Read Ebook: Landesverein Sächsischer Heimatschutz — Mitteilungen Band XIII Heft 5-6 by Landesverein S Chsischer Heimatschutz
Font size: Background color: Text color: Add to tbrJar First Page Next Page Prev PageEbook has 203 lines and 18862 words, and 5 pagesO du weinfrohe L?ssnitz! Vor vier Jahrzehnten noch gr?nten all?berall deine Rebenh?hen, mostvergn?gte Menschen jubelten auf deinen gartengeschm?ckten Strassen, und manch >>graue<< Z?ge f?hrten wackere Zecher heimw?rts. Kein Mensch ahnte in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts den Feind, der, an den Wurzeln der Reben saugend, all dieser Rebenherrlichkeit und Weinfr?hlichkeit ein Ende bereiten sollte. Ein winziger Schnabelkerf >>die Reblaus<< war unter der sommerdurchw?rmten Erde an der Arbeit; jahrzehntelang hatte sie sich unbemerkt in das Wurzelwerk des europ?ischen Weinstockes, unserer ~Vitis vinifera~ eingenistet. Der damalige Garteninspektor L?mmerhirt, als Vertreter des Landes-Obstbauvereins wurde mit Feststellung und Untersuchung des Sch?dlings betraut, und als die Verseuchung gr?sserer Fl?chen durch die Reblaus erwiesen war, wurde der Reichsregierung Mitteilung gemacht. Dieselbe ordnete f?r Sachsen als Reichskommissar den Oberf?rster Koch aus Trier ab und verf?gte die durch die internationale Konferenz der weinbautreibenden Staaten festgesetzten Bek?mpfungsmassregeln. Es zeigte sich nun, dass die Ausdehnung der Reblaussch?digungen in Sachsen bereits einen grossen Umfang angenommen hatte; zumal die k?niglichen Weinberge durften infolge ihres starken Befalles als die Herde der Kalamit?t betrachtet werden. Es erregte schon damals grosses Erstaunen, dass die Weinbergsinspektoren nicht vorher auf den schon lange bekannten furchtbaren Rebfeind aufmerksam geworden waren. Inwieweit einer oder der andern Beh?rde, beziehentlich deren Vertretern, entsprechende Vorhalte zu machen w?ren, ist jetzt eine m?ssige Frage. Tatsache war, dass die von Oberf?rster Koch mit zahlreichen Hilfskr?ften und kostspieligen Bek?mpfungsmitteln organisierte Abwehr des Sch?dlings kaum gen?gte, um die verseuchten Weinkulturfl?chen rechts der Elbe einigermassen gr?ndlich zu untersuchen, geschweige denn zu retten. Bereits im Jahre 1886 wurde mit dem Kampf gegen den ?berm?chtigen Sch?dling begonnen. Zum Verst?ndnis der zu schildernden Bek?mpfungsmassnahmen diene eine kurze Betrachtung der Lebensweise unseres Sch?dlings. Im Laufe der bereits erw?hnten ungeschlechtlich erzeugten Generationen traten, vielleicht infolge besonderer Ern?hrung, mit Fl?gelstumpfen begabte L?use auf, die man auf den sch?nen Namen >>Nymphen<< getauft hat . Aus dieser schon mit einer Art Taille versehenen Form entwickelt sich in warmen Sommern eine gefl?gelte Laus: Die Reblausfliege . Diese fliegt bei ruhigem Wetter auf benachbarte Berge und kann, vom Winde getrieben, Kilometerstrecken zur?cklegen. Sie landet schliesslich auf einem Weinblatt und legt dort wenige Eier von teils runder, teils ovaler Form. Aus diesen erst schl?pfen die eigentlichen >>Geschlechtstiere<< ; aus den kleinen runden die M?nnchen, aus den gr?sseren ovalen die Weibchen. Beide entbehren der Saugorgane, sind also blosse Geschlechtsmaschinen, die nur dem Gesch?fte der Begattung obliegen. Das befruchtete