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Munafa ebook

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Read Ebook: Landesverein Sächsischer Heimatschutz — Mitteilungen Band XII Heft 7-9 by Landesverein S Chsischer Heimatschutz

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Ebook has 229 lines and 23805 words, and 5 pages

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Landesverein S?chsischer Heimatschutz

Dresden

Mitteilungen Heft 7 bis 9

Monatsschrift f?r Heimatschutz, Volkskunde und Denkmalpflege

Einzelpreis dieses Heftes 2 Goldmark

Gesch?ftsstelle: Dresden-A., Schiessgasse 24

Postscheckkonto: Leipzig 13987, Dresden 15835 Stadtgirokasse Dresden 610 Bankkonto: Commerz- und Privatbank, Abteilung Pirnaischer Platz, Dresden Bassenge & Fritzsche, Dresden

Dresden 1923

Bitte um eine Beitragszahlung von 1 Goldmark

An unsre werten Mitglieder!

Die erbetene Summe von 1 Goldmark ist selbstverst?ndlich der Mindestbeitrag, den wir zu fordern gezwungen sind in R?cksicht darauf, dass die Kosten dieses Heftes ganz erhebliche sind, und dass ja alle Ver?ffentlichungen heute weit h?her bezahlt werden m?ssen, als in Friedenszeiten. Man nehme sich ein Beispiel an den Zeitungen, an den illustrierten Zeitschriften, die das zwei- bis dreifache des Vorkriegspreises kosten.

Um deswillen bitten wir alle diejenigen, die das weitere Durchhalten unsres Vereins anerkennen, die verstehen, was es heisst, dass wir heute noch genau dieselben Ver?ffentlichungen herausgeben wie vor dem Kriege, freiwillig nach ihrem K?nnen die obenerbetene 1 Goldmark zu erh?hen und uns dadurch in die Lage zu versetzen, der ganz betr?chtlichen Zahl der Erwerbslosen, der Kleinrentner, die wir ohne Beitragszahlung auch heute noch als Mitglieder f?hren, weiterhin unsre Hefte von der Heimat, vom Vaterland zugehen zu lassen.

Eine besondere Bitte haben wir an alle diejenigen, die bisher sich in dankenswerter Weise dem Einkassieren unsrer Beitr?ge widmeten. Wir haben ausdr?cklich betont, dass der Kurs der Goldmark zum Tage des Einganges bei uns gerechnet wird, und wir m?chten alle diejenigen, die nicht in der Lage sind, im Automobiltempo einzukassieren, bitten, die Beitr?ge in wertbest?ndigem Geld zu verlangen, damit uns das Einkassieren, f?r das wir herzlich dankbar sind, keine Verluste bringt, denn das liegt ja nicht in der Absicht der lieben Menschen, die uns helfen.

Das letzte Heft unsrer diesj?hrigen Mitteilungen ist ebenfalls in Druck und wird nach Weihnachten mit der Einforderung eines weiteren Beitrages versandt.

Wir f?gen diesmal keine Zahlkarte bei, damit der Anreiz, die langwierige Postscheck?berweisung zu w?hlen, nicht gar zu gross wird.

Allen denen, die uns bisher halfen, unsern Verein durchzuhalten als einen der wenigen, die die schwere Zeit bis hierher ?berstanden haben, sagen wir aufrichtigsten, herzlichsten Dank mit der Bitte, uns weiter treu zur Seite zu stehen, bis dem deutschen Vaterland wieder einmal die Sonne scheint.

Mit deutschem Gruss!

