Use Dark Theme
bell notificationshomepageloginedit profile

Munafa ebook

Munafa ebook

Read this ebook for free! No credit card needed, absolutely nothing to pay.

Words: 15203 in 4 pages

This is an ebook sharing website. You can read the uploaded ebooks for free here. No credit cards needed, nothing to pay. If you want to own a digital copy of the ebook, or want to read offline with your favorite ebook-reader, then you can choose to buy and download the ebook.

10% popularity

ter unter der Zelt?ffnung stand und jede Bewegung der Tanzenden mit gierigem Blick verschlang. Sie verlor ihren rechten Schuh und tanzte im weissen Strumpfe auf dem Rasen weiter; sie sp?rte es nicht, dass sich ihr Busentuch l?ste und wie ein gebl?htes Segel zu den F?ssen gestrenger M?tter hinfiel; sie f?hlte im rasenden Drehen und Schweben nur das eine: dass eine seltsame Traurigkeit in ihr aufquoll, durch die ein bitterer Groll wie ein W?sserlein unter Steinen in ihr emporsickerte. Und als ihr T?nzer sie ins Zelt zur?ckbegleitete, blieb sie mit gesenkten Augen vor der Tafel stehen, wo die Herren noch immer beim Weine sassen und w?rdige Gespr?che pflogen. Sie atmete erst auf, als dumpfes Grollen ein nahendes Gewitter verk?ndete und die ganze Gesellschaft in das Zelt zusammenscheuchte. Da die Festkutschen erst gegen Abend aus der Stadt erwartet wurden, mussten die G?ste vor dem Unwetter in einem nahen Bauernhause Schutz suchen, und die M?dchen kamen erst zu Beginn der D?mmerung wie durchn?sste M?use vor dem Tore an, wo sie kichernd und lachend auseinanderhuschten. Der Junker Emmerich bekam Babette nicht mehr zu Gesicht; er nahm feierlichen Abschied von dem Domherrn von Hutten und gab seinem Kutscher Befehl, mit dem Reisewagen in einer Stunde vorzufahren.

Als Babette das alte Haus am Lochgraben, in dem sie mit ihrer Tante Lioba Hippler, der Witwe des st?dtischen Kellers wohnte, in der D?mmerung betrat, fand sie die alte Frau in heller Aufregung. Die Lioba Hippler war seit zehn Jahren auf beiden Augen blind und pflegte ihre ganze Zeit mit Spinnen zu verbringen. Sie sass dabei mit ihrem m?chtigen Spinnrad auf einem erh?hten Fenstersitz, von wo aus sie alle Ger?usche des stillen Stadtwinkels h?ren konnte. Jeder Ton, den sie vernahm, ging wie ein Licht oder ein Zucken ?ber das friedliche Gesicht der alten Frau, die jeden Nachbarn an seinem Schritt erkannte. Heute aber fand Babette ihre Tante in seltsamer Unruhe: ,,Gott sei Dank, dass du nur da bist," sagte die Alte, die ihr bis an die T?r entgegenkam und dann sofort auf ihren Fenstersitz zuging, um das geliebte Spinnrad wieder in Bewegung zu setzen. ,,Ich hab mit einem Male eine solche Angst gef?hlt, wie wenn dir was passiert w?r."