Weibchen legt ein einziges, etwas dickschaligeres dunkles Winterei. Die Bek?mpfungsmassnahmen haben im Laufe der Jahrzehnte manche Wandlung erfahren, eins aber ist sicher, dass sie eine v?llige Vernichtung der Reblaus nicht erreichen konnten! Es war im Jahre 1886 als ich, an der Dresdner technischen Hochschule Chemie studierend, durch Zeitungsnotizen darauf aufmerksam wurde, dass f?r die Untersuchung reblaus-verseuchter Gel?nde Hilfssachverst?ndige gesucht wurden, welche mit der Handhabung der Lupe vertraut und insektenkundig waren. Da ich zum Weiterstudium auf Gelderwerb angewiesen war, machte ich mich eines Tages auf den Weg, mich beim Reichskommissar um die Stellung eines Hilfssachverst?ndigen zu bewerben. Ich kam damals zum erstenmal in die herrlichen Gefilde der L?ssnitz und war geradezu entz?ckt ?ber die harmonische Vereinigung einer jahrhundertealten, anheimelnden, vornehmen Siedlungskultur mit einer herrlichen, durch die gr?nen H?hen der Weingel?nde versch?nten Natur. In dem Bad-Hotel zu K?tzschenbroda wollte ich mich bei einem Schoppen Schieler nach dem Aufenthalt des Reichskommissar Koch erkundigen. Da sah ich - es war Fr?hst?ckszeit - am Nebentisch eine fr?hliche Runde, zu welcher, st?rmisch begr?sst, ein jovialer alter Herr trat, eben der gesuchte Herr Kommissar. Ich stellte mich ihm vor, brachte dreist meinen Wunsch an, wurde an die frohe Tafelrunde gebeten, und nach etwa einer Viertelstunde nicht allzu strenger Pr?fung ward ich unter frohem Gl?serklingen wohlbestallter Hilfssachverst?ndiger f?r Reblausuntersuchungen in der L?ssnitz; wohlgemerkt! mit sechs Mark Tagegeld, f?r mich eine wertvolle Studienbeihilfe. Meine Kollegen waren teils Forststudenten, teils M?nner mit landwirtschaftlicher Hochschulbildung, teils G?rtner. Ich habe meine Stellung als Hilfssachverst?ndiger gen?gend lange bekleidet, um aus eigener Erfahrung erz?hlen zu k?nnen, wie sich Untersuchung und Vernichtung der Weinberge damals vollzog - leider muss ich sagen >>Vernichtung der Weinberge<<, denn die Bek?mpfung des Sch?dlings gelang bei der in der L?ssnitz ?berm?chtig auftretenden und ?berall verbreiteten Reblaus nicht mehr. Nur wenige Berge waren damals beinahe reblausfrei; es waren die vortrefflich gehaltenen von Nacke und B?hme, die auch noch heute einen Bestand aus jener Zeit - nat?rlich verj?ngt - besitzen. Die Untersuchung der Weinberge auf Reblaus wurde folgendermassen vorgenommen. Die Hilfssachverst?ndigen, gef?hrt von einem Sachverst?ndigen, etwa vier bis f?nf Herren, begaben sich mit je zwei bis drei Arbeitern in den zu untersuchendem Weinberg, unter Vorzeigen eines vom Ministerium des Innern ausgestellten Ausweises. Jeder, welcher den Herd, mochte es dienstlich oder anders begr?ndet sein, betrat, selbst die Herren Ministerialdirektoren waren nicht ausgeschlossen, musste mit seiner Fussbekleidung in ein Becken mit Petroleum treten - dies wiederholte sich auch beim Verlassen des Herdes. Auf diese Weise sollte die Verschleppung der Reblaus gehindert werden - auch ein sorgf?ltiges Abb?rsten der Oberkleider musste man darum ?ber sich ergehen lassen. Aus gleichem Grunde wurde auf den Herden sogar eine Nachtwache bezogen, die leider von der Bev?lkerung in der ersten Erbitterung t?tlich angegriffen wurde. Auch