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Read Ebook: The Revolutionary Movement of 1848-9 in Italy Austria-Hungary and Germany With Some Examination of the Previous Thirty-three Years by Maurice C Edmund Charles Edmund
Font size: Background color: Text color: Add to tbrJar First Page Next Page Prev PageEbook has 755 lines and 164435 words, and 16 pages>>So, bist du's denn noch?<< sagte dann der Brosi. Und ich: >>Ja, und du auch noch?<< Und er: >>Hat dich deine Mutter geschickt?<< Ich nickte. Er war m?de und liess jetzt den Kopf wieder auf das Kissen fallen. Ich wusste gar nichts zu sagen, nagte an meiner M?tzentroddel und sah ihn nur immer an, und er mich, bis er l?chelte und zum Scherz die Augen schloss. Da schob er sich ein wenig auf die Seite, und wie er es tat, sah ich pl?tzlich unter den Hemdkn?pfen durch den Ritz etwas Rotes schimmern, das war die grosse Narbe auf seiner Schulter, und als ich die gesehen hatte, musste ich auf einmal heulen. >>Ja, was hast du denn?<< fragte er gleich. Ich konnte keine Antwort geben, weinte weiter und wischte mir die Backen mit der rauhen M?tze ab, bis es weh tat. >>Sag's doch. Warum weinst du?<< >>Bloss weil du so krank bist,<< sagte ich jetzt. Aber das war nicht die eigentliche Ursache. Es war nur eine Woge von heftiger und mitleidiger Z?rtlichkeit, wie ich sie schon fr?her einmal gesp?rt hatte, die quoll pl?tzlich in mir auf und konnte sich nicht anders Luft machen. >>Das ist nicht so schlimm,<< sagte der Brosi. >>Wirst du bald wieder gesund?<< >>Ja, vielleicht.<< >>Wann denn?<< >>Ich weiss nicht. Es dauert lang.<< Nach einer Zeit merkte ich auf einmal, dass er eingeschlafen war. Ich wartete noch eine Weile, dann ging ich hinaus, die Stiege hinunter und wieder heim, wo ich sehr froh war, dass die Mutter mich nicht ausfragte. Sie hatte wohl gesehen, dass ich ver?ndert war und etwas erlebt hatte, und sie strich mir nur ?bers Haar und nickte, ohne etwas zu sagen. Trotzdem kann es wohl sein, dass ich an jenem Tage noch sehr ausgelassen, wild und ungattig war, sei es, dass ich mit meinem kleinen Bruder h?ndelte oder dass ich die Magd am Herd ?rgerte oder im nassen Feld strolchte und besonders schmutzig heimkam. Etwas Derartiges ist jedenfalls gewesen, denn ich weiss noch gut, dass am selben Abend meine Mutter mich sehr z?rtlich und ernst ansah -- mag sein, dass sie mich gern ohne Worte an heute morgen erinnert h?tte. Ich verstand sie auch wohl und f?hlte Reue, und als sie das merkte, tat sie etwas Besonderes. Sie gab mir von ihrem St?nder am Fenster einen kleinen Tonscherben voll Erde, darin steckte eine schw?rzliche Knolle, und diese hatte schon ein paar spitzige, hellgr?ne, saftige junge Bl?ttlein getrieben. Es war eine Hyazinthe. Die gab sie mir und sagte dazu: >>Pass auf, das geb ich dir jetzt. Sp?ter wird's dann eine grosse rote Blume. Dort stell ich sie hin, und du musst darauf acht geben, man darf sie nicht anr?hren und herumtragen, und jeden Tag muss man sie zweimal giessen; wenn du es vergisst, sag ich dir's schon. Wenn es aber eine sch?ne Blume werden will, darfst du sie nehmen und dem Brosi hinbringen, dass er eine Freude hat. Kannst du dran denken?<< Sie tat mich ins Bett, und ich dachte indessen mit Stolz an die Blume, deren Wartung mir als ein ehrenvoll wichtiges Amt erschien, aber gleich am n?chsten Morgen vergass ich das Begiessen und die Mutter erinnerte mich dran. >>Und was ist denn mit dem Brosi seinem Blumenstock?