Landesverein S?chsischer Heimatschutz

O. Seyffert, Michael, Hofrat Professor Oberregierungsrat

Die Mitteilungen des Vereins werden in B?nden zu 12 Nummern herausgegeben

Abgeschlossen am 1. Oktober 1923

Der L?ssnitzer Weihnachtsberg

Die Deutsche Weihnacht in der Jahresschau 1923

Auch auf den Gedanken, in diesen blauen Raum schlichte gr?ne Waldb?ume, weihnachtliche Fichten zu stellen, konnte nur ein K?nstler wie Professor Seyffert kommen, der ja, so wenig >>poetisch<< er sich auch geben mag, bis in die Fingerspitzen Poet ist. Gr?ne, im Glasschmuck glitzernde Weihnachtsb?ume vor diesem n?chtlichen Blau - das war nicht nur gut >>gemacht<<, das war gestaltete Dichtung eines Herzens, das sich auf Volkslieder, auf M?rchen und Kinder versteht.

Auch an der Verwendung des Glasschmuckes erkannte man die k?nstlerisch f?hlende Hand. Da war ein Baum nur mit bleichem Silber und mattem Gold beh?ngt - er glitzerte wie bereift und hob nur ganz behutsam die L?ssnitzer Krippe aus ihrer notwendigen Umrahmung in die Geschlossenheit des Raumes. In der einen Ecke flankierten die Weihnachtsb?ume einen sp?tgotischen Altar aus dem Altertumsmuseum. Das edle, verblichene Gold der Holzschnitzerei durfte nicht ?berfunkelt werden - in das Gold und Silber des Glasschmuckes spr?hten nur ganz wenige blaue und rote Kugeln einige funkelnde Lichter. In der andern Ecke im kirchenhaften Licht der schmalen Fenster glitzerten die B?ume bunt um bunte Weihnachtspyramiden und ?ber farbenfrohem Spielzeug. Aber auch da wurde das Silber, Gold, Blau, Gr?n, Rot der Glaskugeln mit sorgsamem Bedacht auf geschlossene Wirkung in das tiefe, weiche Gr?n der B?ume verteilt. Und wie nun eine solche goldene Glaskugel im vollen Lichte glitzerte, eine rote aus dem Zweigschatten gl?hte, wie das Bunt die B?ume ?berrieselte, das war nicht ohne weiteres die Sch?nheit des Glasschmuckes, das war die Wirkung seiner geschickten Verwendung.

Unter den geschm?ckten B?umen breitete Professor Seyffert aus, was er an Spielwaren ausgew?hlt hatte. Alles in diesem farbigen Gewimmel war musterg?ltig. Im Raume waren die kleinen Dinge die bunten, belebenden Tupfen, die sich dem Ganzen einf?gten, ohne sich vorzudr?ngen. F?r die Weihnachtsstimmung des Raumes bedurfte es dieser kleinen, bunten, h?bschen Dinge nicht - das spricht nicht gegen die Dinge, sondern f?r die meisterhafte Beherrschung der schlichten Mittel, mit denen Professor Seyffert diesen Raum schuf, der wieder nur der edle Rahmen sein sollte f?r das gr?sste und sch?nste Werk volksk?nstlerischer Herkunft, das in Sachsen, ja wohl in ganz Deutschland zu finden ist: f?r den Weihnachtsberg des L?ssnitzer Bergvereins.

Beim Anblick dieses geschnitzten Weihnachtsm?rchens murrte ein Arbeiter: >>Damit sollen die Kinder verdummt werden.<< Ein andrer Besucher, der das h?rte, erwiderte gereizt: >>Wenn da lauter rote Fahnen h?ngen w?rden, w?rde es Ihnen gefallen.<<

Betrachtet man dann die Einzelheiten, die ruhenden Kamele der Weisen aus dem Morgenlande, die Hirten auf dem Felde, die weidenden Schafe und die kletternden Ziegen, die wundervoll sprechende Geb?rde der Maria in der Tempelszene, die farbige Sch?nheit der Palastgruppe, so findet man immer von neuem entz?ckende Feinheiten, und je ?fter man vor den Weihnachtsberg tritt, desto mehr liebt man das Werk.