wir Hilfssachverst?ndigen wurden auf dem Heimwege von unserer anstrengenden T?tigkeit des ?fteren mit Steinw?rfen bedacht. Welch ungeheuere Verseuchung einzelne Berge aufwiesen mag das Beispiel des von mir untersuchten Weinberges des Kammerherrn Exzellenz von Minckwitz zeigen. Dieser Berg z?hlte allein ?ber dreitausend infizierte St?cke. Hierbei fanden sich nicht bloss die Nodosit?ten an den jungen Wurzeln; auch das alte Wurzelholz zeigte knotige Anschwellungen, sogenannte Tuberosit?ten , welche oft honiggelb ?berzogen waren, da Laus an Laus, Eigelege an Eigelege sass. Nunmehr trat die Vernichtungskolonne in T?tigkeit. Wagen fuhren die zur Bodendesinfektion und zum Verbrennen der Rebpflanzen und Rebpf?hle n?tigen Petroleummengen in F?ssern heran, sp?ter auch die Schwefelkohlenstoff-Beh?lter, und es entstand ein oft recht bedeutendes Stofflager in der N?he des betroffenen Weinbergsgel?ndes. Es wurden alsdann im Herde die Rebpf?hle gezogen, die Rebst?cke und etwa vorhandenen B?ume herausgehackt, die Zwischenkulturen, meist Erdbeeren, aber auch Gem?se herausgerissen. Alles wurde zu einem Scheiterhaufen geschichtet, der, mit Petroleum besprengt, schliesslich entz?ndet wurde, so dass allenthalben von den Bergen die Rauchs?ulen emporstiegen, als Zeichen, dass dort eine hundertj?hrige Weinkultur mit all ihrem M?hen und Hoffen zu Grabe geleitet wurde . Dieses Autodaf? hat den Herzen der Bewohner und dem Reiz des Landschaftscharakters tiefe Wunden geschlagen. Der nunmehr von allen Pflanzen ger?umte Herd wurde alsdann teils durch ?berbrausen, teils durch Eingiessen von Petroleum in etwa f?nfzig Zentimeter tiefe L?cher desinfiziert. Der sp?ter verwendete Schwefelkohlenstoff wurde mit besonderem Apparat dem Boden eingespritzt . Das Petroleum durchdrang leider den Boden nicht gleichm?ssig, so dass man eine leicht vergasende Fl?ssigkeit, welche alle Erdporen gleichm?ssig durchdrang, erstrebte. Diese schien im Schwefelkohlenstoff gegeben. Derselbe wirkte aber im ?bermass als Wurzelgift; so dass seine Verwendung ausserordentlich vorsichtig gehandhabt werden musste. Ein sicherer Fortschritt in der Reblausbek?mpfung lag in dem Bestreben, die Schwefelkohlenstoffgaben so zu bemessen, dass die ungeheuere Vermehrung der Reblaus geschw?cht wurde, ohne dabei das Gedeihen des Stockes zu sch?digen. Dieses sogenannte >>Kulturalverfahren<< hat bei einzelnen Bodenklassen, z. B. in dem Muschelkalkgel?nde des Unstrutgebietes guten Erfolg gezeigt. Bei uns in Sachsen wurde ihm von Anfang an mit Misstrauen begegnet, um so mehr, als dadurch die vom Staate gew?hrte Entsch?digung f?r befallene St?cke in Wegfall kam. Ich bin der ?berzeugung, dass bei geeigneten Versuchen f?r s?chsische Verh?ltnisse ein brauchbares Kulturalverfahren h?tte ausgearbeitet werden k?nnen. Die von mir auf Brabsch?tzer Flur, gegen?ber der L?ssnitz, mit Erlaubnis des Ministeriums ausgef?hrten Versuche mit Schwefelkohlenstoffemulsionen hatten sehr guten Erfolg. Leider stockten diese Versuche, da im Jahre 1907 von der Reichsregierung das s?chsische Weinbaugebiet als unheilbar verseucht erkl?rt wurde, sodass die s?chsische Regierung die kostspieligen Untersuchungs- und Bek?mpfungsarbeiten zum gr?ssten Teil einstellte. Trotz sorgf?ltigster Untersuchung