<< fragte sie, und sie hat es in jenen Tagen mehr als das eine Mal sagen m?ssen. Dennoch besch?ftigte und begl?ckte mich damals nichts so stark wie mein Blumenstock. Es standen noch genug andere, auch gr?ssere und sch?nere, im Zimmer und im Garten, und Vater und Mutter hatten sie mir oft gezeigt. Aber es war nun doch das erste Mal, dass ich mit dem Herzen dabei war, ein solches kleines Wachstum mit anzuschauen, zu erw?nschen und zu pflegen und Sorge darum zu haben. Ein paar Tage lang sah es mit dem Bl?mlein nicht erfreulich aus, es schien an irgend einem Schaden zu leiden und nicht die rechten Kr?fte zum Wachsen zu finden. Als ich dar?ber zuerst betr?bt und dann ungeduldig wurde, sagte die Mutter einmal: >>Siehst du, mit dem Blumenstock ist's jetzt gerade so wie mit dem Brosi, der so krank ist. Da muss man noch einmal so lieb und sorgsam sein wie sonst.<< Dieser Vergleich war mir verst?ndlich und brachte mich bald auf einen ganz neuen Gedanken, der mich nun v?llig beherrschte. Ich f?hlte jetzt einen geheimen Zusammenhang zwischen der kleinen, m?hsam strebenden Pflanze und dem kranken Brosi, ja ich kam schliesslich zu dem festen Glauben, wenn die Hyazinthe gedeihe, m?sse auch mein Kamerad wieder gesund werden. K?me sie aber nicht davon, so w?rde er sterben, und ich tr?ge dann vielleicht, wenn ich die Pflanze vernachl?ssigt h?tte, mit Schuld daran. Als dieser Gedankenkreis in mir fertig geworden war, h?tete ich den Blumentopf mit Angst und Eifersucht wie einen Schatz, in welchem besondere, nur mir bekannte und anvertraute Zauberkr?fte verschlossen w?ren. Drei oder vier Tage nach meinem ersten Besuch -- die Pflanze sah noch ziemlich k?mmerlich aus -- ging ich wieder ins Nachbarhaus hin?ber. Brosi musste ganz still liegen, und da ich nichts zu sagen hatte, stand ich nahe am Bett und sah das nach oben gerichtete Gesicht des Kranken an, das zart und warm aus weissen Bettt?chern schaute. Er machte hin und wieder die Augen auf und wieder zu, sonst bewegte er sich nicht, und ein kl?gerer und ?lterer Zuschauer h?tte vielleicht etwas davon gef?hlt, dass des kleinen Brosi Seele schon unruhig war und sich auf die Heimkehr besinnen wollte. Als gerade eine Angst vor der Stille des St?bleins ?ber mich kommen wollte, trat die Nachbarin herein und holte mich freundlich und leisen Schrittes weg. Das n?chste Mal kam ich mit viel froherem Herzen, denn zu Hause trieb mein Blumenstock mit neuer Lust und Kraft seine spitzigen freudigen Bl?tter heraus. Diesmal war auch der Kranke sehr munter. >>Weisst du auch noch, wie der Jakob noch am Leben war?<< fragte er mich. Und wir erinnerten uns an den Raben und sprachen von ihm, ahmten die drei W?rtlein nach, die er hatte sagen k?nnen, und redeten mit Begierde und Sehnsucht von einem grau und roten Papagei, der sich vorzeiten einmal hierher verirrt haben sollte. Ich kam ins Plaudern, und w?hrend der Brosi bald wieder erm?dete, hatte ich sein Kranksein f?r den Augenblick ganz vergessen. Ich erz?hlte die Geschichte von jenem Papagei, die zu den Legenden unseres Hauses geh?rte. Ihr Glanzpunkt war der, dass ein alter Hofknecht den sch?nen Vogel auf dem Dach des Schuppens sitzen sah, sogleich eine Leiter anlegte und ihn einfangen wollte. Als er auf dem Dach erschien und sich dem Papagei vorsichtig n?herte, sagte dieser: >>Guten Tag, mein Lieber!