Read Ebook: Auf Schneeschuhen durch Grönland. Erster Band by Nansen Fridtjof Bloch Andreas Illustrator Holmboe Thorolf Illustrator Nielsen Eivind Illustrator Werenskiold Erik Theodor Illustrator Mann Mathilde Translator
Font size: Background color: Text color: Add to tbrJar First Page Next Page Prev PageEbook has 1050 lines and 97269 words, and 21 pagesIch konnte indessen nur Leute gebrauchen, die mit dem Schneeschuhlaufen vertraut und die als energische ausdauernde Menschen bekannt waren. Ich w?hlte folgende Norweger: +Otto Sverdrup+, fr?heren Schiffskapit?n, +Oluf Dietrichson+, damals Premier-Lieutenant, jetzt Kapit?n bei der norwegischen Infanterie, und +Kristian Kristiansen Trana+, einen norwegischen Bauernburschen. Da ich urspr?nglich die Absicht hatte, Rennthiere mitzunehmen, und da ich glaubte, Nutzen aus dem angeborenen Ortssinn der Naturv?lker, sowie ihrer Gabe, sich in alle m?glichen Lagen des Lebens zu finden, ziehen zu k?nnen, so schrieb ich an ein paar mir empfohlener M?nner in Finnmarken und fragte an, ob sie mir ein paar Berglappen verschaffen k?nnten, die geneigt seien mitzukommen. Ich f?gte hinzu, dass es muthige Leute sein m?ssten, bekannt als besonders ausdauernd und geeignet, sich auf unbekanntem Terrain zurecht zu finden; auch m?ssten sie von vorneherein v?llig ?ber die gefahrvolle Natur des Vorhabens unterrichtet sein, es m?sse ihnen eingesch?rft werden, dass ebenso viel Aussicht vorhanden sei, dass sie nicht zur?ckkehrten, als dass sie ihre Heimath gl?cklich wieder erreichten, -- ferner m?ssten es unverheirathete Leute in einem Alter zwischen 30 und 40 Jahren sein, da ich glaube, dass K?rper wie Geist in dem Alter am widerstandf?higsten und geeignetsten f?r ein solches Unternehmen seien. Es w?hrte lange, ehe Antwort auf meine Vorfrage kam, -- die Post gelangt nicht schnell zu den Bewohnern Finnmarkens, -- nur alle vierzehn Tage kommt sie mittels einer Rennthierpost ?ber das Gebirge zu ihnen. Endlich als die Zeit bereits dr?ngte, erhielt ich die Antwort, ich k?nne zwei t?chtige Kerle aus Karasjok bekommen, wenn ich gut bezahlen wolle. Ich ging so ungef?hr auf ihre Forderungen ein und telegraphirte, dass sie baldm?glichst kommen m?ssten. Dann erhielt ich die Nachricht, sie seien unterwegs und w?rden den und den Tag eintreffen, -- ich war nat?rlich sehr gespannt darauf, sie zu sehen. An einem Sonnabend Abend wurden sie erwartet. Es waren Leute am Bahnhof, um sie in Empfang zu nehmen und sie in ihr Logis zu f?hren. Aber keine Lappen kamen. Auch am Sonntag kamen sie nicht. Niemand konnte begreifen, was aus ihnen geworden war; endlich am Montag hiess es, nun seien sie angekommen. Und wirklich, sie waren gekommen, -- mit dem gemischten G?terzug statt mit dem Eilzug. Ich eilte nach ihrem Logis und kam in ihr Zimmer, -- mitten in demselben stand ein junger, h?bscher Mann mit einem beinahe mehr finnischen als lappl?ndischen Aussehen, hinten in einer Ecke sass ein alter Mann mit langem, schwarzem Haar, das ihm ?ber die Schultern hing; er war klein von Wuchs, sah aber noch kleiner aus, wie er da zusammengekrochen auf einer Kiste sass. Er hatte ein st?rkeres lappl?ndisches Aeussere als der Junge. Auf ihn passte v?llig die Beschreibung, die +Peder Dass+ von den Lappen giebt: Das Volk, das ist von ganz eigner Natur, Kurzbeinig im Wuchs und von kr?ft'ger Statur, Es gleicht auf ein Haar den Zwergen. -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- Mit klugem Aug, das gar scharf weiss zu schau'n, Von Antlitzfarbe ganz gelblich und braun, Spitzkinnig mit l?nglichen Kiefern. Als ich eintrat, neigte er den Kopf und kreuzte die Arme auf morgenl?ndische Weise, -- der Junge gr?sste auf ganz gew?hnliche Art. Der Alte konnte nur wenig Norwegisch, deshalb