Ist das verborgene, h?chst komplizierte Werk der Rollen und F?den im Gange, dann wenden sich da kleine K?pfchen und heben sich da zierliche H?nde und Arme, pilgernde Menschen und hoheitsvolle Kamelreiter ziehen still und fliessend zwischen den Felsknorren ihres Weges, die winzige Axt Josephs in der Werkstatt zu Nazareth tickt wie das verhalten klopfende Herz dieser Sch?pfung, und aus himmlischen H?hen, aus schwebenden Wolken und himmlischen Heerscharen herab l?sst sich mit best?rzend heftiger Geb?rde in kleinen Rucken der verk?ndende Engel unter die aufschauenden Hirten fallen - man f?hlt, wie unerwartet, ?berw?ltigend das Geschehnis die Hirten ?berf?llt, und man glaubt fast die begl?ckende Botschaft in der grossen Stille zu h?ren: Friede auf Erden und allen Menschen ein Wohlgefallen! Und dann schwebt der Engel mit leiser Drehung wieder aufw?rts. Und nach Sekunden st?rzt er von neuem ...

In dieser stillen Bewegung war der Weihnachtsberg am sch?nsten. Und dann wieder sah man ihn abends, wenn sich die Schar der Besucher schon verlaufen hatte, wenn nur zwei, drei Menschen still vor dem frommen Berge verweilten. Das verborgene Werk ist abgestellt. Alles ruht in feierlicher und doch so schlichter Stille im weissen Lichte der bereiften Glaskugeln. Die goldenen Sterne funkeln und das dunkle Blau w?lbt sich als n?chtlicher Himmel. Und nun meinte man: so, in dieser grossen Stille, sei das Werk am sch?nsten.

Immer aber war dieser Weihnachtsberg der k?stlichste Anblick, den die Jahresschau bot. Und dass er da war, ist Professor Seyfferts Verdienst. Der erzgebirgische Bergverein, dessen geh?teter Besitz er ist, gab ihn nur schweren Herzens her. Sie brachten ihren Schatz selber, die Figuren in sorgsamer Verpackung, Moos und Wurzelfelsen in grossen Kisten. Und sie bauten ihn auch selber auf.

Vom Wendelstein zum Bendelstein

H?henwanderungen haben ihren eigenen Reiz. Auf dem R?cken der breit dahingelagerten Berge l?uft der Pfad, waldumweht oder frei nach allen Richtungen der Winde. Er klettert empor zu j?her Felsschroffe und senkt sich wieder in gem?chlichem Gang, aber immer liegt das Menschenland und seine Masse tief unter ihm; nichts st?rt den H?henwanderer in seiner Einsamkeit, was drunten im volkreichen Tal mit seinem hastenden Alltagsleben die Sinne unruhig macht. In ?berw?ltigender F?lle dr?ngen sich Bild um Bild auf, wenn jemand den Kammweg vom Kapellenberg an B?hmens Grenze bis zum Altvatergebirge im schlesischen Osten bew?ltigt oder auf dem uralten Rennstieg ?ber Th?ringens H?hen zur Wartburg wandert. Die gleichen reizvollen Eindr?cke, in weit bescheidenerem Ausmasse zwar, aber daf?r vom Zauber des Heimatlichen umgeben, vermag eine Wanderung auf dem schmalen Felskamm zu bieten, der im Friedrich-August-Stein zu Sch?neck seinen s?dwestlichen Eckpfeiler auft?rmt, in Wendel-, Loch- und Bendelstein machtvolle Klippen bildet und sich dann unterhalb von Auerbach allm?hlich verliert.