Babette strich ihr z?rtlich ?ber die Backen und erz?hlte mit ruhigen Worten von dem herrlichen Feste, ohne des Junkers von Collenberg mit einem Worte zu erw?hnen; dann huschte sie, leicht wie ein Hauch, die Bodentreppe hinauf in ihr Gemach, um ein anderes Kleid anzuziehen. Sie blieb ein Weilchen im blossen Hemd vor ihrem Spiegel stehen, legte ein feines Kettlein, an dem ein Herzchen mit Haaren von ihrer verstorbenen Mutter hing, um den Hals, probierte eine Stutzhaube, deren breite Atlasb?nder bis an ihre Kniee niederwallten, und zog aus dem schadhaften Haubenboden einen vergoldeten Draht heraus, den sie mit versonnenem L?cheln um ihren linken Zeigefinger wickelte. Dann warf sie einen Blick in den gef?llten Schrank, in dem das duftige Linnenzeug ihrer Ausstattung geh?uft beisammenlag, und fuhr mit z?rtlichen Fingern ?ber die bl?hweissen T?cher, die alle von ihrer Mutter stammten. W?hrend sie dann in dem schmalen Giebelgelasse wieder vor dem Spiegel sass, zuckte es wieder wie ein feines Possenspiel um ihr schmollendes M?ndchen: sie probierte die Miene, mit der sie Friedrich Lerch am Abend, wenn er k?me, zu empfangen gedachte, und das Armes?nderbewusstsein, das sich, fast gegen ihren Willen, f?r einen Augenblick auf ihre Z?ge legte, erf?llte sie j?hlings mit solchem ?bermut, dass sie hell auflachte und voll seliger Unrast aufstand, um in dem schmalen Gemach, wo ihre ganze m?tterliche Habe in Schr?nken und Kommoden verwahrt lag, in halbem Tanzschritt auf und ab zu schreiten. Sie zweifelte keinen Augenblick, dass der neue Stadtschreiber auch heute, wie gew?hnlich gegen acht Uhr, kommen werde, um ein St?ndchen bei ihr und ihrer blinden Tante zu versitzen; sie hielt schon ihre sch?nsten Blicke f?r ihn bereit und nahm sich vor, ihn auch noch dahin zu bringen, dass er sie um Verzeihung f?r sein m?rrisches Wesen bat, das doch allein schuld an ihrem Spiel mit dem lustigen Junker war. W?hrend eine geheime Z?rtlichkeit ihr Aug mit sehns?chtigem Leuchten f?llte, beschloss sie, ihn auch noch ein Weilchen mit allerlei Anspielungen auf den vornehmen Courmacher zu qu?len, und ihm dann, zum Seelentrost, ein Sch?lchen voll eingemachter Kirschen vorzusetzen, die der Schlecker gerne ass, und ihm ihr eigenes Kinderl?ffelchen dazu zu geben. Als jedoch pl?tzlich ?ber die abendlichen D?cher her das Horn eines Postillions aufklang, der das alte Lied blies:

Komm heraus, komm heraus, du sch?ne, sch?ne Braut, Deine guten Tage sind alle, alle aus, O weiele weh!

da schnitt Babette eine Fratze und lief, die Melodie vor sich hinsingend, im sch?nsten Sommerstaat zu ihrer Tante herab, die noch immer vor ihrem Spinnrad sass. Es war ihr, als sie das dunkle Gemach betrat, so wohlig zumute wie seit langem nicht, obwohl eine leise Sehnsucht ihr Herz mit seltsamer Unruh erf?llte. Die Blinde fuhr ihr, nach ihrer Gewohnheit, zum Gruss ?ber das rosige Gesichtchen, und als ihre H?nde nichts Besonderes fanden, netzte sie den Finger an ihrem welken Munde, um schweigend weiterzuspinnen. Das leise Schnurren des Rades erf?llte den Raum mit einem Laut, der Babettes Gedanken, die mit der sinkenden D?mmerung immer ernster wurden, wie eine leise Musik begleitete und ihre Erwartung immer sehns?chtiger stimmte. So sass sie, m?uschenstill und auf nahende Schritte lauschend, auf einem niederen St?hlchen da; und nur einmal schlich sie auf den Zehenspitzen an das Fenster, um auf die Gasse zu sp?hen, aus deren Dunkel ein leises M?dchenlachen zu ihr emporklang. Als jedoch der Abend weiter vorr?ckte und Friedrich Lerch noch immer nicht kam, riss sie in j?h aufwallender Wut ihr Batistt?chlein von den Schultern und nahm sich vor, dem Unversch?mten das n?chste Mal, und wenn er auch als reuiger S?nder k?me, ?berhaupt keinen Blick zu g?nnen. --

Doch Friedrich Lerch liess sich weder an diesem noch an den folgenden Tagen in dem alten Hause am Lochgraben sehen, und es war nicht Groll, was ihn von der Geliebten fernhielt, sondern ein kummervolles Gef?hl der Scham, weil jene gegen das Bild gefrevelt hatte, das er von ihr in seiner Seele trug. --

Babette aber verlor mit einem Male die Lust am Singen, und in Frankenthal trugen sich, von heute auf morgen, ganz seltsame Dinge zu: am Montag streckte die beste Milchkuh des B?chsenmachers Kaspar Bundschuh pl?tzlich alle viere von sich, und die Augen, mit denen die Verreckte vor sich hinstarrte, zeigten jedem, der etwas von der Sache verstand, klipp und klar, dass sie den leibhaftigen B?sen vorher gesehen hatten; am Dienstag weigerten sich die Geissen des lutherischen Totengr?bers Johannes Felgentreff, Milch zu geben, und weder g?tliches Zureden, noch das beste Gr?nfutter vermochte die meckernde Gesellschaft von ihrer h?llischen Halsstarrigkeit abzubringen; in der Nacht von Mittwoch auf den Donnerstag entstand in dem H?hnerstall des Br?ckenbecken Wiedehopf ein solcher Aufruhr, dass die ganze Nachbarschaft aus dem Schlafe aufgeschreckt wurde, und als die Beckin am Morgen das aufgeregt gackernde H?hnervolk aus dem Stalle liess, fand sie, dass die gelegten Eier samt und sonders hohl waren.