<< Da zog der Knecht seine Kappe herunter und sagte: >>Bitt um Vergebung, jetzt h?tt ich fast gemeint, Ihr w?ret ein Vogeltier.<< Als ich das erz?hlt hatte, dachte ich, der Brosi m?sse nun notwendig laut hinauslachen. Da er es nicht gleich tat, sah ich ihn ganz verwundert an. Ich sah ihn fein und herzlich l?cheln, und seine Backen waren ein wenig r?ter als vorher, aber er sagte nichts und lachte nicht laut. Da kam es mir pl?tzlich vor, als sei er um viele Jahre ?lter als ich. Meine Lustigkeit war im Augenblick erloschen, statt ihrer befiel mich Verwirrung und Bangigkeit, denn ich empfand wohl, dass zwischen uns beiden jetzt etwas Neues fremd und st?rend aufgewachsen sei. Es surrte eine grosse Winterfliege durchs Zimmer und ich fragte, ob ich sie fangen solle. >>Nein, lass sie doch!<< sagte der Brosi. Auch das kam mir vor wie von einem Erwachsenen gesprochen. Befangen ging ich fort. Auf dem Heimweg empfand ich zum ersten Mal in meinem Leben etwas von der ahnungsvollen verschleierten Sch?nheit des Vorfr?hlings, das ich erst um Jahre sp?ter, ganz am Ende der Knabenzeiten, wieder gesp?rt habe. Was er war und wie es kam, weiss ich nicht. Ich erinnere mich aber, dass ein lauer Wind strich, dass feuchte dunkle Erdschollen am Rande der ?cker aufragten und streifenweise blank ergl?nzten, und dass ein besonderer F?hngeruch in der Luft war. Ich erinnerte mich auch dessen, dass ich eine Melodie summen wollte und gleich wieder aufh?rte, weil irgend etwas mich bedr?ckte und still machte. Dieser kurze Heimweg vom Nachbarhaus ist mir eine merkw?rdig tiefe Erinnerung. Ich weiss kaum etwas Einzelnes mehr davon; aber zuweilen, wenn es mir geg?nnt ist, mit geschlossenen Augen mich dahin zur?ckzufinden, meine ich die Erde noch einmal mit Kindesaugen zu sehen -- als Geschenk und Sch?pfung Gottes, im leise gl?henden Tr?umen unber?hrter Sch?nheit, wie wir Alten sie sonst nur aus den Werken der grossen K?nstler und Dichter kennen. Der Weg war vielleicht nicht ganz zweihundert Schritt lang, aber es lebte und geschah auf ihm und ?ber ihm und an seinem Rande unendlich viel mehr als auf mancher ganzen Reise, die ich sp?ter unternommen habe. Es streckten kahle Obstb?ume verschlungene und drohende ?ste, und von den feinen Zweigspitzen rotbraune und harzige Knospen in die Luft, ?ber sie hinweg ging Wind und schw?rmende Wolkenflucht, unter ihnen quoll die nackte Erde in der Fr?hlingsg?rung. Es rann ein vollgeregneter Graben ?ber und sandte einen schmalen tr?ben Bach ?ber die Strasse, auf dem schwammen alte Birnenbl?tter und braune Holzst?ckchen, und jedes von ihnen war ein Schiff, jagte dahin und strandete, erlebte Lust und Pein und wechselnde Schicksale, und ich erlebte sie mit. Es hing unversehens vor meinen Augen ein dunkler Vogel in der Luft, ?berschlug sich und flatterte taumelnd, stiess pl?tzlich einen langen schallenden Triller aus und stob verglitzernd in die H?hen, und mein Herz flog staunend mit. Ein leerer Lastwagen mit einem ledigen Beipferd kam gefahren, knarrte und rollte fort und fesselte noch bis zur n?chsten Kr?mme meinen Blick, mit seinen starken Rossen aus einer unbekannten Welt gekommen und in sie verschwindend, fl?chtige sch?ne