Die zackigen Felsmassen, die nach S?dosten in steiler Wandung abfallen, bringen eine seltsam eigenwillige Note in das ruhige Gleichmass des vogtl?ndischen Landschaftsbildes: k?hn und herrisch streben sie aus dem stumpfen, breiten R?cken der welligen Hochfl?che empor, Zeugen aus der ?beraus bewegten erdgeschichtlichen Vergangenheit der Heimat, da die harten Quarzite und Quarzitschiefer allen Unbilden der Verwitterung trotzig standhielten, w?hrend das weichere Gestein, dem sie eingelagert sind, ringsum zerst?rt und zu Tal gesp?lt wurde. Seltsam scharfkantig, zerrissen und zerkl?ftet, vom Wetter zu Gebilden gestaltet, die der Deutkraft vergangener Geschlechter freien Raum liessen , in l?ngeren oder k?rzeren Zwischenr?umen aus dem Erdreich auftauchend wie Klippen aus der wogenden Brandung, Mauerreste verfallener Riesenburgen, so erscheinen die Felsen dem Auge des Wanderers aus der Ferne. In unmittelbarer N?he verst?rkt sich der Eindruck des Unruhig-Zerrissenen, Tr?mmerhaften; zu den F?ssen des Felskammes liegen abgerollte Bl?cke im Beerengestr?pp und Moospolster, und wie vernarbte Wunden im Antlitz des ruhmvollen K?mpfers zucken Quarzadern durchs schiefrige Grundgestein.

Der Weg nach dem Wendelstein f?hrt fast schnurgerade durch hochst?mmigen Wald ins Tal des Geigenbachs und ?ber Siehdichf?r nach Gr?nbach. Fast gleichhoch wie der Sch?necker Fels ?bertrifft der Wendelstein alle anderen Glieder der Kette durch seine L?ngserstreckung. Der vom Dorfe herauff?hrende Weg steigt durch eine Senke, die den langen Zug in zwei Teile auseinandergerissen hat. Eine granitene S?ule auf dem hinteren Felsen bezeichnet die h?chste Erhebung. Aufatmend nach nicht ganz ungef?hrlicher Kletterei ?ber glattes Gestein eng an der fast senkrecht abst?rzenden S?dostseite vor?ber, steht dort der Wanderer zu schauender Rast. Ein Rundblick von ?hnlicher Sch?nheit wie vom Friedrich-August-Stein ist sein Lohn. Die hohen, dunklen W?lder Sch?necker und Auerbacher Reviers stehen um einsame D?rfer mit schieferblauen D?chern; jenseits des G?ltzschtals, das seine W?nde in einer Tiefe von ?ber hundert Metern in den leicht verwitternden Urtonschiefer genagt hat, setzen die Erzgebirgsh?hen die vogtl?ndischen Waldberge fort bis hin zum P?hlberge; im offeneren Tale der G?ltzsch Ort an Ort, dr?ben im Westen und Nordwesten niedrige Kuppen, flache R?cken, sanft geschwungene Hochfl?chen, oft turmgekr?nt; unmittelbar am Fusse des Felsens im Geigenbachtal die beiden Seen der Plauener Talsperre. Deutlich erkennbar wird, wie der H?henr?cken die Wasserscheide zwischen G?ltzsch und Elster bildet; freilich empf?ngt jene den gr?ssten Teil ihrer Zufl?sse von rechts, weil links der schmale R?cken nur geringen Raum zur Entwicklung von B?chen verstattet. Der vordere Wendelsteinfelsen erinnert mit einer Gedenktafel an den >>Unvergesslichen<<, an einen der M?nner von 1848, Adolf von Tr?tzschler, der am 14. August 1849 zu Mannheim seinen Traum von Deutschlands Einheit mit dem bitteren Tode enden musste. Wie eine dunkle Sage raunt die Volks?berlieferung in Falkenstein von einem herzblutgetr?nkten Taschentuch, das die freiherrliche Familie im Schlosse als kostbare Relique aufbewahrt. Der Wendelstein liegt auf Tr?tzschlerschem Gebiet.

