Read Ebook: Unter Herbststernen by Hamsun Knut Sandmeier J Julius Translator
Font size: Background color: Text color: Add to tbrJar First Page Next Page Prev PageEbook has 1371 lines and 36963 words, and 28 pagesSeine Frau und zwei seiner Kinder wohnten eine Meile weit weg, jeden Samstag ging er zu ihnen heim; zwei von seinen T?chtern waren erwachsen, die eine hatte geheiratet, und Grindhusen war bereits Grossvater. Wenn er nun Gunhilds H?tte zweimal angestrichen hatte, sollte er auf den Pfarrhof gehen und einen Brunnen graben; es gab immer etwas zu tun, bald da, bald dort in den Gemeinden. Und wenn der Frost kam und der Winter begann, ging er entweder zum Holzf?llen in die W?lder, oder er legte sich daheim eine Zeitlang auf die faule Haut, bis wieder irgendeine Arbeit f?r ihn auftauchte. Er hatte jetzt keine gr?ssere Familie mehr, und es w?rde sich f?r morgen so gut ein Rat finden wie f?r heute. Wenn ich es nun erschwingen k?nnte, dann w?rde ich mir einiges Maurerwerkzeug kaufen, sagte Grindhusen. Bist du auch Maurer? Na, nicht gerade Maurer. Aber wenn der Brunnen gegraben ist, dann muss er ausgemauert werden, das ist klar .... Wie gew?hnlich wandere ich ?ber die Insel dahin und denke an allerlei. Friede, Friede, ein himmlischer Friede schweigt mir hier von jedem Baum im Walde entgegen. Es sind fast keine kleinen V?gel mehr da, nur einige Kr?hen fliegen stumm von Ort zu Ort und setzen sich nieder. Und die Vogelbeertrauben fallen schwer zu Boden und vergraben sich im Moos. Er hat vielleicht recht, Grindhusen, es findet sich wohl f?r alles auch morgen ein Rat, so gut wie heute. Seit zwei Wochen habe ich jetzt keine Zeitung mehr gelesen, und ich lebe trotzdem, ich lebe, mache grosse Fortschritte in meiner inneren Ruhe, singe, recke mich, stehe an den Abenden barh?uptig da und betrachte den Sternenhimmel. In den letzten achtzehn Jahren habe ich im Caf? gesessen und dem Kellner eine Gabel zur?ckgegeben, wenn sie nicht ganz rein war; hier bei Gunhild gebe ich keine Gabel zur?ck! Sahst du, wie Grindhusen -- sage ich zu mir selbst -- als er die Pfeife anz?ndete, sein Z?ndholz bis aufs ?usserste ausn?tzte und sich doch seine harten Finger nicht verbrannte? Ich hatte beobachtet, wie eine Fliege auf seiner Hand lief, er liess sie laufen, vielleicht f?hlte er es nicht. So soll ein Mann gegen Fliegen sein .... Am Abend nimmt Grindhusen das Boot und rudert fort. Ich schlendere am Strand entlang, singe ein wenig, werfe Steine ins Meer und ziehe Treibholz aus dem Wasser. Sterne und Mond stehen am Himmel. Nach ein paar Stunden kommt Grindhusen zur?ck und hat ein vollst?ndiges Maurerwerkzeug im Boot. Das hat er sich irgendwo gestohlen, denke ich. Jeder von uns nimmt seine B?rde auf die Schulter, und wir verstecken das Werkzeug im Wald. Dann ist es Nacht, und wir trennen uns f?r heute. Am n?chsten Nachmittag ist der Anstrich des Hauses fertig; um aber die Arbeitszeit ganz auszuf?llen, geht Grindhusen darauf ein, den Rest der Zeit bis sechs Uhr Holz zu hacken. Ich nehme Gunhilds Boot und rudere zum Fischen hinaus, um bei seinem Fortgehen nicht zugegen zu sein. Fische fange ich keine, aber ich friere und sehe oft auf die Uhr! Jetzt muss er wohl fort sein, denke ich und rudere gegen sieben Uhr heim. Grindhusen ist schon dr?ben am Festland und ruft mir von dort aus Lebewohl zu. Ein warmer Strahl durchzuckte mich, es war, als riefe mich etwas aus der Jugend, aus Skreia, ein Menschenalter zur?ckliegend. Ich rudere zu ihm hin?ber und frage: Kannst du den Brunnen allein graben? Nein, ich muss mir einen Mann dazu nehmen. Nimm mich mit! sage ich. Warte hier, ich muss nur noch einmal zur?ck und abrechnen. Als ich in der Mitte des Sundes war, ruft mir Grindhusen nach: Nein -- es wird Nacht f?r mich. Und dir ist es wohl auch nicht Ernst damit? Warte ein paar Minuten. Ich bin gleich wieder da. Und Grindhusen l?sst sich am Strand nieder. Er erinnert sich, dass ich eine kleine Flasche besonders guten Branntwein habe. Wir kamen an einem Samstag auf den Pfarrhof. Grindhusen hatte mich nach vielen Zweifeln endlich als Helfer mitgenommen, ich