Use Dark Theme
bell notificationshomepageloginedit profile

Munafa ebook

Munafa ebook

Read Ebook: Unter Herbststernen by Hamsun Knut Sandmeier J Julius Translator

More about this book

Font size:

Background color:

Text color:

Add to tbrJar First Page Next Page

Ebook has 1371 lines and 36963 words, and 28 pages

Knut Hamsun

Unter Herbststernen

Roman

Kurt Wolff Verlag / M?nchen

Berechtigte ?bertragung aus dem Norwegischen von J. Sandmeier

Druck von Oscar Brandstetter in Leipzig / Sommer 1922 Copyright 1922 by Kurt Wolff Verlag A.-G., M?nchen

Viele Jahre sind vergangen, seit ich solchen Frieden um mich f?hlte, vielleicht zwanzig oder dreissig Jahre, vielleicht war es in einem fr?heren Leben. Und doch muss ich schon einmal diesen Frieden versp?rt haben, da ich nun hier umhergehe und summe und entz?ckt bin und mich um jeden Stein und jeden Halm k?mmere, und diese wieder sich um mich zu k?mmern scheinen. Wir kennen uns.

Wenn ich auf dem ?berwucherten Weg in den Wald hineinschreite, bebt mein Herz in einer unirdischen Freude. Ich werde an einen bestimmten Platz an der Ostk?ste des Kaspischen Meeres erinnert, wo ich einmal gestanden habe. Dort war es wie hier, und die See lag still und schwer und stahlgrau da wie jetzt. Ich ging durch den Wald, wurde zu Tr?nen ger?hrt und war hingerissen und sagte immerfort: Gott im Himmel, dass ich wieder hierher kommen sollte!

Als sei ich schon fr?her einmal dort gewesen.

Aber vielleicht bin ich einmal aus einer anderen Zeit und aus einem anderen Land, wo der Wald und die Wege die gleichen waren, dorthin gekommen. Vielleicht war ich eine Blume im Wald, oder ein K?fer, der auf einer Akazie sass und daheim war.

Und jetzt bin ich hierher gekommen. Vielleicht habe ich den langen Weg als Vogel zur?ckgelegt. Oder ich war ein Kern in irgendeiner Frucht, die ein persischer Kaufmann gesandt hat .....

Seht, jetzt bin ich fort vom L?rm und Gedr?nge der Stadt, von Zeitungen und Menschen, vor all dem bin ich geflohen, weil mich das Land und die Einsamkeit, aus denen ich gekommen war, wieder riefen. Du wirst sehen, es geht gut! denke ich und hoffe das Beste. Ach, schon einmal fr?her habe ich so die Flucht ergriffen, und bin dann doch wieder in die Stadt zur?ckgekehrt. Und bin wieder geflohen.

Jetzt aber habe ich den festen Vorsatz, um jeden Preis Frieden zu erlangen. Ich habe mich vorl?ufig hier in einer H?tte eingemietet, und die alte Gunhild ist meine Hausfrau.

Die Vogelbeerb?ume stehen mit reifen Korallenbeeren rings im Nadelwald, in schweren Trauben fallen die Fr?chte schon dumpf zur Erde. Sie ernten sich selbst und s?en sich wiederum selbst, ein unglaublicher ?berfluss wird jedes Jahr verschwendet; an einem einzigen Baum z?hle ich ?ber dreihundert Trauben. Und rings an den Abh?ngen stehen noch eigensinnige Blumen, die durchaus noch nicht sterben wollen, obwohl ihre Zeit eigentlich vorbei ist.

Aber auch die Zeit der alten Gunhild ist vorbei, und doch stirbt sie nicht! Sie tut, als ginge der Tod sie nichts an. Wenn die Fischer drunten am Strand arbeiten und die Fischreusen teeren oder die Boote anstreichen, geht die alte Gunhild mit erloschenen Augen, aber mit dem listigsten Kaufmannssinn zu ihnen hin:

Was kosten heute die Makrelen? fragt sie.

Das gleiche wie gestern, lautet die Antwort.

Dann k?nnt Ihr sie behalten!

Gunhild geht nach Hause.