und gr?ndlicher Bek?mpfung hatte allj?hrlich die Reblauskalamit?t wie ein glimmendes Feuer weiter um sich gefressen, so dass nach einem Jahrzehnt die gr?nen Rebenh?nge verschwanden. ?de, mit Unkraut bestandene Gel?ndewunden starrten uns entgegen , denn erst nach einer vier- bis f?nfj?hrigen Quarant?nezeit durften die ger?umten Herde wieder bepflanzt werden. Reben wurden aber auch dann nicht wieder angepflanzt, denn die gesch?digten Besitzer hatten Lust und Mut verloren; die alten Winzer mit ihren weinbaulichen Erfahrungen starben ab, - und der Weinbau der L?ssnitz schien auf immer begraben zu sein. Erdbeer- und Obstkulturen , oft auch Gem?sefl?chen erhoben sich zwar an Stelle des gr?nen Rebenkleides, konnten aber das urspr?ngliche, an die sch?nsten Gegenden des Rheines erinnernde Landschaftsbild mit seinem Rebenzauber nicht wieder schaffen. Immer blieben unsch?ne ?dstellen, die das fr?her so liebliche Gel?nde sch?ndeten. Erst eine neue Bek?mpfungsart unter Verwendung amerikanischer Reben als Wurzelunterlage sollte der landschaftlichen Sch?nheit der L?ssnitz wieder aufhelfen. ?berall sieht man schon auf amerikanischer Unterlage veredelte, ?ppig gedeihende Neuanlagen, so dass wir hoffen d?rfen, allm?hlich die fr?here Anmut der L?ssnitz wieder erstehen zu sehen. Von t?chtigen Weinbausachverst?ndigen beraten, beginnt auch die Kellerwirtschaft sich zu heben, so dass bei guten Jahren uns ein trinkbarer Tropfen winkt, ein Tropfen, viel viel besser als sein Ruf. M?chten dann die Sklavenketten, mit denen das Ausland uns fesselt, gefallen sein, so dass wir bei funkelndem heimischen Rebensaft frohen Herzens jubeln k?nnen: Heil dem freien Deutschland, heil unserem Sachsenland! Fussnoten: Z. B. Weinstuben von Julius Papperitz, Dresden, Scheffelstrasse. Frankreich: Champagne. Spanien: Barcelona. Schweiz: Z?rich und Genf. Italien: Lago Maggiore, Calabrien. ?sterreich: Steiermark, Nieder?sterreich, Dalmatien. Ungarn: Tokaier Lagen. Kroatien 13,5%. Russland: Kaukasus bei Batum. Rum?nien: 31%. Serbien. Bulgarien. T?rkei. Ausserdem S?d-Amerika: Brasilien, Uruguay. Afrika: Kap. Australien. In den s?dlichen L?ndern wird ausser der Wurzelreblaus eine oberirdische Form: die Blattreblaus in kugeligen Blatt- und Rankengallen gefunden. Die Rotalge ~Hildenbrandia rivularis Br?b.~, ein ausgestorbenes Naturdenkmal Sachsens Wir haben also in ~Hildenbrandia rivularis~ eine Pflanze vor uns, deren ganz nahe Verwandtschaft zu Meerespflanzen erwiesen ist, ohne dass es bisher gelungen w?re, diesen Zusammenhang aufzukl?ren. Aus der Beschaffenheit der verschiedenen Standorte hat v. Lingelsheim festgestellt, dass die Rotalge ihrem gewissen W?rmebed?rfnis nach dem atlantischen Florenbezirk angeh?rt. Sie stellt weniger Anspr?che an die chemische und optische Reinheit ihres Wohngew?ssers, vielmehr scheinen >>physische Faktoren, wie festes Substrat zur dauernden Fixierung, eine gewisse St?rke der Wasserbewegung, sowie eine gen?gende Durchl?ftung des Wassers<< f?r ihr Leben ausschlaggebend zu sein. Weiter wurde festgestellt, dass die Alge den Schatten liebt und sich an belichteten Stellen auf die Unterseite des Gesteins usw. zur?ckzieht oder wohl gar abstirbt. Mit Vorliebe bewohnt sie tiefe Gew?sser, so kommt sie im Gardasee noch