musste ich mit dem Jungen sprechen. Ich fragte, ob sie sich wohl bef?nden, und weshalb sie mit dem langsamen Zuge gekommen seien. Ja, sie h?tten es nicht besser gewusst, und dann sei es mit dem Zuge ein paar Kronen billiger gewesen. ,,Wie alt seid Ihr denn?" -- ,,Ich bin 26 Jahre alt, und er dort, Ravna, ist 45 Jahre." Das war denn doch eine merkw?rdige Geschichte! Ich hatte ausdr?cklich betont, dass sie zwischen 30 und 40 Jahre alt sein sollten. ,,Ihr seid beide Berglappen?" -- ,,Nein, nur Ravna ist Berglappe, ich bin in Karasjok ans?ssig." -- Noch schlimmer; ich hatte ausbedungen, dass es Berglappen sein sollten. ,,Aber seid Ihr denn gar nicht bange davor, die Reise zu unternehmen?" -- ,,Ja, wir ?ngstigen uns sehr, man hat uns unterwegs gesagt, die Expedition sei so gef?hrlich, dass wir wohl nicht lebendig wieder nach Hause k?men, und deshalb sind wir so bange geworden." -- Aber das war denn doch zu arg! Sie waren nicht einmal von dem in Kenntniss gesetzt worden, worauf sie eingingen, die armen Menschen! Ich hatte die gr?sste Lust, sie gleich wieder nach Hause zu schicken, aber jetzt war es zu sp?t, andere Leute zu verschreiben. Ich musste sie behalten, deshalb war es das Beste, sie zu tr?sten, so gut ich konnte und ihnen zu sagen, dass das, was die Leute redeten, Unsinn sei, -- ihnen schon im voraus den Muth zu nehmen, hatte gar keinen Zweck, sie konnten ihn ohnedies schnell genug verlieren. Wenn sie auch nicht so stark und ausdauernd aussahen, wie ich es gew?nscht hatte, so machten sie doch den Eindruck von herzensguten, zuverl?ssigen Menschen. Und dass sie das waren, haben sie in vollem Masse bewiesen, und in Hinsicht auf ihre Ausdauer liessen sie nichts zu w?nschen ?brig. Als Naturvolk betrachtet, hatte ich von ihnen ?brigens bei weitem nicht den erw?nschten Nutzen. So wurden sie beispielsweise zu Rekognoscirungen ?berall nicht verwendet. In einer Schilderung, welche +Balto+ von der ganzen Fahrt gemacht hat, f?hrt er, nachdem er von seiner Reise von Finnmarken erz?hlt und wie ihnen die Leute unterwegs allen Muth genommen h?tten, indem sie mich als einen ganz verr?ckten Menschen darstellten, folgendermassen fort: ,,Am 14. April reisten wir von Trondhjem und kamen am 16. April nach Kristiania. Nansen hatte einen Mann nach dem Bahnhofe geschickt, um uns in Empfang zu nehmen, n?mlich Sverdrup; er kam zu uns und fragte: ,,Seid Ihr die beiden M?nner, die mit Nansen wollen?" -- Wir antworteten, dass wir es seien. Sverdrup erz?hlte, dass auch er einer von denen sei, die mit Nansen wollten, und er erz?hlte, dass er ausgegangen sei, um uns zu empfangen. ,,Kommt jetzt mit mir!" und wir gingen mit ihm, und er f?hrte uns in ein Hotel, das in der Tolbodgade Nr. 30 liegt. Nach Verlauf einer Stunde kamen Nansen und Dietrichson, um uns zu begr?ssen. Es war ?beraus herrlich und wunderbar, als wir diesen unsern fremden Herrn zu sehen bekamen, n?mlich Nansen. Er war uns fremd, aber sein Antlitz schien uns entgegen, als sei es das Antlitz unserer zur?ckgebliebenen Eltern gewesen, so sch?n kam es mir vor, und so war auch sein an uns gerichteter Willkommgruss. Alle die fremden Leute in der Stadt waren sehr gut und freundschaftlich gegen uns Lappen w?hrend der ganzen Zeit, die wir in Kristiania waren; von der Zeit an wurden wir noch vergn?gter, und das war sehr angenehm f?r uns." Da wir uns nun durch dies ganze Buch hindurch mit diesen f?nf Menschen besch?ftigen sollen, w?re es vielleicht ganz angebracht, sie einzeln vorzustellen. Wir wollen mit den Norwegern anfangen und sie dem Alter nach vorf?hren. +Otto Neumann Sverdrup+ wurde am 31. Oktober 1855 auf dem Hofe Haarstad in Bindalen auf Helgeland geboren. Sein Vater war der Wald- und Hofbesitzer +Ulrik Sverdrup+ und seine