hatte Proviant und Arbeitskleider gekauft und stand jetzt in Bluse und Schaftstiefeln an Ort und Stelle. Ich war frei und unbekannt und bem?hte mich mit langen schweren Schritten zu gehen, -- Gesicht und H?nde hatten schon vorher etwas Proletarierhaftes gehabt. Wir sollten auf dem Pfarrhof wohnen; das Essen konnten wir uns im Brauhaus kochen. Dann begannen wir zu graben. Ich tat meine Arbeit, und Grindhusen war mit mir zufrieden. Du bist gewiss noch ein ganzer Kerl zur Arbeit, sagte er. Nach einiger Zeit kam der Pfarrer zu uns heraus, und wir gr?ssten. Es war ein ?lterer, milder Mann, der eine bed?chtige Rede f?hrte; um die Augen hatte er einen F?cher von Falten wie von tausend g?tigen L?cheln. Er bat um Entschuldigung, die H?hner seien so schlimm und k?men jedes Jahr in den Garten, ob wir nicht erst etwas an der Gartenmauer dort in Ordnung bringen k?nnten? Grindhusen antwortete: Freilich, da k?nne schon geholfen werden. Wir gingen hinauf und setzten die eingefallene Gartenmauer instand, und w?hrend wir damit besch?ftigt waren, kam eine junge Dame heraus und sah uns zu. Wir gr?ssten wieder, und ich fand sie wundersch?n. Auch ein halb erwachsener Junge kam heraus, sah zu und stellte seine vielen Fragen. Die beiden waren wohl Geschwister. Die Arbeit ging so leicht, w?hrend die jungen Leute dastanden und zusahen. Dann wurde es Abend. Grindhusen ging heim, ich blieb hier. Nachts lag ich auf dem Heu in der Scheune. Am n?chsten Morgen war Sonntag. Ich wagte nicht meine Stadtkleider anzuziehen, da sie vielleicht zu fein f?r mich ausgesehen h?tten, sondern putzte meinen Anzug von gestern gut aus und trieb mich an dem milden Sonntagmorgen auf dem Pfarrhof umher. Ich sprach mit den Knechten und scherzte gleich ihnen mit einigen der M?dchen; als die Kirchenglocken zu l?uten begannen, liess ich um ein Psalmenbuch bitten. Der Sohn des Pfarrers brachte mir eines. Von dem gr?ssten der Knechte lieh ich mir eine Jacke, sie war zwar etwas knapp, wenn ich aber die Bluse und die Weste auszog, passte sie ganz gut. Dann ging ich in die Kirche. Die innere Ruhe, die ich mir bei meinem Aufenthalt auf der Insel erarbeitet hatte, erwies sich noch als ungen?gend; als die Orgel zu brausen begann, wurde ich aus meinem Gleichgewicht geworfen und war nahe daran zu schluchzen. Halt dein Maul, das ist nur Neurasthenie! sagte ich zu mir selbst. Ich hatte mich ziemlich abseits gesetzt und verbarg meine R?hrung so gut wie m?glich. Sehr froh war ich, als der Gottesdienst zu Ende war. Nachdem ich mein Fleisch gekocht und Mittag gemacht hatte, wurde ich in die K?che zum Kaffee eingeladen. W?hrend ich dort sass, kam das junge Fr?ulein von gestern herein, ich stand auf und gr?sste, und sie dankte. Sie war so nett, weil sie jung war, und sie hatte h?bsche H?nde. Als ich gehen wollte, vergass ich mich und sagte: Tausend Dank f?r Ihre Liebensw?rdigkeit, sch?ne Dame! Erstaunt sah sie mich an, runzelte die Stirne und wurde nach und nach gl?hend rot. Dann gab sie sich einen Ruck und verliess die K?che. Sie war so jung. Nun, das hatte ich gut gemacht! Missmutig schlich ich in den Wald hinauf und versteckte mich. Warum hatte ich naseweiser Tor nicht geschwiegen! Ich banaler Schw?tzer! Die H?user des Pfarrhofes lagen an einem kleinen Hang, von dessen H?he aus sich eine Hochfl?che mit W?ldern und Rodungen ins Land hinein erstreckte. Mir kam der Gedanke, dass der Brunnen eigentlich hier oben gegraben und eine Leitung zu den H?usern von hier aus hinuntergelegt werden m?sste. Ich sch?tze die H?he ab und bin ?berzeugt, dass das Gef?lle ausreicht; auf dem Heimweg schreite ich die ungef?hre L?nge ab, es sind dreieinhalbhundert Fuss. Aber was ging mich der Brunnen an! Dass ich nur nicht pl?tzlich wieder den Fehler mache, gebildet zu sein, Beleidigungen zu sagen und mich ?ber meinen Stand zu erheben! Am Montag war Grindhusen zur?ck, und wir fingen an zu graben! Der alte Pfarrer kam wieder zu uns heraus und fragte, ob wir ihm nicht am Weg zur Kirche einen Pfosten aufmauern k?nnten. Er brauche den Pfosten, der schon fr?her dort gestanden habe, aber vom Wind umgeworfen