in neunzig Meter Tiefe vor. Sie siedelt sich auf Gestein verschiedener Art an, meidet jedoch kalkhaltigen Boden. Ihre Vermehrung ist noch nicht aufgekl?rt, v. Lingelsheim h?lt es jedoch f?r wahrscheinlich, dass sich losgel?ste Thallusf?den anderw?rts festsetzen und so der Verbreitung dienen. v. Lingelsheim vermutet, dass die Rotalge wahrscheinlich auch an anderen Orten noch hin und wieder vorkommt und ein unbemerktes und unbekanntes Dasein fristet. Vielleicht hat auch Sachsen noch einen Standort, nachdem der L?ssnitzgrund anscheinend daf?r nicht mehr in Frage kommt. Vom neuen Weinbau In den Jahren 1886 bis 1889, teilweise etwa 1892, hat der alte s?chsische Weinbau aufgeh?rt irgendeine wirtschaftliche Bedeutung zu haben. Mit dem Reblauskampfe waren wohl auch manche Weinberge aus Mangel an Pflege eingegangen. Fehlende Technik, F?hrung und erlahmtes Interesse haben nur noch kleine Reste alter Weing?rten kleineren Besitzes im Lande zerstreut erhalten lassen. Einige verbleibende Kernpunkte der Orte Kossebaude, Mobschatz, Merbitz, Leuteritz im b?uerlichen Besitz, das alte von Haagensche Stadtgut zu Meissen, die Rote Presse von Langel?tze S?rnewitz mit kleinen Resten b?uerlichen Weinbesitzes, der Krassoberg der Stadt Meissen, kleinere Weinfl?chen der Bauern von Rottewitz, Zadel, Diesbar, Seusslitz und der Schlossweinberg von Seusslitz, wohl noch zwanzig Morgen gross, der Johannisberg des Herrn Nacke am Kroatengrund, Naundorf, der Eckberg des Herrn B?hme, Niederl?ssnitz, mit wenigen kleinen Nebenliegern haben den Grundstock erhalten, aus dem der neue Weinbau emporgediehen ist. Die ersten Versuche, den alten Weinbau wieder neu aufleben zu lassen, wurden von den Amtshauptmannschaften Dresden-N. und Grossenhain veranlasst. Amtshauptmann Dr. v. H?bel, der bekannte F?rderer des Heimatschutzes, berief die Winzer der L?ssnitzorte zu gemeinsamer Arbeit zusammen, der verstorbene Grossenhainer Amtshauptmann Dr. Uhlemann tat das gleiche f?r die Seusslitzer Pflege. Beide Arbeiten begannen im Jahre 1907, und zwar im ersteren Falle durch Anregung der alten Winzer und in Grossenhain durch die Anpflanzung der ersten, auf amerikanischen Reben gepfropfter Setzlinge, deren Widerstandsf?higkeit gegen die Reblaus im preussischen Weinbau an der Pfropfanstalt zu Naumburg an der Saale bereits erprobt gewesen ist. Den ersten dieser rekonstruierten Weinberge legte Baumeister Reinhold Bahrmann zu Seusslitz, Amtshauptmannschaft Grossenhain, an. Das erfolgreiche Gedeihen dieser Pfropfreben in Seusslitz veranlasste den damaligen Vorsitzenden des Landesobstbauvereins Geheimen Regierungsrat Dr. Uhlemann, Grossenhain, die dem Landesverein angeschlossenen Bezirksobstbauvereine der L?ssnitz und Meissen ebenfalls gepfropfte Reben versuchsweise anzupflanzen. Diese Anregung war nun in der L?ssnitz, wo Geheimer Regierungsrat Amtshauptmann Dr. von H?bel bereits grosses Interesse geweckt hatte, auf fruchtbaren Boden gefallen. Der B?hmesche Eckberg erhielt eine gr?ssere Pflanzung dieser Pfropfreben, die Geheimrat Dr. Uhlemann aus der preussischen Pfropfanstalt Naumburg bezogen hatte. Viele Mitglieder des Bezirksobstbauvereins der L?ssnitz erhielten gleichfalls einige solcher Reben. Dieser erste Versuch, unter Gew?hrung kleiner Staatsmittel, wurde