Mutter war +Petra Knoph+. In einer rauhen Natur geboren und von Kindheit an daran gew?hnt, sich in allen m?glichen Besch?ftigungen und in allem m?glichen Wetter in W?ldern und auf Bergen umherzutreiben, lernte er fr?h f?r sich selbst sorgen und auf eigenen F?ssen stehen. Er war noch ein kleiner Knabe, als er anfing auf Skischuhen zu laufen, und dass sich in einem so unkultivirten Distrikt wie in Bindalen die beste Gelegenheit findet, sich zu einem t?chtigen und unerschrockenen Skil?ufer auszubilden, liegt auf der Hand. Mit zehn Jahren erhielt er eine Flinte, und von der Zeit an streifte er stets auf Jagdausfl?gen umher, im Winter auf Schneeschuhen, im Fr?hling auf der Auerhahn- und im Herbst auf der B?renjagd. Er wurde nicht in die Stadt geschickt, um zur Schule zu gehen, sondern er hatte einen Hauslehrer. Eine besondere Vorliebe f?r B?cher scheint er jedoch niemals gehabt zu haben. Mit 17 Jahren ging er zur See und reiste dann w?hrend vieler Jahre theils mit norwegischen, theils mit amerikanischen Schiffen. Im Jahre 1878 machte er sein Steuermannsexamen in Kristiania und fuhr dann mehrere Jahre als Steuermann. Als solcher erlitt er vor einigen Jahren mit einem norwegischen Schoner an der Westk?ste von Schottland Schiffbruch. Bei dieser Gelegenheit zeigte er so recht, welcher Kern in ihm steckte, denn es ist haupts?chlich seiner Besonnenheit und Schneidigkeit zu verdanken, dass die Mannschaft gerettet wurde. Einen Schoner und ein Dampfschiff f?hrte er als Kapit?n, -- ein Jahr lang lag er auch mit einem Fischkutter an der Nordlandsk?ste. Vor einer Reihe von Jahren geschah es, dass man in G?teborg einen F?hrer f?r +Nordenfeldts+ unterseeisches Boot suchte, das ?ber die Nordsee nach England gef?hrt werden sollte. Man setzte eine Belohnung f?r Denjenigen aus, der dies gefahrvolle Amt ?bernehmen wolle, aber es fand sich Niemand, der es wagte. Da kam +Sverdrup+ zuf?llig dorthin und erbot sich gleich dazu, er ?berredete einen Vetter, als Maschinist mitzugehen, und diese Beiden wollten es ?bernehmen, das unsichere Fahrzeug, das noch Niemand auf gr?ssere Entfernungen versucht hatte, nach England zu f?hren, ja, +Sverdrup+ meinte, es sei ein wahrer Sport, aber dann, im letzten Augenblick, ?nderten die Unternehmer ihren Entschluss und liessen das Boot ?ber die See bugsiren. W?hrend der letzten Jahre hat sich +Otto Sverdrup+ gr?sstentheils auf dem Gute seines Vaters aufgehalten, der vor ungef?hr 11 Jahren seinen Besitz in Bindalen verkauft und sich weiter s?dw?rts auf Trana bei Stenkj?r angesiedelt hatte. Hier besch?ftigte er sich bald mit dem Einen, bald mit dem Andern, bald stand er dem Forstwesen, bald dem Fl?ssen des Holzes vor, bald war er Schmied, bald ging er auf Fischfang aus, und ?berall war er der Erste. Sein liebster Zeitvertreib war es, in st?rmischem Wetter in einem Nordlandsboot auszusegeln, wenn das Boot mit vierfach gerefften Segeln die sch?umende Brandung durchschnitt, ganz so, wie es bei +Peder Dass+ heisst: ,,Gebt acht auf die Schote! Sch?pfkell in die Faust, das Auge im Wind, Stemmt gegen das Seil, seid schnell und geschwind," -- da gefiel +Sverdrup+ das Dasein. Dass ein solcher Mann f?r eine Expedition wie geschaffen war, ist selbstverst?ndlich. Durch sein bewegtes, vielseitiges Leben hatte er gelernt, sich in allen schwierigen Lagen zurechtzufinden. Stets war er ruhig, immer wusste er Rath. -- +Oluf Christian Dietrichson+ wurde am 31. Mai 1856 in Skogn bei Levanger geboren. Sein Vater war der Kreisarzt +Peder Wilhelm Krejdahl Dietrichson+ und seine Mutter +Canuta Pauline Ditlevine Due+. Er genoss eine strenge Erziehung und wurde fr?h zu m?nnlicher Th?tigkeit angehalten und an das Leben in freier Luft gew?hnt. Sein Schulweg bis Levanger, wo er bis 1873 