Der Weg l?uft, immer in gleicher Richtung mit der Strasse Gr?nbach-Falkenstein, durch Jungwald und hochst?mmige Fichten, bald zur Rechten einen Durchblick auf H?usergruppen des langgestreckten Dorfes Gr?nbach freigebend, bald zur Linken freie Schau nach S?dwesten er?ffnend. Da dr?ngen sich in der N?he des Wendelsteinfusses auf wiesigem Hang mehrere Geh?fte unter Ahorn und Vogelbeerbaum aneinander: die Karte verzeichnet sie unter dem Namen Winn, die Mundart nennt sie auch Wind . Die auff?llige ?hnlichkeit der Namensformen des einsamen Weilers und der zackigen Felskette macht enge Beziehung der beiden ?rtlichkeiten wahrscheinlich. Irrig w?re jedoch der Schluss, dass die kleine Siedlung, verh?ltnism?ssig sp?t als Rodung entstanden, dem Felsgebilde seinen Namen gegeben habe. Die Grundbedeutung von Wendelstein war in althochdeutscher Zeit Schneckenhaus; der in Windungen emporsteigende Fels erschien den bildhaft denkenden und redenden Vorfahren als das ins Riesenhafte verzerrte Geh?use einer Schnecke; in Wendeltreppe, urspr?nglich aus Stein gehauen, schimmert dieser Wortsinn deutlich erkennbar durch, heisst ja noch im siebzehnten Jahrhundert eine solche Treppe auch Schnecke. Vom Felsen als dem Naturhaft-Urspr?nglichen hat also die Ansiedlung ihren Namen, der in einer althochdeutschen Glosse durch Stufe erkl?rt ist: ~winden-stuophon~. So ergibt sich als Weg der Bedeutungsentwicklung: eine alte Dingbezeichnung - Wendelstein - ist zum Eigennamen geworden. ?brigens gibt es auch in den Alpen Felsen und Berge desselben Namens.

Fast ununterbrochen zieht die Felskette in geringer H?he den hinteren Anger entlang; sie bildet den nat?rlichen Abschluss f?r die G?rten hinter den H?uschen und tr?gt mehrmals Lauben zu vergn?glicher Rast am Feierabend. Jenseits des Bahneinschnittes der Linie Zwickau-?lsnitz steigt der Kamm im Krankenhausfelsen wieder empor. Auf der H?he bezeichnet eine schlanke Esse inmitten von Baracken ein Schotterwerk, das gleich dem ehemals Hochmuthschen grossen Steinbruch hart am Fusse des Lochsteins den Quarzitzug abbaut. Nun beginnt die Wanderung auf der Hochfl?che, die im Osten ins G?ltzschtal abf?llt und sich westlich langsam in das Tal des Treuenschen Wassers senkt. Einst war der breite R?cken bewaldet: k?rgliche Reste niederen Buschwerks, Heidekraut und Beerengestr?uch wuchern um offene Wunden kleiner Steinbr?che. Die d?nne Krume auf winddurchwehter H?he gibt geringe Feldfrucht; um so verschwenderischer streut die Natur alle Reize eines wahrhaft grossartigen Rundbildes auf jeden Fussbreit des Feldweges, der gleichlaufend mit der Baumlinie der alten Falkensteiner, der sogenannten >>hohen<< Strasse, in mancherlei Windungen gleichsam alle Sch?nheiten auskostend auf den zinnengekr?nten Wasserturm am Bendelstein zustrebt. Noch einmal haben verborgene Gewalten alle Kraft zusammengefasst, als sie diese Felsenriffe in einer L?nge von zweihundert Metern und einer H?he von zehn bis f?nfzehn Metern ?ber den etwa f?nfhundertf?nfundf?nfzig Meter hohen R?cken pressten und zu einer grotesken Riesenmauer dem Wendelstein ?hnlich formten. Was sich dem Auge von Bendel- oder Pennelstein aus darbietet, wenn die scheidende Sonne mit ihren letzten Strahlengarben die Fenster der H?user am ?stlichen Hang in Feuer taucht, oder wenn der Sturmwind graue Wolkenmassen gegen das d?ster drohende Gebirge jagt, entzieht sich fast der Kraft des blossen Wortes. Das sind Offenbarungen der Natur von majest?tischer Gr?sse und Kraft, wie sie das alpine Vorgebirge nicht anders zu geben vermag.

