,,Zit isch zum Versehe" oder ob es mit den Sterbesakramenten noch keine Eile hat. Auf deren Ausspruch hin wurde sofort zum Pfarrer geschickt, und als der bald darauf, mit dem klingelnden K?ster vorneweg, das Allerheiligste zum Sterbenden trug, folgte fast aus jedem H?uschen des kleinen Schwarzwaldd?rfchens der eine oder der andere Bewohner zum ,,schterbe helfe". Auf der Treppe und im dunkeln Hausflur knieten die Leute nieder, w?hrend der Pfarrer allein zum Sterbenden hineinging, seine letzte Beichte zu h?ren. Mit lauter Stimme beten die draussen die Litanei zu allen Heiligen um einen guten Tod, drin h?rt das leise Fl?stern bald auf, der Pfarrer spricht mit lauter Stimme die Absolutionsworte, und die ganze Schar dr?ngt nun in die Kammer. Wachsbleich und verfallen liegt der Kranke in den buntgew?rfelten Kissen. Die B?uerin stellt sich ans Kopfende des breiten Ehebettes und schluchzt nur leise in sich hinein, um die heilige Handlung nicht zu st?ren. Ehrf?rchtig richtet sie den Sterbenden auf, als der Priester die Hostie ihm reicht. M?hselig schluckt der Kranke, er wird blau im Gesicht vor Anstrengung; ?ngstlich schaut die B?uerin eine Weile zu, dann fragt sie leise: ,,H?sch unseren Heiland scho g'schluckt oder wotsch no a weng Wasser?" Die Lickertsbrigitt hat ihr schon ein Glas gereicht, und mit einem Schluck Wasser gelingt es dem Blasibauer, die Hostie hinunterzuschlucken. Ganz ersch?pft liegt er da, w?hrend der Pfarrer gesch?ftig ?l und Watte richtet zur heiligen ?lung. ,,~Per istam sanctam unctionem~", murmelt er und betupft mit einem im heiligen ?l getr?nkten Watteb?uschchen die Augen des Kranken, ,,~indulgeat tibi dominus, quidquid per visum deliquisti~", und er wechselt das B?uschchen und betupft die Ohren ,,~per auditum~", die Nase ,,~per odoratum~", die Zunge ,,~per loquelam~", die H?nde ,,~per tactum~", die F?sse ,,~per gressum~". And?chtig h?ren die Nachbarn dem Murmeln zu und verfolgen die eiligen Bewegungen des Priesters mit aufmerksamen Augen. Der Priester ist fertig, die getr?nkten Watteb?uschchen werden an der geweihten Kerze verbrannt. Noch einmal macht der Priester das Zeichen des Kreuzes ?ber den m?hsam Atmenden, dann verabschiedet er sich mit dem Versprechen, am Abend wiederzukommen. Mit ihm schlupfen zwei Bauern zur T?r hinaus, und w?hrend die drei die Treppe hinuntergehen, h?ren sie schon das Gebetmurmeln der Zur?ckbleibenden. ,,Der macht's nimme lang, was meinet Se, Herr Pfarrer?" fr?gt der Burgerbeck. Der zuckt die Achseln, ohne zu antworten; aber der Burgerbeck erwartet auch keine Antwort, er f?hrt fort: ,,Ja, wisset, 's isch wege der Lich; er isch doch ?se F?erwehrhauptmann gsi, da m?n mer nen do mit der Musi bigrobe, und 's isch scho grusig lang, dass mer kai Lichemarsch meh gschpielt h?n. I mei alls, i go gli zum Lehrer un mer probe hit no." -- ,,Scho, scho," fiel der andere Bauer ein, ,,aber der Blasibuer h?t jo alliwil de Trompet blose, die Signal un alls, un wenn mer nem Kamerode 's letzschtmal ?bers Grab blose h?n, h?t's als kainer k?nnt als der Blasi. Wer soll denn etzt blose? Un ohni Trompet isch's do kai rechti F?erwehrmusi!" -- ,,Do m?n Er halt der Lehrer froge," meinte der Pfarrer und verabschiedete sich von seinen Pfarrkindern. Die beiden Bauern gingen vom Pfarrhof quer hin?ber zum Schulhaus.