nun st?ndige Einrichtung. In jedem Fr?hjahr wurden vom Landesobstbauverein eine Anzahl Pfropfreben aus Naumburg bezogen und an Mitglieder der Bezirksobstbauvereine der L?ssnitz und Grossenhain kostenlos abgegeben, w?hrend sich Meissen noch zur?ckhielt. Man hatte mit diesen ersten Rebenbez?gen zun?chst nur die Anregung und den Kleinversuch im Auge, bis dann 1912 von Dr. Goldschmidt, Niederl?ssnitz, zirka f?nftausend, von Kaufmann G?nther, Oberl?ssnitz, dreitausend Reben in einer Fl?che als Weinberg angelegt worden sind. Der Bezirksobstbauverein der L?ssnitz hatte 1911, um dem steigenden Rebenbedarf zu folgen, in Erw?gung gezogen, eine Rebenveredlungsanstalt einzurichten, war aber bei der Regierung mit seiner Vorstellung um Gew?hrung von Beihilfen abschl?gig beschieden worden. Diese Anregung des damaligen Vorsitzenden Ahrends, Niederl?ssnitz, hatte der Bezirksobstbauverein zu Meissen, unter dem Vorsitz des Amtshauptmanns von Oer, aufgegriffen und sich f?r Schaffung einer Rebschule staatliche Mittel verschafft, so dass dort 1914 die ersten veredelten Reben verf?gbar, aber, da nicht gen?gend vorgearbeitet worden war, keinen leichten Absatz fanden. In der L?ssnitz war inzwischen 1913 auf Anregung von Geheimrat Dr. Uhlemann eine Vereinigung zur F?rderung des Weinbaues der L?ssnitz und Umgebung mit etwa dreizehn Mitgliedern und dem Weinbergbesitzer Max B?hme als Vorsitzendem gegr?ndet worden, die es sich zur Aufgabe machen wollte, den Weinbau zu f?rdern. Diese Vereinigung arbeitete sehr rege durch Aufkl?rung, Neuanpflanzung von Weinbergen, Errichtung einer Rebenveredlungsstation, zu deren Einrichtung auf Anregung des Amtshauptmanns von Dresden-Neustadt, Geheimrat Dr. von H?bel, das Ministerium dreitausend Mark Beihilfe bewilligte. Der Landesobstbauverein trug zu den Kosten der Rebschule j?hrlich etwa eintausendzweihundert Mark, eine gleiche Summe bewilligte er der Meissner Schule. Die Leitung der Rebschule lag in H?nden des Rebschulausschusses unter Vorsitz von Oberingenieur Br?ckner, Radebeul. Einen nicht unbedeutenden Anteil an der Einrichtung hatte die 1912 gegr?ndete Hofl?ssnitzgesellschaft, durch Gestellung ihres G?rtners f?r Durchf?hrung der Veredlungen, kostenlose Benutzung des Hofl?ssnitzgel?ndes von zun?chst viertausend Quadratmeter und Errichtung der Unterst?tzungsgestelle f?r Anzucht der amerikanischen Reben. Die nun bis dahin geleistete Kleinarbeit hatte besonders bei den alten L?ssnitzern, die nun ihren Weinbau wieder haben sollten, sehr befruchtend angeschlagen und auch links der Elbe, in Kossebaude war Vater Tielemann der erste Neuwinzer, nicht minder die Kleinwinzer von Diesbar, Seusslitz. Meissen hielt sich noch zur?ck. Erst als der Landesobstbauverein den Mangel geeigneter F?hrung feststellte und 1912 den Weinbaulehrer, der bis dahin zw?lf Jahre in dem Hauptweinbaugebiet am Rhein und an der staatlichen Weinbauanstalt zu Oppenheim am Rhein war, nach Sachsen berief, wehte frisches Leben durch den neuen Weinbau. Der Stadtrat von Meissen begann nach einem vor dem gesamten Kollegium durch den Weinbaulehrer gehaltenen Vortrage mit der Rekonstruktion seiner Weinberge. Es wurde sachgem?sse D?ngung eingef?hrt, geringwertige Berglagen durch neuzeitliche Pflanzungen ersetzt und