die Schule besuchte, betrug fast eine deutsche Meile, sp?ter kam er ein Jahr auf Trondhjems Lateinschule und von dort nach Kristiania auf die Maribogadens-Schule, wo er bis 1876 blieb. Dann nahm er ein Jahr lang Privatstunden und wurde 1877 Kadett, als solcher kam er in die mittelste Klasse der damals aus f?nf Klassen bestehenden Kriegsschule. Im Jahre 1880 wurde er zum Offizier, im Februar 1882 zum Seconde-Lieutenant und im Sommer 1890 zum Kapit?n in der Trondhjemschen Brigade ernannt. In den Wintersemestern 1882-84 machte er die Centralturnschule in Kristiania durch und bildete sich zum Lehrer in der Gymnastik und Waffenf?hrung aus; im Jahre 1887 wurde er als H?lfslehrer bei dieser Schule angestellt. +Dietrichson+ hat sich sein Leben lang auf das eifrigste mit allen k?rperlichen Uebungen besch?ftigt. Von Natur hat er einen starken, wohl proportionirten K?rper, der durch gute Erziehung stets abgeh?rtet und entwickelt worden ist. In den sp?teren Jahren hat er jeden Winter lange Schneeschuhtouren durch die verschiedenen norwegischen Berggegenden gemacht; er hat auf seinen Schneeschuhen fast alle Th?ler zwischen Skien und Trondhjem durchwandert, und es giebt wohl kaum Jemand, der so viel von Norwegen zur Winterszeit gesehen hat, wie er. Auf der Expedition gereichten uns die Kenntnisse, die er durch seine milit?rische Ausbildung erworben hatte, zu grossem Nutzen. Er ?bernahm fast ausschliesslich die F?hrung des meteorologischen Tagebuches, wie auch die ausgef?hrten Landmessungen und die angefertigten Karten sein Verdienst sind. Mit Selbstaufopferung und grossem Eifer unterzog er sich dieser Arbeit, die um so anerkennenswerther ist, wenn man bedenkt, unter welchen Verh?ltnissen er arbeitete. Vollauf kann das wohl nur Derjenige verstehen, der es versucht hat, bei einer Temperatur von unter -30, seine Beobachtungen zu machen, und sein meteorologisches Tagebuch genau und p?nktlich wie gew?hnlich zu f?hren, selbst wenn man todtm?de ist, und wenn von allen Seiten der Untergang droht, oder zu schreiben, wenn die Finger so von Frost angeschwollen sind, dass man kaum einen Bleistift halten kann. Ja, dazu geh?rt wahrlich mehr als das gew?hnliche Mass von Energie und Charakter! -- +Kristian Kristiansen Trana+ war nicht mehr als 24 Jahre alt, als er sich der Expedition anschloss. Dies ist freilich ein bedeutend geringeres Alter, als wie ich es zu dergleichen Strapazen f?r zweckm?ssig halte, aber er war muthig und stark und hatte eine ganz ausserordentliche Lust zu dem Unternehmen. Auf +Sverdrups+ Empfehlung hin besann ich mich deswegen nicht, ihn mitzunehmen. Ich sollte es auch nicht bereuen, obgleich er sein kr?ftigstes Alter sicher noch nicht erreicht hatte. Er wurde am 16. Februar 1865 in dem Oertchen Grinna geboren, ein wenig s?dlich von Trana, dem jetzigen +Sverdrup+schen Besitz. In seiner Heimath hat er sich haupts?chlich an Forstarbeiten betheiligt, ausserdem ist er mehrmals zur See gewesen und hat infolgedessen ein wenig von der Welt gesehen. Er war ein t?chtiger, zuverl?ssiger Bursche, und wenn +Kristian+ versprochen hatte, irgend etwas auszuf?hren, so wusste ich stets, dass es gethan wurde. -- +Samuel Johannesen Balto+ ist ein in Karasjok ans?ssiger Lappe, er war 27 Jahre alt, als er sich auf die Expedition begab. Er war von mittlerer Gr?sse und hatte eigentlich nichts ausgepr?gt Lappl?ndisches in seinem Aeussern. Er geh?rt zu den sogenannten Flusslappen, die gew?hnlich gr?sser von Wuchs sind und stark mit Kv?nen vermischt zu sein pflegen. Die meiste Zeit hatte er mit Forstarbeiten verbracht, mehrere Jahre hindurch war er aber auch mit auf Fischfang ausgezogen. Eine Zeitlang hatte er bei den Berglappen gedient und war beim H?ten der Rennthiere beh?lflich