worden sei, er ben?tze ihn, um Plakate und Bekanntmachungen daran anzuschlagen. Wir stellten einen neuen Pfosten auf und gaben uns M?he dabei, so dass er kerzengerade dastand; als Dach setzten wir eine Kappe aus Zinkblech darauf. W?hrend ich an dieser Blechkappe arbeitete, veranlasste ich Grindhusen vorzuschlagen, der Pfosten solle rot angestrichen werden; er hatte noch rote Farbe von Gunhilds Haus ?brig. Als der Pfarrer den Pfosten lieber weiss haben wollte, und Grindhusen ihm nur nach dem Mund redete, wandte ich dagegen ein, dass man die weissen Plakate auf rotem Grund besser sehen w?rde. Da l?chelte der Pfarrer mit den unz?hligen Falten um die Augen und sagte: Ja, da hast du recht. Mehr bedurfte es nicht, dieses L?cheln und diese kleine Zustimmung waren genug, mich innerlich stolz und froh zu machen. Das junge Fr?ulein kam hinzu, richtete einige Worte an Grindhusen, scherzte sogar mit ihm und fragte, was das f?r ein roter Kardinal sei, den er hier aufstelle? Zu mir sagte sie nichts und sah mich auch nicht an, als ich gr?sste. Das Mittagessen war eine harte Pr?fung. Nicht weil das Essen nicht gut genug war, aber Grindhusen ass die Suppe so h?sslich, und um den Mund gl?nzte er von Speck. Wie wird er wohl die Gr?tze essen? dachte ich hysterisch. Als Grindhusen sich auf der Bank zur?cklehnte, und es den Anschein hatte, dass er in diesem fetten Zustand seine Mittagsrast halten wolle, rief ich ihm einfach zu: Aber so wisch dir doch den Mund ab, Mensch! Er sah mich an, fuhr sich dann mit der Hand ?ber die Lippen. Den Mund? fragte er. Ich musste den Eindruck wieder verwischen und sagte: Hoho, jetzt hab ich dich sch?n zum Narren gehalten, Grindhusen! Aber ich war unzufrieden mit mir und verliess sogleich das Brauhaus. Das junge Fr?ulein m?chte ich ?brigens so weit bringen, dass sie mir dankt, wenn ich gr?sse, dachte ich; sie soll in kurzer Zeit dar?ber aufgekl?rt werden, dass ich ein Mann von Kenntnissen bin. Da war z. B. dieser Brunnen mit der Wasserleitung, -- wie, wenn ich nun mit einem vollst?ndigen Plan hervortreten w?rde! Mir fehlte nur noch ein Messapparat, um das Gef?lle vom Gipfel der Anh?he zu bestimmen, und ich begann an diesem Apparat zu arbeiten. Ich konnte mich mit einer Holzr?hre behelfen, wenn ich zwei gew?hnliche Lampenzylinder daran festkittete und dann das Ganze mit Wasser f?llte. Immer mehr Kleinarbeiten gab es auf dem Pfarrhof, eine Treppenstufe sollte gerichtet werden, eine Grundmauer nachgesehen; und als die Kornernte eingebracht werden sollte, musste die Auffahrt zur Scheune instandgesetzt werden. Der Pfarrer hielt darauf, dass alles in guter Ordnung war, und uns konnte es ja gleich sein, da wir im Tagelohn arbeiteten. Aber je l?nger es dauerte, desto unbehaglicher f?hlte ich mich in der Gesellschaft meines Kameraden. Dass er z. B. das Brot gegen die blosse Brust stemmte und mit einem fetten Taschenmesser, das er h?ufig ableckte, davon herunterschnitt, verursachte mir grosse Pein; dazu kam, dass er sich die ganze Woche hindurch, von Sonntag zu Sonntag, niemals wusch. Am Morgen, noch ehe die Sonne kam, und am Abend, wenn sie untergegangen war, hing ihm ein blanker Tropfen an der Nase. Und N?gel hatte er! Und seine Ohren waren so h?sslich! Ach, ich war ein Empork?mmling, der in Caf?h?usern gelernt hatte fein zu sein. Da ich mich nicht enthalten konnte, die Unreinlichkeit meines Kameraden zu bekritteln, schuf ich eine wachsende Missstimmung zwischen uns, und ich f?rchtete, dass wir uns eines Tages trennen w?rden. Wir sprachen nur das Notwendigste miteinander. Der Brunnen war immer noch ungegraben. Der Sonntag kam, und Grindhusen war heimgegangen. Ich hatte nun mein Peilrohr fertig, und so stieg ich am Nachmittag auf das Dach des Hauptgeb?udes und befestigte dort meinen Apparat. Ich sah sofort, dass die Peilung mehrere Meter unterhalb des Gipfels auf die Anh?he traf. Gut. Wenn ich nun auch noch einen ganzen Meter bis zum Wasserspiegel im Brunnen abzog, w?rde doch Druck im ?berfluss vorhanden sein. Add to tbrJar First Page Next Page Prev Page |
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