Aber die Fischer wissen zu gut, dass Gunhild keine von denen ist, die nur scheinbar heimgehen, sie ist schon ?fters wieder in ihre H?tte zur?ckgekehrt ohne sich umzusehen. Hallo! rufen sie ihr deshalb nach, ein halbes Dutzend Makrelen habe heute sieben St?ck, da sie eine alte Kundschaft sei.

Da kauft Gunhild Fische ....

Rote R?cke und blaue Hemden und Unterzeug von ungeheurer Dicke h?ngen an den W?scheleinen; das alles ist von den alten Frauen der Insel, die heute noch leben, gesponnen und gewebt worden. Aber auch die feinen Hemden ohne ?rmel, in denen man so sch?n blau friert, h?ngen zum Trocknen hier, und auch die lila Wolljacken, die man zu einem Strick ausdehnen kann. Woher stammen diese Missgebilde? Ja, die haben sich die T?chter, die jungen M?dchen von heute in der Stadt verdient. Wenn man sie vorsichtig und selten w?scht, halten sie zur Not einen Monat. Und man f?hlt sich so herrlich nackt darin, wenn die L?cher nach und nach immer zahlreicher werden.

Dagegen sind die Schuhe der alten Gunhild kein Spielzeug. Von Zeit zu Zeit wendet sie sich an einen gleichaltrigen und gleichgesinnten Fischer und l?sst sich Oberleder und Sohlen mit einem dicken Fett einschmieren, gegen das alles Wasser machtlos ist. Ich sehe, wie diese Schmiere am Strand gekocht wird, es ist Talg und Teer und Harz darin.

Als ich gestern auf dem durch die Ebbe freigelegten Strand umherschlenderte und Treibholz und Muscheln und Steine betrachtete, fand ich ein winziges St?ck Spiegelglas. Wie es hergekommen ist, verstehe ich nicht; aber es sieht ganz aus wie ein Irrtum oder wie eine L?ge. Ein Fischer ist doch wohl kaum damit hergerudert, hat es hier hingelegt und ist dann wieder fortgefahren. Ich liess es liegen wo es lag, es war dick und gew?hnlich und einfach, vielleicht stammte es von der Scheibe einer Strassenbahn. Es gab einmal eine Zeit, da war das Glas selten und flaschengr?n, -- Gott segne die alte Zeit, da etwas selten war!

Jetzt steigt aus den Fischerh?tten an der S?dspitze der Insel Rauch auf. Es ist Abend, die Gr?tze wird gekocht. Und wenn das Essen verzehrt ist, gehen die ehrbaren Leute zu Bett, um bei Tagesgrauen wieder aufzustehen. Nur die unvern?nftigen Jungen schleichen noch von H?tte zu H?tte, ziehen die Zeit hinaus und wissen nicht, was zu ihrem eigenen Besten dient.

Heute morgen ging hier ein Mann an Land, er kam, um das Haus anzustreichen. Da aber die alte Gunhild so uralt ist und von der Gicht so geplagt wird, l?sst sie ihn zuerst einige Tage lang Holz f?r den Herd klein machen. Ich selbst habe ihr oft angeboten, dieses Holz zu hacken; aber sie fand, dass ich zu feine Kleider habe, und wollte mir um keinen Preis die Axt ausliefern.

Der fremde Maler ist ein kleiner, gedrungener Mann mit rotem Haar und ohne Bart; ich beobachte ihn durch das Fenster bei seiner Arbeit, um zu sehen, wie er es macht. Ich entdecke, dass er mit sich selbst redet, schleiche aus dem Haus und lausche seinem Selbstgespr?ch. Wenn er daneben hackt, bleibt er ganz geduldig und ruhig; st?sst er sich aber die Kn?chel an, dann wird er ?rgerlich und sagt Teufel! Teufelszeug! worauf er sich dann pl?tzlich umsieht und zu summen anf?ngt, um zu verbergen, was er gesagt hat.

Doch, ich erkenne den Maler wieder. Aber das ist, der Teufel hol' mich, kein Maler, es ist Grindhusen, einer meiner Kameraden vom Wegbau in Skreia.