gewesen. So war er u. a. eine kurze Zeit hindurch Knecht bei +Ravna+ gewesen. Er war ein lebhafter, aufgeweckter Bursche, eifrig bei allem, was er vornahm; er unterschied sich hierin wesentlich von seinem Kameraden +Ravna+. Dabei besass er eine grosse Ausdauer und war stets bereit, bei allem zu helfen, wodurch er f?r uns von grossem Nutzen wurde. Mit seiner fliessenden Zunge und seinem gebrochenen Norwegisch war er auch im wesentlichen das erheiternde Element unserer Expedition. -- +Ole Nielsen Ravna+ ist ein Berglappe aus der Karasjokgegend und z?hlte 45 oder 46 Jahre, -- er war dessen selber nicht ganz sicher. Sein ganzes Leben lang hat er als Nomade in seinem Zelt gelebt, mit seinen Rennthieren auf den finnmarkischen Feldern umherziehend. Seine Rennthierherde war vor seiner Reise nach Gr?nland nicht sonderlich gross, -- sie z?hlte zwischen 200 und 300 Thiere. Er war der Einzige von der Expedition, der verheirathet war, -- er verliess seine Frau und f?nf Kinder. Wie bereits vorhin erw?hnt, hatte ich keine Ahnung davon, -- ich hatte als Bedingung aufgestellt, dass keiner der Theilnehmer verheirathet sein solle. Wie es die Berglappen in der Regel zu sein pflegen, war er bedeutend phlegmatischer als der j?ngere Lappe, er sah es am liebsten, wenn wir uns nicht auf der Wanderschaft befanden, um mit gekreuzten Beinen still in einer Ecke des Zeltes sitzen zu k?nnen und nichts zu thun, nachdem er sich vorher gr?ndlich vom Schnee gereinigt hatte. Selten sah man ihn etwas vornehmen, ohne dass er direkt dazu aufgefordert wurde. Er war sehr klein von Wuchs, aber ?berraschend stark und ausdauernd, obwohl er sich selbst und seine Kr?fte stets zu schonen wusste. Er sprach, besonders zu Anfang der Reise, sehr wenig norwegisch, aber infolgedessen konnten seine Bemerkungen oft ?usserst komisch klingen und grosse Heiterkeit hervorrufen. Er konnte nicht schreiben und hatte keinen Begriff von einer so modernen Einrichtung wie einer Uhr, lesen hingegen konnte er, und seine liebste Lekt?re war das neue Testament in lappl?ndischer Sprache, von dem er sich niemals trennen wollte. Beide Lappen waren, wie sie selbst sagten, nur mitgegangen, um Geld zu verdienen, nicht aus Lust an dem Unternehmen oder an Abenteuern. Sie waren im Gegentheil ?usserst bange vor dem Ganzen und liessen sich leicht einsch?chtern, was ja kein Wunder ist, wenn man bedenkt, wie wenig sie von vorneherein ?ber unsere Pl?ne unterrichtet waren. Dass sie nicht so unwissend zur?ckkehrten, kann man u. a. aus Baltos Aufzeichnungen ersehen, von denen auch sp?terhin einige mitgetheilt werden sollen. Beide Lappen waren ?brigens gutartige und liebensw?rdige Menschen. Ihre Treue konnte oft etwas R?hrendes haben, und ich habe sie mit der Zeit sehr lieb gewonnen. Fussnoten: Am liebsten wollte ich bei dem unbekannten Scoresbyfjord weiter nordw?rts landen. Dazu musste man jedoch ein besonderes Fahrzeug miethen, und da es voraussichtlich Schwierigkeiten machen d?rfte, die hierzu erforderlichen Geldmittel aufzutreiben, habe ich diesen Plan vorl?ufig aufgegeben. Als Beispiel kann angef?hrt werden, dass dort im Sommer 1884 sehr wenig Eis war und die Seehundsf?nger die Klappm?tzen beinahe hart am Lande fingen. Diese ,,+Truger+" sind aus einem ovalen Holzrahmen gebildet und mit einem Weidengeflecht ?berspannt. Sie werden in Norwegen viel angewendet, selbst f?r Pferde. Auf meine Aufforderung hin schrieb Balto nach unserer R?ckkehr den folgenden Bericht in lappl?ndischer Sprache. Prof. +Fries+ hat freundlichst einige Theile davon ?bersetzt, und die Uebersetzung ist so wortgetreu wie m?glich gehalten. Die Ausr?stung. Bei Expeditionen von einer Natur, wie die, von welcher hier die Rede ist, h?ngt selbstverst?ndlich ein gl?cklicher Ausfall