Zur?ckschauend auf seinen H?henweg, entdeckt der Wanderer am s?dwestlichen Horizonte zwischen den W?ldern die Essen von Gr?nbach und die zackige Linie des Wendelsteins; die Lochsteinfelsen ragen wie riesige W?chter, und der nahe Wasserturm mit seiner Zinnenkrone trotzt gleich einem St?ck lebendig gewordenen Mittelalters in eine heroische Landschaft. Diesen Eindruck gesammelter Heldenkraft nimmt der Wanderer als beste und bleibende Gabe mit heim von seiner Heimat H?hen. Langsam und allm?hlich senkt sich die Felskette ins Tal der G?ltzsch, das sie in Rodewisch erreicht, nachdem sie im Katzenstein ihre letzte geringe Erh?hung gebildet hat.

Die s?chsischen Urnenfelder

Unter den vorgeschichtlichen Funden aus dem Freistaat Sachsen nehmen die unter dem Namen >>Urnenfelder<< bekannten grossen Gr?berfelder mit Brandbestattungen einen breiten Raum ein. Ihr Auftreten bedeutet einen wichtigen Abschnitt in der Vorgeschichte des Landes. Machte sich gegen den Ausgang der Steinzeit und noch in der beginnenden Bronzezeit eine auffallende Bev?lkerungsabnahme, die in den sp?rlichen Einzel- und Grabfunden zum Ausdruck kommt, bemerkbar, so findet man von der mittleren Bronzezeit ab ?berall im Flach- und vereinzelt auch im H?gellande unvermittelt in grosser Zahl ausgedehnte Gr?berfelder oft mit Hunderten von Einzelbestattungen, die eine in der N?he sesshafte dichte Bev?lkerung voraussetzen. Diese Bev?lkerungszunahme ist nur durch Zuwanderung neuer Volksmassen in die entv?lkerten Landschaften zu erkl?ren. Mit ihrem Erscheinen f?llt eine gewaltige Ver?nderung im Totenkult zusammen: die in der Stein- und fr?hesten Bronzezeit gebr?uchliche Totenbestattung wird durch die Leichenverbrennung ersetzt. Die Frage, woher jene Einwanderer kamen und welches Stammes sie waren, ist bis jetzt in allseitig befriedigender Weise noch nicht beantwortet worden. Germanen, deren Vorl?ufer die gegen Ende der Steinzeit in Mitteldeutschland auftretenden Schnurkeramiker waren, thrakische St?mme aus der Karpathengegend, selbst Slawen sind als das Volk der Urnenfelder in Anspruch genommen worden. Die j?ngste Ansicht bezeichnet als Tr?ger der neuen Kultur illyrische V?lker, die aus ihrer s?deurop?ischen Heimat die Leichenverbrennung mitbrachten, eine Sitte, die zwei Jahrtausende hindurch bis zur V?lkerwanderungszeit in unsrer Gegend die alleinherrschende geblieben ist. Der Tote wird auf einem Holzstoss verbrannt, der Rest des Skeletts in einem Tongef?ss gesammelt und mit Schmucksachen und kleineren Gef?ssen, den >>Tr?nenkr?glein<< des Volksmundes, unter einem Erd- oder Steinh?gel oder in einer Grube , oft mit Steinen umstellt und bedeckt , beigesetzt. Beide Grabformen kommen in der Bronzezeit bei uns nebeneinander vor, die H?gelgr?ber verschwinden aber mit dem Beginn der Eisenzeit, sind ?berhaupt seltener, vielleicht nur infolge der nivellierenden Arbeit des Pfluges, und liegen nicht in so grosser Zahl beisammen wie die Flachgr?ber der Urnenfelder.