zur Durchf?hrung aller Belange ein Oberwinzer vom Rhein angestellt. Ebenso hat Herr von Harck den neuen Weinbaufachmann herbeigezogen, den Winzern von Diesbar, Seusslitz gute Lehren erteilen lassen, in gr?sseren Rebenschnittkursen einen sachgem?ssen Schnitt der Reben eingef?hrt und so den Ertrag der Weinberge gehoben. Nach wenigen Jahren wirkte sich diese Arbeit so aus, dass z. B. der Bahrmannsche Weinberg seine Ertr?ge von sieben Zentner Trauben im Herbst auf vierundf?nfzig Zentner gehoben hat. Mit diesem Zeitpunkte begann auch die Hebung der Kellerwirtschaft, die ihre gr?ssten Erfolge im Keller des Herrn Baumeister Bahrmann, Seusslitz, hatte. Im Jahre 1916 begann ein erneuter Abschnitt f?r den neuen Weinbau, nachdem bereits 1913, 1914, 1915 recht bedeutende Neuanpflanzungen der Herrn G?nther, Dr. Goldschmidt, Wackerbarths Ruhe; Kammerherrn von Minckwitz, Niederl?ssnitz; Gasch und F?hrmann in Rottewitz; Bahrmann, Seusslitz; Kupfer, Kossebaude, entstanden waren und ihre Entwicklung vorbildlich, die Ertr?gnisse in seltener H?he ausfielen. Man muss diese Musterpflanzungen neuer Art gesehen haben. Das Jahr 1916 brachte f?r die Weiterentwicklung des Weinbaues die Erweiterung der Rebenveredlungsstation zu Schloss Hofl?ssnitz, die ?bersiedlung des bis dahin in Meissen stationierten Weinbaulehrers und die Einrichtung von Musterweinbergen, f?r Sortenpr?fung, Pr?fung der Widerstandsf?higkeit gegen Krankheiten, Pr?fung des Kellerergebnisses aus neueingerichteten D?ngungsversuchen, Ger?tepr?fung und die Einrichtung laufender Lehrg?nge ?ber Weinbau, Kellerbehandlung der Weine und Bek?mpfung von Krankheiten und Sch?dlingen. Diese Lehrg?nge, vom Landesverband Sachsen f?r Obst- und Weinbau und der L?ssnitzer Weinbaugesellschaft werden laufend gut besucht. Mit diesem Zeitpunkte wurde in Hofl?ssnitz die Anzucht veredelter Reben sehr gehoben. Neben den hier gewonnenen amerikanischen Unterlagsreben bezog die erweiterte Anstalt verschiedene Waggonladungen solchen Amerikanerrebenholzes aus den Rebenzuchtstellen Preussens zu Oberlahnstein und Engers und der Bayrischen aus Regensburg, der Badischen Augustenberg. Um diese grossen Posten Veredlungen - siebzig- bis zweihunderttausend St?ck - rechtzeitig und gut herstellen zu k?nnen, war zur Veredlungszeit im Fr?hjahre die Einstellung von f?nfzehn bis sechzehn Akkordveredlern aus Dresdener Baumschulen n?tig geworden. Das Rebenvortreibehaus musste wiederholt beschickt werden, so dass die letzten Veredlungen erst in den ersten Junitagen zur Auspflanzung gelangten. Diese Massenvermehrung ist vor?bergehend zur?ckgetreten, weil mit dem immer st?rker werdenden Vordringen der Reblaus im Rheinweingebiet dort alle vorhandenen Aufzuchten f?r eigene Vermehrung verwendet werden m?ssen. Es sind daher in den letzten Jahren nur die den eigenen Zuchtg?rten entnommenen Rebenh?lzer zur Veredlung gelangt. Aber auch nach dieser Richtung ist Neumaterial bezogen und als Zuchtgarten aufgepflanzt worden, so dass bald wieder in gleichem Ausmasse herangez?chtet werden kann. Mit regem Eifer hat sich hier etwas entwickelt, was kein Mensch geahnt h?tte. Noch viel mehr h?tte aber geschehen k?nnen, wenn die freudige Arbeit sich auf Hilfe h?tte st?tzen k?nnen. Der Krieg mit seinem Vernichten hat