im wesentlichen von der Ausr?stung ab; ja in diesem besonderen Fall w?rde das Leben der Theilnehmer aufs Spiel gesetzt, wenn die Ausr?stung nicht so war, wie sie sein sollte. Ein Nagel oder eine Fuge, die ihren Zweck nicht erf?llen, k?nnen die ganze Expedition aufhalten, ja die allerernstlichsten Folgen nach sich ziehen. Jede noch so kleine Einzelheit muss gewissenhaft gepr?ft werden, und man darf weder Ver?nderungen noch Umst?nde scheuen, bis alles so vollkommen wie m?glich ist. Das Ganze erfordert die bedachtsame Ueberlegung einer langen Reihe von Bagatellen, von deren Summe aber der Erfolg abh?ngig ist; es kann schwerlich zu viel Gewicht darauf gelegt werden. Viele der fr?heren Expeditionen sind meiner Ansicht nach zu leicht ?ber diesen Punkt hinweggegangen. Wie bereits erw?hnt, war es urspr?nglich meine Absicht, falls dies ausf?hrbar sei, Hunde oder Rennthiere zum Ziehen zu benutzen. Der hierdurch entstehende Vortheil ist begreiflicherweise kein geringer, sobald man die Thiere erst gl?cklich an der Stelle hat, von wo aus die Schlittenfahrt ihren Anfang nehmen soll. Es ist von vielen erfahrenen M?nnern gesagt worden, dass sich Zugthiere nicht zu langen Schlittenexpeditionen eignen, da die Thiere -- sowohl Hunde wie Rennthiere -- nur Proviant f?r sich selber in einem bestimmten Zeitraum ziehen k?nnen. Ich verstehe indessen dies Raisonnement nicht, -- kann man die Thiere nicht den ganzen Weg benutzen, so steht man sich immerhin gut dabei, sie so lange wie m?glich zu benutzen und dann zu schlachten. Hat man eine gen?gende Anzahl Thiere -- Rennthiere oder Hunde -- und nimmt man so viel Proviant f?r sie mit, wie sie neben der ?brigen Ausr?stung der Expedition ziehen k?nnen, so kann man mit ihrer H?lfe schnell vorw?rts kommen, ohne sich wesentlich anzustrengen. Gleichzeitig hat man den Vortheil, dass man -- indem man die Thiere nach und nach schlachtet -- sich best?ndig frisches Fleisch zu verschaffen in der Lage ist. Auf diese Weise bedarf man auch keines so umfangreichen Proviants f?r sich selber, wie dies sonst nothwendig sein w?rde. Wenn man dann endlich gezwungen ist, die letzten Thiere zu schlachten, muss man voraussichtlich ein gutes St?ck vorw?rts gekommen sein, ohne an seinen eigenen Kr?ften zu zehren; nebenbei hat man den Vortheil, sich die ganze Zeit hindurch an frischem Fleisch satt essen zu k?nnen, was von grosser Bedeutung ist, da man die Reise nun mit ungeschw?chten Kr?ften fortzusetzen vermag. Mancher wird einwenden, dass dies nicht der Fall sein kann, wenn es sich um Hunde handelt, darauf kann ich aber nur antworten, dass ich aus Erfahrung weiss, welch guter Koch der Hunger ist, und dass Hundefleisch durchaus nicht unschmackhaft ist, -- die Eskimos halten es sogar f?r einen Leckerbissen, -- und dass Derjenige, der es unter Umst?nden wie den hier obwaltenden, nicht zu essen imstande ist, sich nicht als Theilnehmer einer Expedition dieser Art eignet. H?tte ich gute Schlittenhunde auftreiben k?nnen, so w?rde ich sie unbedingt mitgenommen haben. Die Hunde haben n?mlich den grossen Vortheil vor den Rennthieren, dass sie bedeutend leichter zu transportiren und nicht schwer zu f?ttern sind, sie ern?hren sich von demselben Proviant wie wir, w?hrend die Rennthiere ihren eigenen Proviant haben m?ssen, der im wesentlichen aus Rennthiermoos besteht, und umfangreich und schwer ist. Es war mir indessen nicht m?glich, in der kurzen Zeit, die mir zugemessen war, brauchbare Hunde aufzutreiben, deswegen musste ich den Gedanken aufgeben. Dann dachte ich an Rennthiere, schrieb deswegen nach Finnmarken, versah mich sogar in R?ros mit Rennthiermoos. Aber dann stellte es sich heraus, dass mit ihrer Verfrachtung grosse Schwierigkeiten verbunden waren, und dass es noch