Ahnungen aufregend und mit sich nehmend. Das ist eine kleine Erinnerung, oder zwei und drei; aber wer will die Erlebnisse, Erregungen und Freuden z?hlen, die ein Kind zwischen einem Stundenschlag und dem andern an Steinen, Pflanzen, V?geln, L?ften, Farben und Schatten findet und sogleich wieder vergisst und doch mit hin?bernimmt in die Schicksale und Ver?nderungen der Jahre? Eine besondere F?rbung der Luft am Horizont, ein winziges Ger?usch in Haus oder Garten oder Wald, der Anblick eines Schmetterlings oder irgend ein fl?chtig herwehender Geruch r?hrt oft f?r Augenblicke ganze Wolken von Erinnerungen an jene fr?hen Zeiten in mir auf. Sie sind nicht klar und einzeln erkennbar, aber sie tragen alle denselben k?stlichen Duft von damals, da zwischen mir und jedem Stein und Vogel und Bach ein inniges Leben und Verbundensein vorhanden war, dessen Reste ich eifers?chtig zu bewahren bem?ht bin. Mein Blumenstock richtete sich indessen auf, reckte die Bl?tter h?her und erstarkte zusehends. Mit ihm wuchs meine Freude und mein Glaube an die Genesung meines Kameraden. Es kam auch der Tag, an welchem zwischen den feisten Bl?ttern eine runde r?tliche Bl?tenknospe sich zu dehnen und aufzurichten begann, und der Tag, an dem die Knospe sich spaltete und ein heimliches Gekr?usel sch?nroter Bl?tenbl?tter mit weisslichen R?ndern sehen liess. Den Tag aber, an dem ich den Topf mit Stolz und freudiger Behutsamkeit ins Nachbarhaus hin?bertrug und dem Brosi ?bergab, habe ich v?llig vergessen. Dass der Kranke aber seine leise Freude daran hatte und ihn sich h?ufig zeigen liess, weiss ich noch wohl. Dann war einmal ein heller Sonnentag; aus dem dunklen Ackerboden stachen schon feine gr?ne Spitzen, die Wolken hatten Goldr?nder, und in den feuchten Strassen, Hofr?umen und Vorpl?tzen spiegelte ein sanfter reiner Himmel. Das Bettlein des Brosi war n?her zum Fenster gestellt worden, auf dessen Simsen die rote Hyazinthe in der Sonne prunkte, den Kranken hatte man ein wenig aufgerichtet und mit Kissen gest?tzt. Er sprach etwas mehr als sonst mit mir, ?ber seinen geschorenen blonden Kopf lief das warme Licht fr?hlich und gl?nzend und schien rot durch seine Ohren. Ich war sehr guter Dinge und sah wohl, dass es nun schnell vollends gut mit ihm werden w?rde. Seine Mutter sass dabei, und als es ihr genug schien, schenkte sie mir eine gelbe Winterbirne und schickte mich heim. Noch auf der Stiege biss ich die Birne an, sie war weich und honigs?ss, und der Saft tropfte mir aufs Kinn und ?ber die Hand. Den abgenagten Butzen warf ich unterwegs in hohem Bogen feld?ber. Tags darauf regnete es was herunter mochte, ich musste daheim bleiben und durfte mit sauber gewaschenen H?nden in der Bilderbibel schwelgen, wo ich schon viele Lieblinge hatte, am liebsten aber waren mir doch der Paradiesl?we, die Kamele des Elieser und das Moseskn?blein im Schilf. Als es aber am zweiten Tag in einem Strich fortregnete, wurde ich doch verdriesslich. Den halben Vormittag starrte ich durchs Fenster auf den pl?tschernden Hof und Kastanienbaum, dann kamen der Reihe nach alle meine Spiele dran, und als sie fertig waren und es gegen Abend ging, bekam ich noch Streit mit meinem Bruder. Das alte Lied: wir reizten einander, bis der Kleine mir ein arges Schimpfwort sagte, da schlug ich ihn, und er floh heulend durch