auch diesen Arbeiten den kleinen Jahreszuschuss von 1200 bis 1800 Mark entrissen, so dass seit den Kriegsjahren alle Arbeiten der neuen Weinbauanstalt aus eigenen Einnahmen bestritten werden mussten. Dieses Missen hat auch nach neuen Einnahmen geschaut und so ist daraus die Schaffung eines Kellereibetriebes zur Kelterung der in den Versuchsweinbergen geernteten Trauben hervorgegangen. Hier soll bei den Lehrg?ngen durch das Beispiel Erzeugung von Rebensaft, Verlauf der G?rung und Erzielung edler Weine gezeigt werden. Auch das ist gelungen, wie bereits durch die von hier ausgehende Beratung in privaten Kellern ein Weg gewiesen worden ist, der dem Sachsenwein alle Ehre macht. So ist die Hofl?ssnitz heute wieder der Mittelpunkt des Sachsenweinbaues geworden, zun?chst nicht in Festen wie einst, aber in froher Arbeit und - den kommenden Festen, wie sie 1924 erstmalig der L?ssnitz und ganz Sachsen wiedergegeben werden sollen. Wer heute von Dresden nach Meissen f?hrt, sieht schon von Ferne die einfachen Neuanpflanzungen der einst kahlen Rebh?gel. Da sehen wir von Radebeul abfahrend >>Haus in der Sonne<<, eine der j?ngsten, erst ins vierte Jahr laufende Rebenpflanzung des Herrn Prof. Dr. Hammitzsch, Oberl?ssnitz, unten die schon ?ltere Pflanzung des B?rnerschen Bennoschl?sschens, dann die Bergspitze belebend die Barthsche Neupflanzung; jene von Krause, Wahnsdorf, und das Spitzhaus mit Bismarckturm s?umend die grossen Neupflanzungen der aus der Weinbaugesellschaft hervorgegangenen Genossenschaft, die schon tragf?hige grosse Anlage des Herrn Oberingenieur Moss, daneben die des Bankbeamten Domaschke und darunter, um das Hofl?ssnitzschl?sschen die Versuchsweinberge der Versuchs- und Lehranstalt Hofl?ssnitz. Etwas zur?ckgetreten breitet sich der grosse, im Jahre 1912 begonnene Weinbergbesitz Dr. Goldschmidts aus, w?hrend uns am Friedstein, nachdem wir die Jungpflanzung der Sektkellerei Bussard gesehen haben, die grosse Jungpflanzung des Herrn Michaelis gr?sst. Dann folgen die mit viel M?he geschaffenen Kleinanlagen M?ller, Geneus, Postsekret?r B?rner, Max Schumann, die sich nun an die Musterweinkulturen Schloss Wackerbarths Ruhe des Herrn Dr. Tiedemann anlehnen und die den ehemaligen Max B?hmeschen Besitz umfassen. Hier sehen wir nicht nur den neuzeitlichen Weinberg, sondern finden auch die in moderner Kellerwirtschaft gef?hrte Weinkellerei, deren Weine auch bei s?ddeutschen Konkurrenzen mit Glanz bestanden haben. Angereiht liegt der aus dem Niedergang des Weinbaus erfolgreich durchgehaltene Weinberg des Schlosses Johannishof, Naundorf, den Herr Fabrikbesitzer Nacke mit gutem Riesling bepflanzt hat. Hier bietet der Keller noch alte Jahrg?nge bis zum 1889er, der einem guten R?desheimer nichts nachgibt. Ganz im verborgenen Winkel, den Kroatengrund durchwandernd, liegt noch manch kleines Weinberglein, aber auch der noch durchgehaltene Weinberg unseres alten Vater Carl Mitzschke, der diese Weine in seinen Weinstuben darreicht. Auch Mieths Weinstuben aus alter Zeit, nicht weit entfernt, sind als Zeugen alter Kultur erhalten geblieben. Neues Leben zeigt sich auch in der N?he der Friedensburg und der S?ngerh?he. Add to tbrJar First Page Next Page Prev Page |
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