gr?ssere Schwierigkeiten machen w?rde, sie in Gr?nland an Land zu schaffen. Ich gab deshalb auch die Rennthiere auf und hielt mich nun ausschliesslich an die Menschen. Wenn man jedes St?ckchen Brot, welches man essen will, selbst ziehen muss, da ist es ganz nat?rlich, dass man alles so leicht wie m?glich einzurichten sucht; der Proviant, die Ger?thschaften, die Kleidung, alles muss auf das geringste Minimum reduzirt werden. Wenn man mit einer solchen Ausr?stung besch?ftigt ist, so kommt man schliesslich ganz unbewusst dazu, den Werth aller Dinge nach ihrem Mangel an Gewicht zu berechnen, ja selbst wenn es sich nur um ein Taschenmesser handelt, kommt es vor allem darauf an, dass es leicht ist. Man muss sich aber auch h?ten, in der Jagd nach Leichtigkeit allzuweit zu gehen, -- die Ger?thschaften m?ssen +stark+ sein, denn sie sollen manche harte Probe bestehen. Die Kleidung muss +warm+ sein, Niemand weiss, wie kalt es wird, und der Proviant muss nahrhaft sein und aus verschiedenen Nahrungsmitteln in passendem Verh?ltniss bestehen, denn uns steht ein schweres St?ck Arbeit bevor, weit schwerer als es sich wohl einer der Theilnehmer tr?umen l?sst. Das Wichtigste bei einer Schlittenexpedition ist nat?rlich +der Schlitten+. Da im Laufe der Zeiten, besonders von England aus, so viele Schlittenexpeditionen nach den arktischen Regionen veranstaltet sind, so sollte man annehmen, dass der Schlitten auf Grund der auf diese Weise gewonnenen Erfahrungen einen hohen Grad der Entwickelung angenommen haben m?sse. Das ist nun freilich nicht der Fall, und man kann sich nicht genug wundern, dass Expeditionen so neuen Datums, wie z. B. die zweite deutsche Nordpolexpedition 1869-70 , die ?sterreichisch-ungarische Nordpolexpedition 1872-74 oder selbst die grosse englische Nordpolexpedition unter +Nares+ 1875-76 mit so grossen, klotzigen, unzweckm?ssigen Schlitten ausger?stet wurden, wie dies der Fall war. Weit besser stand es in dieser Beziehung mit den beiden letzten amerikanischen Expeditionen und derjenigen, die im Jahre 1884 unter +Schley+ und +Soleys+ Leitung zu +Greelys+ Entsatz ausgesandt wurde. Der gew?hnliche Fehler bei den Schlitten der verschiedenen Expeditionen bestand darin, dass sie zu schwer und zu klotzig gebaut und viel zu gross waren. Wenn man dazu in Betracht zieht, dass sie gew?hnlich viel zu schmale Schienen hatten, so wird es leicht zu verstehen sein, dass sie tief in den Schnee einsanken und oft nur mit gr?sster Schwierigkeit vorw?rts zu bewegen waren. Einzelne Expeditionen gebrauchten wohl die in Amerika ?blichen toboggans, die aus einem einzigen, vorn erh?hten Brett bestehen. Sie sind gew?hnlich aus Birkenholz oder dergl. und haben eine L?nge von 2,5 ~m~ und eine Breite von 46 ~cm~ oder mehr. Wir finden diese Schlitten schon im Anfange unsres Jahrhunderts zu Expeditionen benutzt, -- beispielsweise f?hrte +Franklin+ solche auf seiner ersten Expedition mit sich. Der englische Reisende ~Dr.~ +Rae+ und nach ihm +Greely+ wandten ?hnliche, auf beiden Seiten mit ganz schmalen und niedrigen Schienen versehene Schlitten an. Es ist ganz selbstverst?ndlich, dass diese Schlitten sich bei losem Schnee gut auf der Oberfl?che halten und sich zu einer solchen Bahn vorz?glich eignen, wenn aber der Schnee ein wenig h?rter ist, geben sie doch eine zu starke Reibung und sind dann schwer zu ziehen. Auf den Gedanken, die Schlitten auf breite Schienen zu stellen, sind merkw?rdigerweise nur sehr wenige Expeditionen gekommen. +Payer+ sagt freilich in seinem Buch ?ber die ?sterreichisch-ungarische Expedition, ,,dass breite Schlittenschienen den Marsch durch tiefen Schnee sehr erleichtern". Er meint damit Schienen von 2 3/4 Zoll Breite, -- was f?r uns Norweger etwas ganz Nat?rliches