Auf dem Blasihof schleicht der Tag langsam hin, die Nachbarn wechseln ab im Beten, das Rosenkranzmurmeln dringt den ganzen Tag ?ber vom Hinterst?bchen in die kleine Dorfgasse hinaus. In der Kammer ist eine dicke, heisse Luft, und dem sterbenden Bauern stehen die dicken Schweissperlen auf der Stirn. Von Zeit zu Zeit wischt die B?uerin ihm das Gesicht ab oder gibt ihm einen Schluck Wasser oder Kirschwasser, dann versinkt sie wieder in dumpfes Br?ten oder betet ein paar Gesetzel Rosenkranz mit. Der Bauer hat nicht mehr genug Atem zum Sprechen, vielleicht hat er auch nichts mehr zu sagen, nur seine Augen streifen unruhig von einem Winkel der Kammer in den anderen oder suchen die Gebetsworte auf den Lippen der Betenden. Da klingen pl?tzlich falsch und schrill die ersten Takte des Chopinschen Trauermarsches in die kleine Kammer. Dr?ben im Wirtshaus, nur durch den Garten vom Blasihof getrennt, ?ben die Kameraden die Musik ein f?rs Begr?bnis. Die Betenden verstummen und lauschen and?chtig. Der Sterbende winkt und bewegt die Lippen, endlich versteht die B?uerin: ,,Machet au 's Fenschter uf." Es geschieht, und in vollem Strom klingen jetzt die grellen T?ne ins Zimmer. Es ging m?hsam vorw?rts dr?ben im Wirtshaus, immer musste wieder abgebrochen und die einzelnen Takte von neuem probiert werden, aber geduldig h?rten hier in der Sterbekammer die Leute zu. Nur die B?uerin schluchzte laut auf, als die Musik anfing, und nun weint sie ohne Unterlass fast schreiend. Die Lickertsbrigitt m?chte sie tr?sten, aber ungeduldig wehrt die B?uerin ab: ,,Nei, sag was de witt, des isch emol it r?cht, mi Ma h?tt's am End scho no emol ?berschtande, mit Gottes Hilfe, aber des isch a b?si Vorbed?tung, mer bigrobt doch d'L?t nit, wenn si no l?big sin ... Jessesmaria," schreit sie auf, als jetzt polternde Schritte auf der Treppe laut wurden, ,,sie w?nn en scho hole, un er isch jo no l?big." Der eintretende Burgerkarl steht erst eine Weile fast verlegen an der T?r, ehe er mit seinem Anliegen herausr?ckt: ,,I soll a sch?ne Grus sage vo der F?erwehr, un wenn's im Blasibur r?cht w?r, so m?cht er us doch si Trompet g?, mer bruchet se f?r d'Lich, he jo -- un i t?t mer scho traue z'blose druf." -- Der Blasibauer macht eine Anstrengung, zu sprechen, aber ein verst?ndliches Wort kommt nicht mehr heraus, er winkt die B?uerin, die den Burgerkarl gern barsch abgefertigt h?tte, heftig zu sich heran, und in altgewohntem Gehorsam sucht sie nach dem Schl?ssel zur Lade, wo die Trompete liegt, schliesst auf und zeigt dem Bauern die blanke, leuchtende Trompete; der nickt und nickt noch einmal, als der Burgerkarl fast gierig danach greift und mit einem ,,Gr?ss Gott mitenander!" zur T?r hinauseilt.

Dr?ben im Wirtshaus haben sie endlich den Trauermarsch ohne Unterbrechung in einem St?ck heruntergespielt und st?rken sich jetzt nach der schweren Arbeit mit einem t?chtigen Trunk. Man h?rt laute Rufe und Gl?serklingen in der pl?tzlichen Stille. Der Bauer r?chelt schwer, und den Nachbarn f?llt ihre Pflicht ein, ihm mit ihrem Beten zu einem guten Tod zu verhelfen. ,,Wenn do der Pfarrer no emol komme wollt, er h?tt am End no ebbes uf em G'wisse, dass er au gar so schwer schterbe will," meint die Lickertbrigitt. Ihre Nachbarin, die alte Theres, stupft sie in die Seite und zwinkert nach der B?uerin hin: ,,He jo, weisch denn it -- d'Grossmutter, die h?tt sich doch verh?ngt, weil er ihr's so w?scht g'macht h?tt, die lasst ihn etzt it in Ruah schterbe" -- die Lickertbrigitt nickt nur, und eifrig und laut beten sie jetzt um einen guten Tod.

Da klangen hell und laut die Feuerwehrsignale ?ber die Strasse. Der Blasibauer griff hastig um sich: ,,Mi Trompet, g?n mer mi Trompet," st?hnte er. ,,O lasset etzt die Narresposse si," meinte die Lickertbrigitt und machte das Fenster zu, ,,denket etzt an Euere S?nd un ans ewig Himmelreich." Der Sterbende h?rte sie wohl nicht mehr, er griff mit den H?nden noch ein paarmal in die Luft; die Brigitt leuchtete ihm mit der rasch angez?ndeten Sterbekerze ins Gesicht, dr?ckte sie dem Bauer in die rechte Hand und murmelte, halb zur B?uerin: ,,I mein alls, etzt isch's us." Dr?ben im Wirtshaus spielten sie: ,,Jetzt woll'n wir lustig sein, lustig sein, tanzen und trinken." Denn das mussten sie auch noch ein?ben, f?r die R?ckkehr vom Friedhof.

Wortverzeichnis

Die mundartlichen Formen sind nach dem Geh?r niedergeschrieben, nicht nach einem wissenschaftlichen System. Die Aussprache ist ?brigens nicht die gleiche bei allen Personen und wechselt auch im Munde der einzelnen, weil die N?he einer gr?sseren Stadt die Individualsprachen beeinflusst hat, je nach Beruf und Bildungsgrad, und weil die einzelnen Menschen ihre Mundart mehr oder weniger unverf?lscht sprechen, je nachdem sie es mit Bauern oder mit St?dtern zu tun haben. Folgende Worte bedurften wohl einer besonderen Erkl?rung:

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