Stube, ?hrn, K?che, Stiege und Kammer bis zur Mutter, der er sich in den Schoss warf und die mich seufzend wegschickte. Bis der Vater heimkam, sich alles erz?hlen liess, mich abstrafte und mit den n?tigen Ermahnungen ins Bett steckte, wo ich mir namenlos ungl?cklich vorkam, aber bald unter noch rinnenden Tr?nen einschlief. Als ich wieder, vermutlich am folgenden Morgen, in des Brosi Krankenstube stand, hatte seine Mutter best?ndig den Finger am Mund und sah mich warnend an, der Brosi aber lag mit geschlossenen Augen leise st?hnend da. Ich schaute bang in sein Gesicht, es war bleich und vom Schmerz verzogen. Und als seine Mutter meine Hand nahm und sie auf seine legte, machte er die Augen auf und sah mich eine kleine Weile still an. Seine Augen waren gross und ver?ndert, und wie er mich ansah, war es ein fremder wunderlicher Blick wie aus einer weiten Ferne her, als kenne er mich gar nicht und sei ?ber mich verwundert, habe aber zugleich andere und viel wichtigere Gedanken. Auf den Zehen schlich ich nach kurzer Zeit, da die Nachbarin mahnte, wieder hinaus. Am Nachmittag aber, w?hrend ihm auf seine Bitte die Mutter eine sch?ne Geschichte erz?hlte, sank er in einen m?den Schlummer, der bis an den Abend dauerte und w?hrend dessen sein schwacher Herzschlag langsam eintr?umte und erlosch. Als ich ins Bett ging, wusste es meine Mutter schon. Doch sagte sie mir's erst am Morgen, nach der Milch. Darauf ging ich den ganzen Tag traumwandelnd umher und stellte mir vor, dass der Brosi zu den Engeln gekommen und selber einer geworden sei. Dass sein kleiner magerer Leib mit der Narbe auf der Schulter noch dr?ben im Hause lag, wusste ich nicht, auch vom Begr?bnis sah und h?rte ich nichts. Meine Gedanken hatten viel Arbeit damit und es verging wohl eine Zeit, bis der Gestorbene mir fern und unsichtbar wurde. Dann aber kam fr?h und pl?tzlich der ganze Fr?hling, ?ber die Berge flog es gelb und gr?n, im Garten roch es nach jungem Wuchs, der Kastanienbaum tastete mit weich gerollten Bl?ttern aus den aufgesprungenen Knospenh?llen, und an allen Gr?ben lachten auf fetten Stielen die goldgelben gl?nzenden Butterblumen. Die Marmors?ge Es war so ein Prachtsommer, in dem man das sch?ne Wetter nicht nach Tagen, sondern nach Wochen rechnete, und es war noch Juni und man hatte gerade das Heu eingebracht, so gesund und trocken wie schon lange nicht mehr. F?r manche Leute gibt es nichts Sch?neres als einen solchen Sommer, wo noch im feuchtesten Ried das Schilf verbrennt und einem die Hitze bis in die Knochen geht. Diese Leute, soweit sie nicht etwa in Indien geboren sind, haben kein sehr zufriedenes und jedenfalls kein gleichm?ssiges Leben, denn die echten Sommer gibt es nicht alle Jahre. Daf?r saugen sie, sobald ihre Zeit gekommen ist, so viel W?rme und Behagen ein und werden ihres meist ohnehin nicht sehr betriebsamen Daseins so schlaraffisch froh, wie es andern Leuten nie zuteil wird. Zu dieser harmlosen Menschenklasse geh?re auch ich; darum war mir in jenem Sommersanfang auch so m?chtig wohl, freilich mit starken Unterbrechungen, von denen ich nachher das N?tigste erz?hlen werde. Es war vielleicht der ?ppigste Juni, den ich je erlebt habe, und es w?re bald Zeit, dass wieder so einer k?me. Der kleine Blumengarten vor meines Vetters Haus an der Dorfstrasse duftete und bl?hte ganz unb?ndig; die