Am meisten Anlass zu Gerede bot das Verhalten des B?rgermeistersohnes Kaspar Lienlein: der sass wie von einem b?sen Geist besessen stumm und st?ckisch in einem Winkel seines Zimmers, und wenn seine Mutter mit seinen Lieblingsspeisen kam, um ihn zu tr?sten, sah er sie mit b?sen Augen an oder fletschte seine Z?hne wie ein Hund, dem man seinen Mittagsfrass st?rt. Dazu brachte jeder Tag, trotzdem der Mai noch nicht zu Ende war, ein Unwetter nach dem andern, und alte und junge Weiber schwelgten in dem Geraun und Gerede, dass solche Kieselwetter teuflisch Hexenwerk seien. In ganz Kleinfranken, in Gerolzhofen, in Prozelten, in Freudenberg und anderen Orten waren die Teufelsweiber am Werke, und im niederen Volke zweifelte bald niemand, dass auch Frankenthal eine Hexe beherbergte. Bald wurde auch der Name der Hexe, der Stadt und Gegend die allt?glichen Kieselwetter verdankte, heimlich genannt, und die Br?ckenbeckin erz?hlte jedem, der es h?ren wollte, dass sie selbst in der Nacht vor dem ersten Mai ein faselnacktes Hexlein um den T?rmersturm habe fliegen sehen: es sei ganz zusammengekauert auf einem langen Besenstiel gehockt, und sein loses Haar sei wie ein feuriger Schweif hinter ihm dreingeflogen, als es mit ein paar feuer?ugigen Eulen hinter dem Stadtwald, dem St?ckicht, verschwand. Aber die schlimmste Verhexung war doch, wie alle munkelten, dem Sohn des B?rgermeisters Lienlein, dem roten Kaspar, passiert, der wie zerschlagen in der Stadt herumging und jeden mit Augen anschaute, aus denen der leibhaftige Teufel in die Welt guckte. --

Nach acht Tagen waren alle Hexengl?ubigen dar?ber einig, dass die Stadt in der Babette Glock ein ausb?ndiges Hexlein bekommen habe, und schon fingen die kleinen Buben an, ,,Hexle, hex" hinter ihr herzuschreien, wenn sie mit ihrem K?rbchen am Arm durch die Gassen ging, um eine Freundin zu besuchen oder Gew?rz beim Kr?mer einzukaufen.

An einem heissen Juniabend, am Tage vor Fronleichnam, liess sich endlich auch der Kanzler Friedrich Lerch bei der blinden Hipplerin sehen. Babette, die gerade an einem Kuchenteig knetete, g?nnte ihm keinen Blick, als er eintrat und sich, nach einem scheuen Grusse, zu der Blinden setzte. Diese streichelte ihm das Gesicht und verlangte zu wissen, warum er so lange weggeblieben sei. Der Stadtschreiber entschuldigte sein Fernbleiben mit Arbeit und der Sorge um seine Stellung; denn seine Best?tigung war noch immer nicht erfolgt, und noch immer sah er sich einer ungewissen Zukunft gegen?ber. Als Babette einen Augenblick hinausging, um den Teig an einen warmen Ort zu stellen, folgte ihr Friedrich Lerch auf den Flur, wo er stehen blieb, bis sie aus der K?che zur?ckkam.

,,Der Herr Stadtschreiber will schon gehen?" sagte sie schnippisch, w?hrend sie ihre Hand an ihrer weissen Sch?rze abwischte.

,,Die Jungfer Babett hat Verwandte in Aschaffenburg," entgegnete er, indem er scheu auf die Seite blickte. ,,Ich w?rde Ihr raten, eine Sommerreise dahin zu machen."


Free books android app tbrJar TBR JAR Read Free books online gutenberg


Login to follow ebook

More posts by @FreeBooks

0 Comments

Sorted by latest first Latest Oldest Best

Back to top Use Dark Theme