Weniger deutlich tritt der Zeitunterschied beider Gruppen in den Bronzebeigaben hervor. Gefl?gelte Pfeilspitzen , Messerklingen, zuweilen ein Angelhaken vertreten das Kleinger?t des t?glichen Gebrauchs; einfache oder spiralgewundene Finger- und Armringe aus glattem oder tordiertem Draht , flache Kn?pfe mit ?sen, R?llchen aus spiraliggewundenem Draht oder Bronzeband, flache Drahtspiralen, zum Teil vielleicht Bruchst?cke von Brillenfibeln , den Kleinschmuck. Derartige Dinge kommen in beiden Gruppen vor und haben sich aus der ?lteren bis in die j?ngere Zeit vererbt. Sehr beliebt scheinen Schmucknadeln gewesen zu sein, die sich ?berall vorfinden. Solche mit quergeriefelt-linsenf?rmigem , kugeligem, kegel- oder scheibenf?rmigem Kopf oder mit breitgeh?mmertem, eingerolltem Ende treten in den ?lteren wie j?ngeren Bronzezeitgr?bern auf, in den ersteren auch hirtenstabartig gebogene , in den letzteren solche mit quergeripptem, keulen- oder mit vasenf?rmigem Kopf . Viereckige Rasiermesser mit Griffansatz geh?ren zu den Beigaben der j?ngeren Gruppe. Auch Edelmetall, Gold, ist den bronzezeitlichen Bewohnern unsrer Gegend nicht unbekannt gewesen, wie kleine Spiralr?llchen und Armringe bezeugen. Scheiben- und erbsenf?rmige Perlen aus Ton oder Bernstein, t?nerne Spinnwirtel und pyramidenf?rmige Gewichte, weiter kleine Ringe und Anh?nger aus flachen Steinen und flaschenf?rmige Tonklappern in der j?ngeren, ei- oder tonnenf?rmige in der ?lteren Gruppe vervollst?ndigen das Inventar der Gr?ber, in deren Steinsetzungen auch Getreidem?hlen aus Sandstein oder Quarzporphyr zuweilen Verwendung gefunden haben.

Neben bronzenen findet man nun, wenn auch noch sp?rlich, Beigaben aus Eisen. Geschlossene, offene oder spiraliggewundene Ringe und Schmucknadeln mit vielgestaltigem Kopf , unter diesen die typische Schwanenhalsnadel mit ~S~-f?rmig gekr?mmtem Hals aus Bronze oder Eisen, geh?ren zu den h?ufigen Beigaben. Seltener sind eiserne B?gelfibeln mit kurzer Spiralfeder und senkrecht umgebogenem Fussende , mit getriebenen Buckelchen geschm?ckte Anh?nger aus Bronzeblech , eiserne oder bronzene Pinzetten mit oder ohne Schieber , Knochennadeln , Glasperlen, gerade eiserne Messer mit Resten des Holzgriffs und t?nerne Klappern in Vogelgestalt . H?gelgr?ber sind in der fr?hen Eisenzeit in unsrer Gegend unbekannt, nur Flachgr?ber mit zum Teil recht ansehnlichen Steinsetzungen.

Schmuck- und Gebrauchsgegenst?nde werden jetzt dem Toten reichlicher beigegeben. Hier sind vor allem die f?r die Altersbestimmung wichtigen Gewandnadeln oder Fibeln zu nennen, deren ?lteste Form mit freiem Schlussst?ck aus den meisten Lat?ne-Gr?bern, deren j?ngste mit ungetrenntem Nadellager und Schlussst?ck aber nur in wenigen Exemplaren bekannt ist. Zu den h?ufigeren Metallbeigaben geh?ren weiter G?rtelhaken in mancherlei Gestalt, einfache B?nder mit umgebogenen Enden , sporn- oder stabf?rmige aus Eisen, dreieckige, durchbrochene aus Bronze oder aus einer mit verziertem Bronzeblech und Kn?pfen besetzten Eisenplatte . Neue Typen sind eine eiserne oder bronzene Nadel mit Kopfscheibe und aufgenietetem Bronzekegel, die Tutulusnadel , der mit Buckeln verzierte Paukenring, eiserne und bronzene Ketten mit in Tierk?pfen endenden Haken, wohl Wehrgeh?nge, und die geschmackvoll ornamentierten Segelohrringe .