ist, da wir von alten Zeiten her an die ,,Skikj?lker" gew?hnt sind. Es sind dies kleine Schlitten, die auf breiten, den Schneeschuhen ?hnlichen Schienen ruhen und in vielen Gegenden Norwegens von den Schneeschuhl?ufern sowohl im Walde wie im Gebirge angewendet werden, um Lasten wie Heu, Holz und dergl. zu bef?rdern. Sie werden an einem Seil gezogen, aber durch eine an der Seite befestigte Stange gelenkt, was sehr wichtig ist, um die ,,Kj?lker" zu verhindern, die Schneeschuhl?ufer zu ?berfahren, wenn es in sausender Fahrt den Berg hinabgeht. Die ,,Skikj?lker" sind ?ber Schweden und Finnland bis nach Sibirien hin verbreitet. Dieser Kj?lke schwebte mir bei der Konstruktion des Schlittens vor, der von uns zur Anwendung gelangte. Derselbe verband die Eigenschaften, die bei einem Schlitten als die wichtigsten betrachtet werden m?ssen, -- er war stark, leicht, hielt sich gut auf der Oberfl?che und glitt leicht ?ber den Schnee hin, gleichviel wie derselbe beschaffen war. Ausser den norwegischen ,,Kj?lkern" hatte mir auch der Schlitten vorgeschwebt, der in der +Greely+-Expedition beschrieben war und dessen sich die Expedition bediente, welche ausging, um +Greely+ zu suchen. In dem Tischler +Christiansen+, jetzt in Naes in Telemarken ans?ssig, fand ich einen t?chtigen und gewissenhaften Mann f?r die Anfertigung der Schlitten. Er sparte nichts, um meinen W?nschen nachzukommen und das ausgesuchteste Material zu verschaffen. Erst nach zahllosen Aenderungen und Versuchen, -- u. a. auf einer Reise ?ber das Gebirge von Bergen nach Kristiania, -- entschloss ich mich f?r die Form, welche wir dann sp?ter benutzten. Alles Holzwerk mit Ausnahme der Schienen war von Eschenholz und aus so z?hen St?cken wie nur m?glich. Da auserlesenes Eschenholz bekanntlich ein ausserordentlich starkes Material ist, konnte das Obergestell der Schlitten sehr leicht und d?nn angefertigt werden, ohne doch schwach zu werden. Die Schienen waren an einigen Schlitten aus Ulmenholz verfertigt, an anderen aus Ahorn, -- welche beide Holzarten sich vorz?glich durch ihre Gl?tte auf dem Schnee auszeichnen. In der Beziehung war es freilich einerlei, woraus sie gemacht waren, denn die Schienen waren mit d?nnen Stahlplatten beschlagen, die ich abzunehmen dachte, sobald wir auf losen Schnee k?men, die jedoch mit einer einzigen Ausnahme w?hrend des ganzes Weges benutzt wurden. Folgende Zeichnung giebt wohl eine so anschauliche Vorstellung von dem Bau der Schlitten, dass jede weitere Beschreibung ?berfl?ssig ist. Es waren gar keine N?gel verwendet worden, alles Zusammenf?gen war vermittelst Sorring bewerkstelligt, was den Schlitten elastischer macht, so dass er bei St?ssen u. dergl. nachgiebt, wo N?gel in der Regel herausfallen. Die Folge hiervon war auch, dass auf der ganzen Reise +nicht das Geringste zerbrochen wurde+. Die L?nge der Schlitten betrug ungef?hr 2,90 ~m~ und die Breite etwa 0,50 ~m~. Mass man die Schienen an der Unterseite von einer Spitze zur anderen, so betrug ihre L?nge 2,89 ~m~, w?hrend die Breite 9,5 ~cm~ betrug. Dass sie sowohl hinten wie vorne in die H?he gebogen waren, gab dem Schlitten eine gr?ssere St?rke und Elasticit?t, und gew?hrte gleichzeitig den Vortheil, dass man ihn, falls das Vordertheil auf irgend eine Weise besch?digt werden sollte, umwenden und das hintere Ende als Vordertheil benutzen konnte. Die in die H?he stehende R?cklehne, die man auf der Zeichnung erblickt, war aus einer gebogenen, d?nnen Eschenstange gemacht. Sie erwies sich sehr praktisch zum Lenken und Schieben des Schlittens auf schwierigem Terrain, wo eine Person nicht ausreichte, um einen Schlitten vorw?rts zu bewegen. Add to tbrJar First Page Next Page Prev Page |
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