Georginen, die den schadhaften Zaun versteckten, standen dick und hoch und hatten feiste runde Knospen angesetzt, aus deren Ritzen gelb und rot und lila die jungen Bl?tenbl?tter strebten. Der Goldlack brannte so ?berschwenglich honigbraun und duftete so ausgelassen und sehnlich, als w?sste er wohl, dass seine Zeit schon nahe war, da er verbl?hen und den dicht wuchernden Reseden Platz machen musste. Still und br?tend standen die steifen Balsaminen auf dicken, gl?sernen Stengeln, schlank und tr?umerisch die Schwertlilien, fr?hlich hellrot die verwildernden Rosenb?sche. Man sah kaum eine Handbreit Erde mehr, als sei der ganze Garten nur ein grosser, bunter und fr?hlicher Strauss, der aus einer zu schmalen Vase hervorquoll, und an dessen R?ndern die Kapuziner in den Rosen fast erstickten und in dessen Mitte der prahlerisch emporflammende T?rkenbund mit seinen grossen geilen Bl?ten sich frech und gewaltt?tig breit machte. Mir gefiel das ungemein, aber mein Vetter und die Bauersleute sahen es kaum. Denen f?ngt der Garten erst an, ein wenig Freude zu machen, wenn es dann herbstelt und in den Beeten nur noch letzte Sp?trosen, Strohblumen und Astern ?brig sind. Jetzt waren sie alle tagt?glich von fr?h bis sp?t im Feld und fielen am Abend m?de und schwer wie umgeworfene Bleisoldaten in die Betten. Und doch wird in jedem Herbst und in jedem Fr?hjahr der Garten wieder treulich besorgt und hergerichtet, der nichts einbringt und den sie in seiner sch?nsten Zeit kaum ansehen. Ich fragte einmal einen Hofbauern, warum und f?r wen er sich eigentlich immer wieder diese M?he mache. >>F?r dich,<< sagte er ernsthaft, >>und f?r derlei Faulenzer und arme Schlucker, damit sie auch an etwas ihre Freude haben k?nnen. Weisst's jetzt?<< Seit zwei Wochen stand ein heisser, blauer Himmel ?ber dem Land, am Morgen rein und lachend, am Nachmittag stets von niederen, langsam wachsenden, gedr?ngten Wolkenballen umlagert. Nachts gingen nah und fern Gewitter nieder, aber jeden Morgen, wenn man -- noch den Donner im Ohr -- erwachte, gl?nzte die H?he blau und sonnig herab und war schon wieder ganz von Licht und Hitze durchtr?nkt. Dann begann ich froh und ohne Hast meine Art von Sommerleben: kurze G?nge auf gl?henden und durstig klaffenden Feldwegen durch warm atmende, hohe, gilbende ?hrenfelder, aus denen Mohn und Kornblumen, Wicken, Kornraden und Winden lachten, sodann lange, stundenlange Rasten in hohem Gras an Walds?umen, ?ber mir K?fergoldgeflimmer, Bienengesang, windstill ruhendes Gezweige im tiefen Himmel; gegen Abend alsdann ein wohlig tr?ger Heimweg durch Sonnenstaub und r?tliches Ackergold, durch eine Luft voll Reife und M?digkeit und sehns?chtigem Kuhgebr?ll, und am Ende lange, laue Stunden bis Mitternacht, versessen unter Ahorn und Linde allein oder mit irgend einem Bekannten bei gelbem Wein, ein zufriedenes, l?ssiges Plaudern in die warme Nacht hinein, bis fern irgendwo das Donnern begann und unter erschrocken aufrauschenden Windschauern erste, langsam und woll?stig aus den L?ften sinkende Tropfen schwer und weich und kaum h?rbar in den dicken Staub fielen. >>Nein, so was Faules wie du!<< meinte mein lieber Vetter mit ratlosem Kopfsch?tteln, >>dass dir nur keine Glieder abfallen!<< Add to tbrJar First Page Next Page Prev Page |
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