Im Inventar der Gr?ber der fr?hr?mischen Kaiserzeit spielen Waffen eine grosse Rolle: eingerollte eiserne Schwerter , Lanzen , Schildbuckel und Schildfesseln , diese auch aus Bronze. Zum Schleifen der Waffen dienten Wetzsteine aus feink?rniger Grauwacke . In den Gr?bern der sp?teren Gruppe ist dagegen fast immer die Axt enthalten, daneben Lanze und Pfeil. Beiden Gruppen gemeinsam sind gerade und sichelartig gebogene Messer , Hakenschl?ssel und Federscheren aus Eisen und eiserne oder bronzene Schnallen . Von Schmucksachen enthalten die Gr?ber der ersten beiden Jahrhunderte n. Chr. reichlich provinzialr?mische Fibeln in verschiedenster Ausf?hrung , selten ein goldenes Ohrgeh?nge , die des sp?teren Abschnitts vereinzelt eine silberne oder goldbelegte Rollenfibel, einen Knochenkamm oder Glasperlen.

Mit dem Ende des r?mischen Kultureinflusses und dem Vordringen des Christentums verschwindet aus unsrer Gegend auch die Sitte der Leichenverbrennung und der Anlage von Urnenfeldern. Ihre Stelle nimmt seit der Mitte des ersten nachchristlichen Jahrtausends wieder die ?lteste Bestattungsform, die Beerdigung der Toten, ein, die bis in die Gegenwart die allein ?bliche geblieben ist. Erst der j?ngsten Zeit ist es vorbehalten gewesen, aus wirtschaftlichen und hygienischen Gr?nden die Leichenverbrennung wieder einzuf?hren.

Der Dresdner Totentanz

Um die Mitte des f?nfzehnten Jahrhunderts tauchen in der bildenden Kunst die Totent?nze auf, reigenartige Darstellungen, in denen der Tod Menschen aller St?nde in sein dunkles Reich f?hrt. In der graphischen Kunst fand Hans Holbein f?r dieses Thema den geistigsten, ersch?pfendsten Ausdruck.

Auch die plastische Kunst hat sich mit diesem Thema besch?ftigt. Dresden darf sich r?hmen, eins der wertvollsten Werke dieser Art zu bergen. Es ist der um 1535 vom Steinmetzen Hans Schickentantz geschaffene Reigen des Todes - es ist ein merkw?rdiges Spiel des Zufalls, dass der Meister so hiess, der den Tanz schilderte, in den sich jeder schicken muss. Seit 1733 - Flechsig nennt die Jahreszahl 1737 - ist dieses Werk nicht gerade gl?cklich an der Mauer des Neust?dter Friedhofes an der Friedensstrasse aufgestellt. Dieser entlegene Standort mag schuld daran sein, dass nur die wenigsten Dresdner das Werk kennen, das unter den Wettern langsam, aber unaufhaltsam der Zerst?rung anheimf?llt. Leider haben sich alle Versuche, dem fortschreitenden Verfall Einhalt zu tun, als nutzlos, eine Versetzung in den trockenen, gesch?tzten Raum etwa einer Kirche hat sich als unm?glich erwiesen, und sp?tere Geschlechter werden sich mit dem Abguss begn?gen m?ssen, den der S?chsische Altertumsverein hat anfertigen lassen.

Urspr?nglich stand dieses gewaltige ~memento mori~ den Dresdnern immerdar vor Augen, denn es zierte die der Elbbr?cke zugekehrte Schauseite des Georgenbaues, der an der Stelle des heutigen Georgentores stand.

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