Ich gehe zu ihm hin, gebe mich zu erkennen und schw?tze mit ihm.

Viele, viele Jahre ist es her, seit wir, Grindhusen und ich, Wegarbeiter waren, es war in unserer gr?nen Jugend; in den kl?glichsten Schuhen tanzten wir die Wege entlang und verschlangen, was uns unterkam, wenn wir ?berhaupt Geld hatten! Blieb uns aber ausserdem noch etwas ?brig, dann gab es die ganze Samstagnacht hindurch Tanz f?r die M?dchen, ein grosser Schwarm unserer Arbeitsgenossen beim Wegbau h?ngte sich an uns, und die Frau im Haus verkaufte Kaffee, dass sie reich davon wurde. Dann arbeiteten wir wieder die ganze Woche hindurch mit Lust und Liebe und sehnten uns nach dem Samstag.

Konnte er sich der Tage in Skreia erinnern?

Er sieht mich an und betrachtet mich und ist zur?ckhaltend, es dauert eine kleine Weile, bis er sich mit mir an unsere Erlebnisse erinnern will.

Doch, er erinnert sich an Skreia.

Und weisst du noch Anders Fila und die Spirale? Und erinnerst du dich an Petra?

Welche von ihnen?

Petra, die deine Liebste war.

Ja, an die erinnere ich mich schon noch. Ich blieb schliesslich an ihr h?ngen.

Grindhusen beginnt wieder zu hacken.

So, du bliebst an ihr h?ngen?

Na ja freilich. Es sollte eben nicht anders sein. Was ich sagen wollte, du hast dich offenbar t?chtig herausgemacht, soviel ich sehe?

Wieso? Die Kleider? Hast du denn nicht auch Sonntagskleider?

Was hast du daf?r bezahlt?

Ich weiss es nicht mehr, aber es war nicht viel, ich k?nnte es nicht so genau sagen.

Grindhusen sieht mich erstaunt an und lacht.

Weisst du nicht mehr, was du f?r die Kleider bezahlt hast? Dann wird er ernst, sch?ttelt den Kopf und sagt: O nein, das weisst du wohl nicht mehr. So ist es, wenn einer viel Geld hat.

Die alte Gunhild kommt aus der Stube, und da sie sieht, dass wir die Zeit hier beim Hackstock verschw?tzen, befiehlt sie Grindhusen, mit dem Anstreichen zu beginnen.

Ja so, du bist jetzt Maler geworden, sagte ich.

Grindhusen antwortet nicht darauf, und ich verstehe, dass ich im Beisein anderer etwas Ungeschicktes gesagt habe.

Ein paar Stunden lang verkittet er die Risse und streicht an, und bald steht die dem Meer zugewandte Nordseite der kleinen H?tte geputzt und rot da. In der Mittagspause gehe ich mit einem Schluck Branntwein zu Grindhusen hinaus, wir legen uns in die Wiese und schw?tzen und rauchen.

Maler? Na, nicht gerade Maler, sagt er. Wenn mich einer fragt, ob ich eine Hauswand anstreichen kann, dann kann ich es. Und fragt mich einer, ob ich das und jenes kann, dann kann ich es auch. Da hast du aber wirklich einen guten Branntwein.

Seine Frau und zwei seiner Kinder wohnten eine Meile weit weg, jeden Samstag ging er zu ihnen heim; zwei von seinen T?chtern waren erwachsen, die eine hatte geheiratet, und Grindhusen war bereits Grossvater. Wenn er nun Gunhilds H?tte zweimal angestrichen hatte, sollte er auf den Pfarrhof gehen und einen Brunnen graben; es gab immer etwas zu tun, bald da, bald dort in den Gemeinden. Und wenn der Frost kam und der Winter begann, ging er entweder zum Holzf?llen in die W?lder, oder er legte sich daheim eine Zeitlang auf die faule Haut, bis wieder irgendeine Arbeit f?r ihn auftauchte. Er hatte jetzt keine gr?ssere Familie mehr, und es w?rde sich f?r morgen so gut ein Rat finden wie f?r heute.

Add to tbrJar First Page Next Page

Back to top Use Dark Theme